Der Städtebund von Tangara > Brega

Brega, 6. Tag des 10. Mondes, 263 n.J.

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Vanion:
"Doch, bist du." Vanion ging zu seinem Tisch hinüber, griff eine Tonkaraffe und zwei Zinnbecher und schenkte sich und Anders etwas Wein ein. Es war nicht der beste Tropfen, aber solide. Er hatte ihn auf Ferdis Empfehlung gekauft, das beste Preis-/Leistungsverhältnis, das Brega zu bieten hat. Den vollen Becher bot er Anders an.

"Ich bin so wütend geworden, weil ich Knappe werden wollte! Seit dem Pilgerzug hab ich alles daran gesetzt, den Knappenstand zu erreichen. Ich bin nicht von Stand, ich bin kein Caldrier! Das.. das geht nicht! Das ist nicht vorstellbar! Es war schon schlimm genug, dass Lorainne.. gut, ich fange von vorne an. Wunderst du dich nicht, dass Lorainne eine Chevlière, eine Ritterin ist? Du magst noch nicht viel herumgekommen sein, aber ist dir ein anderer weiblicher Ritter begegnet? Ich denke doch, dass dem nicht so ist." Nun stieß Vanion an und nahm einen tiefen Schluck. "Lorainne gab sich vor Jahren als 'Antoine', als ihr kleiner Bruder aus, um von Simon de Bourvis in den Knappenstand erhoben zu werden. Sie schnitt sich die Haare, band ein Tuch um ihre Brüste und ritt breitbeinig auf einem Pferd, sehr undamenhaft von ihr. Das ging lange gut, sie wurde lange nicht erkannt - doch irgendwann zog sie sich im Kampf eine böse Verletzung am Oberkörper zu. Stell dir das Gesicht des Heilers vor, als er ihr Gewand aufriss und er sah, dass Antoine nicht gänzlich männlich war." Luthor muss wirklich verdutzt ausgesehen haben.. was wäre ich gerne dort gewesen. Andererseits.. war das nicht vor Caer Conway? Egal. "Nun, Simon war an seinen Eid ihr gegenüber gebunden, ganz so, wie sie ihrem Eid Folge leisten musste. Also beschloss Simon, ihre Ausbildung zu Ende zu bringen - und schwor, sie in dem Moment, in dem er sie zum Ritter schlagen würde, er eine Herausforderung zum Duell aussprechen würde, um ihrer beider Ehre wiederherzustellen. Weißt du, Anders, das ist schon ein paar Jahre her - ich selbst hab damals noch meines Vaters Felder bestellt und kannte keinen dieser hohen Herren, mit denen ich jetzt zu tun habe."

Vanions Gedanken schweiften ab, zu den Erlebnissen vor und auch während des Pilgerzuges. Im Geschichtenerzählen fühlte er sich wohl, merkte er. Fast wie früher, dachte er mit einem inneren Grinsen.

