Hier und dort: In Engonien und außerhalb des Kaiserreiches > Gruppen auf Reisen im In- und Ausland

Auf dem Weg von Haubach nach Caldrien

<< < (30/87) > >>

Vanion:
Verschmitzt lächelte Vanion Lorainne an. "Ich würde mir nie anmaßen, über deine Taten zu urteilen." Dass Lorainnes Worte genauso bedeuteten, dass sie nicht nur irgendjemanden, sondern auch ihn notfalls opfern und sterben lassen würde, kam Vanion nicht in den Sinn. Eine gewisse Naivität zeichnete ihn immer noch aus, und die vermeintliche Unverwundbarkeit seines Alters: er, der grade in der Blütezeit seines Lebens stand, konnte gewiss nicht getötet werden.

Er würde nicht vergessen, dass die Jahre in Lorainnes Diensten ihn völlig verändert hatten. Der Knabe, der vor dem Pilgerzug gesoffen und gelungert hatte, der war längst fort. Doch auch der Knecht des Pilgerzuges, der dereinst beschloss, für eine obskure Idee des Guten und Richtigen zu kämpfen, war fort. Lorainnes Entführung hatte Vanion reifen lassen. Er hatte anführen müssen, Entscheidungen treffen müssen. Von diesem Stand war er nach Lorainnes Rettung dann wieder zum Diener geworden, zum Schüler. Eben zum Knappen. Mochte Lorainne glauben, dass sie ihm ihr Leben verdankte - Vanion wusste nur zu genau, dass er allein niemals erfolgreich gewesen wäre.

Er hatte lediglich um Hilfe gerufen, laut und lange, und die Götter hatten ihn erhört. Schuldbewusstsein erfüllte ihn, als er realisierte, dass er den Göttern nie dafür gedankt hatte. Er verstand Lorainne nur zu gut. Handeln, wenn man dazu gezwungen war, war erstaunlich einfach. Führen, wenn es nicht anders ging, Halt geben, wo jemand drohte, zu ertrinken, war einfach. Selbst der schwächste Krüppel der Welt würde um sein Leben kämpfen, wenn er mit dem Rücken zu Wand stand. Aber wenn er die Wahl hatte zwischen einem Kampf und einem weichen Bett und einem Leben in Geborgenheit.. Nein. So ist es nicht. Diese Gedanken mochten für Vanion gelten, doch er war sich ziemlich sicher, dass es sich bei Lorainne nicht so verhielt.

Seine Gedanken ließen ihn schweigen, doch nach und nach zeichnete sich ein ganz anderer Gedanke ab, und diesen sprach er aus:

"Du bist die Letzte. Außer dir ist niemand mehr übrig. Du musst Benjen Halt geben! Es ist deine Pflicht als Dame von La Follye, deine Pflicht als Ritter, und deine Pflicht als Tochter deines Vaters. Loyalität und Treue ist nichts Einseitiges! Der Eid, den Benjen deiner Familie schwor, nahm genauso deine Familie in die Pflicht. Du wolltest immer die Taten eines Mannes tun, und nun musst du das tun, was dein Vater hätte tun müssen. Benjen ist einer deiner Vasallen, egal, was du für ihn empfindest oder er für dich. So, wie die Menschen deines Lehens dir dienen, so dienst du am Ende ihnen! Und grade Benjen hat Besseres verdient, als von einer vermeintlich schwachen Frau zurückgewiesen zu werden, nur weil diese Frau an sich selbst zweifelt - oder was immer du für Gründe hast, anzunehmen, dass du Benjen keinen Halt geben kannst!"

