Der Städtebund von Tangara > Brega
Brega, 6. Tag des 10. Mondes, 263 n.J.
Anders:
Weder von Vanions noch von Wassilijs regem Innenleben bekam die Kenderin viel mit. Auch stierte sie gerade nicht auf Vanions Anhänger, wie es allerdings wohl durchaus den Anschein haben konnte. Nein. Ihr Blick ging ins Leere und das obwohl der Anhänger die ein oder andere gute Geschichte zu erzählen hatte.
Einige kannte sie schon, hatte sie ihm doch hier und dort einmal zugehört wenn sie in seiner Nähe stand, aber andere waren neu.
Dennoch waren all diese Geschichten gerade nicht Von Belang, denn wenn man genau hinsah merkte man, dass die Kenderin zwar durchaus konzentriert, aber in die Ferne blickte.
In Gedanken war sie an jenen Abend zurück gekehrt wo sich die Angeheuerten eben hier in der Taverne zusammen gefunden hatten um Lorainnes "Tod" zu betrauern. Besonders gingen ihre Gedanken zu dem Gespräch in der Runde zurück.
Sie hatten dieses Problem schon von mehreren Seiten beleuchtet.
Zum einen war da der Weg des Geldes den Vanion so eben beschrieben hatte. Es schien so als sei eine Menge Geld von A nach B verschoben worden und das immer wieder. Selbst der Kenderin war klar, dass das irgendwo Spüren hinterlassen haben musste, allerdings war sie sich nicht sicher ob der Söldnerweg der richtige Ansatz war um dabei etwas heraus zu bekommen. In ihren Augen wäre es besser Kontakte zum Haushalt von Roquefort zu knüpfen, zu den Mägden und Ähnlichem. Häuslicher Klatsch und Tratsch war immer ein guter Ansatz. Vor allem konnte man sich durch ihre Beredheit gut ein Bild vom Gebäude machen um eventuell persönliche Nachforschungen anzustellen. Allerdings war sich die Kenderin nicht sicher ob sie geschickt genug war um das hin zu bekommen. Sie war Gelegenheitsfinder, aber so ein Schachzug erforderte einen großen Taktischen Plan mit viel Nachforschung. Eventuell würde ihr sogar nur ein Gegenstand aus Roqueforts Haushalt genügen der weitergereicht worden war, oder sich noch in seinem Haus befand um etwas über das verschieben von Wertsachen herauszubekommen. Auf jeden Fall ein Gedanke wert.
Ein andere Weg über benannt worden war, war der Weg der Magie gewesen. Jemand hatte angemerkt, dass es möglicher Weise hinweise bei dem Hexenkult geben könnte den Roquefort unterstützt hatte. Da die Kenderin sich aber nicht auf Magie verstand war dieser Weg auf keinen fall etwas für sie. Auch auch Magischen Gegenständen wär wenig heraus zu bekommen. Da würde sich vielleicht Stella drum kümmern.
Anders überlegte ob sie etwas wichtiges vergessen hatte, aber mehr kam ihr nicht in den Sinn. Von daher klärte sich ihr Blick wieder als Vanion sie so unverhofft hart ansprach. Einen Moment spiegelte sich tatsächlich eine leichte Verletztheit in den Augen der Kenderin, allerdings verdrängte sie sie schnell. Sie war so etwas schon gewöhnt. So war es nun einmal und wenn sie ehrlich war würde sie sich wahrscheinlich auch nicht für sich verbürgen.
Dennoch straffte sie die Schultern und machte sich wieder Größer.
"Ich weiß sehr wohl, dass ich keine Große Hilfe bin bei Sachen die größer sind als ich. Aber ich bin auch kein Kind mehr! Ich habe fast sechs Jahre allein in einem Wald gelebt!", erklärte sie in einem für sie auffallend ruhigem Ton. Sie hatte ihre Stimme von der Lautstärke an Vanions angepasst und beugte sich nun unauffällig näher. "Aber seit ihr sicher, dass es klug ist, Informationen auf dem selben Weg heraus bekommen zu wollen wie wir in die Sache hinein geschlittert sind? Jeder der weiß, dass du auf der Suche nach Lorainnes dabei warst wird dir mit doppelter Vorsicht begegnen zumal du dich jetzt wieder als Krieger für jeden Herrn anbietest. Was wenn du Roquefort und seinen Männern gerade Wegs in eine Fälle tapst die sie für gerade diesen Fall ausgelegt haben? Du weißt doch wie es mit unserem "Fremdenführer" gelaufen ist."
