Die Gebiete in Caldrien > Das Caldrische Imperium

Frühjahr 265nJ, Laviniakloster

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Anders:
Anders hatte wie in letzter Zeit üblich eine kurze Nacht hinter sich. Sie scheute sich vor dem zu Bett gehen und hatte von daher einen Teil der Nacht draußen,einen anderen in der Bibliothek und einen kleinen nötigen im Bett verbracht.
Früher als die anderen war sie auch wieder auf den Beinen, unterdrückte das Gähnen und versuchte den unschönen Traumwust abzuschütteln indem sie sich an die Schriftstücke erinnerte in denen sie geblättert hatte. Sie hatte sich still und heimlich in die Bibliothek verkrochen mit einer Kerze und das lesen geübt. Sie hatte zwar immer noch Lyras Briefe an denen sie übte allerdings konnte sie die mittlerweile auswenig, weshalb es eher ein rezitieren als ein lesen war. Lyra.... Sie hatte gesagt sie wolle ihr schreiben. Aber allein der Gedanke das geschehene auf Papier zu bringen... Sie unterdrückte ein Schaudern und schlüpfte in ihre Stifel und verließ leise den Raum. Dennoch sie musste ihr bald schreibenä Si ewürde sich furchtbare Sorgen machen...

Sie hatte nicht alle Worte verstanden die sie gelesen hatte, manches hatte sie halblaut gemurmelt vorgelesen um sich den Klang zu erschließen, aber selbst dann nicht begriffen. Quaste ... zum Beispiel.. was war das? Oder Läuterung...? Keine Ahnung. Aber immerhin ging es mit dem lesen etwas besser und natürlich hatte sie alles wieder so weggeräumt das niemand bemerken würde das sie da gewesenwar.
Müde und mit leichten Ringen unter den Augen trat sie auf den Hof.
Ihr Ärger über Lorainne war verraucht, und einem stillen Gefühl gewichen welches sie nicht ganz deuten konnte. Sie wollte garnicht wissen ob der unseelige Plan von gestern noch stand, der schlug ihr auf den Magen.
Sie entdeckte Bejen wie er einen Stab durch die Luft kreisen ließ und beobachtete ihn fasziniert um sich die Bewegungen zu merken ind es vielleicht auch mal auszuprobieren.
Allerdings beschloss sie ihn nicht zu stören und wanderte von daher weiter über das Gelände. So kam sie in den Klostergarten der zu dieser Jahreszeit noch recht Kahl wirkte aber hier und dort waren schon Knospen zu sehen. Langsam bewegte sie sich weiter durch den erwachenden Garten und bemerkte schließlich einen unnatürlich grünen Fleck. Der gehörte dort aber nicht hin. Vorsichtig näherte sie sich und erkannte Vanion der vor einem Stein hockte. Was machte er da? Beim Näher kommen erkannte Anders das es sich um ein Grab handelte wie es hier in Engonien üblich war. Als sie ihn erreicht hatte setzte sie sich still neben ihn ins das kühle nasse Gras. Brrrr

Vanion:
Noch vor dem ersten Sonnenstrahl hatte Vanion das Bett wieder verlassen. Irgendein Witzbold hatte Salz vor seiner Kammer verschüttet, und unter müdem Grummeln hatte er es aufgefegt. Nach einem kurzen Frühstück in der Küche führte ihn sein Weg als erstes zu den ebenfalls früh aufgestandenen Adiutores des Klosters. Die Novizen hatten bereits mit dem Tagewerk begonnen, und von ihnen hatte Vanion rasch erfahren, was er wissen wollte.

Im feuchten Tau des anbrechenden Tages kniete er vor Maries Grab. Sanfte Trauer erfüllte ihn. Er verspürte Bedauern und auch ein schlechtes Gewissen ob ihres Todes. Geliebt hatte er die Mutter seiner Tochter nicht, nein, doch war sie ein guter Mensch gewesen. Hübsch anzusehen, mit einer lebensfrohen und leichten Art. Die Zeit mit ihr war stets schön gewesen. Der Knappe hatte immer noch das Gefühl, ihr etwas zu schulden. Sie mochte tot sein; das Feuer, das auch das Leben Marguerites gefordert hatte, hatte auch das ihre genommen. Marie war das unschuldigste Opfer dieser Fehde. Ihr einziger Fehler war es gewesen, Vanion zu vertrauen. Darauf zu vertrauen, dass sie bei ihm, bei Lorainne, in diesem Kloster in Sicherheit war.
Müde, unendlich müde, schüttelte Vanion diese Gedanken ab. Er war hier, um Maries Leben zu gedenken, nicht, um in Selbstmitleid und Zweifel zu baden. Was geschehen war, war geschehen, keine Macht abseits der Götter würde Marie ihr Leben zurückgeben können, egal wie sehr sie es verdient hatte.

