Die Gebiete in Caldrien > Engonia - die einstige Kaiserstadt
Die Taverne "Zum Reisenden Hund" in Engonia
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Leif Svensson:
Es war schon spät am Abend, doch in der kleinen Taverne in Engonia war es immer noch brechend voll. In einer Ecke saß der schmale junge Mann und sinnierte vor sich hin. Nach einer Weile setzte sich ein junges Mädchen zu ihm, das offensichtlich in seinem Alter war.
Boniface legte einen Arm um sie und gab ihr mit einem Nicken zu verstehen, sie solle sich etwas von dem verdünnten Wein genehmigen.
„Du kennst mich, Melina. Du weißt genau, dass ich mich meiner Verpflichtung bewusst bin und sie erfüllen möchte. Du weißt aber auch genauso gut, dass ich dich sehr liebe.“
Er zog seinen Arm zurück.
„Es geht nicht anders. Leonie reist nun einmal umher und ich reise mit ihr, um den Menschen zu helfen. Stell dir vor, in Nordgard habe ich es geschafft, eine Wunde von Yorik zu heilen. Das ist doch großartig, n’est-ce pas?“
Melina schwieg. Nachdem sie einen Schluck getrunken hatte, schaute sie ihn lange an und sagte dann: „Es ist so schade, dass Welten zwischen uns liegen. Wann musst du wieder los? Wie lange wirst du diesmal fortbleiben und mich bangend zurücklassen?“
„Melina, ich weiß es nicht. Ich werde versuchen, Leonie bei jeder Gelegenheit von einem Umweg über Engonia zu überzeugen. Ich hoffe, dass wir uns bereits in einem Mond wiedersehen.“
Er stierte in die Flammen des Kaminfeuers und sie sprachen kein Wort mehr, bis Melina ihn schließlich fest umarmte, ihm einen Kuss auf die Wange gab und die Taverne verließ, um zu ihrem Elternhaus zu laufen.
Kurz darauf holte Boniface einen schon etwas lädierten Brief aus den Untiefen seiner Taschen und faltete ihn auseinander. Es bröckelte ein wenig grünes Siegelwachs herunter.
Boniface!
Bei allem, was Recht ist, dein Mund ist groß. Größer ist nur dein Herz! Ein kleiner Mann kann Großes bewirken, sagt man in Tangara, und du bist einer, von dem man noch Vieles hören wird. Du warst bei der Suche nach Lorainne von Anfang bis Ende an meiner Seite, und hast mehr Schlimmes gesehen, als gut für einen Menschen ist.
Und nun bitte ich Dich, ein letztes Mal mir zur Seite zu stehen.
Stella hat einen Weg gefunden, Lorainne zu heilen! Es mag nicht der sicherste aller Wege sein, und vielleicht verlieren wir sie endgültig. Es ist nur gerecht, wenn Du kommst und hilfst. Nicht mit einer Axt, nicht mit einem Schwert, aber mit deiner Liebe. Mit deinem Herzen.
Finde dich am letzten Märzwochenende in Bourvis ein, im Lehen des Herrn Simon, und frage nach einem Alamarkloster, in dem Bier gebraut wird. Du wirst den Ort finden.
Vanion.
Nach einer Weile faltete Boniface das Pergament wieder zusammen, steckte es ein, bezahlte seinen Wein und ging auf seine Schlaflkammer.
Am nächsten Morgen, als die Sonne schon etwa drei Stunden über den Himmel gewandert war, trat Boniface aus dem Nordtor Engonias, drehte sich noch einmal nach der Stadt um, rückte die Kraxe zurecht und wanderte dann in nordwestlicher Richtung los.
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