Der Städtebund von Tangara > Tempel des Askar
Pilgerreise zum Totenpfad
Temris:
Fanada hatten sie nun schon eine Weile hinter sich gelassen, diese drei Gestalten, die kaum zu erkennen zwischen den schneebedeckten Feldern wanderten. Der Schneesturm der letzten Tage hatte sich immer noch nicht gelegt und wütete schier endlos mit eisiger Peitsche über das Land. Weit und breit war kein Leben zu sehen, war doch alles unter dicken weißen Flocken begraben. Kein Bussard kreiste und keine Maus durchstöberte die weite. Einer der drei ritt auf einem Pferd, drückte sich ob des Wetters dicht an den Rücken und trug eine große Kapuze. Links von ihm ging eine weibliche Gestalt, die unabdinglich eine weiße Laterne dem Wind entgegenstreckte. Die Gestalt daneben hatte die Augen stets auf eben dieses Licht geheftet, wenn er sich nicht gerade umwandte und den roten und gelben Lichtern der Stadt entgegensah, die mit jedem Schritt ein wenig mehr hinter dem weißen Schleier verschwanden. Es waren Gorix, Sasha und Temris, die dort durch den Schnee liefen. Letzterer hatte sichtliche Probleme, atmete schwer und bemühte sich um jeden Schritt. Manchmal hielt er kurz Inne, um nach Luft zu schnappen, beeilte sich jedoch schnell zu den anderen aufzuschließen. Es ging rasch bergauf und die drei näherten sich einem kahlen grauen Felsen. Als sie ihn erreichten, rasteten sie einen kurzen Moment. Temris, der während dieser Zeit verschnauft hatte, sah auf und drehte sich nochmal in Richtung Fanada. Doch die Stadt war schon verschwunden. So standen die Drei nahe einem Felsen umgeben von einem Wirbel aus Eis und Schnee. "Welche Richtung?" fragte Temris und wandte sich Sasha zu.
Akela:
*Sasha schlug den Kragen ihres Fellumhangs hoch. Der Wind pfiff unerbittlich und die eisige Kälte schien alles zu durchdringen. Da half nur Bewegung...
Sie hob die Gebetslaterne, als wollte sie den Weg beleuchten, was aufgrund des dichten Schneegestöbers und des daher eher kläglichen Lichtkegels einen ziemlich sinnlosen Eindruck machte, kurz schloss sie die Augen und schmunzelte dann.
Schwungvoll drehte sie sich in genau anders herum und deutete mit dem Kopf nach vorne.*
„Da lang.“
*Mit einer einladenden Geste stapfte sie in die von ihr ausgesuchte Richtung. Sie genoss die kleine Reise. Es war schön, mal zur Abwechslung einen Zuhörer zu haben, dem man nicht alles fünf mal erklären musste und der es durch seine Studien gewohnt war, jedes Wort in sich aufzusaugen wie trockenes Moos.
Sie erzählte Temris seit ihrer Abreise in Fanada Anekdoten aus dem Tempel, brachte ihm kurze Gebete bei und beantwortete geduldig jede seiner wissbegierigen Fragen.*
„Na komm schon Gorix, bring die Mähre mal ein bischen in Schwung.“
*Magnus, das Kaltblut, welches Svenja auf ihrer Reise aus Tiefensee erstanden hatte und dass einfach zu gemütlich war, um Angst vor Sasha zu haben, sah aus wie mit Puderzucker eingestäubt. Die Kälte schien dem schweren Tier jedoch wenig auszumachen, während es mit einem riesigen Huf im Schnee kratzte, als suchte es nach etwas Grünem.*
Temris:
Als Sasha sich umdrehte, machte Temris ein erstauntes und gleichzeitig verzweifeltes Gesicht. Er wäre jetzt glatt in die andere Richtung gelaufen. Zum Glück gab es ja Sasha. Für Temris war diese Reise jetzt schon so anstrengend, wie noch keine in seinem Leben. Er war einfach nicht an riesige Schneemassen gewöhnt und stapfe daher eher schwerfällig durch den Schnee. Dennoch barg diese Reise etwas sehr, sehr wichtiges für den jungen Magus: Sie erklärte das Gefühl in seiner Brust, dass er seit der Austreibung von Tristan und Kossuth aus seinem Körper spürte. Er vermochte es gar nicht zu beschreiben, aber es war, als würde jeder Schritt eine weitere Linie eines Wortes in einem schier endlosen Satz bedeuten. Er hatte seit langer Zeit das erste Mal das Gefühl, etwas ausnahmslos richtig zu machen!
