Die Gebiete in Caldrien > Das Caldrische Imperium

Das Alamarkloster in Bourvis, am Tage nach Lorainnes Rettung.

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Vanion:
Als Lorainne schwieg, hielt Vanion inne. Etwas schien sie zu beschäftigen - sie wirkte fahrig, unsicher. Konnte sie sich nicht recht konzentrieren? Sie wirkt, als wäre sie nicht recht wach, als wüsste sie nicht, was nun zu tun ist! Besorgt dachte er nochmal über ihre Worte nach. Der Knappe erinnerte sich daran, dass Lorainne erst seit gestern wieder wirklich lebendig war. Er hatte die ganze Zeit Verantwortung getragen, und diese Last abzulegen, tat mehr als gut - aber Lorainne wirkte nicht wirklich so, als wäre sie bereits ganz die Alte.

Mel:
Müde rieb Lorainne sich über die Augen. Es fiel ihr tatsächlich chwer, sich zu konzentrieren, ihre Gedanken schweiften immer wieder ab.

"Vanion, ich habe noch keinen Überblick über die Leute, die hinter uns stehen. Ich weiss noch nicht, wie Blanchefleur zu dieser Sache steht. Das muss ich erst herausfinden. Deine Familie ist Deine Sache. Kümmere Dich darum, ich versuche Dir -neben Rugier- noch ein paar weitere Männer mitzugeben. Aber bevor ich nicht im Wald war, kann ich Dir nicht sagen, wieviele ich überhaupt zur Verfügung habe. Ich halte es zwar für unwahrscheinlich, aber vielleicht können wir die Sache auch ohne Blutvergießen lösen. Vielleicht kann ich aber auch bei Blanchefleur etwas Zeit gewinnen, so oder so, ich muss an den Hof. Erst DANACH kann ich einen Plan fassen, also lass es gut sein."
Damit war für Lorainne die Sache erledigt.

"Bevor ich nach Blanchefleur reite, sollte ich vielleicht besser wieder wie ein chevalier aussehen. Was besitze ich noch? Rüstzeug? Geld? Habe ich noch irgendwo einen Wappenrock?"
Gedanklich stellte sie ein Liste zusammen, was sie benötigen würde.

Vanion:
Vanion fühlte sich übergangen. Er machte sich Sorgen um seine Familie, und er fand, dass Lorainne es sich viel zu einfach machte. Ich hab fast zwei Jahre auf dich gewartet, und jetzt ist wieder alles meine Sache?! Bei den Göttern, ich bin Knappe, kein Ritter! Vanion war es Leid, Verantwortung zu tragen. Er war stolz darauf, Lorainne gerettet zu haben, stolz darauf, diesen wilden Haufen zusammengehalten zu haben. Trotzdem - er schien weitermachen zu müssen. Was hatte er noch zu Yorik gesagt? 'Jetzt fängt der Ernst des Lebens an', mit einem Lächeln auf den Lippen. 'Jetzt, wo Lorainne wieder da ist, kommen die anspruchsvollen Aufgaben: Mundschenk, caldrisch lernen, die zahlreichen Geschichte der Adelsgeschlechter, Wappenkunde, Unterricht über die Tugenden, lange, harte Übungen an der Waffe...' - oder auch nicht. Langsam wurde Vanion klar, dass er sich im Grunde lediglich nach Normalität sehnte. Dennoch zwang er sich dazu, weiter zu denken. Es ist noch lange nicht vorbei. Zeit, vom Duzen wegzukommen.

"Mademoiselle, mit Eurer Erlaubnis nehme ich Rugier und drei weitere Männer, die zu Eurem Vater gehörten. Ihre Treue ist nicht anzuzweifeln. Was Eure Besitztümer angeht.. nun, Ihr besitzt das, was Ihr am Leibe tragt. Als Ihr überfallen wurdet, hab ich nur wenig retten können. Außerdem habt Ihr in Blanchefleur, im Kloster, einige Eurer Ersparnisse und auch einige, sagen wir, praktischere Kleider zurückgelassen, die Ihr nicht zur Hochzeit mitnehmen wolltet. Das wurde mit Euch zur Löwenburg gebracht, und ich denke, in dem Wagen, mit dem Ihr hergebracht wurdet, bevor Ihr ..aufgewacht seid, werdet Ihr ein, zwei Truhen mit Gewändern finden. Was Euer Geld angeht - nun, anfangs sind die Wenigsten von dem Haufen umsonst mitgekommen. Ich hab Pferde kaufen müssen - wir besitzen drei gute Tiere, auch Sättel. Das Rüstzeug, dass Ihr im Forêt d'Artroux getragen habt, ist nicht wieder aufgetaucht. Euch müssten nun jedoch die Kassen La Follyes offen stehen, außerdem.." Vanion kramte kurz an seinem Gürtel, "..ein paar Silberstücke und einige Kupferstücke." Auf diese Art fuhr Vanion fort, stumpf aufzuzählen, was er wusste. Zuletzt zeigte er auf den schmutzigen, aber zumindest unversehrten Wappenrock, den er selbst trug. "Das hier hat Jules mir gegeben. Es ist kein Wappen darauf, aber es sind die Farben La Follyes. Fester, guter Stoff, warm und geeignet, damit zu reiten. Natürlich könnt Ihr, falls wir nichts Besseres auftragen können, diesen tragen."