"Nachdem Engonia erobert war und Konar tot, schlug Simon Lorainne zum Ritter. Und dann warf er ihr seinen schweren Panzerhandschuh ins Gesicht und schritt ohne ein Wort zu verlieren hinaus. Andere Herren versuchten ihn umzustimmen, von seinem Eide abzulassen, doch Simon, der dereinst Lorainne dazu gezwungen hatte, sich mit dem Knappen eines seiner besten Freunde zu duellieren, .." Vanion unterbrach sich, als er Anders' fragenden Blick sah. "Nun, diese Geschichte kennst du auch nicht? Versprich mir, Simon danach zu fragen. Er weiß besser, wie das geschehen ist, als ich. Jedenfalls - wo war ich? Genau. Also, das Duell fand statt. Auf einer der Grenzwacht-Feierlichkeiten, und frag mich nur nicht, warum diese Feste 'Grenzwacht' heißen - die beiden schlugen wild aufeinander ein, bis Simon blutend am Boden lag, Lorainne weinend über ihm. Er hatte sich gegen Lorainnes letzten, tödlichen Schlag nicht gewehrt. Du musst wissen - " Seine Stimme senkte sich. Er sprach laut genug, um verständlich zu sein, aber man merkte dem Knappen an, dass er grade nicht Anders ansah, sondern seine Augen nach innen gerichtet hatte - auf den Moment, den er selbst miterlebt hatte. Er selbst hatte Lorainne von dem erkaltenden Körper Simons weggezogen, und auch das nur mit Hilfe zahlreicher Freunde. "- dass Simon für Lorainne wie ein Vater war. Ihr eigener Vater, so hieß es, war als Verräter an der Königin gebrandmarkt und gehängt worden, wie ein räudiger Mörder. Und sie selbst hatte das Schwert in Simons Brust gestoßen! Irgendjemand erklärte das Duell für beendet, und Simon verlor das Bewusstsein. Für immer, wie ich erst dachte, doch war noch ein Funken leben in ihm. In diesem ausgebrannten, alt gewordenen Ritter, der alles für seine Ehre, seine Familie, seine Königin und auch für sein Land geopfert hatte, steckte noch Leben! Doch wochenlang schlug er die Augen nicht auf, monatelang lag er darnieder, und Lorainne wich kaum eine Sekunde von seinem Krankenbett. Schließlich.. schließlich fanden fähige Heiler heraus, was ihm fehlte." Ich habe geschworen, nie ein Wort über diese Geschehnisse zu verlieren - und das werde ich auch nicht tun. Es tut mir Leid, Anders. Der Knappe griff zu einer kleinen, aber stimmigen Lüge. "Er wurde geheilt.

Zwischenzeitlich hatte Lorainne mich zum Knappen genommen, und damit meinen Traum erfüllt. Ich hatte im Pilgerzug meine ersten Kämpfe überhaupt, meine ersten wirklichen Schlachten geschlagen, und hatte mich dort wohl bewiesen, so perfide das auch klingt. Ich war nicht nur gut darin, Feinde zu töten und selbst zu überleben, ich schien auch schnell denken zu können. Auch konnte ich lesen und schreiben, sodass ich einen gewissen Wert für die Kommandanten des Zuges besaß. Über kurz oder lang konnte ich jedenfalls, wenn auch als Waffenknecht und Bote, an der Seite oder eher zwei Schritte hinter all den hohen Herren und Damen meinen Teil leisten. Doch ein Bauer aus Tangara, geboren ohne jeden Stand, ohne auch nur einen Tropfen adeligen Blutes, ein Knappe? Das ging nicht. Also bekam ich eine Aufgabe gestellt: die Gebeine einer Heiligen Frau, einer Flamina, einer Priesterin des Alamar, zu suchen und zu finden. Das kostete mich zwei Jahre, aber schließlich und endlich bewältigte ich diese Aufgabe, und mit der Anerkennung der Priesterschaft Alamars wurde ich zum Knappen Ohnestand und Ohneland - aber zum Knappen."

Nun gönnte er sich eine Pause, trank seinen Wein aus und füllte gleich nach. Er wollte sich nicht betrinken, aber das Reden trocknete seinen Mund aus. Zumal Vanion die Ereignisse, von denen er erzählte, im Geiste nochmal erlebte.

"Und dann - Achtung, jetzt kommen wir zu dem Teil, der mein Verhalten erklärt - denke ich, dass endlich meine wirkliche Ausbildung zum Knappen losgehen kann. Das Land ist vielleicht nicht friedlich, aber befriedet, die Krieger sind zu ihren Frauen zurückgekehrt, Tailon Orikos, dieser verfluchte Ort, ist zerstört, und es scheint so, als ob das Leben endlich wieder in normalen Bahnen verläuft. Ich hatte mich mit meinem Vater versöhnt - auch das eine Geschichte für einen anderen Abend -, und fast ein Jahr in Abgeschiedenheit in einem kleinen Dorf namens Schlagbaum verbracht, wo ein Knecht Lorainnes mich in der Waffenkunst und auch ein wenig in höfischem Benimm unterwiesen hatte. Irgendwann sollte ich jedoch Lorainne begleiten, in ein gewisses Lavinia-Kloster in der Baronie Blanchefleur, wo sie nach Beweisen suchte - nach Beweisen für die Unschuld ihres Vaters und die Schuld Roqueforts, den sie doch schließlich heiraten wollte. Den Rest der Geschichte kennst du."

