Hier und dort: In Engonien und außerhalb des Kaiserreiches > Gruppen auf Reisen im In- und Ausland
Svenjas Weg
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Svenja:
Das Wetter war scheußlich, doch dafür hatte Svenja keinen Gedanken übrig. Ab und an zog sie ihren blauen Umhang enger um sich und jedes mal fluchte sie leise, weil ihr Köcher sich wieder in dem dicken Stoff verwickelt hatte. Sie war von ihrem Pony gestiegen und ließ ihn an einem langen Strick hinter sich her trotten. Die anderen waren am Fluss entlang gereist und mochten bereits eine große Wegstrecke voraus sein, doch daran durfte sie jetzt nicht denken. Missmutig stieß sie mit ihrer Stiefelspitze einen größeren Kiesel von dem schmal gewordenen Trampelpfad der gradewegs ins Unterholz eines Waldgebietes führte beiseite und drehte sich so abrupt um, dass Pony erschrocken den Kopf hochriss. „Entschuldige treuer Freund, dies hier wird nicht mein leichtester Weg.“ Liebevoll strich sie ihm über seine goldglänzende Stirn, knotete hektisch die Zügel vom Zaumzeug ab und befestigte sie dann am Sattel. Sie nahm Pony nie mit in den Wald, wenn sie im Gebet auf die Jagd ging, denn sie musste erst noch lernen alle äußeren Einflüsse abzuschalten. Er würde wissen wo er hin musste und den anderen folgen, denn dort waren auch die übrigens Pferde.
Nach einem letzten Streicheln über seine weichen, samtenen Nüstern schickte sie ihn mit einem sanften Klaps in Richtung Fluss zurück und schritt mit einem tiefen Einatmen in das Grün des Waldes.
Der Geruch von Erde, Pflanzen und Bäumen war ihr Zuhause, ihre Familie geworden. Nedra war ihre Mutter geworden. Sofort veränderte sich ihr Schritt und sie wurde behutsamer und ging leicht geduckt. Ihre Sinne stellten sich fast wie von selbst um. Wenn sie alleine durch einen Wald streifte, hatte sie das Gefühl, dass Nedra eine schützende Hand auf sie legte. Schützend und weisend. Seit ihrer Reise vom Himmelsgebirge hatte sie sich vor dem Alleinsein mit Nedra gedrückt. Sie hatte Wydh mit zur Jagd genommen und war mit der Gruppe gereist. Doch nun blieb ihr keine andere Wahl, sie musste Nedra suchen. Sie um eine Antwort auf die quälenden Fragen in ihrem Kopf bitten. Seit Gorix ihr in Pandor seine Gedanken offenbart hatte, war ihr Inneres eine Mischung aus Maus und Falke gewesen. Im einen Moment auf der Flucht und im nächsten auf der Jagd. Sie wollte ihn nicht teilen und traute sich doch nicht auf ihn zu zugehen. Und immer pochte ihr das Herz bis zum Hals und eine Stimme in ihrem Inneren drohte leise schwelend, dass Nedra diese Verbindung nicht gut heißen könnte. Sie vielleicht bestrafen würde.
Sie bemerkte erst als ein Hase in Angst vor ihr den Weg kreuzte, dass sie schon tief in den Wald eingedrungen war und ihre rasselnde Atmung einen weiteren Gedanken an eine Jagd zunichte machte. Panisch sog sie Luft ein und drohte dem Gefühl des Erstickens nachgeben zu müssen, als sich eine unsagbare Müdigkeit schwer wie Blei über ihren Körper legte.
