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Ysander, Vanion und Stella auf dem Weg nach Caldrien

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Vanion:
"Ich will nicht näher an Roquefort herankommen, indem ich ihm seine Tochter zurückbringe. Was immer Lorainne mit ihr vorhatte, es ist falsch, ein Kind von seinen Eltern fernzuhalten." Wozu werde ich Ritter, wenn nicht für so etwas?!

"Egal, ob Roquefort sterben muss, weil er.. weil er Lorainne Schlimmes angetan hat. Egal, ob er der ergebenste Diener ist, den der Täuscher hat, egal, ob er Tiors Auserwählter ist, und es ist mir auch egal, wofür er irgendwann einmal vor den Göttern verurteilt werden wird. Er ist Vater! Und solange er seine Tochter nicht misshandelt oder benutzt, gehört sie zu ihm. Wer sind wir bitte, ein Kind von seinem Vater zu trennen? Welches Recht haben wir dazu? Welches Recht hatte Lorainne dazu? Wir.. wir wissen davon, also liegt es in unserer Verantwortung, das Richtige zu tun! Ich werde bestimmt nicht an Roqueforts Tore klopfen und ihm seine Tochter selbst in die Hand geben. Aber es wird sich schon ein Weg finden, eine.. eine Übergabe zu bewerkstelligen!" Man merkte dem Knappen an, dass er sich zwar der Risiken bewusst war, aber noch keinen Plan, oder eine Vorgehensweise hatte, wie er das Kind schließlich wieder zu seinem Vater bringen wollte. Doch genauso brannte in seinen Augen ein Feuer, dass nicht immer zu sehen war: Vanion war fest davon überzeugt, das Richtige zu tun. Und er würde sich nicht davon abbringen lassen. Ja, logisch war es nicht, was er vorhatte - aber dennoch war es vor den Augen aller guten Götter richtig.

Charisturcear:
Ysander seufzte schicksalsergeben. "Ich werde dir nicht verbieten und nicht verhindern, was du vor hast. Ethisch gesehen gibt es hier keine richtige und keine falsche Lösung für dad Dilemma, vor dem du durch Loraines Tat stehst. Ich bleibe dabei, dass ich ein unschuldiges Kind nicht zu seiner Familie zurück bringen würde, wenn ich vorhabe, diese Familie untergehen zu lassen und so das Kind unschuldig mit ins Verderben zu schicken. Ich könnte das vor mir selbst und dem, was ich meiner Herrin geschworen habe, nicht verantworten. Ich würde ihr diese zweite Chance, die ihr vom Schicksal geschenkt wurde, nicht verwehren. Aber auch ich bin nur ein fehlbarer Mensch und wenn du  glaubst, deine Tat vor den Göttern vertreten zu können, werde ich dir nicht im Weg stehen."

Sandra:
Stella wurde ruhig und nachdenklich, als Vanion seine Gründe nannte. Natürlich hat er prinzipiell erstmal Recht...aber das Kind zurückbringen, wenn man doch nur vorhatte, Roquefort zu vernichten, sofern er diesbezüglich die Hände wirklich im Spiel hätte.
Sie hatte jedoch keine Ahnung vom Leben und Aufwachsen im Kloster, weshalb sie Ysander mit einer Antwort den Vortritt gelassen hatte. Letztlich sprach er aber aus, was sie auch dachte.
"Ich kann mich dem nur anschließen. Ich verstehe nicht, warum es auf Gedeih und Verderb das Beste sein sollte, dass man das Kind zu seinen Eltern bringt. Ich bin der Meinung, dass eine gute Beziehung zwischen Eltern und Kind wichtig ist, aber nicht um jeden Preis und nicht in jedem Falle.

Dein Vorhaben ist prinzipiell bestimmt edelmütig, doch finde ich fraglich, ob es wirklich das Beste für das Kind ist, wenn dir doch wirklich nur sein Wohl am Herzen liegt. Nicht nur steht ein möglicher Untergang der Familie im Raum, so sie etwas mit dem Ganzen zu tun haben - auch weitaus schlimmere Befürchtungen haben wir alle wohl bezüglich möglichen Verbündeten auf seiner Seite. Sollten sich diese Befürchtungen bewahrheiten und er im Bund mit dem Täuscher sein, halte ich es für umso gefährlicher und schlechter für die Kleine, in diese Obhut zurück gebracht zu werden.
Sollten wir nicht vielleicht erst einmal prüfen, ob und was an den Vorwürfen dran ist und sollten diese sich nicht bewahrheiten, könnte man sie doch immer noch zurück bringen und ihr weiteres Verbleiben in die Hände des Vaters geben, oder nicht?"

Vanion:
Ruhig überlegte der Knappe, wie er seinen Standpunkt am Besten deutlich machen konnte. Er wog Stellas und Ysanders Argumente sorgfältig ab, der junge Mann wusste nur allzu gut, dass er sich schnell hinreißen ließ.

"Gehen wir davon aus, dass Roquefort nicht hinter all diesen unseligen Ereignissen steht. Dann wäre es nur gut und richtig, seine Tochter zu ihm zurückzubringen. Da stimmt ihr mir doch zu, nicht wahr?"