Nachdenklich hatte sich die Stirn der Kenderin in leichte Falten gelegt und sie spielte wieder an einem ihrer Zöpfe und der dazugehörigen Feder herum. "Ich keine ich habe keine Ahnung von solchen Dingen aber ich mache mir schon so meine Gedanken.
Könnte man nicht versuchen Kontakte zu Roqueforts Bediensteten zu knüpfen? Wenn etwas im Haushalt passiert kursieren darüber meistens Gerüchte unter den Angestellten und selbst wenn nicht würde ich wetten das einige Gegenstände aus seinem persönlichen Besitzt etwas darüber wissen. Allerdings weiß ich nicht ob ich überhaupt in so ein Haus reinkommen würde. Ich bin zwar klein und Falle nicht so auf aber... Ich hab nicht sein Geschick."
Sie nickte zu Wassilij. Dann blickte sie Vanion an und drehte sich dann nochmal zu dem, was war er überhaupt;ein Waldläufer?; um.
"Du passt doch auf den Hauptmann auf oder?"
Dann drehte sie sich wieder zu Vanion um. "Ich helfe euch natürlich wo ich kann. Wenn ihr mich wollt."
Vanion:
Amüsiert sah Vanion in das Feuer, das plötzlich in Anders' Augen zu glimmen schien. Er hatte sie nie für dumm gehalten, aber tatsächlich den Fehler gemacht, sie als Kind zu sehen. Trotzdem, ihre Worte waren nicht unerwartet. Er hatte, als er im stillen Kämmerlein Advocatus Diaboli gespielt hatte, eben jene Argumente gegen sein Vorhaben vorgebracht. Ruhig ging er in Gedanken noch einmal die Punkte durch, die ihn zu seiner Entscheidung geführt hatten. Er musste Anders nicht überzeugen, das war ihm klar, aber sie einfach stehen zu lassen war ebenso wenig eine Option.
"Jeder, der weiß, dass ich auf der Suche nach Lorainne dabei war, wird sich wohl wundern, weshalb ich dort bin. Da hast du Recht. Aber lassen wir die Schweine erstmal im Stall: wer kennt wirklich mein Gesicht? Vergiss nicht - ich bin nicht von Stand, jedenfalls nicht durch Geburt. Nie gewesen. Roquefort ist ein caldrischer Adliger, der nicht einmal persönlich mein Gesicht kennt. Und woher sollte irgendein Anwerber wissen, dass sich hinter dem Stoppelbart, der löchrigen Hose und der weiten Weste ausgerechnet Vanion Bachlauf, Knappe der Chevalière Lorainne de la Follye des Joux, verbirgt? Gehst du wirklich davon aus, dass ich mich mit meinem wirklichen Namen anwerben lasse? Dazu kommt auch noch, dass in den Wirren des Bürgerkrieges viele Leute vertrieben wurden, ihre Heimat verloren haben, und nun vagabundieren, ohne noch etwas zu haben, was sie verlieren können. Eben so jemand werde ich sein, und glaub mir, ich habe genug verloren, um glaubhaft zu sein." Unbewusst umfasste der Knappe den Holzanhänger um seinen Hals, dann bemerkte er seine eigene Bewegung und zog die Hand rasch wieder fort.
"Ich habe zwar durchaus noch jede Menge zu verlieren, aber ich kann auf mich aufpassen. Roquefort müsste mittlerweile wissen, dass Lorainne nicht aus dem Forêt d'Artroux zurückgekehrt ist. Jetzt ist der Moment, wo er unaufmerksam sein müsste. Er wird Vorbereitungen treffen, aus Angst vor der Rache von Lorainnes wichtigen und mächtigen Freunden. Glaubst du wirklich, er lässt da Bilder von Lorainnes Knappen verteilen, der als tangaranischer Bauer geboren wurde? Nein. Wohl kaum. Du nennst mich Hauptmann, aber das bin ich nicht, nie gewesen. Ich bin immer nur gefolgt, und habe euch geführt."
