Hier und dort: In Engonien und außerhalb des Kaiserreiches > Geschichten und Gespräche
Ein Dorf.
Vanion:
"Viele! Viele Augen konnten das bezeugen, Männer von Stand, Priester, auch meine eigenen Augen!
Doch Konars Wiederkehr, seinen.. ersten Tod? Ich hab nur Geschichten gehört. Männer in Tiefensee erzählten mir davon, auf meiner Queste im Namen Alamars hörte ich einiges.."
Tobi:
Bis jetzt war die Stimme des Jeldriken die eines netten Märchenonkels gewesen, der einem netten Burschenein paar schöne Geschichten erzählen wollte ... nun hörte man den Stahl in seiner Stimme und es war keine Bitte
"Du wars dabei, als Barad Konar in Engonia verschwand, bei dem Widerstand auftauchte und ihn der Pilgerzug enthauptet hat?
Erzähl!"
Vanion:
"Ja, ich war dabei." Vanion überlegte genau, was er sagen wollte. Er wollte dem Ritter eine unverfälschte Version der Ereignisse wiedergeben, und Vanion wusste genau, dass Erinnerungen oft verblassten, sich änderten, je mehr Zeit verging.
"Ich gehe davon aus, dass ihr die üblichen Geschichten kennt. Wie Engonia fiel - eine Bresche in der Mauer, der Scheinangriff auf die Löwenburg - Konar verschwunden, der Lupus verwirrt und demoralisiert. Nur wisst ihr wahrscheinlich nicht, wie diese Bresche entstanden ist." Vanion holte tief Luft.
"Engonia hat an und für sich schwache Mauern. Die Stärke der Stadt besteht in ihrer magischen Verteidigung, die mit irgendwelchen Türmen zusammenhängt - wie das genau funktioniert, weiß ich auch nicht. Jedenfalls gibt es in der Nähe Engonias ein altes Akademiegebäude, das wir einnehmen sollten - ein Trupp Condrianer sollte von dort aus dann am nächsten Tag die Verteidigung magisch brechen. Eine Überladung oder sowas, ich weiß nicht. Wir waren nur wenige, es war eine geheime Mission, unter der Leitung einiger höhergestellter Widerständler." Vanion log nicht direkt, aus irgendeinem Grund wollte er aber keine Namen nennen. Er fühlte sich diesen Leuten verbunden, ein Freundeskreis, der etwas besonderes war.
"Es kam zu Kampfhandlungen. Ein Tiorspriester, Erion Barkwin, war dort. Ich weiß nicht, ob er getötet wurde oder ob er floh - ich war verletzt. Jedenfalls nahmen wir dieses Gebäude ein, mühsam, langsam und quälend, aber wir nahmen es ein. Es tauchten Tiorswölfe auf, Elitesoldaten des Lupus, aber auch Milizionäre - es schien, als wären wir entdeckt. Doch wir schafften es! Da Engonia eingeschlossen war, war es nicht leicht für den Lupus, Entsatz zu schicken. Irgendwann hörten die Kämpfe auf. Doch am nächsten Tag, da.. da.. es war am Abend. Die Condrianer hatten es geschafft, die Breche war geschlagen, wir hörten die Schlachtrufe der Pilger aus der Ferne.
Ein Priester Tiors, der bei uns war, hatte eine Klaue, ein seltsames Artefakt. Irgendwie schaffte er es, im Verbund mit den Priestern Askars und Naduria, eine Beschwörung durchzuführen. Wie auch immer es getan wurde, es wurde getan: Barad Konar, Tiors Auserwählter, der falsche Kaiser, der Hundekaiser, stand in voller Prunkrüstung vor uns. Er war - überrascht. Desorientiert. Sofort stürzten wir uns auf ihn, wir alle. Wir waren bestimmt zu zwanzig, doch jeder einzelne wurde zurückgestoßen. Ein Kraftfeld, undurchdringlich, umgab ihn - und plötzlich.." Vanion zögerte, als die Erinnerung ihn in Empfang nahm. "..ein Gefühl - kalt, und warm, wie die Wärme in einem Komposthaufen.. ekelerregend, und doch heimelig, versprechend, umschmeichelnd.." Der Knappe schüttelte sich. "Eine Gestalt kam aus dem Wald. Ein Mensch, schien es. Schwarz, und weiß, und doch schillerte seine Kleidung. Das Gesicht, durchzogen von schwarzen und weißen Mustern, die doch grau - und irgendwie doch bunt zu sein schienen. Sie versprachen alles, Tod und Liebe und Reichtum und Qual und Hass und... Der Täuscher. Es war die Inkarnation des Täuschers. Kein Zweifel. Keiner der Magier konnte das Kraftfeld durchbrechen, kein Priester etwas ausrichten - doch der Täuscher durchschritt es, als wäre es Luft. Seine Stimme erklang - Vogelgezwitscher, Schlangenzischen, Fingernägel auf Schiefer, die süße Stimme einer unschuldigen Frau, und dabei so kalt wie der Tod und so warm wie ein Ofen. Düfte erfüllten die Luft, nach Verwesung, nach Schweiß, nach Tod, nach Blumen, nach Bergluft, es roch wie die Kanäle Bregas und die Hand Lavinias gleichzeitig. Er sprach, er verhöhnte uns. Er fragte, wer Konar töten wolle, wer es versuchen wollte, doch keiner außer dem Tiorspriester trat vor. Er wurde nur ausgelacht, und uns allen erschien der Priester wie eine lächerliche, kindliche Gestalt. Der Täuscher verlockte jeden, jeden einzelnen von uns, doch keiner trat vor. Lieblich waren seine Worte, süß, voller Honig - doch als keiner vortrat, zischte er. 'Er ist mein Geschöpf!', sagte er. 'Seht ihn euch nur an', und mit einem Fingerzeig zwang er Konar in die Knie. 'Ihr alle seid ein Witz, und ich danke euch für die Freude, die ihr mir bereitet habt'. Ich erinnere mich nicht mehr an die genauen Worte - doch schlussendlich erschlug er Konar." Vanion schwieg, den Blick gesenkt. Er war gegen Ende immer leiser geworden.
"Die Gestalt ging. Gemächlich, langsam, zurück in den Wald, aus dem sie gekommen war. Keiner konnte ihn aufhalten."
Tobi:
Während Vanion erzählte wurden die Augen des Jaldriken wieder schläfrig, die Spannung glitt aus seinem Körper und er lehnte sich wieder zurück undgenoss jedes Wort, wie vorher die Wärme des Kamins und des Mets.
"Ich danke dir vielmals ... ähem Vanion nicht war? Das ist die schönste Geschichte, die ich seit langem gehört habe. Du hast das Herz am rechten Flecken und der Rest wird wohl noch folgen. Da bin ich mir sicher.
Also hat Szivar Barad Konar vernichtet?"
Vanion:
Vanion nickte. "Ja. Er war es. Wir alle wollten ihm zuvorkommen, doch der Täuscher erschlug Konar."
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