Die Reisenden kamen alsbald an etwas heran, das Temris wie ein aufgerissenes Maul voller scharfer Zähne erschien, sich aber zwischen den wogenden Wehen als Waldrand entpuppte, der aus dem weiß ragte. Um sie herum hörte man das säuselnde Rauschen des Windes und kleine Eissplitter trafen die ohnhin schon kalte Haut. Der Wald selbst war, ob der großen Schneemassen die Wipfel der Nadelbäume bedeckte sehr dunkel, erschien gleichwohl als Gefahr als auch als Zuflucht. Ein Weg war nicht mehr zu erkennen. "Bist du in so einer Kälte aufgewachsen, Sasha?" nuschelte Temris zwischen seinen klappernden Zähnen hervor, während er sich mit einer Hand über den Arm rieb. "In Noras, bei mir zuhause ist es deutlich wärmer! Brrrr!" Temris schüttelte sich.
Akela:
*Sasha schirmte ihre Augen mit der Hand gegen den schneidenden Wind ab, während sie zu Temris hinüber sah. Sein Zähneklappern entlockte ihr ein Schmunzeln.*
„Die Winter in Zarorien sind in der Tat länger und heftiger als die hier in Engonien, doch auch dort gibt es warme Sommer. Manchmal zu warm.“
*Sie schlug einen leichten Bogen, um einer riesigen Schneewehe auszuweichen und deutete dann auf den Waldrand.*
„Wir werden mal schauen, ob wir dort eine einigermaßen geschützte Stelle finden für die Nacht. Sonst enden wir wirklich noch als Eisstatuen. Nach diesem kleinen Streifen Wald müssen wir nach Norden in den Eisenwall und den Fuchsroutenpass verlassen.
… und im Gebirge sind wir durch die zerklüfteten Felsen etwas besser gegen den Wind geschützt...“
*Den letzten Satz fügte sie mit einem fast mitleidigen Blick auf den Feuermagier hinzu.
Sie konnte sich vorstellen, wie jemand, der ein deutlich wärmeres Klima gewohnt war, unter diesen eiskalten Bedingungen leiden musste. Und mit jedem Schritt, mit dem sie der Nordwacht ein Stückchen näher kamen, wuchs ihre Anerkennung für den eisernen Willen des Lehrlings.*
Temris:
"In den Wald gehen? Das klingt nach einem sehr guten Plan!" brachte Temris zwischen klappernden Zähnen hervor. Er lehnte die Sense gegen die Schulter und rieb sich die Arme. Bei ihm zu Hause wurde es nur Nachts schrecklich kalt, aber hier wollte sich Temris eine Nacht gar nicht erst vorstellen! Zu gerne hätte er sich jetzt selbst ein wenig mit Magie aufgewärmt. Er verwarf den Gedanken jedoch schnell wieder. "Nein, keine Magie.". Das war die Regel die sich Temris aufgestellt hatte, nebst dem Gebot zu Fuß zu gehen und zwar die GESAMTE Strecke.
Als die kleine Truppe den Wald betrat wurde der Schneesturm der um sie wütete ungewöhnlich leise, als rücke er in weite Ferne. Der Schnee auf den Wipfeln der Bäume formte ein solides Dach, das keinen Schnee, aber auch kein Licht mehr in den Wald hineinließ. Sashas Laterne machte auf einmal den Anschein eines hellen Leuchtfeuers. Bald schon bemerkte Temris, dass das Gefühl in seine Glieder zurückkehrte, mit zwar schmerzhaftem, aber dafür warmen Brand, den er mit offenen Armen empfing.
Nach einer Weile des schweigsamen Wanderns meldete sich Temris wieder zu Wort.
"Das klingt nicht gerade angenehm! Dieses Zarorien meine ich... Wenn man im Winter zu Tode friert und im Sommer beinah gekocht wird... Aber ich nehme an, dass dies nicht der Grund ist, warum du dich entschlossen hast, Zarorien zu verlassen, oder?"
Temris dachte jetzt an das Gebirge... Konnte man bei solch einen Sturm, der gleich einem rasenden Keiler war, überhaupt in die Berge vordringen? Musste man nicht zu jederzeit die Spitze seines Hauers spüren, die einen wohlmöglich von den hohen Felsen in die weiße Tiefe verabstößt. Was war mit seiner Rotte, die ihn teuflischer Rage als Schneelawine den Berg hinabstürmten, gleich einer Armee und die drei Wanderer ohne zu Zögern in den Dreck unter ihnen treten konnten.
"Sag mal Sasha...Ist das Gebirge überhaupt sicher?"
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