Vanion wollte sich Wassilij zuwenden, sah aber, dass dieser tief in Gedanken versunken schien. Er hoffte dennoch, dass der Waldläufer ihn begleiten würde - allein um seines Versprechens Willen, dass er Gorix gegeben hatte.
"Anders - wie willst du Kontakte zu Roquefort knüpfen?" Zeit, den Argumenten eines Kenders auf den Zahn zu fühlen. So richtig ernst nahm Vanion die Diskussion immer noch nicht (er fragte sich tatsächlich, was ihn ritt, einem Kender in einer halbwegs gefüllten Pinte von seinen Plänen zu erzählen), aber er war gespannt auf die Antwort.
Wassilij:
Wassilij zog eine Augenbraue hoch.
"Verzeiht dass ich euch unterbreche..." sagte Wassilij, als anders gerade ihren Mund öffnete. "Also zuerst einmal, ich bin dabei! Und du wirst mich brauchen. Zweitens dein Name und dein Gesicht war bereits in der Tangara Postille und dein Name steht so wie ich das sehe immer noch auf irgend jemandes Liste. Wenn ich dich jagen würde, wäre es recht wahrscheinlich von der Sache mit deinem Bild Wind bekommen zu haben und würde alles daran setzen, diese Ausgabe in die Finger zu bekommen. Schlagbaum stünde ebenfalls auf meiner Liste. Ich würde dorthin reiten und unter einem Vorwand den Leuten möglichst viele Details über dein Äußeres entlocken. Und dabei möglichst von vielen verschiedenen Leuten, um ausschließen zu können, dass ich viele falsche Informationen bekomme. Und noch ein wenig mehr. Jetzt habe ich ein wenigstens Brauchbares Bild von dir. Der Rest ergibt sich auch. Jetzt ist die frage, wie hoch ist das Kopfgeld, also wer wird sich auf deine fersen heften. Ist es Hoch, wissen die was zu tun ist. Wenn nicht, macht Gelegenheit Sold... Drittens ist das Problem, Informationen im Norden zu bekommen. Zu viele Fragen, werfen Gegenfragen auf und man fällt unweigerlich auf! Vierten ist das hier nicht unbedingt die Richtige Umgebung, um darüber zu sprechen."
Während er sprach, achtete er darauf, dass niemand seine Lippen beobachten konnte und zwischen zeitlich tank er kurze Schlucke und nutzte die Zeit um sicher zu sein, dass niemand in Höhrweite war.
Anders:
Anders, die gerade Luft geholt hatte, hielt diese an als Wassilij zu sprechen begann.
Während er fort fuhr ließ sie sie langsam aus den Lungen entweichen. Sie sah ein, dass der Waldläufer recht hatte. Hier war wirklich nicht der richtige Ort für eine solche Unterhaltung.
Wie zur Bestätigung ruckte ihr Kopf kurz herum, als sie ein warnendes Flüstern aus einer der Ecken der Taverne vernahm. Ihr Blick begegnete den dunklen Augen eines Mannes der sie mit einem... für sie undeutbaren Blick ansah, aber nur kurz ehe er wieder weg sah. Ein wenig zu hastig wie sie fand. Sie blickte noch einen Augenblick länger hin und drehte sich dann wieder zu den beiden Männern um.
"Wassilij hat recht. Allerdings fällt mir im Moment nichts besseres ein wo wir weiter sprechen könnten. Wenn ich mittlerweile ein Zimmer hätte würde ich ja vorschlagen wir verlagern das Gespräch dahin, aber dem ist nicht der Fall.", raunte sie und ließ schnell die Haare wieder über die spitzen Ohren fallen die für einen kurzen Augenblick hervor gelugt hatten.
Sie blickte in die Runde. "Vorschläge? Oder genug ernste Themen für heute."