Er war nicht wütend auf Lorainne, aber an eines musste sie erinnert werden:
"Das, was ich für dich getan habe, was all die anderen für dich getan haben, haben sie nicht für La Follye getan! Sie taten es für dich! Benjen ist einer der wenigen abseits der Männer deines Vaters, die für La Follye einstehen! Selbst Ulric sprach davon, dass er nicht mehr nur des Geldes wegen gegen Savaric kämpft, sondern auch, weil es ..etwas Persönliches geworden ist. Du hast eine Schuld gegenüber Benjen, geerbt von deinem Vater, so wie du La Follye von deinem Vater geerbt hast. Das mag dir nicht gefallen - aber du kannst nicht fortlaufen." Und du willst auch nicht fortlaufen.

Widukind:
"Stoffe, Waffen, Schmuck, Werkzeuge, was immer dein Herz begehrt. Ein Arderich liefert immer höchste Qualität zu besten Preisen." Ein nostalgischer Schauer überkam ihn, als er die Worte sprach. Lange war es her, dass er das letzte Mal im Auftrag seines Hauses unterwegs war.
Was mochten seine Freunde denken und welche der Damen mag ihn missen? Sein Vater weint ihm keine Träne hinterher, das war ihm klar.
Sein Blick wich kurz in eine Ecke des Raumes, als er den intensivsten der aufkommenden Erinnerungen erlag. Schön war die Zeit und seine Sorgen waren andere, kompliziertere, aber mit weniger Todesängsten verbunden. Und was war er heute?
"Äh, sicher,", er riss sich von den Gedanken los. "sprich mit Silva. Lass dir aber nicht in eurer üblichen Unbesorgtheit die ganze Kasse mitgeben."
Ein grübeln setzte ein und Widukind erhob sich jäh um alsbald den ganzen Raum auf und ab zu stolzieren. Eine lange nicht mehr an ihm gesehene Euphorie stieg in ihm auf. Er murmelte, während er zwischenzeitlich immer wieder abrupt anhielt um Beorn mit einem angestrengten Blick zu beäugen, nur, um sich sofort wieder in Bewegung zu setzen.
"Hmmmm....Stoff...Wolle? Viel zu heiß...Leinen wäre besser....wir reden hier von nichts besonderem, keine Adelsgewandung, sondern einfacher Stoff, der sollte aus ausgedienten Decken....aber gefärbt muss er sein, das ist teurer.....bestickt wäre gut...selbermachen muss nicht sein... 3 Silber?....2!...Kennt man Arderich?..."
Er blieb schließlich vor Beorn stehen. Ein sicherer Blick traf Beorns Augen.
"4 Silber will ich, es wird nicht so teuer, aber ich möchte was in der Hinterhand haben, es ist schließlich nicht wenig Stoff. Sollte seitens der Großäxte noch ein Wunsch bestehen, nehme ich den gerne mit dem von ihnen angesetzten Höchstbetrag entgegen."

Mel:
"Benjen ist keiner meiner Vasallen. Er ist mir im Stand gleichberechtigt und für gewöhnlich steht kein Ritter in dem dienst eines anderen Ritters. Die Ritter ohne Lehen gehen an den Hof und dienem den Baron, dem Grafen oder gar der Königin. Das ist der Traum nahezu eines jeden Firngarders. Ritter der Königin zu sein."
So wie Simon es war, dachte sie nicht ihne Bitterkeit.
"Benjen ist nicht durch einen Eid gebunden, sondern mehr aus alter Loyalität und Freundschaft, doch manchmal bindet das mehr als ein Eid."
Nach eine Pause fuhr sie fort:"Mitnichten zweifle ich an mir. Du siehst es falsch. Ihm muss ich keinesfalls dienen. Ihm bin ich zu nichts verpflichtet, denn er ist weder ein Vasall, noch steht er sonst irgendwie in meinen Diensten. Alles, was ich ihm entgegenbringe, tue ich, weil ich es so möchte."