Anders machte nicht den Eindruck, als ob Vanions Geschichte sie erhellt hätte. Also fuhr er fort:

"Der Krieg war vorbei! Der Szivarskult war in seine Schranken verwiesen, wenn auch nicht ausgerottet! Die Toten des Krieges, Freunde, Kumpanen, beerdigt, betrauert, und endlich in Frieden! Normalität war in unser aller Leben zurückgekehrt, und ich wollte nur noch eines: wirklich Ritter werden! Den Idealen des Rittertums hinterhereifern. Ich wollte mich nicht im Schlamm eines caldrischen Waldes wiederfinden, mit einem aufgeschlagenen Schädel. Ich wollte nicht Lorainne hinterherjagen, ich wollte völlig egoistisch sein und einfach nur mein neues Leben leben, dass ich mir hart erarbeitet habe!" Kurz kam dem Knappen der Gedanke, dass doch genau das die Essenz des Rittertums war - das Beste zu leisten, egal, was man selber wollte. Aber so weit war er einfach noch nicht, trotz seiner Ideale. Er schüttelte den Gedanken ab.

"Es ist schlimm genug, Freunde zu verlieren. Wie die Sturmrufer, damals in Tiefensee, gelobt sei ihr Andenken. Aber Lorainne zu verlieren? Sie war immer meine Bezugsperson, sie war diejenige, der ich gefolgt bin. Sie.. sie hat mich einmal verprügeln lassen, weil ich einen ihrer Kelche auf einer Feierlichkeit verloren hatte. Jacques, dieser Knecht, von dem ich eben sprach, hat mich körperlich durch die Hölle gejagt in diesem Kaff, und abends ließ er mich noch caldrische Poesie - und glaub mir, dieser Schmutz hat den Namen 'Poesie' nicht verdient - lernen lassen. Ich hab im Pilgerzug getan, was ich musste und was ich konnte. Aber ist es zuviel verlangt, ein wenig Frieden zu wollen?" Nun klang er definitiv selbstmitleidig.
"Versteh mich nicht falsch. Ich möchte, dass es Lorainne wieder gut geht, und ich glaube fest daran, dass wir Roquefort, so er der wirkliche Schuldige ist, seiner gerechten Strafe zuführen werden. Aber egal, was geschieht, immer ist irgendwo irgendwer, der es versaut! Es ist mir egal, ob Wassilij seinen ominösen Meister oder seine Schüler bereits eingeweiht hat oder nicht. Er weiß, worum es geht, er weiß, was Lorainne mir bedeutet. Ich habe Angst, sie zu verlieren, und auch, wenn ich genau weiß, dass ich nicht an ihrem Schicksal Schuld trage, so frage ich mich doch, ob ich nicht schneller - oder langsamer, aber beherzter und ruhiger - diesen Hügel hätte hochlaufen können. Ich bin ein Knappe, und trotzdem nennst du mich Hauptmann, trotzdem hab ich euch angeführt. Und das gewiss nicht schlecht, ihr lebt alle noch, und wir haben Lorainne wieder. Ich bin so wütend, weil - einfach weil ich schlucke, und schlucke, und schlucke, was immer geschieht. Ich handle nach bestem Wissen und Gewissen, aber es wird nicht besser. Und wenn dann Wassilij, der bisher eher ein Klotz am Bein als eine Hilfe war, auf solche hinverbrannten Ideen kommt, dann ist das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Auch wenn es mir Leid tut, schon jetzt."

