Die Gebiete in Caldrien > Das Fürstentum Middenfelz

Norngard, Winter 264/265 n.J.

(1/6) > >>

Simon de Bourvis:
Er hatte sich nur knapp von allen im Gasthof an der Fähre über den Beran verabschiedet, seine Laune war auf einem Tiefpunkt.
Nach dem Duell mit Kassandra hatte er gehofft eine Antwort auf seine Gebete zu hören.

Das Wetter war immernoch schlecht und unter der Schneedecke waren vereiste Stellen, also stieg er ab und führte das Pferd am Zügel. Der Schnee verhinderte eine gute Sicht auf die Landschaft, was ihn mehr betrübte, als er erwartet hatte.
Das Heim von Tannjew und Alaron, ein Lehen in Konars ehemaliger baronie, im Herzen dessen , was einmal seine machtbasis gewesen war. Und ausgerechnet jetzt, wo er besuchen konnte, reichte die Sicht nicht mal wenige Meter.

Um ihn herum war das heulen des Windes und ausserhalb der Gugel  war alles nur weisse Schemen, allein das beständige Ziehen des Zügels an seiner Rechten war ein Anker in die Wirklichkeit, ansonsten war er allein mit seinen Gedanken.

Es konnte nur eine Erklärung für das Schweigen des Gottes geben: Selbst jetzt noch, wo er sich seines Titels entledigt hatte, waren da zuviele Dinge in seinem Kopf , die ihn ablenkten, alte Rechnungen, neue Pläne.
Tiors Weg würde erst offenbar werden, wenn er mit sich selbst im Reinen war.
Das war der eigentliche Grund für den Besuch des Tempels in Norngard.

Er würde Tannjew treffen und die Sache ein für alle mal klären.

Der Wind heulte und zerrte an der Gugel. Das wäre doch was, der Ordenskrieger, der die Stimme seines Gottes nicht hörte, weil der Wind zu laut heulte!

Simon de Bourvis:
Es war schon dunkel, als er Norngard erreichte, zu spät um nach dem Herren des Hauses zu fragen.  Also bat er um ein Nachtlager und durfte im Sall auf dem Heuboden schlafen.
Windgeschützt war es immerhin und die Anwesenheit der Tiere sorgte für etwas Wärme.

Nach de Morgengebet am nächsten Tag bat er zu Tannjew vorgelassen zu werden.

Tannjew:
Nervös zuckte Tannjew zusammen, als es unerwartet an seiner Tür klopfte und ihn so aus seinen sorgevollen Gedanken riss.
Es war gerade mal zwei Tage her, dass der kleine Tempel Tiors, der von der Größe her eher einer Kapelle glich, durch Mika auf die Hausgöttin der Norngarder umgeweiht worden war. Nun ruhte das Schwert Maranwe, die Gabe Nedras an die Norngarder, auf dem alten Sockel im Tempel, wo Tannjew es schon als kleiner Junge bestaunt hatte.  Tannjew hoffte mit der Umweihung des Tempels den Zorn Nedras auf das Haus Norngard mildern zu können. Aber er musste sich eingestehen, dass seine Sorgen nun eher gewachsen waren. Konnte diese Handlung tatsächlich Nedras Zorn auf die männlichen Nachkommen des Hauses Nedra besänftigen? Und welchen Zorn musste diese Handlung erst bei Tior erregt haben? Mit Reue erinnerte sich Tannjew an die Zeit, als er selbst Tior so ergeben war, dass er für einen einfachen Novizin Tiors einen Mord beging - einen Mord, der letztendlich zum Ausbruch des zweiten Brüderkrieges führen sollte…
Tannjew schüttelte den Gedanken ab und rief den Knecht herein. Dieser erwähnte die Ankunft eines Dieners des Kriegsgottes - Tannjew ließ fast seinen Becher fallen. Vorsichtig stellte er diesen auf den Tisch und bat seinen Knecht, den Gast herein zu lassen.

Simon de Bourvis:
Die Kammer, in die man ihn führte war einfach, gut, nicht so einfach wie Bourvis, aber irgendwie hatte er das Haus Norngard immer für etwas, nun, dekadenter gehalten.

Er trat gemessen an den Tisch, hinter dem Tannjew Platz genommen hatte, deutete eine Verbeugung an, gerade genug um der Etikette genüge zu tun. Dann zog er seine Handschuhe aus und legte sie vor sich auf die Tischkante.

"Tannjew." Es war irgendetwas zwischen Begrüssung, Feststellung und Anklage.

"Ich habe sehr lange mit mir herumgetragen, worüber ich mit dir sprechen möchte. Das war sicher nicht die beste Entscheidung. Allerdings sind es Dinge, die ich nicht in der Öffentlichkeit zu besprechen bereit bin."

Tannjew:
"Simon," erwiderte Tannjew ohne die Überraschung zu verhehlen, die ihn beim Anblick des firngardischen Ritters befiel. Er hatte erwartet, oder eher gehofft, den seit Tagen überfälligen Leif Erikson aus Argeste begrüßen zu dürfen. Der argester Ritter hatte zugesagt mit einigen Landsleuten nach Norngard zu kommen, um die Expedition in den Lorinan zu unterstützen. Einen Wimpernschlag später fing er sich wieder und wies auf einen Schemel nah am Kamin.
"Setzt Euch. Oder auch nicht, wenn Ihr lieber stehen mögt. Darf ich Euch einen Schluck Met anbieten?" Ohne abzuwarten öffnete er bereits einen uralten Eichenschrank, dessen verzogene Tür ein lautes Quietschen von sich gab, und entnahm einen einfachen Tonbecher.

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

Zur normalen Ansicht wechseln