Vanion achtete darauf, bei seinen Worten nicht zuviel über seine Gefühle zu verraten. Er wusste nicht, wie es nun um Lorainne stand, und irgendwie hatte er auch das Gefühl, dass jemand Fremdes vor ihm stand. Zwei Jahre konnten eine lange Zeit sein. Er selbst war gewachsen, war vielleicht auch erwachsen geworden - während Lorainne nichts als Schlimmes erlebt hatte. Aber ich bin ihr Knappe, nicht ihr Freund. Ihr Seelenheil liegt in den Händen Lavinias und Alamars, nicht in meinen. Es war schon unangenehm genug, ständig zwischen vertrautem Ton und einer respektvollen, förmlichen Sprache zu wechseln.

Mel:
"Drei Männer?" Lorainne lachte, doch es klang nicht freudig. Ihre Faust schlug auf den Tisch.
"Hast Du mir eigentlich zugehört?"
Ihre Augen loderten. Die Ruhe vor dem Sturm- normalerweise.
Diesmal jedoch zwang sie sich zur Ruhe
"vingt et un, vingt deux, vingt trois" Lorainne murmelte, bis sie sich wieder unter Kontrolle hatte und doch klang ihre Stimme gepresst.
"Vanion, ich WEISS nicht, ob ich außer Fulk und Dir überhaupt Männer HABE, die ich dir mitschicken kann. Sicher, viele sind meinem Vater gefolgt, Rugier würde wahrscheinlich auch mit uns ziehen, aber der Rest? Ich habe keine Ahnung, WER dort im Wald ist, einige werde ich überzeugen können, aber anderen muss ich mich erst beweisen, bevor sie mir folgen werden. Ihre Eide galten meinem Vater. Woher also soll ich diese drei Männer nehmen?"
Jetzt wurde sie doch laut.
"Ich weiss, bei den Göttern, dass ich lange Zeit nicht da war, glaube mir, ich hätte es mir auch anders gewünscht. Ich wäre an jedem Ort lieber gewesen, als... als...."
Wütend schnaubte sie und fegte alles vom Tisch, was sich darauf befand.
Es klirrte und scheppert und der Lärm schien sie vorerst zu besänftigen.
"Du sagst, Dein Vater möchte seinen Hof nicht verlassen, bon, dann soll es so sein, aber dann brauche ich mehr Zeit, um die Dinge zu planen und mir ein Biold zu machen. Du willst mir diese Zeit nicht geben, auch gut, aber dann erwarte nicht, dass ich auf die Befindlichkeiten eines... Roqueforts Rücksicht nehme. Wenn Du ihn in Sicherheit wissen willst, werde ich ihn in Sicherheit bringen und wenn ich ihn mit meinem Schwert dazu zwinsgen muss. Das scheint die Einzige Sprache zu sein, die..."
Sie brach ab, hatte schon zu viel gesagt.
Sie schloss die Augen und hoffte ihr Zittern würde aufhören. Zittern vor Wut, weil sie nicht wusste, was als nächstes zu tun war und auch ein wenig Angst hatte.
Versöhnlicher fuhr sie fort:"Wir werden einen sichern Platz für Deine Familie finden, aber dann muss sie ihren Hof verlassen und Du musst sie überzeugen."
Lorainne wollte ihn nicht begleiten, sie hatte furchtbare Angst, in Vanions Vater vielleicht doch Züge von Savaric zu erkennen, und dann würde sie Vanion möglicherweise auch mit anderen Augen sehen.

"Also, wie überzeugen wir Deinen Vater am besten?"

Vanion:
Vanion machte sich kleiner, als Lorainne plötzlich laut wurde. Er sog scharf die Luft ein, als ein Holzteller, den Lorainne vom Tisch gefegt hatte, gegen sein Schienbein prallte.
Bestürzt sah er Lorainne an und lauschte ihren Worten, erst spät dachte er daran, den Mund zu schließen. Die Abscheu, als sie von seinem Vater als einem Roquefort sprach, erschreckte den Knappen. Ich.. ich dachte, diese Männer würden dir folgen, als Erbin La Follyes! Aber Vanion verkniff sich jeden Kommentar, und verbot sich rasch, weiter über Lorainnes harte Worte nachzudenken. Nur die Frage zählte schließlich.

"Mein Vater.. er hat Firngard verlassen, weil er keinen Sinn in der Fehde zwischen Roquefort und La Follye gesehen hat. Er wird lieber in Szivars Höllen steigen, als nach La Follye zu kommen. Er ist verstockt und alt, und als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, war er kränklich. Lasst mich meine Gedanken ordnen, mademoiselle." Fieberhaft dachte Vanion nach. Seine Mutter, Sonja - sie würde ihren Mann nicht verlassen wollen. Lediglich für ihre Kinder. Vielleicht war das eine gute Idee? Vanions Schwestern hatten ihn ausgefragt über das Leben bei Hofe. Vanion hatte nur mit den Schultern gezuckt, und dann Geschichten erfunden, über edle Damen und noch viel edlere, wunderschöne Herren. Was hätte er auch erzählen sollen? Dass die Baronin von Goldbach sich nicht einmal mit ihm hatte abgeben wollen, als sie erfahren hatte dass er Lorainnes Knappe war? Ein Grinsen stahl sich auf Vanions Gesicht. Er mochte nicht der Überzeugendste sein, aber vier Mädchen und junge Frauen, die ihren Eltern vorschwärmten, dass sie doch unbedingt edle Kleider tragen wollten? Einen Versuch war es gewiss Wert. Außerdem - Vater hat mir nie erzählt, wer er ist. Weshalb auch, er weiß ja nicht einmal, was sein Vater verfügt hat! Gewiss wird er einsehen, dass es so besser ist.
Der Knappe hob an, zu sprechen.
"Ich werde, so rasch es geht, nach Fanada aufbrechen. Mit Rugier, falls ich ihn noch erwische, vielleicht kommt auch Stella mit - sie kehrt gewiss zur Ayd'Owl zurück. Ich werde Vater überzeugen, irgendwie."

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