Die Gebiete in Caldrien > Das Caldrische Imperium

Das Alamarkloster in Bourvis, am Tage nach Lorainnes Rettung.

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Mel:
Lorainne lauschte Vanions Stimme.
Sie liess sich von ihr davontragen, hin zu den Ereignissen, an die sie sich erinnern konnte, an den Schmerz, als sie Vanion stürzen sah und ihn tot glaubte, an die Hoffnung, dass irgendwer nach ihr suchen würde.
Sie erinnerte sich dunkel, dass sie im Wald das Gesicht ihres Vaters gesehen hatte, und ein paar andere, die ihr vage bekannt vorgekommen waren. Sie erinnerte siche ebenso an Kassos Burg, aber dies alles lag verschwommen im Nebel, sie hatte es für einen Traum gehalten.

Obwohl sie die Augen geschlossen hatte, hätte jeder den Schmerz in ihrem Gesicht lesen können.
Als Vanion geendet hatte, öffnete sie die Augen, Tränen schimmerten darin und sah ihn lange an.
Vanion hatte eine schwere Bürde zu tragen gehabt, und er hatte sie gemeistert.
Endlich begann sie mit zittriger Stimme zu sprechen:"Und ich dachte, ich hätte Schlimmes durchgemacht."

Vanion:
Vanion erwiderte Lorainnes Blick. Es ging ihm durch Mark und Bein, so angeschaut zu werden. Lorainnes Blick war völlig offen, doch was darin lag, konnte der Knappe nicht sagen. Dankbarkeit, und Trauer - aber auch ein kleiner Funke, der ein großes Feuer zu entfachen drohte, schien es ihm. Er wusste nun so vieles über sie, mehr als zuvor. Natürlich hatte er Geschichten über Lorainnes Leben gehört, doch dabei zu sein, es zu erleben - das war etwas anderes. Als Lorainne sprach, stahl sich ein Lächeln auf sein Gesicht und verdrängte ein wenig die schweren Gedanken. Ja, wahrhaftig, dachte er voller Ironie. Folter, Entführung, der Tod deiner Schwester - all das ist nichts gegen das, was ich durchmachen musste. Du Sturkopf.

"Das hast du. Dein Körper ist durch die Hölle gegangen, und was mit deiner Seele geschehen ist - ich vermag es nicht zu erklären." Alleine deine Schwester! Und Marie.. Doch Vanion sprach es nicht aus. Er hatte alles berichtet, nun noch etwas zu wiederholen, würde nur Salz in den Wunden Lorainnes bedeuten. Unbeholfen und steif stand er von seinem Stuhl auf und wischte Lorainne mit seinen schwieligen, dicken Fingern eine Träne von der Wange. Dann ging er vor ihr in die Hocke. Leise, sanft sprach er:

"Was geschehen ist, kann dich immer noch zerstören." Fast hatte er Angst, dass Lorainne seine Hand wegschlagen würde. "Lass das nicht zu."
Du weißt, wie bitter und selbstmitleidig ich war, als die Sturmrufer starben. Und wie lange. Wenn du nur gesehen hättest, wie ich gut ich Maries Tod verkraftet habe!
Ohnehin, welchen Nutzen hatte Trauer in solchen Zeiten, fragte sich der Knappe. Die Toten sollte man ehren, und doch hatten sie diese Welt verlassen und sich in den Schoß der Mutter gegeben. Es gab schlimmere Schicksale.

"Dieses letzte Jahr - ich konnte nichts tun, ohne dich. Ich wollte dich nicht aufgeben, und ich konnte es auch nicht! Ich war kurz davor, als wir in den schwarzen Sümpfen Andarras nach dir suchten. Fehlschläge über Fehlschläge. Ich habe fast jeden meiner Freunde belogen, zu deinem Schutz. Wir haben alle geblutet, Boniface ist fast gestorben!" Der Kleine ist Fünfzehn, bei den Göttern! Lorainne hat Recht, wie konnte ich ihn mitnehmen?! "Und trotzdem - das war es Wert, dreimal Wert. Ich würde mein Leben für dich geben, wann immer du es benötigst. Dich zu finden, war meine Pflicht als Ritter. Dich zu retten, dir zu helfen, meine Pflicht als Freund." Nach wie vor sprach Vanion leise, doch die letzten Worte flüsterte er fast: "Pflichten, die ich gerne auferlegt bekommen habe. Für die ich mich entschieden habe."

