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Autor Thema: Die Stunde der Wahrheit - Sommer 263 n.J.  (Gelesen 18639 mal)

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Offline Vanion

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Die Stunde der Wahrheit - Sommer 263 n.J.
« am: 02. Jul 13, 11:52 »
Die ungleiche Gruppe erreichte nur wenige Tage nach den Geschehnissen im Arden die dunklen Stadttore Ulds. Als die Torwache sie anrief, hielt sich Vanion im Hintergrund und überließ es Kassos und Ysander, ihnen Einlass zu verschaffen. Mit einen Blick empfahl er Felix, einfach die Füße still zu halten. Nach kurzer Diskussion schwangen die Tore auf.

Vanion wand sich innerlich unter den misstrauischen Blicken der Ulder Wache. Kurz erklärte er dem diensthabenden Offizier, warum er hier war, woraufhin eine Wachabteilung die Gruppe zwar höflich, aber doch überaus bestimmt in die Mitte nahm und in die etwas höher gestellten Stadtviertel Ulds "begleitete". Es schien fast, als ob man sich einen Scherz daraus machte, Umwege zu nehmen - Vanion konnte sich nicht daran erinnern, dass der Weg vom Haupttor zu den Gerichtsgebäuden wirklich über den großen Marktplatz, durch ein Wohnviertel und schließlich an einer Binomi- oder Monteleone-Residenz vorbeiführte. Der Knappe erkannte auf Anhieb die Mentalität, die dahinter steckte, und wollte schon dem Befehlshabenden ein paar Kupferstücke in die Hand drücken, damit er den direkten Weg nehmen würde - aber ihm fiel ein, dass im Angesicht eines Prozesses es wohl unklug wäre, noch Bestechung auf die Liste der Anklagepunkte zu setzen.

So dauerte es zwar etwas länger, aber schließlich erreichte man das Gerichtsgebäude in Uld. Erwartungsgemäß ließ man sie warten, irgendwann brachte ein Diener ein paar Kelche mit verdünntem Wein sowie eine Schale mit Duftwasser, "um den Pferdegestank ein wenig zu mildern". Auch diese Stichelei ließ Vanion über sich ergehen. Endlich ging es weiter, ein weiterer Diener führte die vier Gefährten unter weiterer Bewachung in einen Vorraum, wo ein mürrischer, fetter Mann mit einer Feder in der Hand hinter einem wuchtigen Schreibtisch saß. Er erkundigte sich nach den genauen Namen, und nach der Funktion, die die Leute im anstehenden Prozess hatten, hielt diese auf Büttenpapier fest und stand schließlich auf. "Wartet hier. Wenn der Prozess beginnt, werden wir euch rufen. Die Dame Richterin ist auf dem Weg hierher." Aber wird sich mit Sicherheit Zeit lassen, schwang unausgesprochen mit.

Als sie (abgesehen von der ständigen Bewachung) im Vorraum allein waren, sagte Vanion mit aufgesetzter Fröhlichkeit, die seine Nervosität verbergen sollte, in die kleine Runde: "Na, setzen wir uns doch einfach. Was haben wir sonst schon zu tun?"
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Offline Johannes

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Re: Die Stunde der Wahrheit - Sommer 263 n.J.
« Antwort #1 am: 02. Jul 13, 19:15 »
Felix schien die ganz Angelegenheit wieder einmal nicht zu gefallen, etwas mürrisch schaute er in die Gegend; riss sich dann aber zusammen und setzte einen etwas freundlicheren Gesichtsausdruck auf. Erstaunt bemerke er, dass man sich sofort auf den Weg zum Gericht machte.
„Vanion, wenn die sofort Beginnen wollen, sollte ich mich vielleicht auf den Weg machen und meinen Leumundszeugen auftreiben?“

Offline Vanion

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Re: Die Stunde der Wahrheit - Sommer 263 n.J.
« Antwort #2 am: 03. Jul 13, 17:16 »
Und schon schien es schief zu laufen. Ungeduldig wedelte Vanion Felix davon. "Na los, dann mach! Verzeih mir, dass ich nicht daran gedacht habe."
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Offline Johannes

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Re: Die Stunde der Wahrheit - Sommer 263 n.J.
« Antwort #3 am: 03. Jul 13, 18:28 »
„Bin schon unterwegs.“ Eilig machte Felix sich auf den Weg.
Wie war doch gleich die Adresse? Hoffentlich ist der Mann überhaupt zu Hause.

