Die Gebiete in Caldrien > Das Caldrische Imperium

Winter 265 n.J., Lager des grünen Ritters, nach dem Schützentunier

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Vanion:
"Ja, da hast du wohl recht. Stütz mich ein wenig, dann fällt's mir leichter. Nun, ich mach' dasselbe wie jeden Abend, seit wir hier sind. Ich möchte beten, und Lavinia danken für den Frieden, den sie uns endlich gespendet hat, auch wenn's nur für kurze Zeit sein mag." Gemeinsam schritten die drei nun endgültig zu der Lichtung.
"Ich weiß wenig über dich, Bran, aber ich erinnere mich an dich als einen gläubigen Mann. Du huldigst Naduria, nicht wahr?"

Auf Brans zustimmendes Nicken hin für Vanion fort:"Wie wäre es, wenn du beginnst? Manche Männer behalten ihre Gebete für sich und machen allen Zwist mit den Göttern alleine aus, doch es wäre mir eine Ehre, wenn du.. du weißt schon." Es fiel Vanion nach wie vor schwer, aufrichtig und offenherzig zu Lavinia zu beten.
Zuviel war mit Rania geschehen, und so vieles hatte ihn immer und immer wieder zweifeln lassen an seinem Weg. Doch ein Ritter ehrte die Götter, genauso demütig wie der Einfachste der Einfachen. Und Vanion sah sich selbst als eine Mischung aus beidem.

Bran:
Die Lichtung war klein und von großen Birken und Eschen umgeben. Das Licht der untergehenden Sonne tauchte die Kronen der Bäume in rotes Licht und verlieh diesem Platz etwas magisches. Ein guter Platz um sich der eigenen Winzigkeit im Ganzen bewusst zu werden. dachte Bran.

"Ich bete meistens alleine wenn ich mich an Nanduria wende und bin vielleicht etwas unbedarft. Doch ich werde es versuchen."

In der Mitte der Lichtung hielten sie an. Bran kniete sich nieder, schloss die Augen und grub die Finger seiner Rechten in den weichen Waldboden. Die Wärme der Sonne hatte die Erde aufgewärmt und er spürte ein angenehmes Kribbel als er den rauen Untergrund auf der Haut spürte.
Erst stockend, doch zunehmend flüssiger fing er an zu reden:

"Mutter, Schwester, Herrin,
du hast uns in der letzten Zeit viel genommen,
doch sicher gibst du uns alles zu gegebener Zeit zurück.
Denn du wachst über ein Gleichgewicht das wir nie erfassen werden.
Denn du weist was bestehen muss und was vergehen soll.
So bitte ich und meine Freunde dich hier,
um die Kraft weiter, zu bestehen und die unseren zu schützen,
die Einsicht uns nicht über Vergangenes zu grämen,
den Mut in einer unsicheren Zukunft richtig zu Handeln,
und gemeinsam durch die von dir geliebten Wälder zu ziehen."

Er hielt die Augen noch ein wenig geschlossen und genoss die geräuschvolle Ruhe die die Lichtung umgab, das sanfte Rascheln des Windes in den Blättern, das Knistern der Erde durch das sich das Leben bewegte, die schwingen eines Vogels, der den Himmel zerschnitt.

Anders:
Anders stützte Vanion bis sie auf die Lichtung kamen. Dort ließ er ihre Schulter los und sie schaute sich um und sah zu wie Bran sich hin kniete. Sie setzte sich in das niedrige Gras und spürte die Wärme des Bodens. Die Sonnen strahlen auf dem Gras und auf ihrem Gesicht wärmten ihr bis unter die Haut und auch in die Knochen. Langsam schloss sie die Augen und stellte sich vor wie die Sonnenstrahlen in sie hinein sickerten und sie langsam mit einem goldenen Schimmern füllte. Sie stellte sich vor wie das Licht auf die Dunkelheit traf und langsam tiefer drang. Mit jedem Atemzug holte sie das Licht in sich hinein.
Es tat gut. Leise begann die Umgebung wieder zu singen, der Wind und die Vögel und das Gras und die Sonne. Still lauschte sie dem Lied und Brans Worten. Als er geendet hatte war die Sonne schon ein Stückchen weiter gewandert und sie blickte zu ihm. "Das war sehr schön. Danke dafür."
Sie nestelte an ihren Schuhen und zog sie von ihren Füßen. Barfuß drückte sie die Zehen in den kühlen Boden und genoß das Gefühl. Dann ließ sie sich auf den Rücken fallen, ignorierte den Schmerz in ihrer Schulter und streckte die Arme aus.
//Einfach Atmen.//
Sie blickte vom Boden zu Vanion hoch und nickte ihm zu. "Jetzt du.", sagte sie leise und schloss wieder die Augen. "Ich glaube heute ist ein guter Tag. Irgendwer hört gerade zu. "

Vanion:
Vanion hatte lange geschwiegen nach Brans Gebet. Der Abend hatte wahrhaftig etwas Magisches an sich. Fast erschreckte er sich, als Anders ihn schließlich ansprach und auffordernd ansah. Zu Naduria betete Vanion nicht, doch um sie zu ehren, hatte er sich hingekniet. Nun bewegte er sich ein wenig, dann suchte er nach den passenden Worten. Es gab so Vieles zu sagen, so Vieles zu erbitten. Dass Bran und Anders in der Nähe waren, machte ihn zum Einen nervös, als würden sie seine Privatsphäre stören - doch auf der anderen Seite war er einfach froh, Freunde im Rücken zu haben. Irgendwer hört gerade zu. Ja, so war es wohl.