Mel:
"Es wird mich nicht zerstören. Es ist alles gut. Ich bin wieder da."
Ihr Gesichtsausdruck wurde durch das Lächeln völlig verändert. Waren eben noch Traue und Schmerz darin zu lesen, so erschien es nun sanft, ein wenig müde, aber vor allem glücklich.

Sie zog Vanion wieder auf die Beine und schüttelte leicht den Kopf, um die Erinnerungen und den Kummer zu verscheuchen, vielleicht auch um die intimen Worte ungesagt zu machen.
"Wir müssen nach vorne schauen. Die Zeit zum Trauern ist vorbei, jetzt werden wir die unseren rächen."
Vanion hatte recht, der Funke loderte noch, bereit, ganze Welten in Brand zu setzen, vor allem die von Savaric.

"Alors, Du gehst zu Deinem Vater, nimm Rugier mit, wenn du magst, aber beeile dich. Ich reite in den Wald und nach Blanchefleur und komme nach, sobald ich kann. Wir treffen uns in der Mitte- mit Deiner Familie. Wenn dein Vater doch den sturen alten Mann spielen möchte, schicke mir eine Botschaft und ich nehme Männer mit, dann werden wir ihn notfalls gefesselt und geknebelt in Sicherheit bringen."
Lorainne sprach bestimmt, während sie Pläne schmiedete.
Erstmal müssen wir sehen was Blanchefleur sagt und uns um Deine Familie kümmern. Danach müssen wir sehen, wer hinter uns steht. Einen offenen Kampf werden wir noch nicht bestehen können, aber immerhin gibt es ja noch den grünen Ritter", grinste sie Vanion vielsagend an.

Vanion:
Nur zu gerne ließ Vanion sich auf die Füße ziehen. So muss das, Weib! Der derbe Gedanke tat ihm nicht einmal Leid. Er war das ständige Abwarten, die Angst, die Unwissenheit gründlich Leid. Ein kurzer Blick aus dem Fenster verpasste seiner Euphorie jedoch einen Dämpfer: über die lange Erzählung war es dunkel geworden.

"Ich hole den alten Mann, keine Sorge. Aber heute, mit Eurer Erlaubnis, nutze ich den Abend mit Bier. In der Dunkelheit zu reiten ist, da ich das Gelände nicht kenne, wahrscheinlich ohnehin zu gefährlich." Außerdem gibt es da noch diese Magd, die wirkte wirklich alleine! "Wir haben Savarics Pläne durchkreuzt, und zwar gründlich. Das darf man ruhig an zwei Abenden feiern, oder nicht?" Der Knappe würde Rugier mitnehmen, so der es denn wollte. Außerdem war er erleichtert, dass Lorainne ihn nicht in die Politik mitnehmen wollte. Solange Vanion nicht einmal die Wappen, Stände und Vornamen des Adels hier in Firngard kannte, war er für jede Sekunde fernab von Männern in Samt und Seide dankbar.
"Der Grüne Ritter - ja." Das wird ja bald eine Familientradition. Zumindest, wenn wir verlieren. "Wenn die Männer, die noch im Wald leben, dir folgen, ist die Hälfte meiner Sorgen fort. Die schießen besser als die Bogenschützen der Yorks - und man kann ihnen vertrauen. Wir treffen uns also in Brega, schätze ich?" Rasch räumte Vanion die leere Karaffe und ihre Becher zusammen auf das Tablett, mit dem sie gekommen waren.
"Benötigt Ihr noch etwas, Mademoiselle?" Zwar widerstrebte es ihm, Lorainne zu verlassen - aber da war diese Magd, und das Bier. Wenn noch etwas Wichtiges zu sagen war, so würde Lorainne ihn schon aufhalten.

Mel:
"Zwei Tage hintereinander... ja, ich denke, wir sollten feiern. Und lass das mit dem Bogenschiessen nicht die Yorks hören." Lorainne lachte und folgte Vanion nach unten in den Schankraum, denn auch ihr war nach dem starken, dunklen Bier, für das das Kloster in der Gegend so bekannt geworden war.
Zudem hoffte sie, noch mehr über die Vorgänge im Wald in Erfahrung zu bringen.

Allerdings wurde sie vorallem durch den Hunger und den köstlichen Duft nach Braten in den Schankraum getrieben.

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