Die Gebiete in Caldrien > Das Caldrische Imperium
Das Laviniakloster in Blanchefleur
Anders:
Lorainnes Worte erreichten sie durch die Berührung auf ihrer Hand und Anders lächelte. "Ich glaube das weiß sie. Aber ich sage es ihr natürlich.", meinte sie leise und drückte Lorainne zum Abschied noch einmal fest und lang. Die Ritterin brachte sie zur Tür und Anders verschloss sie wieder von außen. Einen Moment verharrte sie im Dunklen Gang um ihre Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen, dann huschte sie wie der Fuchs dem sie sich so verbunden fühlte auf leisen Sohlen zurück an die Oberfläche. Draußen verriegelte sie die Tür und war kurz darauf über eine geeignete Mauerstelle in der Nacht verschwunden. Das stille Kloster blieb hinter ihr zurück, nur sanft beschienen vom Mond der hin und wieder durch die Wolken blinzelte.
Als das Leben mit der Sonne erneut im Kloster erwachte war sie schon weit weg.
Lorainne:
Auf den einen Tag folgte ein neuer und danach wieder ein neuer.
So ging es schon eine ganze Weile. Tag auf Tag, Woche auf Woche, Monat auf Monat.
Im Herbst hatte man sie hierhergebracht, darauf war der Winter gefolgt und der Frühlich.
Jetzt nahte der Sommer, sie konnte den Flieder aus den Gärten riechen.
Den gab es nur hier, in den Klostergärten- zumindest hatte sie nirgendwo sonst Flieder gesehen.
Sie hatte nichts zu tun, konnte nur beten, Schriften Lavinias studieren und darüber nachdenken.
Und natürlich dachte sie an ihre Familie, oder die Menschen, die sie ihre Familie nannte, an ihre Freunde, Weggefährten und Waffenbrüder und -schwestern.
Sie verging fast vor Sehnsucht nach ihrer Tochter, die kleiner würde sie nichteinmal erkennen, sie würde keine Bindung an ihre Heimat haben, denn sie wuchs in Goldbach auf, nicht auf La Follye.
Etwas Trost hatte Anders gespendet und etwas Glück, auch wenn sie es nicht gutheißen konnte, WIE sie zu ihr gekommen war.
Plötzlich öffnete sich die Tür mit eine knarzen, das Lorainne zusammenzucken ließ. Sie war den Lärm einfach nicht gewöhnt. Als man ihr die Einkehr und Stille verordnet hatte, hatte man sich auch bemüht, sie still zu versorgen- Türen wurden leise und behutsam geöffnet, niemand hatte mit ihr gesprochen, die Schwestern schienen durch die Gänge zu schweben.
Mißmutig schaute sie die Besucher an, oder waren es nur neue Kerkermeister?
Man bedeutete ihr zu folgen und Lorainne gehorchte. Man brachte sie in eine geräumige Kammer, badete sie, schnitt ihr das Haar und kleidete sie in ihren Waffenrock und sie erhielt ihr Schwert zurück.
Unsicher ob sie wieder sprechen durfte, schwieg sie und nahm das Geschehen um sie herum verwundert zur Kenntnis.
Sollte es vorbei sein? War sie frei- einfach so?
Vanion:
"Mon fils a trouvé cette lettre en cours de route", sagte der Bauer.
"Curieux et intelligent comme il est, il l'a lu. Il m'en a parlé et je suis parti juste après Blanchefleur." Der stämmige Kerl mit dem wettergegerbten Gesicht schüttelte missbilligend den Kopf. "Les rues ne semblent plus en sécurité. Que la mère Lavinia nous protège."
Dann überreichte er der Ordensschwester, die ihm die Pforte geöffnet hatte, zwei lädiert aussehende Seiten Papier, auf denen viele, viele Worte geschrieben waren.
"Ich danke für deine Mühe und deine ehrlichen Worte, guter Bauer", sagte sie. Dann sprach sie den Segen Lavinias über den Mann, der es eilig zu haben schien, die Rückreise anzutreten. Auf dem Weg zurück zum Haupthaus des Klosters unterdrückte sie ihre Neugierde, das offene Schreiben selbst zu lesen. Allerdings fiel ihr auf, dass es kein Siegel gab, und das Papier auch beschädigt war.
Lorainne:
Offensichtlich war sie frei, denn nach dem ganzen Gewusel um sie herum, brachte man sie nicht zurück.
Sie blieb in der Kammer zurück, auf einem kleinen Tischchen lag Korrespondenz, die offenbar für sie bestimmt war. Viele Briefe aus La Follye, zwei von Bourvis, einen aus Blanchefleur und einige lose Seiten, die ihre Aufmerksamkeit erregten.
Der Verfasser hatte es vermutlich eilig gehabt und sie lächelte, als sie die Schrift erkannte.
Lorainne:
Doch das Lächeln gefror, als sie die Blätter auseinanderfaltete. Stellenweise waren sie eingerissen und mit Blut beschmiert.
Gütige Lavinia, ehöre die Gebete deiner niedersten Dienerin und lasse es nicht sein Blut sein. Schütze den, der die Kirschblüten in seinem Wappen und Deinen Namen auf den Lippen trägt.
Lorainne überflog die Zeilen- immerhin lebte er noch, oder war es vor wenigen Wochen noch gewesen. Sie rechnete nach, das Fest der Grenzen in Caer Conway lag gerade etwa einen Mond zurück, und er hatte die Zeilen danach geschrieben, wenn er also wirklich nicht mehr lebte, würde sie es in kürze erfahren.
Erleichtert strich sie über die Seiten.
Aus La Follye erreichten sie weniger gute Nachrichten, eine Bestie war angeblich im Wald gesichtet worden- Lorainne hatte da so eine Ahnung, wer das wohl gewesen sein könnte. Nun, nach Vanions Worten, schien es der "Bestie" besser zu gehen und in naher Zukunft würden Sichtungen im Wald wohl ausbleiben.
Doch der Winter war hart gewesen, der Wächter lange nicht gesehen- wie auch, wenn man in Klöster einbrach. Ohja, sie würde sich dazu noch einiges anhören müssen.
Doch irgendetwas schien im Wald vor sich zu gehen, Lorainne erinnerte sich an alte Geschichten, noch aus Zeiten, bevor die Firngarder nach Caldrien gekommen waren.
Sie hoffte, dass Anders mehr wusste, immerhin lebte sie in diesem Wald.
Bourvis hatte nicht viel zu berichten, wie immer hatte er sich kurz gefasst, Neuigkeiten aus Goldbach erzählt- ihre Tochter wuchs und gedeih und hatte sich dort völlig unbeschwert eingefügt.
Nachdenklich strich sie über das Bündel Briefe, sie hatte sie verschlungen, die ersten Neuigkeiten von "draußen", die sie nach so vielen Monaten erreicht hatten.
DOch was hatte man nun mit ihr vor?
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