Eine wirkliche Antwort wartete Vanion nicht ab.

"Welchen Beweis haben wir für Roqueforts Schuld? Keinen. Tatsächlich haben wir Indizien, und die deuten dermaßen offensichtlich auf ihn, dass er entweder ein Vollidiot ist - oder ihm jemand etwas in die Schuhe schieben möchte. Bevor Roquefort mit Feuer und Schwert verfolgt wird, müssen wir wissen, ob er nun überhaupt schuldig ist. Und solange wir das nicht wissen, halten wir ein Kind von seinem Vater fern."

Angestrengt versuchte Vanion nun, geeignete Worte für seine Gedanken zu finden:

"Die Frage, die ihr stellt, oder die ich zumindest mir selbst stelle, lautet natürlich: 'Warum nicht einfach abwarten?' Warum nicht den Status Quo aufrecht erhalten, bis geklärt ist, ob Savaric nun ein guter Mensch ist, oder nicht? Die Antwort darauf ist nicht einfach. Es wäre nur logisch, abzuwarten, das ist wahr. Richtig wäre es jedoch nicht. Roquefort liebt seine Tochter, seine Tochter liebt ihren Vater. Wir fügen beiden Schmerzen zu, Roquefort noch mehr als der Tochter. Sie ist zwei, drei Jahre alt - alt genug, Verlust spüren zu können, und doch noch jung genug, davon abgelenkt werden zu können. Wer sagt uns, dass Roquefort nicht nach uns, nach Lorainne, gesucht hat und vielleicht noch sucht, weil er seine Tochter finden möchte? Wir haben selber einiges in Bewegung gesetzt, um Lorainne zu finden, und haben getötet. Was, glaubt ihr, würde ein Vater für seine Tochter tun?"

Vanion gab den Anderen etwas Zeit, über seine Worte nachzudenken, während er ein wenig Feuerholz nachlegte.

"Nun bin ich nicht naiv." Er grinste. Vielleicht ein wenig naiv. "Es ist ein verlockender Gedanke, dass Roquefort unschuldig ist, aber ich weiß selbst, dass sich meine Theorie sehr wacklig anhört. Also zurück zum Anfang: nehmen wir an, Roquefort ist ein böser Mensch, im Bunde mit Dienern des Täuschers, und er steht kurz davor, durch unsere Hand zu sterben. Nun - dann ist seine Tochter seine Erbin. Ich habe nie etwas von anderen Kindern Roqueforts gehört. Niemand wird Hand an sie legen, wenn Roquefort fällt. Natürlich wird sie um ihren Vater weinen, aber wenn sie alt genug ist, wird sie es verstehen. Oder uns hassen, wer weiß das schon - dennoch hat sie ein Recht auf ihr Erbe, ein Recht auf ihre Familiengeschichte. Und bleiben wir auf dem Boden: ein behütetes Aufwachsen in einem Laviniakloster hat etwas für sich, ja - aber wenn Roqueforts Schuld wirklich bewiesen werden wird, dann wird wahrscheinlich nicht nur er bestraft, sondern sein gesamtes Haus. Und wenn ein caldrisches Adelshaus in Bedeutungslosigkeit versinkt, dann ist es für die Damen nicht unüblich, ein klösterliches Leben zu beginnen. Oder ein anderes Leben, was auch immer. Wenn Roquefort stirbt, dann soll seine Tochter es wissen. Sie soll nicht ohne Vater, oder gar in einer Lüge aufwachsen."

Vanion legte einen weiteren Holzscheit ins Feuer.

"In beiden Fällen wäre es richtig, die Kleine zurückzubringen. Es wäre ehrlich und aufrecht."

Charisturcear:
"Das hat nichts mit Naivität zu tun, "antwortete Ysander, "und glaube mir, ich verstehe deine Gedanken dahinter und finde sie gut und ehrenhaft. Aber glaubst du ernsthaft, dass das Mädchen eine Zukunft am Hofe von la Follye hat? Nehmen wir an, du hast recht und Roquefort hat nichts damit zu tun. Dann wir Loraine ihn heiraten. Ich weiß nicht, ob die Kleine ein Kind aus erster Ehe oder eine Bastardtochter Roqueforts ist, aber in beiden Fällen ist sie für Loraine ein Dorn im Fleisch, denn sie ist nun einmal nicht ihre Tochter. Früher oder später wird die deshalb sowieso im Kloster landen. Aber bis dahin wird sie es schwer haben." Ysander machte eine Pause und seufzte, dann fuhr er fort: "Abgesehen davon ist es nicht immer schön für Kinder, bei ihren Eltern zu leben. Manchmal ist das Kloster für sie die weit glücklichere Variante. Und Roquefort ist ein Machtmensch, soviel ist sicher. Menschen, die derart auf ihr Vorankommen ausgerichtet sind, neigen selten dazu, gute Eltern zu sein, eher muss sich die Familie ihrem Streben unterordnen. Ich bleibe dabei, ich glaube selbst im besten Fall ist das Kloster für Roqueforts Tochter die bessere Lösung."

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