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Der Tag des Wolfes - Jelena

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Jelena:
Die Nacht vor der Schlacht war schlimm.
Alle Vorbereitungen waren getroffen, alle wussten was sie zu tun hatten. Die Tempel umgeräumt, Vorräte gestapelt, Gebete aufgesagt.
Jelena verbrachte sie in ihrem Haus, im Kreise ihrer Lehrlinge und Diensboten, die sich entschieden hatten bei ihr zu bleiben. Sie sprachen über vieles, tauschten Erinnerungen aus, trafen letzte Absprachen. Sie nahm Luthor und Alvias beiseite, gab ihnen einen Stadtplan, in dem Fluchtrouten verzeichnet waren, schärfte ihnen den Weg zum Totenpfad ein, ließ sie schwören, dass sie gehen würden, wenn sie es befahl.

Als der Morgen graute, befand Jelena sich bereits im Haupttempel der Lavinia. Als die Trommeln und Kriegshörner erschollen, lief es ihr eiskalt den Rücken herunter und ihr Gesicht wurde grimmig.
Es hatte begonnen.
Nicht lange danach begannen die ersten Verwundeten einzutreffen und die folgenden Stunden versanken in einem Chaos aus Blut, Schweiß, Tod und Verzweiflung. Die Heiler und Geweihten arbeiteten verbissen, kämpften um jedes Leben und mussten doch so oft Niederlagen einstecken.

Jelena arbeitete ruhig, griff in das eigentliche feldschern nur ein, wenn niemand sonst da war, der es tun konnte. Sie koordinierte den Fluß der Verwundeten und Helfer, wertete die Botschaften aus, die von den Mauern kamen und bemühte sich auf die Entwicklungen zu reagieren.
Als ein dumpfes Dröhnen und Grollen erscholl, erschien ein seltsames Lächeln auf ihrem Gesicht, verschwand aber schnell wieder unter dem ständigen Ansturm an Verletzten.
Je länger die Schlacht andauerte, desto verzweifelter wurde die Lage.

War Caer Conway bereits die Hölle gewesen, so war dies ihr unterster Kreis.

Der Platz reichte vorne und hinten nicht, Verbandszeug ging aus, frisches Wasser wurde knapp. Es dauerte immer länger, bis die Verwundeten dort eintrafen, wo sie versorgt werden konnten. Eines der Tor-Lazarette wurde von den Belagerungsmaschinen des Lupus Umbra getroffen und dem Erdboden gleich gemacht.
Nur wenige Lebende konnten von mutigen Männern und Frauen aus den Trümmern geborgen werden und der Verlust der Heilkundigen zog weitere Verluste nach sich.
Nachdem die Nachricht über die Katastrophe den Haupttempel erreichte, entsandte Jelena einen Trupp Heiler und Geweihte zum Ort des Geschehens und nahm einen festen Platz an den Tischen ein, wo die großen Eingriffe stattfanden.

Die Zeit verschwamm zu einem Bildteppich aus blutenden Wunden, geborstenen Knochen und Schreien voller Agonie. Bis tief in die Nacht hinein versorgte die Heilerin die Verwundeten, koordinierte die Versorgung und versuchte den Überblick zu behalten.

Luthor Kaaen:
Wenn er schon vorher behauptet hatte, er wüsste was Krieg sei, dann wurde Luthor durch die Schlacht um Fanada eine völlig neue, umso blutigere Auflage geboten.
Vor wenigen Stunden noch hatte er neben Alvias und vor seiner Meisterin schwören müssen, auf ihr Geheiß die Stadt zu verlassen, was ihn verbitterte. Sein Hitzkopf hatte noch nicht verstanden, warum und wegen welchen Folgen, doch er folgte den Worten seiner Meisterin, und so besiegelten sie es.