Anders:
Anders hatte sich zu Vanion gesetzt und gelauscht.
Nicht das hibbelige unaufmerksame Lauschen, dass ihre Art meistens an den Tag legte, sondern aufmerksam.
Vanion war ein guter Geschichtenerzähler und sie hörte ihm gern zu.

Dazwischen hatte sie ihren Becher gelehrt und ließ die letzten Tropfen nun nachdenklich auf dem Boden rotieren indem sie den Becher in Händen drehte. Dieser, es musste wohl Wein sein, schmeckte komisch, aber auch nicht so schlecht, dass sie den Becher hätte stehen lassen wollen.

Sie konnte Vanions Meinung zu Wassilij weder teilen noch abstreiten, dazu war sie zu wenig beteiligt gewesen an den Geschehnissen die so wichtig zu werden schienen. Für sie stand auf jedenfall fest, dass sie den Waldläufer mochte und ihm vertraute und zwar so wie er war.
Genau so wie Vanion. Ob der eine nun ein Klotz und der andere ein Gewitter oder umgekehrt war spielte für sie da keine Rolle.
Allerdings wusste sie selbst, dass es eine große Rolle spielen würde wenn das Gelingen bei der Geschichte um Lorainne gewährleistet sein sollte.

"Eine Entschuldigung hat Wassilij auf jedenfall verdient. Ich schätze wir haben alle an einander vorbei geredet, eben weil keiner von uns weiß wie man mit der Situation und den Gegebenheiten umgehen soll."

Sie begann den Becher in die andere Richtung zu drehen. Ob jemals jemandem in den Sinn gekommen war das Wein wie Blut aus sah und sich auch so ähnlich verhielt? Wahrscheinlich, schließlich war Wein rot.
"Und ich sehe keinen Grund warum du nicht egoistisch dein Leben leben solltest und die nehmen solltest was du willst. Das das ganze im Moment mit Lorainne zusammen hängt, mag vielleicht wie ein Hindernis erscheinen ist aber im Moment nicht vermeidlich. Nur nicht den Kopf hängen lassen, auch das wird sich wieder geben da bin ich mir sicher."

Sie hob den Blick von dem Tropfen und lächelte Vanion an. "Du bist übrigens ein guter Geschichtenerzähler.", fügte sie dann noch hinzu und stellte den Becher ab.
"Ich hab schon viele Geschichten gehört auf meinem Weg aber nur wenige Erzähler können es gut. Du aber gehörst dazu."

Sie hatte ein Bein auf den Stuhl gezogen und stützte das Kinn nun auf das Knie.
"Eine Frage hätte ich da aber noch. Wo krieg ich bis morgen ein Pferd her? Ich meine ich hab zwar dieses mal kein Palaver das mich verfolgt, aber... Pferde finden ist nicht einfach. Die haben ihren ganz eigenen Kopf und wer bin ich, dass ich ihnen  meinen Willen aufzwinge."
Sie hob den Kopf wieder und grinste nun breiter.
"Ich freu mich wirklich, dass du mich mit nimmst. Kann ich noch irgendwas tun um deine Laune zu heben? Dir auch eine Geschichte erzählen?"

Vanion:
Vanion lächelte über das Kompliment. Freundlich dankte er Anders. 

Dann dachte er kurz nach. Hatte Wassilij tatsächlich eine Entschuldigung verdient? Vanion hatte das Gefühl, dass er mit seinen Worten eher eine von Wassilijs schlechteren Seiten hervorgebracht hatte, wenn auch unabsichtlich. Der Knappe war sich sicher: er hätte bedachter reden können, doch war auch Wassilijs Reaktion nicht gerade die ruhigste gewesen. So oder so, es war geschehen. Der Waldläufer würde nicht zurückkehren, aber dennoch war Vanion sich sicher, ihn nicht zum letzten Mal gesehen zu haben.