Konnte es denn so falsch sein für einen Mann Gefühle zu hegen, wenn er es schaffte sie glücklich zu machen. Und war Nedra nicht auch die Schutzheilige der Gebärenden? Wie sollte denn eine Füchsin ohne ihren Fuchs Welpen erwarten? Wie sollte eine kleine Meise nicht verhungern, wenn nicht auch der Vater Würmer erbeutete? Warum sollte bei Nedra nicht auch Güte für eine menschliche Familie gegeben sein, wenn sie sich doch so für die Mütter und ihre Säuglinge einsetzte? In Gorix Nähe hatte sie das Gefühl schwach und stark zu gleich zu sein. Sie fühlte sich geborgen, fast als sei sie in einem Wald, obwohl kein Baum weit und breit zu sehen war. Er gab ihr ein Gefühl von Familie, wie sie es bisher nur von Nedra kannte. Vollkommen in ihre Gedanken vertieft hatte sie sich an einem Baum abwärts gleiten lassen und spielte verträumt mit einem verstorbenen Zweig. Ruhig wanderten ihre Augen von Baum zu Baum und sie begann wie von selbst zu beten...
Nedra, Herrin des Wildes
Herrin des Waldes
Göttin der Jagd
Die, die mir mein Leben schenkte
Die, die mir den Weg weist
Ich erbitte deine Weisheit
denn ich habe den Weg aus den Augen verloren
Ich habe Gefühle für einen Mann entwickelt
obwohl ich weiß, dass das dein Weg nicht vorsieht
Ich bin hier, bei dir – in meinem Zuhause
Der Gedanke des Waldes und deiner Liebe verwiesen zu werden – erstickt mich
Doch schreit mein Herz auch, wenn ich an Gorix denken muss
Zeige mir den Weg
lass mich deine Liebe spüren
lass mich für dich jagen
lass mich für dich den Wald verteidigen
lass mich mit mit Pfeil und Bogen deinen Wünschen entsprechen
lass mich...
Svenja wusste nicht mehr wie sie von ihrem Gebet in den Schlaf hinüber geglitten war, doch als sie erwachte hatte sie das Gefühl, dass ihr Körper aus Blei bestand. Ein unheimliche Kälte kroch wie aus der Tiefe über den graugrünen Waldboden und die Luft war wie aus dem Nichts erfüllt von einem schleierhaftem Nebel.
Sie hatte sich in eine Kuhle an den Wurzeln des Baumes gerollt und verfluchte, kaum das sie erwacht war die vergangenen langen Nächte in Nelda. Noch während ihr Körper den Dienst verweigerte huschten ihre Augen unruhig umher, denn sie war unbedacht gewesen, so nah an den Ausläufern des Waldes von Arden einzuschlafen. Die Nacht schien dem Morgen nicht weichen zu wollen und bedrohlich kroch der kalte Nebel auf sie zu. Durch die leicht im Wind wogenden Baumwipfel stahl sich von einem auf den anderen Moment fahles Licht und erhellte eine winzige nahe Lichtung. Erst mit einiger Verzögerung bemerkte sie eine Bewegung, auf dem kleinen baumlosen Fleck, der ihr fast zum Greifen nah erschien. Kaum zu erkennen hob, in einigen Schritt Entfernung, ein mächtiger Hirsch den Kopf und blickte in ihre Richtung. Für einen Moment lang sahen sie sich in die Augen, doch als die Novizin den Kopf hob, setzte sich das Tier mit einer drohender Geste in Bewegung und gab den Blick auf die hinter ihm grasende Hirschkuh und das zu ihren Hufen liegende Kitz frei. Erschrocken hielt Svenja in ihrer Bewegung inne und ließ die kleine Familie ihres Weges ziehen. Irgendwo in einem Baum erklang der warnende Ruf eines Käuzchens, doch Svenja nahm ihn in diesem Moment kaum war. Nur für einen Wimpernschlag lang hatte sie geglaubt Gorix im Nebel stehen gesehen zu haben. Erschrocken rieb sie sich ihre übermüdeten Augen, doch in ihrem Herzen machte sich eine warme Gewissheit breit, die ihr sagte, dass dies Nedras Antwort gewesen war. Nach endlosen Augenblicken des Stillsitzens sprang sie beherzt auf und konnte ihr Glück kaum fassen. Nedra hatte ihr Gebet erhört und ihr ein Zeichen geschickt. Ihr, Svenja, ungläubig schüttelte sie den Kopf. Doch ihre Bewegungen waren zu schnell für die erkalteten Glieder gewesen und sie stolperte Rücklinks über eine der Baumwurzeln. Den zweiten Anlauf versuchte Svenja deutlich vorsichtiger, doch sie hatte das Gefühl das ihr hüpfendes Herz ausnahmsweise schneller aus diesem Wald heraus wollte, als es jemals der Fall gewesen war. Sie wusste in ihrem Herzen, dass Nedra ihr verziehen hatte und mehr noch, sie wusste, dass Gorix ihr Hirsch war. Auch wenn sie vorsichtig sein musste, denn Nedra hatte nicht unrecht, Männern war grundsätzlich nicht zu trauen. Doch sie durfte es versuchen und das allein zählte für den Moment. Sie würde aufpassen, doch sie würde sich auch fallen lassen.