Der Knappe vergaß die Zeit. Er versank in Erinnerungen an glücklichere Zeiten. Mochten die ersten Szenen, die ihm in den Sinn kamen, noch mit Marie zu tun haben, verblasste die schlanke Gestalt rasch und schuf Platz für andere Situationen mit anderen Beteiligten. All diese Erinnerungen, die soviel Gutes versprochen hatten - jede einzelne besaß mehr Wert als alles Leid, dass er erlitten hatte, zusammengenommen. Der Sieg vor Engonia, der Tod Konars. Simon, wie er Lorainne den Schlag gab, der nie gesühnt werden würde. Rania, wie er sie das erste Mal tanzen sah, vor fünf langen Jahren. Anders' Gesicht, als er in Lorainnes Traumwelt die Augen aufschlug, und ihre Tränen, die sein Wams benetzten. Nie hatte er sich so sehr darüber gefreut, überhaupt jemanden zu sehen. Trinken und Feiern mit Dylan, Ashgar und Linnea!
Mochten viele dieser Erinnerungen auch nie wiederkehren, mochten viele der Freunde aus vergangener Zeit nun tot sein, Vanion verspürte keinen Schmerz und keine Trauer. Damit hatte er abgeschlossen. Die Zeit, in der Lorainne gefangengehalten wurde, hatte ihm so vieles abverlangt. Er hatte gezweifelt, er hatte geweint, mit seinem Schicksal gehadert - und am Ende dieser Zeit war ein anderer Mann aus ihm geworden.
Noch nie war ihm so deutlich klar gewesen, was eigentlich aus dem verantwortungslosen Suffkopf, dem Tunichtgut und Tagelöhner geworden war. Das Kind, das den Hof seines Vaters verlassen hatte, um trotzig in die Welt zu ziehen und dort zu stehlen, saufen, prügeln und pöbeln, gab es nicht mehr. Seit langem nicht mehr. Vanion Bachlauf gab es nicht mehr. Mit der Schlacht um Engonia war der Tunichtgut gestorben, und in den Jahren danach hatte er lange gebraucht, um zu sich selbst zu finden. Aus Vanion Bachlauf war Vanion de Roquefort geworden.

Tief in seinen Gedanken versunken, nahm Vanion gar nicht wahr, dass Anders sich neben ihn gesetzt hatte. Doch wer genau hinschaute, konnte Vanions Augen leuchten sehen, und ein Lächeln spielte in seinen Mundwinkeln. Der Knappe wirkte zum ersten Mal seit sehr langer Zeit frei von allen Sorgen, und - glücklich.

Beorn:
Auch Beorn, der unruhig geschlafen hatte, hielt es nicht allzu lange im Bett. Nachdem er vergeblich versuchte, noch ein wenig länger zu schlafen, stieg er aus dem Bett und schaute aus dem Fenster. Wie es der Zufall so wollte, sah er den übenden Benjen. Ein Lächeln umspielte seine Lippen, musste Beorn an die Zeit zurrückdenken, als sein Bruder, der auf der Akademie in Prem das Kriegerhandwerk lernte ihn damit aufzog, dass man mit nem blöden Stock doch nicht kämpfen könne.
"Hey, Benjen, allein übt es sich nicht besonders gut. Wart kurz, ich mach mit."

Anders:
Anders musterte Vanion von der Seite. Er schien seit langem zum ersten mal wieder glücklich und in sich ruhend. Das wärmte ihr die Seele, auch über die leichte Distanz die sie versuchte zu ihm auf zubauen. Lorainne hatte gesagt das das helfen würde, aber sie hatte den York bei dieser Zeit nicht jeden Tag um sich gehabt.
Dennoch. Das war egal. Ihm ging es gut, er lebte und lächelte.
Mehr brauchte sie nicht.
Nachdenklich schaute sie auf den Stein. Marie...? Marie... Irgendetwas klingelte. Ach ja. Das war die Mutter von seiner Tochter. Er hatte ihr von ihr erzählt. Er hatte ihr von so vielem erzählt. Wenn sie sich genau erinnerte handelte vieles von Frauen... und einem Barden, also auch irgendwas mit Frauen.
Leicht musste sie schmunzeln.
Vielleicht war sie wirklich dumm gewesen, aber sie bereute es nicht sich verliebt zu haben. Auch wenn es nun weh tat. Es wurde besser.

Mel:
Lorainne war früh aufgewesen und hatte an der Morgenandacht der Schwestern teilgenommen.
Eine seltsame Ruhe hatte sich auf sie gelegt, nicht die angespannte Ruhe vor einem Sturm, sondern mehr eine Art Frieden.
Lavinia war an diesem Ort in jeder Ecke zu spüren, sogar in den zarten Blumenknospen, die sich gierig der Sonne entgegenreckten.

Sophie hatte ihr ein grünes Kleid bereitgelegt, welches bei jedem ihrer Schritte mitschwang, als sie mit einer der jüngeren Novizinnen über den Hof kam.
Als sie Beorn und Benjen miteinander üben sah, blieb sie stehen und beobachtete, wie ihre Stäbe gegeneinander schlugen und mal der eine mal der andere an Boden verlor.
Die Bewegungen waren geschmeidig und fließend und es glich eher einem Tanz, denn einem Übungskampf.
Nach einer Weile stand den beiden Männern der Schweiß auf der Stirn und gelegentlich vernahm man ein Stöhnen, wenn ein Hieb traf, welches von den Mauern widerhallte.
Lavinia sei dank haben sich das nicht mit Schwertern im Garten getan.
Sie setzte sich auf den Brunnenrand und genoß die Morgensonne, während sie den Kampf beobachtete und auf sein Ende wartete.

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