Hier und dort: In Engonien und außerhalb des Kaiserreiches > Gruppen auf Reisen im In- und Ausland
Westmynd - Der Morgen nach der Schlacht
Yorik:
Ein Kloß bildete sich in Yoriks Hals. Während seines Gesprächs mit Lyra hatte er die Schatten erfolgreich verdrängen können, doch nun war alles wieder da. Die Kämpfe, die Finsternis - die Tode. Silas. Lyras Worte und Anders' Reaktion bestätigten seine Vermutung und stürzten auf ihn nieder wie eine düstere Lavine. Warum hatte dieser Mann sterben müssen? Warum fand er jetzt keinen Frieden? Und warum ließen die Schrecken des Krieges einen nicht mal für einen glücklichen Moment in Ruhe?! Yorik wollte schreien, so fürchterlich war der plötzliche Wandel von fröhlicher Leichtigkeit zu erneuter Verzweiflung, doch er schloss nur die Augen, zog scharf die Luft ein und sackte zusammen, gestützt auf seine Krücke.
Alles in ihm rebellierte, seine Hand zitterte vor Zorn - und schon flackerten die Bilder wieder durch sein Bewusstsein. Der Scheiterhaufen. Die Axt. Das Blut - und die Schmerzen, diese Schmerzen!!! Als hätte jemand einen Schalter umgelegt, ergriff die alte Panik von Yorik Besitz, er schnappte nach Luft, immer bemüht, jetzt bloß nicht umzufallen.
Lyra:
Lyra war sich zwar eigentlich recht sicher gelogen zu haben, aber grad konnte sie sowieso nichts nur vom.besten Fall ausgehen. Wenn ihn noch irgendetwas hier hielt wurde er sowieso wieder auftauchen und derzeit war es für alle besser davon auszugehen, dass er erlöst worden war.
Anscheinend hatte Yorik die Informationen nicht ganz so gut aufgenommen, er wirkte plötzlich blass und zerbrechlich.
Noch ehe Sasha richtig ausgesprochen hatte, war sie bereits wieder umgedreht und blickte den Novizen besorgt an
"Alles in Ordnung? Wollen wir uns nicht vielleicht einfach wieder hier hin setzen? Du siehst grad fürchterlich aus."
Die Ruhe die die Fee bisher ausgestrahlt hatte war für einen Moment verschwunden.
Mit einem geschickten Griff halte die Yorik unter und setzte ihn zurück auf die Mauer.
Dort blickte sie ihn beruhigend in die Augen
"Es ist alles sicher. Lass uns über etwas schönes sprechen und die finsteren Gedanken vertreiben, in Ordnung?"
Yorik:
Yoriks gesamter Körper zitterte. Je mehr er versuchte, sich auf den Beinen zu halten, desto mehr schienen seine Glieder sich zu wehren. Sein Hals schmerzte und in seinen Ohren rauschte es, sodass er nur dumpfes Gemurmel hörte. Ritsch, ratsch, ritsch, ratsch. Sehne um Sehne, Muskel um Muskel... Ein wimmerndes Geräusch entrang sich seiner Brust, schwach und ängstlich wie der Schrei eines verwundeten Tiers - dann spürte er die Berührung. Jemand packte ihn am Arm und durchbrach dadurch die Flut an fürchterlichen Eindrücken für einen Moment, stark genug, dass Yorik tief einatmen und seine Konzentration bemühen konnte. Mit all seiner Kraft wehrte er sich gegen die Bilder, unterdrückte das Rauschen... Es schmerzte, doch schließlich wurde sein Kopf wieder klarer. Er hörte Lyras Frage, und langsam hob er den Kopf.
"Hin- äh, hinsetzen klingt gut", stammelte er und ließ sich bereitwillig zurück auf die Mauer setzen. Tief atmete er ein, richtete sich etwas auf und fuhr sich möglichst unauffällig mit dem Ärmel über die Augen. Niemand sollte die Tränen sehen, erst recht nicht Lyra. Noch drei Atemzüge, dann sah sie ihn an, und er blickte mit all seiner Energie zurück, die er aufbringen konnte. "Natürlich Lyra, es tut mir Leid. Ich wollte nicht...", er schüttelte den Kopf. "Ich habe überreagiert."
Lyra:
Anscheinend hatten die letzten Tage Yorik noch mehr mitgenommen als sie bisher vermutet hatte. Einen sehr kurzen Augenblick beneidete sie ihn um diese Möglichkeit. Im Schlafwald hatte sie sich das erste mal in ihrem Leben längere Zeit nicht im Krieg befunden, das erste mal in ihrem Leben hatte sie gewusst, dass ihre Heimat sicher ist. Aber sie hatte auch das erste mal in ihrem Leben gemerkt, dass sie ihre Freunde nie vergessen würde und sie immer vermissen würde.
Natürlich hatte sie seine Tränen gesehen, doch sie tat so als wären sie ihr nicht aufgefallen. Yorik wollte verständlicherweise keine Schwäche zeigen und sie würde ihn nicht bloß stellen. Drei weitere Atemzüge später war er wieder bei ihr.
Seine Entschuldigung hingegen verwirrte sie, die Fee hatte keine Ahnung wie sie wirklich damit umgehen sollte, er hatte doch nichts falsch gemacht.
Während ihr Gesicht noch Unverständnis ausdrückte, hatten sich in ihrem Verstand bereits die lange nicht benutzten Sätze für solche Situationen gefunden.
"Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, du hast doch nichts Falsch gemacht."
Nun hatte sie zurück in die Situation gefunden
"Du hast in den letzten Tagen schreckliches durchgemacht und du wirst in jeden Fall einige Zeit brauchen das zu verarbeiten. Dein Körper reagiert nur auf die Überforderung deines Geistes."
Sie blickte ihn wieder an
"Du kannst mir glauben irgendwann sind diese Bilder nur noch blasse Erinnerungen, die einfach ein Teil von dir sind und durch nicht mehr verletzen können"
Beruhigend greift sie nach seiner Hand und drückt sie leicht.
"Du wirst das schaffen"
Sandra:
Nur nochmal alle sehen? Was ein Unsinn... Geister entscheiden sich häufig doch gar nicht dafür, noch zu bleiben. Normalerweise ist es doch irgendetwas, das sie noch hier hält. Sei es eine ungelöste Aufgabe oder irgendetwas anderes, das sie nicht zur Ruhe kommen lässt. Und das war ganz sicher nicht *ich wollte euch alle noch einmal sehen*! Immerhin waren die, die es interessiert hatte bei der Bestattung gewesen, beim Trauerzug...oder zumindest bei seinem Leichnam.
Was hält dich hier, Silas?
Nachdem Lyra nun auch eben schon einmal gelogen hatte und diese Aussage für sie jetzt nur beruhigend daher gesagt war, hielt Stella sich lieber an Sasha.
Wachsam stand sie hinter ihr, als sie den Becher untersuchte und beobachtete sie.
Erst mit ihrer Bestätigung glaubte sie nun, dass er zumindest jetzt gerade nicht mehr dort war. Dass er jetzt einfach so gegangen war und alles in Ordnung war glaubte sie jedoch weiterhin nicht.
"Das hoffe ich auch, auch wenn ich es nicht so recht glaube..."
....und dann wird er wohl zurück kommen...
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