Es war bereits spät als sie mit gespanntem Bogen einen Schritt aus dem Wald heraus trat und mit den Augen den Horizont nach dem Fluss absuchte. Sie würde nordwärts wandern müssen... allein bis Brega.
Rogar:
Er war nah dran, verdammt nah dran, Söldner kannten jedoch nur zwei Gangarten. Trödeln und etwas was nicht nur an Eilmarsch grenzte sondern beinahe laufen war. „Marschgeschwindigkeit“ in diesem Gelände jedenfalls war Ihm vertraut. Er kannte diese Spur, nur wenige waren so dumm Kiesel wegzutreten und Ihre Richtung so eindeutig Preis zu geben, auf dem weichen Boden. Das hatte Sie nicht von Ihm. Die Spur passte in etwa so genau wie sein Arsch auf einen Eimer. Leichte Frauenstiefel, vorher auf einem Pony, nur leichtes Gepäck aber im wahrsten Sinne, nah am Arden. Auch die Beschreibung passte auf Sie, die er in der Herberge mitbekommen hatte und ein gewisser Jagdeifer hatte Ihn gepackt.
Zuerst schob er es auf den leeren Wasserschlauch, vielleicht wäre eine Kanne weniger Wein am Vorabend auch besser gewesen, dann jedoch bemerkte er der Wald hatte Ihn mehr und mehr gefasst. Er zog die Sie'Kiera eine brutal anmutende silvanaische Waffe, die tiorsgläubige vor allem zum "Abschlachten" von Anführern im Ritual verwendeten und deren Fertigung einigen wenigen Schmieden wie Ihm selbst vorbehalten war. Eine abgewandelte Form einer Zweililie aus schwerer Bronze mit einer Lilie samt Dorn, in Form eines Wolfkopfes und einer Sichel am anderen Ende.
Die Rüstung war schwer, zu schwer, dass Gepäck ein üppiges Arsenal an Messern, Dolchen, einem Bastardschwert und zahlreichen weiteren Mordinstrumenten, dazu Werkzeug und Verpflegung. Decken oder irgendwelche Annehmlichkeiten suchte man vergebens.
Es drückte in seinem Schädel, als wolle ein Zwerg mit stetigem Gehämmer seinen Schädel platzen lassen, aber dass funktionierte nicht so einfach wie manch ein Waldbewohner wohl vermutete. Am Flusslauf legte er sich hin und blickte auf das verzerrte Bild seines selbst. Gesichter huschten vor sein Auge, während er überlegte, dich habe ich in Ravernien umgebracht und dich in Amolonde. Verpiss dich aus meinem Schädel kam es in Ihm hoch! Als er den Kopf unter Wasser tauchte und beim aufstehen ein paar alternde Muskeln spannte. Die Adern traten Ihm im Gesicht hervor, wie das Flussdelta des Aber vor Zarbon, zeichneten sie ein Dreieck auf seiner Stirn ab.
Bei Daimos und Phobos, du kannst mich am Arsch lecken! Komm her damit ich dich endlich aufschlitzen kann ! In seinem Kopf wurde es still, offensichtlich war das etwas zu viel des Guten gewesen für seinen Beobachter und er hatte irgend etwas, durch die Tür gestoßen aus der es gekommen war, mit bloßer Wut und Selbstbewusstsein.