Offline Charisturcear

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Re: Die Stunde der Wahrheit - Sommer 263 n.J.
« Antwort #4 am: 03. Jul 13, 20:28 »
Ysander hatte seit dem Einlass am Stadttor den gesamten Weg bis in das Vorzimmer, in dem sie nun zum Warten verdammt waren, kein einziges Wort gesprochen - einzig unterbrochen von seiner Vorstellung beim richterlichen Sekretär. Nun, nachdem sie alleine waren, ergriff er doch das Wort: "Du solltest gedanklich noch einmal in Ruhe alles durchgehen, was geschehen ist und irgendwie in diesem Prozess von Belang sein oder werden könnte. Vor allem alles, was man zu deinen Ungunsten auslegen kann." Er blickte Vanion an. "Rechne lieber damit, dass sie zu viel wissen als zu wenig. Und nach dem Empfang rechne auch damit, dass sie es gegen dich einsetzen wollen."

Offline Johannes

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Re: Die Stunde der Wahrheit - Sommer 263 n.J.
« Antwort #5 am: 04. Jul 13, 12:37 »
Nach einiger Zeit kehrte Felix etwas außer Atem zurück. Nicht in Begleitung eines Händlers, sondern eines jungen Mannes in der Kleidung eines Dieners. Dieser wand sich, mit einer leichten Verneigung, auch direkt an den Gerichtsschreiber.
„Verzeiht, mein Herr soll für diesen Mann hier eine Aussage machen, um seine Herkunft und seinen guten Leumund zu bestätigen.“ Bei diesen Worten deutete er auf Felix.
„Ich habe ein entsprechendes Empfehlungsschreiben dabei; sollte jedoch die persönliche Anwesenheit meines Herren erforderlich sein, bitte er das Gericht untertänigst einen genauen Zeitpunkt für sein Erscheinen festzulegen.“ Mein Herr ist ein viel beschäftigter Mann, schwang in diesen höflichen Worten ganz eindeutig mit.
Der Diener griff in seinen Wams und reichte seinem Gegenüber einen versiegelten Umschlag.

Offline Dominic

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Re: Die Stunde der Wahrheit - Sommer 263 n.J.
« Antwort #6 am: 04. Jul 13, 20:40 »
Kassos, der an einem Fenster stand und abwesend in die Gegend sah, schien sichtlich genervt zu sein. Diese elende Warterei, nichts als Zermürbungstaktik und Politik. "Als ob wir alle nichts besseres zu tun hätten", murmelte er vor sich hin.
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Offline Vanion

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Re: Die Stunde der Wahrheit - Sommer 263 n.J.
« Antwort #7 am: 04. Jul 13, 23:22 »
"Dennoch, es muss sein. Wir warten auf die Richterin." Vanion ging im kleinen Vorraum hin und her, die Hände auf dem Rücken verschränkt. Er hatte darauf geachtet, seine feineren Klamotten anzuziehen, dennoch kam er sich wie ein besserer Landstreicher vor. Abgewetzte Stellen an seinem Wams und sogar kleine Löcher in seiner Hose zeugten von den Strapazen, die seine Kleidung auf so mancher Reise schon mitgemacht hatte. "Versprecht mir nur, die Ruhe zu bewahren, Kassos. Keine Drohungen, keine.. tiorsgefälligen Handlungen." Nun musste der Knappe doch grinsen. "Selbst die Valkensteiner haben die Ulder Obrigkeit respektiert, und so ungern ich hier bin, dieses Spiel spielen wir nach ihren Regeln."
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Offline Dominic