Ihr Blick huschte wieder zu Vanion, seinem Gesicht, dann zum Anhänger, dann über den Rest seiner Gestalt und wieder zu seinem Gesicht.
Sie machte sich wirklich sorgen um ihn. Dieser verfluchte Wald hatte nicht nur ihn, sondern auch Yorik verändert und das nicht zum Guten! Sie konnte nur hoffen, dass er nichts Dummes tat und das Wassilij auf ihn aufpasste. Er erschien ihr netter als so manch einer behauptete. Sie wusste nicht was mit ihm geschehen war, aber warum man ihr geraten hatte sich von ihm fern zu halten verstand sie gar nicht. Sie mochte ihn. Das tat sie zwar bei den meisten denen sie begegnete, aber nicht jeden mochte sie von Anfang an gleich gern. Aber ihn mochte sie gern. Er war nett und auf seine eigene Art eigenartig.
Das sie Vanion die Antwort auf seine Frage schuldig blieb wusste sie, hatte aber beschlossen nach Wassilijs Antwort damit zu warten. Außerdem hatte sie keinen Plan. Sie kannte sich in solchen Dingen nicht aus, geschweige denn war jemals in so etwas verwickelt gewesen.Wahrscheinlich war es besser, dass Vanion ihr nicht vertraute. Denn wenn er ihr nicht vertraute konnte sie ihn nicht enttäuschen und das letzte was sie wollte war einen ihrer Freunde zu enttäuschen, auch wenn es in Sachen war von denen sie nichts verstand. Allgemein zeigte sie Züge und Interesse an Dingen die zu groß und zu auffällig für ihren allgemeinen Geschmack waren. Normalerweise wollte sie sich lieber bedeckt halten. Aber jetzt? Wollte sie ihre Nase wirklich in Dinge stecken die sie direkt eigentlich nichts richtig angingen?
Die Antwort war ja. Und irgendwie gingen sie sie ja auch etwas an. Wieder ging ihr Ranias Blick durch den Kopf und brachte sie leicht zum frösteln. Sie brauchte auf jeden fall Hilfe und ihre Freundin Lorainne war auch nicht besser dran gewesen. Außerdem hatte Roquefort etwas getrennt, was zusammen gehörte und nie getrennt werden durfte. Damit hatte er sich ohne zu wissen den Hass der Kenderin aufgeladen. Für die meisten wohl lächerlich, aber auch für Anders eine neue Erfahrung.
Ihr Blick glitt nochmal aufmerksam über den jungen Mann und kehrte dann in den raum zurück. Jetzt lächelte sie wieder.
Vanion:
"Ich hab ein Zimmer oben, gehen wir dorthin." Vanion bezahlte die Getränke und legte noch ein Kupferstück Trinkgeld auf die Theke, dann bat er die anderen, ihn zu folgen. Auf dem Weg nach oben redeten sie über belangloses Zeug, bis sie die Kammer erreichten, in der Vanion schlief. Rasch räumte der Knappe einige Papiere von einem niedrigen Tisch, dann bot er Wassilij und Anders die einzigen Stühle in dem Raum an. Natürlich verneinte Wassilij und blieb lieber stehen, Vanion lehnte sich an den grade freigeräumten Tisch.
Dann kam er zur Sache.
"Wassilij, ich verstehe deine Bedenken. Aber in der Postille war ein unscharfes Bild, in Verbindung mit einem tangaranischem Verbrechen. Da stand kein Name bei." Doch nun fragte sich Vanion, ob er nicht etwas übersah. Er erinnerte sich an die Zeit vor einem - oder waren es schon zwei? - Jahren, als er sich mit seinen Eltern versöhnt hatte - und dort erfahren hatte, dass Roquefort bereits nach ihm gesucht hatte. Er ging davon aus, dass er gesucht worden war, da Lorainne ein gewisses Findelkind unter ihren Fittichen hatte - dann durchfuhr es ihn wie einen Schlag. "Das Kind!", rief er laut aus. "Das verfluchte Kind, wie konnte ich das vergessen?!"
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