Hier und dort: In Engonien und außerhalb des Kaiserreiches > Geschichten und Gespräche
Allein in der Dunkelheit
Mel:
Mittlerweile hatten sich ihre Augen so gut an die Dunkelheit gewöhnt, dass sie nahezu jede Veränderung wahrnahm. Und selbst wenn sie nichts sah, hörte sie das kleinste Geräusch.
Ja, die einsamen Tage im Dunkeln hatten ihre Sinne geschäft.
Sie konnte die Gestalt nur verschwommen erkennen, aber umso deutlich hörte sie sie atmen.
"Qui est là?" Ihre Stimme war rauh vom seltenen Gebrauch.
"Zeig Dich gefälligst, ich WEISS, dass da jemand ist."
Kaum gesagt, löste sich die Gestalt aus der Dunkelheit und kam auf sie zu.
Lorainne hörte Stiefel über den Boden kratzen, roch Leder, Bier und Männerschweiß.
Dann stand er grinsend vor ihr und strich ihr über die Wange.
"Na, mein Täubchen?!"
Es klang wie eine Drohung.
Mel:
Es war wie im Krieg. Sie liess sich allein von ihrem Instinkt leiten.
Eines hatte sie ihm voraus: Die Erfahrungen im Krieg. Denn während er sich bei den hohen Herren eingeschleimt und sich feige vor dem Krieg gedrückt hatte, stand sie nebenSimon auf den Schlachtfeldern. Brega, Ahrnburg, Engonia.
Die Kette, die sie festhielt, liess nur eingeschränkte Bewegungsfreiheit zu.
Gerade genug, um ihm seinen Dolch zu entwenden.
Mel:
"Quoi..." fluchte er.
Lorainne umklammerte den Dolch.
"Ein Schritt näher, dann..."
Mehrmusste sie nicht sagen. Ihre Stimme war verzerrt von gebändigter Wut.
Wenn er sich tatsächlich näher heranwagen würde, würde diese Wut hervorbrechen und nicht zu besänftigen sein.
Sie lechzte nach seinem Blut.
Er war dumm genug, das nicht zu bemerken.
Sie stieß zu, einmal zweimal.
Spürte den kurzen Widerstand, als der Dolch auf Haut traf.
Und dann hinein glitt wie ein Messer in Butter.
Er jaulte auf wie ein verletztes Tier.
Doch sein Schmerz befriedigte sie keineswegs.
Irgendwie hatte er sich aus ihrer Reichweite gebracht, sie wollte ihm nachstellen, doch die Kette hielt sie zurück.
Jetzt gab sie tierische Laute von sich, knurrte wie ein hungriger Wolf.
Doch sie kam nicht mehr an ihn heran.
Er hatte sich gesammelt, stand zitternd weit genug entfernt von ihr und war wieder mutig genug für weitere Drohungen.
Mel:
Für einen Moment war es so still, dass er sein Blut auf den Boden tropfen hören konnte.
Er hörte wie sie knurrte und keuchte.
Offenbar hatte er sie unterschätzt.
Dass sie immer noch lebte, überraschte ihn. jede andere Frau wäre vermutlich längst tot, aber sie hatte auch den Krieg überlebt, womit er auch nicht gerechnet hatte, im Gegenteil.
Er hatte einiges versucht, ihre Familie loszuwerden, dummerweise kam ihm jetzt die anderen in die Quere, mit ihren eigenen Zielen.
"Dir wird Gehorsam beigebracht werden, und dann wirst Du es nicht verhindern können."
Damit verliess er sie, um sich verarzten zu lassen, denn auch wenn sie ihn nicht schwer verletzt hatte, schmerzten ihn die Wunden schrecklich
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