Aber wo war sein Gaul und wieso war aus Frühling später Sommer geworden, die Bäume hatten ja dieses Jahr kaum getrieben. Aber diese Kirsche dort vorne war eindeutig jenseits von blühen und Kirschen tragen und gestern war ich frisch rasiert, wo kommt der Bart her fragte er sich. Ich HASSE diesen Wald, in dem so gar nichts stimmt. Zumindest war er noch am Leben, nun ja wenn man seinen Zustand so nennen konnte. Wie viel Zeit war vergangen, eine Jahreszeit, ein Jahr, eine Dekade, es gab wichtigeres entschied er. Die Nebenreiche hatten Ihn schon einige Jahre gekostet, dies würde nicht, wahrscheinlich nicht der letzte Aufenthalt sein.
Er kramte, Hexenholz und Feenholz hervor, er hatte noch kleine Scheite, Zeit sich etwas einzuräuchern. Silvanaischer Aberglaube, eine geeignete Lichtung musste her, die er fand. Wie bekloppt es nur aussehen konnte, beschäftigte er sich an ausgewähltem Platz mit dem Symbol des Wiedererwachens und atmete Tief den schwachen Rauch ein während er sich auf die kleine Feuerstelle konzentrierte, es mochte gesünderes geben. Den Rauch des Wiedererwachens aus einem dunklem Traum, hieß es. Schutz vor Hexenwerk und Blitzschlag, dieser Dreck sollte seine Birne wieder helle machen. Dann das Feenholz, es musste einen Ausgang geben, wie beim letzten mal. Er schnitzte eine kleine Pfeilspitze, die er in eine kleine Holzschale legte und mit Wasser füllte. Er musste grinsen, Feuer mit Feuer bekämpfen. Er hatte eine Orientierung.
Stunden, Tage, es konnte nicht dunkel geworden sein, er war jedenfalls wach als er den zotteligen Faun und die nackte Nymphe einen Moment auf dem Felsen hocken sah. Der Ausgang war unter dem scheiß Felsen, er rannte um sich anschließend mit unmöglichen Verrenkungen durch einen Bau zu zwängen.
Die Augen geradeaus, sah er nun eine Brombeerhecke durch sein Gesicht kratzen. Keine 300 Schritt tiefer den Hang hinunter einen Fuhr weg, den Fuhr weg nach Brega. Nun Gut oder Schlecht, "Wann war er?" und "Wo ums verrecken war seine Schwester Ihm entwischt?". Es gab schlimmeres als so etwas wusste er.
Die Erinnerung an einen Armbruster kam hoch, der Giftmischer hatte sich vermutlich um das lästige Anhängsel von einem Kopfjäger gekümmert, er würde vortreffliche Dienste in einem Unteren Haus verrichten als Sklave. So ein Material war gefragt im Wald von Arden um es zu "Formen". Er packte etwas um, die dreckige Schärpe und die Sie'Kiera wurden zu einem Wanderstab. An Waffen und Rüstung konnte man nichts verstecken, aber mit dem Messer sollten einige Handspannen Haare ab, man wusste ja nie was oder wer Ihn im nächsten Ort erwartete.
Er brauchte Wein, ein halbes Schwein und am besten einen Laviniatempel, eine Schankmaid würde den Zweck wahrscheinlich auch mit etwas Glück erfüllen, man sollte niedrig ansetzen und dann prüfen "Wann er war?" und "Wohin es nun weiter ging?".
Richtung Brega oder Fanada, Brega lag besser entschied er, grob nach Norden. Das war groß genug um eine Spur zu finden von einem Söldner vielleicht. Pfifft, mach es noch einmal, ein letzter Zug vielleicht, ein guter Auftrag lag irgendwo vor Ihm. Auch alte Messer konnten noch schneiden. Er würde weiter einen Weg gehen. Nun war er weit weg, verdammt weit weg vermutlich.
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