Der Städtebund von Tangara > Brega
Tiors Tempel
Kassandra Wolfsgeheul:
Der Blick der Priesterin streifte den Novizen und tat ihn als unwesentlich ab. Ihr Griff umfasste den Körper des Mannes, stützte ihn und ließ ihn zu Boden gleiten bis er auf den Steinplattes der Tempelhalle lag und sein Blut sich in einer Lache um seinen Körper verbreitete. Heiß schoß es aus der Wunde an seiner Kehle und lief über die Hände der Frau, färbte sie, ließ sie Handschuhe aus dunklem, purpurnem Blut tragen.
Kassandra Wolfsgeheul kniete in der Lache neben dem gefallenen Mann, legte den Kopf schief und lauschte dem fliehendem Atem, dem immer schwächer pochenden Herzen. Die Augenblicke dehnten sich zu Unendlichkeiten, die Stille in der Halle absolut, die Anwesenheit Tiors greifbar.
Ein letztes Brodeln erklang.
Kassandra beugte sich herab und schlug ihre Zähne in die Kehle des Mannes.
Sie trank von seinem Blute, legte den Kopf in den Nacken und stieß ein markerschütterndes Heulen aus, welches den Tempel in seinen Grundfesten erzittern ließ.
Die Flammen des Altars erwachten brüllend zu Leben und jedes fühlende, atmende Wesen innerhalb der Mauer WUSSTE das Tior unter ihnen weilte.
Die Priesterin nahm den silbernen Dolch und schlitzte die Innenseite des linken Armes vom Handgelenk bis zum Ellenbogen auf.
Dunkles Blut troff auf den Mann unter ihr herab, tränkte sein Gesicht und die Wunde.
Die Stimme Kassandras erscholl in hallenden Inkantationen in urcaldrisch, rezitierte die Namen ihres Gottes und pries seine Macht.
Vanion:
"Tior ist unter uns!"
Dieser Gedanke überragte alles andere. Dareios sah die Priesterin, sah, wie sie das Blut Alberts trank. Und spürte die Anwesenheit des Herrn über Blut und Feuer.
Er fasste sich und stellte sich aufrecht hin, den Kopf geneigt, die Arme ein Stück vom Körper gehalten. Leise begann er zu sprechen.
"Tior, Herrscher über Blut und Feuer. Ich spreche als dein Diener zu dir. Ich weiß, dass alles so geschehen wird in deinem Haus, wie Du, nur du allein es willst.
Ich weiß auch, dass dein Weg nicht der Weg des sinnlosen Tötens ist, dass Du, der du Albert hast gehen lassen, dem du Prüfungen auferlegt hast, diesen edelsten deiner Diener
noch nicht zu dir rufst! Tior, Herrscher über Blut und Feuer, lasse Albert den Weg gehen, den Du ihm gewiesen hast, lasse ihn leben und andere lehren, Dir zu folgen!
Tior, Herrscher über Blut und Feuer, ich bin unwürdig. Und doch stehe ich hier und bitte dich, lasse Albert, dein Werkzeug gegen Konar, der nicht länger dein Werkzeug ist, leben!
Lasse ihn und die seinen Blut und Feuer über Deine Feinde bringen!" Dareios wurde immer lauter, und endete mit einem Schrei. "Tior, Herrscher über Blut und Feuer!"
Kassandra Wolfsgeheul:
Kassandras Stimme stieg und fiel in Kadenzen während ihr Blut den Körper des Mannes badete.
"HÖRE, TIOR! SIEH DIES WERKZEUG DEINES WILLENS, SIEH WIE DEIN WILLE UND DEIN WERK VOLLBRACHT WERDEN! VERGANGEN IST DAS ALTE UND VERGESSEN SOLL ES SEIN, WILLKOMMEN IST DAS NEUE, ZUKUNFT SOLL ES WIRKEN! GEBOREN AUS BLUT UND FEUER SOLL ES DEINEN NAMEN AUF DEN LIPPEN TRAGEN UND DIE KLINGE DEINES KAMPFES SEIN!"
Die Feuer wurden gleißend und blendeten jeden der es wagte den Blick auf die beiden Körper zu richten, die nun mehr nur noch als Sillhouetten zu erkennen waren.
Lediglich die inzwischen raue Stimme der Priesterin durschnitt die Luft, die vor Macht und Spannung so gesättigt war, das man an ihr ersticken mochte.
"HÖRE DAS WORT TIORS UND ERHEBE DICH, DENN ER IST DIE QUELLE DEINES SEINS! ICH RUFE DICH UND DU WIRST ANTWORTEN, DENN DU BIST KASSOS BLUTKLINGE!"
Vanion:
Dareios fiel auf die Knie. "Eine Taufe!", durchfuhr es ihn. "Eine Taufe!"
Er hatte sich gewaltig getäuscht. Er hatte sich angemaßt, Tiors Willen erkannt zu haben und sich angemaßt, dass Tior ihn, einen Anfänger, hören würde. Die Intensität von Kassandras Stimme, das Licht, die gesamte Situation waren zu viel. Er wusste nicht mehr, was richtig und was falsch war, er wusste nur, dass er sich gewaltig getäuscht hatte.
Doch eine leise Stimme in seinem Kopf sagte ihm, dass er Zeuge der Macht Tiors geworden war - und dass er lebte.
Dominic:
Langsam öffnete der neu geborene Priester die Augen und sah sich um, unendlich langsam erhob er sich. Blutige Abdrücke hinterlassend, ging er auf das heilige Feuer zu und sank auf ein Knie. "Ich habe verstanden, Herr!" Als er sich erhob fiel das Blut von ihm ab, so wie auch seine Sünden von ihm abgefallen waren, als Tior ihn erneut in die Welt gehen ließ. Er ging auf Kassandra zu und beugte auch vor ihr sein Knie. "Ich habe dich gehört und so soll es sein: Kassos Blutklinge soll mein Name sein, der Name den Er mir durch dich gab. Du gabst mir Sein Blut durch deine Adern und nahmst mein Blut in deinen Leib. So sind wir verbunden und wann immer ich deinen Kriegsschrei höre, will ich an deiner Seite kämpfen. Möge Tior dir einen Ehrenplatz in seinen Hallen schenken!"
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