Er hatte damit gerechnet dass er die ersten Stunden, wenn nicht sogar bis zum Mittag, Ruhe zur letzten Meditation finden würde. Doch die ersten Verwundeten, die schon kurz nach dem Erschallen der Kriegshörner bis zu ihrem Hauptlazarett gebracht wurden, belehrten ihn eines Besseren. Seite an Seite mit anderen Heilern und Geweihten des Tempels arbeiteten sie zusammen und taten das, was in ihrer Macht stand.
In diesen Stunden lernte der Lehrling, den Tod als entgültigen Begleiter eines Heilers anzuerkennen. Noch nie hatte er so viele Tote an einem Ort gesehen. Der Mimik seiner Meisterin nach schien auch sie zu trauern, doch erkannte er an ihr auch mit schmerzlicher Gewissheit, dass dies ein Schnitt war, der in solchen Situationen zu erwarten war.
Seine Tätigkeiten verliefen in eine blutige Routine. Er wusch, nähte, richtete Knochen und zog Geschosse aus Leibern, trug die Leichname von Soldaten fort, um Platz für neue Verwundete zu schaffen. All das im vereinzelten Takt von Hörnern und Trommeln.

Als es dunkel wurde, schmerzten seine Knie und sein Rücken, Essig brannte unter seinen vereinzelnd abgebrochenen Fingernägeln und Schnitten in der Hand und in seinem Kopf hämmerte es. Im gleichen Atemzug schämte er sich allein nur in Gedanken darüber zu beklagen, als er versuchte die Gedärme eines Soldaten zurückzuhalten damit sich diese nicht auf dem Lager verteilten und der Mann immer blasser wurde.
Er merkte nicht, wie Jelena einen Trupp Heiler aus dem Lazarett abkommandiert hatte. Seine Kleider klebten an ihm, getränkt von Blut, Schweiß, Erbrochenem und Schlimmeren.

In dieser ersten Nacht arbeiteten sie wie ein Organismus, Handgriffe gingen flüssig ineinander über und nach einiger Zeit reichte ein Blick, um sich abzusprechen. Das Innere im Geist in Sicherheit zu bringen und einfach das zu tun, was man konnte ohne wirklich darüber nachzudenken um nicht zu verzweifeln, war eine Lektion, auf die er hätte verzichten können.

maniac mike:
Als Batan die Augen öffnete sah er weißen Leinenstoff über sich,er befand sich scheinbar in einem der Lazarettzelte nahe der Stadtmauern.
Langsam nahm er seine Umgebung deutlicher wahr,nur ein dumpfes Gefühl im Kopf blieb,scheinbar hattte man ihm irgendwas gegen die Schmerzen gegeben,denn er spürte fast nichts.
Die Schmerzensschreie der Verwundeten drangen immer deutlicher zu ihm durch,er drehte vorsichtig den Kopf und sah wie eilig Heiler von einem Verwundeten zum anderen liefen um eine Erstversorgung durchzuführen,dazwischen liefen Helfer um Sand auf den Boden zu streuen,damit niemand auf dem Blut ausrutschte das den ganzen Boden bedeckte.
Fast ununterbrochen kamen neue Verwundete,die meisten auf Bahren,die Anderen wurden teils von zweien getragen oder über der Schulter,Helfer wiesen ihnen Plätze zu und die Heiler kümmerten um Sie sobald sie frei waren.
Am häufigsten waren es wohl tiefe Schnittwunden oder gebrochene Arme und Beine,manchmal abgetrennte Gliedmaßen oder schlimmeres.
Batan versuchte sich aufzurichten,er fühlte sich dreckig wenn er sah wie manche Verwundete sich noch auf den eigenen Füssen stehend ins Zelt schleppten kurz versorgt wurden und dann ,das Schwert oder den Speer hinter sich herziehend wieder hinausschlurften,warscheinlich um weiter zu kämpfen.
Er hatte es fast geschafft aufrecht zu sitzen,als ein stechender Schmerz durch seinen ganzen Körper fuhr und ihm der Atem wegblieb,die vom Kriegshammer gebrochenen Rippen schienen sich quer durch seinen Körper zu bohren ,da half kein noch so gutes schmerzlinderndes Mittel mehr.
Kurz vor einer erneuten Ohnmacht fiel er wieder auf die Bahre zurück.

Alvias:
Gerade von einem Botengang, falls man den schnellsten Ritt seines Lebens so nennen konnte, wieder in Fanada zurück. Konnte er die Stadt kaum wiedererkennen. Nicht mal zwei Tage verwandelten die Stadt in eine Festung. An allen Ecken wurde geübt und trainiert, die Schmiedehämmer hörte man durch die ganze Stadt und überall waren Lazarette aufgebaut und in einem von ihnen, dem Hauptlazarett wie es genannt wurde, baute er eine kleine Alchimistenküche auf. Es war nur ein kleiner Tisch den er auftreiben konnte, die grossen wurden für die Verwundeten bemötigt, aber er hatte genug Platz um drei Kessel darauf betreiben zu können. Versorgten die Tempel die Lazarette mit Tinkturen und Salben, so musste er dies für seine Meisterin tun.