"Was das Pferd angeht, so bin ich sicher, dass Ferdi noch ein zweites für mich auftreiben kann. Ich werd gleich hinunter gehen und ihn fragen. Eine Geschichte erzählen, das klingt doch spannend - vielleichst singst du auch nochmal? So oder so, lass uns wieder in den Schankraum hinunter gehen. Mir ist zwar nicht nach Feiern zumute, aber vielleicht ist ja ein guter Sänger da, der uns auf andere Gedanken bringt."

Während die beiden die Treppe hinuntergingen und den immer noch lauten, aber mittlerweile etwas leereren Schankraum betraten, brachte Vanion das Gespräch auf höfliches und höfisches Verhalten, auf Benimmregeln und auf gewisse Normen, Titel und dergleichen mehr. Er erzählte Anders vieles von dem, was Jacques ihm beigebracht hatte, und versuchte sich, so gut es nur ging, an all die Lektionen von Lorainne zu erinnern. Der Sinn des Ganzen war schnell erklärt: Anders sollte nicht gänzlich unvorbereitet sein. Zwar sollte sie nicht gerade als Zofe anfangen, vielmehr sollte sie als Dienstmagd arbeiten - aber Wissen konnte nie schaden. Auch erzählte er ihr von dem Kloster in Blanchefleur, zu dem sie aufbrechen würden. Noch wollte der Knappe ihr nicht sagen, dass er nach Savaric de Roqueforts Tochter sehen wollte, und, so sie noch in dem Kloster wäre, sie mitnehmen wollte. Dazu wäre später, vielleicht auch morgen, noch mehr als genug Zeit.

Irgendwann gähnte er nur noch, das Feuer im Kamin war niedergebrannt, der Wirt nirgendwo zu sehen. Auf den Tischen stand noch ein wenig schmutziges Geschirr, man machte sich ans Aufräumen. Nun zog Vanion seinen Tabak hervor und zündete sich einen Glimmstängel an. Schmauchend lehnte er sich in seinem Stuhl zurück. "Also, Anders - deine Geschichte, die du mir erzählen wolltest. Wie lautet sie?" Er lächelte sie friedlich an. Ich mag sie. Sehr gerne sogar, fuhr ihm durch den Kopf.

Anders:
"Sehr gut, dann kann ich ihn auch gleich nach einem Zimmer für mich fragen."

Anders versuchte wirklich sich alles zu merken, was Vanion ihr erzählte, aber das Höfische Gedudel war reichlich trockener Stoff. Dennoch war sie zuversichtlich sich an alles erinnern zu können, vor allem in Situationen in denen sie in Gefahr war arbeitete ihr Gehirn auf Hochtouren.
Dennoch war sie froh als sie das Gespräch auf etwas anderes lenkten.
Im Grunde war es alles sehr einfach, wenn auch widernatürlich für sie.
Nicken, höflich sein, nach unten gucken gehorchen....
Nein... sie würde wohl nie an einem Hof anfangen zu arbeiten.

Das Laviniakloster war auch ein Thema für sich. Gut die eine Priesterin damals auf dem Knollenfest hatte nicht wirklich eine gute Vorarbeit geleistet, indem sie sagte Lavina sei wie eine Mutter, aber sie konnte ja nicht wissen, das Anders bei allem das irgendwie mit Familie oder Eltern zu tun hatte reiß aus nahm. In diesem Bezug schien sie ihre Vergangenheit wirklich immer wieder einzuholen. Während des Gesprächs war ihre Hand einmal kurz zu dem Beutel an ihrer Hüfte gewandert wo sie den einzigen kleinen Gegenstand verwahrte, den sie sich erlaubt hatte aus ihrer Heimat mit zu nehmen.