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Re: Die Stunde der Wahrheit - Sommer 263 n.J.
« Antwort #8 am: 05. Jul 13, 04:30 »
Eine Augenbraue des Priesters wanderte ein Stück nach oben und der ein, oder andere Muskel in seinem Gesicht zuckte leicht.
"Den Intrigen des Dunklen, oder auch denen seiner sterblichen Diener, mit Loyalität zu seinen Waffenbrüdern gegenüber zu stehen, ist eine tiorsgefällige Hadlung. Ehre ist ebenso tiorsgefällig." Er machte einige Schritte auf den Knappen zu und blieb einen Schritt vor ihm stehen. "Ich bin kein Tier, Vanion", fügte er in einer gefährlichen Ruhe hinzu, "und du tätest gut daran, deine Worte der Richterin gegenüber weiser zu wählen als mir gegenüber."
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Offline Vanion

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Re: Die Stunde der Wahrheit - Sommer 263 n.J.
« Antwort #9 am: 05. Jul 13, 10:57 »
Vanion sah Kassos nur kurz in die Augen. "Nimm meine Worte nicht so hart auf, sie waren in keinem schlechten Sinn gesagt. Ich befürchte nur, dass diese Leute versuchen werden, uns zu reizen, zu sticheln, dass vielleicht Zuschauer oder die Wache beleidigend werden. Wenn das nicht an dir abprallt und du auf diese Leute eingehst, haben wir verloren. Nochmal, verzeih meine Worte - ich wollte dich nicht als Tiorswolf hinstellen." Ein schwaches Grinsen fand seinen Weg auf das Gesicht des Knappen. "Der Mund ist heute wichtiger!"
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Offline Dominic

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Re: Die Stunde der Wahrheit - Sommer 263 n.J.
« Antwort #10 am: 05. Jul 13, 11:21 »
Lange starrte Kassos Vanion in die Augen, bevor auch er anfing zu grinsen. Der Priester drehte sich rum und ging wieder Fenster.
"Wenn sie beschlossen haben uns zu betrügen, werden wir mit allen schönen Worten nichts daran ändern."
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Offline Charisturcear

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Re: Die Stunde der Wahrheit - Sommer 263 n.J.
« Antwort #11 am: 05. Jul 13, 19:09 »
"Und genau damit werden wir rechnen müssen." versuchte Ysander das Gespräch wieder in seines Erachtens sinnvollere Bahnen zu lenken. "Wir dürfen uns auch in einer Hinsicht nicht vertun: Du stehst hier nicht nur angeklagt als Vanion, sondern das ganze kann unter Umständen als ein kleiner, symbolischer Akt einer tangarischen Obrigkeit gegen einen caldrischen Knappen und damit direkten Diener eines Adeligen gesehen werden. Und es wird garantiert welche geben, die es so sehen, denn wir sollten nicht vergessen, dass die caldrische Imperatorin immer noch Anspruch auf die Herrschaft über Tangara erhebt."

Offline Engonien NSC

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Re: Die Stunde der Wahrheit - Sommer 263 n.J.
« Antwort #12 am: 05. Jul 13, 19:42 »
"Welch illustre Gesellschaft."
ertönte eine vor allem Vanion bekannte, etwas rauchige und amüsierte Stimme.
Als die Männer im Raum sich umdrehten  sahen sie eine rundliche Frau in kostbaren Brokatgewändern die gerade ihre Handschuhe auszog und ohne hinzusehen an einen neben ihr stehenden Gerichtsdiener weiterreichte bevor sie lange Nadeln aus ihrer Frisur zog um den keck seitlich auf einem Barett sitzenden Hut abzunehmen.
Sie trug die hier im Norden Tangaras übliche Mode: ein elegantes, hauptsächlich aus Brokatstoffen bestehendes Gewand mit einem eng sitzenden, fast schon korsettartigen Oberteil mit gepufften Ärmeln welches in einem weiten Rock auslief der von Reifröcken gestützt wurde. Kostbarer Schmuck schmückte Ohren, Hals, Handgelenke und Finger der Frau und glitzerten in einem satten, tiefen Rot: der Farbe des Hauses Falcone.
Man konnte ihr nicht ansehen ob sie die letzten Kommentare gehört hatte die gesprochen worden waren. Im Gegenteil, sie bedachte alle mit einem offenen Blick und nickte dem Tiorsgeweihten grüßend zu.
"Meister Bachlauf."
Ihr Blick blieb schließlich an dem Knappen hängen: "Wie erfreulich das mein Vertrauen sich ausgezahlt hat. Ich vermisse einen Abgeordneten der Valkensteiner... nun denn."
Sie nickte noch einmal grüßend und verließ den Raum um den Korridor herunter zu dem eigentlichen Sitzungssaal zu gehen. Der Gerichtsdiener mit ihren Sachen beeilte sich ihr hinterherzueilen ohne auf ihre schwingenden Röcke zu treten.