Tief holte der Knappe Luft, dann begann er leise zu sprechen.

"Heilige Lavinia Sanata, du hältst deine Hand über all jene, die Wunden tragen. Halte nun deine Hand über uns!
So viele Wunden wurden geschlagen, und du weinst gewiss über jede einzelne. Soviel Tod hat es gegeben, Blut und Schmerz! Halte deine Hand über uns alle, ich flehe dich an. Gib mir die Kraft, zu schützen und zu heilen, und wo meine Kraft endet, da stütze meinen Arm und den Arm all derer, die leiden. Es wird noch viele Verletzungen geben, bevor dieser Kampf zu Ende ist, doch ich bitte dich, heile eine jede einzelne. Schenke uns deine Gnade und deine Liebe!"

Eine kurze Pause entstand, nur unterbrochen von einem gemurmelten "Dank sei Lavinia". Dann fuhr Vanion leise fort:

"Heilige Lavinia Tutulina, in den Kämpfen, die da kommen, schütze die deinen vor aller Unbill. Lass deine Kinder keine Not leiden! Möge den Äxten kein Leid geschehen, und mögen sie alle in Haubach wieder trinken und feiern können, wenn ihre Arbeit getan ist. Schenke dem Mädchen aus El Kash Frieden, und schütze sie, wenn ich es nicht kann. Segne Lorainne mit deinem Kuss und deinen Tränen. Vor dir schwöre ich, alles zu geben, um die meinen zu schützen, bis zum Tode. Ich flehe dich um die Kraft an, diesen Schwur mit deinem Namen auf den Lippen erfüllen zu können."

Nun wurde Vanions Stimme dunkler, kräftiger.
"Heilige Lavinia Admoneta! Sieh herab auf Savaric de Roquefort! Sieh auf die Untaten, die mein Onkel begangen hat! Schaue in die Schwärze seines Herzens und erblicke seine Taten: ein Mörder ist er! Ein Quäler, ein Schinder, mehr Tier als Mensch, verschlagen und hinterlistig und skrupellos! Hilf ihm! Lasse ihn die Schwärze seines Tuns erkennen, lasse ihn bereuen." Onkel! Dreifach verfluchter Onkel! Bitterkeit und Hass stahl sich in seine Stimme.
"Kein Mensch kann ihm vergeben. Lasse ihn die Wut einer Mutter spüren, die Wut einer Mutter, deren Kinder leiden!"

Die Kraft, die aus Vanions Stimme sprach, wich langsam einer tiefen Traurigkeit. Leise, mit erstickter Stimme, sprach er:
"Lavinia Genetrix, unser aller Mutter. Du heilst, was zerbrochen war, und hältst zusammen, was zusammen gehört. Schütze meine Familie! Meine wirkliche Familie. In deine Hände lege ich das Wohl meiner Mutter, meiner Schwestern, meiner Tochter. In deine Hände lege ich Anders und Lorainne.
Lavinia Recepta. Jacques war ein guter Mann. Ich weiß, dass du so viele in den Schoß deiner grenzenlosen Liebe aufgenommen hast. Nimm nun auch Jacques in dein Reich auf. Setz ihn an einen Tisch mit Jules de la Follye, gleich neben die wilden, fröhlichen Sturmrufer! Lasse ihn speisen mit den Tapferen und Guten, die die letzten Wochen nicht überlebt haben. Er wird gewiss einen Becher mit Konrad trinken wollen, dem Ritter vom Hirschsprung! Vielleicht möchte er auch mit Marie tanzen, die beiden haben sich gemocht. Und.. " Laura. So viele! So viele waren tot! "..und nimm dereinst auch mich mit offenen Händen auf."

Anders:
Anders schwieg. Sie lag ausgestreckt im kurzen Gras und hatte die Augen geschlossen. Sie fühlte sich nicht wirklich fehl am Platz. Vanion hatte sie eingeladen dabei zu sein von daher...
Sie drückte die Handflächen in den Boden und öffnete die Augen. Vögel flogen über sie hinweg.
Die Schatten der Zweige huschten über ihr Gesicht.
Langsam setzte sie sich auf und betrachtete Vanion schweigend wie er dort kniete und wohl in sich horchte. Sie sah zu Bran wie er die Natur ebenso genoß wie sie und dachte bei sich, dass sie den Göttern vielleicht doch näher gekommen war über die Zeit. Dafür das sie bis vor kurzem nicht wusste das es sie gib.
Irgendwie hatte sie das Gefühl das sie nun selbst an der Reihe war, aber was sollte sie sagen. Wenn es Götter waren wusste sie wie es ihr ging. Sie überlegte kurz und schaute dann die beiden an. Sie lächelte kurz und meinte dann einfach in den Wald.
"Danke... danke fürs zuhören."

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