Der Abend wurde später, die Gäste weniger und die Runden geselliger. Anders fühlte sie wohl vor dem Kamin und auch allgemein in der Taverne. Mit einem Wald konnte sie es zwar nicht direkt aufnehmen, aber sie war auf ihre eigene Art gemütlich. Als Vanion nun wieder das Wort ergriff und eine ganz andere Richtung anschlug leuchtete es kurz erfreut in ihren Augen auf. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus und sie legte die Stirn in nachdenkliche Falten. "Hm...", sagte sie und klapperte ihr Gedächtnis nach einer Geschichte ab die Vanion vielleicht hören würde wollen.
"Nun es handelt sich um eine merkwürdige Geschichte, die ich hörte als ich einige Zeit mit einer Gruppe Händler reiste. Es war eine Gruppe auf die ich Traf als ich den Wald verließ und sie waren wirklich sehr nett zu mir, da sie mich für ein verirrtes Kind hielten. Es waren drei Händler die mit ihren Waren und auch tatsächlich mit ihren Familien unterwegs waren in die nächste große Stadt und sie luden mich ein sie auf ihrem Weg zu begleiten."
Sie hatte wieder nach einer ihrer Haarsträhnen gegriffen und begann wieder an ihr zu spielen.

"Nun. Eines Abends hatten wir unser Nachtlager aufgeschlagen. Es war im Begriff zu dämmern und wir hatten ein Feuer entzündet. Sie sagten Feuer in der Nacht zu entzünden wäre sehr dumm und in dieser Beziehung muss ich ihnen recht geben.
Wir saßen also alle zusammen um das Feuer und die großen Leute unterhielten sich, die Frauen beschäftigten sich miteinander und ihren Kindern und da hörte ich es."
Ihr Blick schien in eine leichte Ferne zurücken als sie sich erinnerte und ein feines Lächeln umspielte ihre Lippen.
"Ein feines Wispern aus einem der Wagen der Händler. Da war etwas, etwas sehr gesprächiges. Keineswegs unzufrieden sondern eben nur gesprächig so wie es manche Leute nach ein zwei Bier zu viel sind.

Es war eine große milchig schimmernde Kugel und sie blubberte wie ein kleiner See. Und ihre Geschichte ist wirklich erzählenswert."

Jetzt machte sie eine kurze Pause und grinste Vanion an der ruhig an seinem Glimmstängel zog.
"Es ist die Geschichte eines Sees. Nun eigentlich die eines Sees und eines Dorfes zusammen denn das Dorf lag an diesem See. Es war ein kleines Dorf, mit kleinen Häuschen und wenigen Bewohnern, aber denen ging es gut. Sie lebten von ihrer Feldarbeit und von dem was Leute sonst so tun um zu Leben und es ging ihnen erstaunlich gut. Was auch mit diesem See zusammen hing denn in diesem See, so sagte man lebe ein Wassergeist der das Dorf beschütze. Die Kugel stammte aus einem Haus einer etwas reicheren Familie und war schon mehrere Generationen in ihrem Besitzt. Ursprünglich stammt sie aus einer großen Muschel auf dem Grund des Meeres, aber irgendwie hat sie ein Fisch verschluckt, der von einem Seeman gefangen und ausgenommen wurde. Die Kugel wanderte also sehr ziellos und verwirrt durch mehrere Mägen und Hände und gelangte schließlich als Preis für ein Tunier zu der Familie wo sie schließlich blieb. Diese glaubte allerdings sie sei ein Stück vom Mond was sie sehr lustig fand, aber nie wirklich aufzuklären versuchte denn sie hatte bemerkt, dass die Menschen sie nicht verstanden.
Nun in diesem Haus erzählte man sich auch von dem Wassergeist. Es hieß, dass wenn man etwas von ihm wollte man zum See gehen musste und seinen Wunsch in die Wogen flüstern sollte. Dann musste man sich am Ufer schlafen legen und wenn man erhört wurde stieg nachts der Geist aus dem See und nannte seinen Preis.
War man bereit zu bezahlen, so tat er seinen Dienst und verschwand wieder im See. Erstaunlicher Weise diente er aber jedem aus dem Dorf nur einmal.

