Die Gebiete in Caldrien > Das Caldrische Imperium

Das Laviniakloster in Blanchefleur

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Lorainne:
Doch bevor sie sich weitere Fragen stellen konnte, was nun passieren würde, klopfte es leise und eine der Schwestern schlüpfte herein und überreichte ihr ein weiteres Bündel, sauber gesiegelt mit einem angreifenden Schwand.
Lorainne nickte lächelnd und die Laviniageweihte zog sich zurück.
Kaum wurde die Tür geschlossen, rieß Lorainne den Brief förmlich auseinander-
Es geht ihm gut, Lavinia sei Dank.

Doch wie sollte sie ihm bei seinem Ersuchen helfen? Ausgerechnet sie, die damals eine der Beteiligten gewesen war?

Es klopfte erneut, und teilte ihr mit, dass die Klostervorsteherin sie zu sprechen wünschte.
Plötzlich war ihr Kopf wie leer und sie wurde nervös.

Lorainne:
Sie war schockiert, konnte es nicht glauben.
Es musste ein Gerücht sein, Vanion würde doch niemals....
Andererseits würde das den blutbefleckten Brief erklären.
Ihr Auftrag war klar, im Namen des Ordens sollte sie an Lavinias Liebe erinnern und bei Bedarf in der Fehde vermitteln.

"Wer die Kirschblüten trägt, darf keine Hochzeit im Namen Lavinias stören. Du wirst ihn zur Rechenschaft ziehen."

Lorainne schloß für einen Moment die Augen. Nein, es bestand kein Zweifel. DIe Mutter war stets sehr gut informiert.
Immerhin konnte sie so ihre Bitte vortragen, denn um zu vermitteln, hatte man sie von ihrem Gelübde entbunden.
Lorainne sank auf die Knie: "Madame, darf ich noch um etwas bitten?"
Auf ihr Nicken fuhr sie fort:"Es steht bereits eine Forderung aus zwischen dem Chevalier und mir. Eine zweite wird in Kürze hinzukommen. Je nachdem wie all das ausgeht, wäre es doch in Lavinias Sinne, wenn ein liebender Vater noch etwas Zeit mit seiner Tochter verbringt. Darum bitte ich Euch, lasst Jeanne, Tochter von Vanion aus Roquefort, mit mir gehen. Ich werde sie zu ihrem Vater bringen und Euren auftrag erfüllen, bevor ich aus dem Orden scheiden muss."
Die folgende Stille kam ihr endlos vor, doch plötzlich durschnitt die kalte Stimmer der Klosteroberen die Luft:
"Du glaubst, Lavinias Willen zu kennen? Du glaubst zu wissen, was in ihrem Sinne ist?"
Lorainne zwang sich zur Ruhe, atmete drei Herzschläge durch und antwortete mit fester Stimme:
"In den Schriften des  Vicarius Gisbert heißt es:"Nichts steht über der Liebe der Eltern zu ihren Kindern und die Eltern gleichen in Augen der Kindern Göttern. Niemand, nichteinmal Lavinia selbst, darf sich zwischen Eltern und ihren Kindern drängen, denn die Liebe der Eltern soll, wie Lavinias Liebe, unendlich und bedingungslos sein." Und so bitte ich Euch, Euch nicht zwischen die Liebe eines Vaters zu seiner Tochter zu stellen und beiden ein Wiedersehen zu ermöglichen."
"Es heißt auch:Wer Lavinias Liebe verrät, hat sich als unwürdig erwiesen und soll auf ewig im Meer der Seelen kämpfen."
Lorainne nichte: "C´est vrais. Aber so heißt es auch: Wer ehrlich bereut, und den Weg zu Lavinia findet,  der ist in ihrer gnadenvollen Umarmung geborgen."
"Und Du glaubst, er hat den Weg zurückgefunden? Nach den Dingen, die Du eben erfahren hast?"
Lorainne schüttelte den Kopf:"Non, zurückgefinden hat er nicht, denn er ist nie vom Weg abgekommen. Alarmar verlangt stets das einhalten eines Schwures, Lavinia aber lässt einen Treubruch zu, wenn er aus Liebe geschieht und die Liebe zur Familie ist eine der wichtigsten, so sagt es der Geweihte Osric."
Ein Raunen ging durch die geweihten, doch mit einer Geste der Mutter Oberin herrscte wieder Stille.
"Ich sehe, Du hast während deiner Haft die Schriften gut studiert, ma fille. Wir werden den religiösen Disput ein andermal fortsetzen. Ecoute-moi, den Sommer lang soll er seine Tochter bei sich haben, danach muss mein Cousin darüber entscheiden, ob er sie freigibt. Du bist Leumund des Chevaliers. Nur aufgrund Deines Wortes, als Dienerin Lavinias, nimmst Du sie mit. Seine Verfehlung wird die Deine sein."
"Es wird keine Verfehlung geben, die geahndet werden muss." Bei aller Unsicherheit, entweder würde Vanion Jeanne im Herbst selbst zurückbringen, oder man könnte Blanchefleurs Herz erweichen.
Doch dazu würde es weiterer Hilfe bedürfen.

Nachdem alles besprochen, Ihr Auftrag klar war, wurden am nächsten morgen die Pferde gesattelt und eine Ritterin machte sich mit einem Kinde auf den weg ins Ungewissen.

Vanion:
Das Wetter fing die Stimmung des Trauerzuges hervorragend ein. Aus dem stetigen Herbstregen war, je weiter sie gereist waren, ein nasskalter Schneeregen geworden, und zuletzt hatten die Wolken leise Schneeflocken herabschweben lassen, die sich wie ein Mantel über alles legten und dem hügeligen Gebiet eine ehrwürdige Stille verliehen.