Alvias war und ist kein guter Feldscherer und dies bekam er am Tag des Wolfes erbarmungslos zu spüren. War er in Caer Conway noch zuversichtlich solche Situationen meistern zu können, so war er hier schier hilflos. Zwar brauchte er einige Monde der Ruhe und Einsamkeit, um das erlebte in Caer Conway zu verarbeiten, doch einige Scharmützel in den Landen Montralurs liessen ihn glauben, dass er es überwunden hat. Nach nicht ganz einem Stundenglas hatte er den Kampf gegen sich fast verloren. Er stand vor den Verwundeten wie gelähmt, sein Geist war ratlos, er verhielt sich wie ein blutiger Anfänger, der zum ersten mal versuchte jemanden zu heilen. Er zog sich an den Rand des LAzeretts zurück und versuchte sich zu beruhigen, doch die Schreie und Einschläge ließen ihn nicht zur Ruhe kommen.

Erst nach einigen beruhigen Worten Jelenas hatte er sich wieder im Griff. Für die Feldscherer war er aber nutzlos. Deswegen beschränkte er sich darauf seine drei Kessel unter Aufsicht zu haben und den Träger unter die Arme zu greifen. Dies war alles war er immoment tun konnte, aber auch etwas was getan werden musste.

Jelena:
Jelena sah Alvias mit weit aufgerissenen Augen vor einem Verwundeten stehen, wie er hilflos auf die blutende Wunde an dessen Oberschenkel starrte.
Ihr Herz zog sich zusammen, als sie mitansehen musste, wie die Schrecken der Schlacht sich in seiner Seele einnisteten.
Sie berührte Luthor kurz an der Schulter und er übernahm das Vernähen der Wunde, während Jelena zu Alvias herüberging. Sie wollte ihn in den Arm nehmen, aber sie war völlig besudelt. Stattdessen berührte sie ihn kurz an der Schulter, so dass er aus seiner Trance gerissen wurde und sie mit fiebrigen Augen ansah. Sie nahm einen Verband, drückte ihn auf die Wunde und nahm seine Hände, um Druck aufzubauen. Sie versorgte den Verwundeten gemeinsam mit ihm und nahm ihn dann beiseite.

"Es ist gut, Alvias. Du musst dich nicht dazu zwingen. Deine Stärken liegen heute woanders. Nimm deinen Platz ein und versorge mich mit den Dingen die ich brauche. Ich weiß, dass du das schaffst. Du bist ein guter Alchemist, das ist das, was du heute sein wirst. Um alles andere kümmern wir uns, wenn das hier vorbei ist."
Jelenas Stimme und Gesichtsausdruck ließen keinen Zweifel daran, dass es ein danach geben würde.
Ein Schrei ertönte einige Schritte weiter und Jelenas Name wurde gerufen.
Sie blieb noch einen Augenblick stehen, bis sie sah, dass Alvias sich gesammelt hatte. Sie beugte sich vor, bis ihre Stirn die ihres Lehrlings berührte und murmelte einen kurzen Segen, bevor sie weiter eilte.

Luthor bemühte sich die Gedärme eines Mannes zusammen zu halten, der eine fürchterliche Bauchwunde erlitten hatte. Jelena warf einen Blick auf das Gesicht des Mannes und sah den Tod in seinen Augen. Sie griff nach ihrem Lehrling, der immer verzweifelter hantierte und drückte ihn fest an seiner Schulter, bis er schließlich zu ihr aufsah. Jelena schüttelte nur stumm den Kopf und ihr brach schier das Herz über der Verzweiflung in Luthors Augen. Sie half Luthor die Wunde zu bandagieren, so dass seine Familie ihn wiedererkennen konnte und schloß dem Mann die Augen. Luthor und Jelena sahen sich über den Leichnam hinweg stumm an. Sie waren beide längst jenseits aller Worte.

Es war der letzte ruhige Augenblick für eine lange Zeit.

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