Ein tattriges altes Männlein trat an ihre Stelle und räusperte sich hinter vorgehaltener Hand. Dieser Greis schien bereits zu Jeldriks Zeiten hier angestellt gewesen zu sein: Kataraktische Augen blinzelten aus einem nahezu vollständig in Falten liegendem Gesicht aus dem die spitze Nase wie der Bug eines sinkenden Schiffes hervorstach. Seine Arme und Beine waren so dürr das man das Gefühl haben konnte sie würden wir Bregahölzer brechen wenn sie angestupst wurden. Er bewegte sich mit einer behäbigen Langsamkeit wie eine Schildkröte mit der er eine erstaunliche Ähnlichkeit hatte.
Als er schließlich sprach traten alle verblüfft einen Schritt zurück:
"DIE EHRENWERTE RICHTERIN DER STADT ULD; IHRE RICHTERLICHE GNADEN DIE FRAU MARIETTA ELISABETTA FALCONE SETZT DEN BEGINN DES PROZESSES IN DER SACHE MORD UND LEICHENSCHÄNDUNG DURCH DEN DELINQUENTEN VANION BACHLAUF, VORMALS BÜRGER FANADAS, JETZT KNAPPE DER RITTERIN LORAINNE DE LA FOLLYE DES JOUX, AUF DIE HEUTIGE ZWEITE STUNDE DES NACHMITTAGES AN. WER ZU DIESEM FALLE BEITRAGEN MÖCHTE FINDE SICH ZU GEGEBENER ZEIT IM SAALE EIN UND LASSE SEINE PERSONA BEIM SCRIPTOR VERZEICHNEN. WER ZU SPÄT KOMMT WIRD MIT STRAFEN IN HÖHE DER IN DER PROZESSORDNUNG VERZEICHNETEN SUMMEN BELEGT WERDEN."
Dieses alte, verhutzelte Männchen hatte die Stimme eines geübten Gerichtsrufers der wahrscheinlich über einen tosenden Marktplatz gehört werden konnte!
Nachdem er seine Ankündigung los geworden war räusperte er sich wieder in seine Faust und machte sich quälend langsam schlurfend auf den Weg Richtung Saal.

(http://images2.fanpop.com/image/photos/9800000/Anne-of-Cleves-4th-Queen-of-Henry-VIII-tudor-history-9858387-829-1106.jpg)
« Letzte Änderung: 05. Jul 13, 19:47 von Engonien NSC »
Allzweck-NSC für das Forenrollenspiel im Engonien Forum

Offline Johannes

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Re: Die Stunde der Wahrheit - Sommer 263 n.J.
« Antwort #13 am: 05. Jul 13, 21:50 »
Der Diener, der Felix begleitet hatte, nickte diesem kurz zu und machte sich auf den Weg seinem Herrn Bescheid zu geben. Eilig verließ er das Gebäude.
Felix selbst sah sich etwas eingeschüchtert um und folgte der Gruppe um sich für den Prozess Eintragen zu lassen.

Offline Vanion

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Re: Die Stunde der Wahrheit - Sommer 263 n.J.
« Antwort #14 am: 07. Jul 13, 14:41 »
Eingetragen hatte sich die Gruppe schon, also gab es nicht mehr viel zu tun. Vanion nickte den anderen zu, dann ging er voran in Richtung Gerichtssaal. Ja, ein Abgeordneter der Valkensteiner fehlt. Naja, nicht mein Problem, eher Maugrims. Hoffe ich. Die Flügeltüren zum Saal standen offen, vor dem Eintritt wurde Vanion jedoch von seinen Freunden getrennt und von zwei Wachmännern in den Saal geführt. Vanion wartete gespannt, was nun geschehen würde.
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