Der Abschied von der Löwenburg war keinem von ihnen leicht gefallen. Der Baron war sicher in der Obhut seiner Getreuen, Wort war nach Voranenburg und nach Feuerklinge gesandt worden. Am schwersten war es dem Ritter gefallen, die Worte an Damian zu verfassen. Bitterkeit hatte ihn erfüllt, als ihm die Ironie seiner Taten aufgegangen war: Ausgerechnet ein Roquefort war es, der den Leib der vielleicht größten La Follye zurück in die Heimat brachte. Ausgerechnet ein Roquefort, der die Knechte heuerte, die den Karren lenkten, der die Boten zahlte, die die schlimme Nachricht sandten.

Mit dem Aufbruch hatte Vanion auch seine Schweigsamkeit zurückgelassen. Er hatte die Reise genutzt, um Arienne von Lorainne zu erzählen. Nur ein Bruchteil der Geschichten, die sie gemeinsam, aber auch ohne ihn erlebt hatte, hatte er berichten können, und ihm war nicht entgangen, dass Arienne, so gut sie konnte, Notizen angefertigt hatte. Er bewunderte die junge Frau angesichts der Haltung, die sie an den Tag legte. Ihm war nicht entgangen, dass sie die einzige gewesen war, die ihm an jenem schlimmen Abend durchgehend geleitet hatte, als er sich völlig seiner Trauer ergeben hatte, und er rechnete es ihr hoch an. Schon jetzt zeigte Arienne einen Willen und eine Selbstsicherheit, für die er selbst Jahre gebraucht hatte, und er schloss sie in seine Gebete ein.

Aufgeben stand einem Ritter nicht gut an, und er wusste genau, dass Lorainne ihn geschlagen hätte, wenn sie ihn so, voller Trauer, gesehen hätte. Daran hatte er sich endlich erinnert, und an die Stelle seiner Trauer war Pflichtbewusstsein getreten. Peinlichst genau erfüllte er seine Aufgaben, umsichtig sorgte er dafür, dass alle von Gorix' Zustand wussten, die es wissen mussten, und er hatte um den Beistand der Laviniakirche gebeten - genauso, wie er Kassos das Versprechen abgerungen hatte, nur die besten seiner Krieger über Gorix wachen zu lassen. Er hoffte, dass der Graf Verständnis zeigen würde, dass Vanion nicht umgehend nach Feuerklinge oder nach Voranenburg zurückkehrte, aber angesichts des Wintereinbruchs und der blutigen Toten, die die Inquisition hatte zurücklassen mussten, schien ihm die Situation sicher genug zu sein.

Und so erreichten sie also die Mauern des Laviniaklosters, in dem Lorainne im letzten Jahr noch Buße getan hatte, sich gereinigt hatte und gesühnt hatte für die Sünden, die sie begangen. Schon von fern erkannte Vanion Lichter, denn es war schon spät, als sie ankamen. Und tatsächlich stand das Tor offen, und die Brüder und Schwestern des Klosters standen bereit, als sie in den Innenhof kamen. Die Kunde hatte diesen Ort bereits erreicht.

Lorainne:
Sie würde erwartet, das war offensichtlich. Dort, wo normalerweise rege Betriebsamkeit herrschte, verharren den Menschen, als der Zug sie passierte.
Der Mutter Oberin erschien, und neigte kurz ihr Haupt vor dem Karren mit der Toten. Dan gab sie Anweisungen, die rituellen Waschungen und Segnungen vorzubereiten, damit die Tote, die ihr Schwert im Namen Lavinia erhoben hatte, von ihren Taten reingewaschen und so die Zeit im Totenmeer verkürzt werden würde.
Die Begleiter der Ordensritterin wurden in den Speisesaal geleitet, wo Erfrischungen bereit standen.
Als Vanion sich gestärkt hatte, erkundigte sie sich nach Jeanne, die den Sommer und den Herbst bei ihrem Vater verbracht hatte.
Sie ließ Vanion erzählen, jeder, der zu Wort kommen wollte oder Beistand brauchte, würde ihn hier finden.

"wie ist es passiert?" Natürlich hatte es Gerüchte gegeben. Schlechte Nachrichten verbreiteten sich wie ein Lauffeuer, doch sie wollte es aus erster Hand hören.
Fragend blickte sie in die Gesichter der Anwesenden.

Berengar von Thurstein:
Auch er hatte das Schweigen noch auf der Löwenburg aufgegeben und sich mit scheinbar erstarkenden Lebensgeistern, aber dennoch sehr ernster Stimmung wieder an so manchem Gespräch beteiligt. Das Leben musste weiter gehen, und er war kein Diener Borons. Als das Kloster Blanchefleur in Sicht kam, schien ihm jedoch etwas einen Stich zu versetzen, und er wurde seltsam verschlossen. Hier also hatte man sie weggesperrt und ihr eingeredet, es sei zu ihrem Besten, wenn sie in ihrer Zelle von der Welt abgeschnitten schweigend auf Erlösung hoffen würde... Da war sie wieder... diese Wut die über jedes rondragefällige Maß an Zorn hinaus reichte und so sehr zu ihrem Sohn Kor gehörte...

"Eine Prüfung reiht sich an die nächste und ich scheine keine davon zu bestehen... Rondra, gib mir die Kraft ihr Ehre zu machen..." murmelte er leise zu sich selbst, schien in sich zu horchen, sich mit einem tiefen Atemzug zur Ordnung zu rufen und schließlich wieder Haltung zu finden.

Als Lorainne fortgetragen wurde, stieg er aus dem Sattel, führte Bandobras zu den Stallungen und bestand darauf, den Hengst selbst zu versorgen. Erst hernach begab er sich zu den anderen in die Messe und ließ sich ein wenig abseits nieder, ohne groß auf sich aufmerksam zu machen.

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