Nun wie dem auch sei, dass Dorf verlor sein Glück. Woran es schlussendlich lag weiß keiner so genau, aber in einer kurzen Zeit wurde es von mehreren schweren Seuchen heimgesucht und zweimal überfallen. Die Leute beteten viel zu dem Geist aber keine Bitte und kein Wunsch schien es wert erhört zu werden.
Dann kam es, dass eine Gruppe von Gesetzlosen das Dorf zerstören und zu ihrem Hauptsitz machen wollten. Das Dorf war gebeutelt, eine schwere Krankheit hatte fast die Hälfte des Dorfes befallen und schwarze Geschwüre auf ihnen wachsen lassen die furchtbar schmerzhaft waren.

Nun in jedem Fall wurde eine Vorderung gestellt. Wenn man aufgeben würde würde man sie nur versklaven und weiterverkaufen aber nicht töten. Die Bewohner wollten nicht darauf eingehen und so töten sie ein paar von ihnen aus Mahnung."

Anders Blick war wieder zum Feuer geglitten und sie schien nun ganz ruhig. Ehe sie weiter sprach legte sie die Fingerspitzen aneinander und tippte sich leicht an die Lippen.

"Nun in der Nacht beschloss ein Kind aus der Familie den Wassergeist ein letztes Mal aufzusuchen. Als Bezahlung nahm er die Mondkugel mit , denn etwas wertvolleres hatte es nicht.
Am Ufer angekommen, bat es weder um Genesung noch um die Rettung seines Dorfes vor dem Feind, sondern um währenden Frieden für sein Dorf und die gleiche Machtlosigkeit die sie Heimsuchte den Gesetzlosen. Mit der Mondkugel in der Hand schlief es also ein.

Nun in der Nacht stieg tatsächlich der Geist aus dem See, aber die Kugel als Bezahlung wollte er nicht. Stattdessen lies er das Wasser aus dem See steigen und über das Dorf schwemmen und über dessen grenzen hinaus. Das Kind ließ die Kugel nach einigerzeit los die es gegen das Wasser gekämpft hatte und sie merkte nur noch wie es im Schlamm des Sees versank.

Nun sie wurde aus dem Dorf gespült wo der Händler sie später fand und mitnahm.
Ich habe ihn natürlich nach dem Dorf gefragt, aber er meinte,dass es schon Jahre verlassen sein musste, denn überall waren Pflanzen an den Wänden gewachsen und Tümpel und Morast auf dem Boden gewesen, ganz so als ob die Natur es sich zurück erobert hätte. Aber auffallend wäre gewesen, dass es unglaublich viele Libellen gegeben hätte die Motten fraßen."

Ein langsames Grinsen schlich sich auf Anders Gesicht und sie blickte zu Vanion auf. "Deswegen sollte man vorsichtig sein, wenn man etwas von Magiern verlangt man weiß nie was man bekommt. Aber die Kugel und ich sind uns einig, dass wir wissen wer die Libellen und wer die Motten waren.", kicherte sie leise.

"Das wars."

Johannes:
Schläfrig öffnete Felix die Augen. War er tatsächlich in der Taverne eingedöst? Es war wohl doch ein langer Tag gewesen. Der Schankraum hatte sich gelehrt und auch Felix beschloss zu Bett zu gehen. Er rieb sich die müden Augen und bemerkte, dass er wohl doch nicht so ganz alleine war. Zwei Gestalten saßen noch beisammen und führten ein scheinbar ernsthaftes Gespräch. War das nicht...   
Felix erkannte Vanion und kurz darauf auch Anders. Das letzte mal hatte er die Beiden in genau diesem Schankraum gesehen. Erfreut trat er auf die beiden zu, um sie zu begrüßen; standhaft versuchte er dabei ein Gähnen zu unterdrücken
„Vanion, Anders guten Abend, wir haben uns lange nicht gesehen.“

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