Ihr Ton wurde etwas trauriger, als sie weitersprach. Sie wusste, dass sie hier und jetzt nicht ihre Maskerade aufrecht erhalten musste.
"Und ich zweifle nicht daran, dass ich ihm Halt geben könnte. Ich bin mir nur nicht sicher, ob es das ist, was er sucht. Für mich steht eines über allem, das ist La Follye. Alles andere kommt erst danach. Auch Benjen. "

Vanion:
"Und doch war er der Mann deines Vaters, und das ist er bis heute. Nur, dass du nun den Platz deines Vaters einnimmst."
Vanion war nach wie vor der Meinung, dass Lorainne eine Verpflichtung Benjen gegenüber hatte, aber er wollte es nicht auf die Spitze treiben, und so beließ er es bei diesem einen Satz.

"Er folgt dir nicht nur, weil er keine andere Wahl hat, glaube ich. Niemand verlangt, dass du für den Rest seines Lebens seine Stütze bist. Ich glaube, am wenigsten er selbst. Doch wenn du etwas für ihn empfindest, was über Freundschaft hinausgeht, ändert das sehr viel. Aber vielleicht solltest du diese Gefühle nicht zu ernst nehmen. Denk an deine Schwärmerei für Luthor."
Vanion hatte Lorainne erzählt, dass er ihr Tagebuch gelesen hatte - natürlich nur in der Hoffnung, irgendeinen Hinweis auf das zu finden, was sie ursprünglich gesucht hatte, als sie in Blanchefleur gewesem war, vor ihrer Entführung durch Savaric. Doch dass er auch ältere Passagen gelesen hatte, hatte er ihr verschwiegen.
"Er hat Marguerite verloren, und nachdem ihr beiden damit fertig wart, euch zu streiten, wer das größere Leid erlitten hatte, habt ihr zueinander gefunden und euch gegenseitig über ihren Tod hinweg geholfen. Das bindet Menschen aneinander, macht sie vertraut. Vielleicht ist es nicht mehr als das, hm?" Fast zärtlich sah er Lorainne an.

Mel:
Die Erwähnung von Luthor liess Lorainne nach all den Jahren noch erröten und ein wenig erinnerte sie an das junge Mädchen, dass sich damals in Jelenas Zögling verguckt hatte.
"Ja, Luthor. Was er wohl macht? Ich glaube, dass kann man nicht mit.. Benjen vergleichen."
Vanion sah sie fragend an, also fuhr sie bedächtig fort, so als würde sie sich über jeden einzelnen Gedanken klarwerden, bevor sie ihn in Worte fassen konnte.

"Luthor was hübsch. Nett. Doch es waren keine tiefen Gefühle. Bei William damals, sah es schpn anders auch. Ich habe mich verliebt, und schließlich wurde mein Herz gebrochen. Mit Benjen... ist das etwas komplizierter."
Sie wandte sich wieder zum Fenster und schaute gedankenverloren nach draußen.
"Ich habe Benjen geliebt, er war großer Bruder, bester Freund, Beschützer und manchmal sogar wie eine Mutter. Ohne ihn wäre ich als Kind zerbrochen. Wenn er da war, war es... leichter. Doch dann war er fort. Marguerithe ist fast daran zerbrochen. Und ich glaube, er auch. So wie er sie immer angesehen hat, wenn sie nicht hingeschaut hat- das habe ich mir auch mal gewünscht. Dass mich ein Mann so ansieht."
Ihr Blick bekam etwas hoffnungsvoll Verträumtes.
"SIe hätten so glücklich werden können. Unglaublich, wie lange das her ist. Und als er plötzlich im Wald vor mir stand- es war ein Schock. Aber jetzt.."
Sie geriet ins Stocken.
Sie griff in ihre Tasche und zog eine vertrocknete Blume hervor. Lächelnd betrachtete sie sie von allen Seiten.
Und plötzlich blüht unerartet etwas auf. Benjen Worte hallten in ihrem Ohr. In ihrem Herzen.
"Vermutlich streiten wir soviel, weil ich alles nachholen muss. Früher hab ich mich nie getraut, ihm zu wiedersprechen." Sie lachte plötzlich auf. "Nunja, meistens hab ich mich nicht getraut."

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln