Der Städtebund von Tangara > Ayd'Owl-Akademie

Geteilter Hausarrest ist (nicht) halber Hausarrest

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Rikhard Kraftweber:
"Kydora, warte!"

Rasch war Rikhard aufgestanden und hatte zu Kydora aufgeschlossen, die schon ein paar Schritte den Gang hinunter gemacht hatte.

"Es gibt tatsächlich etwas, was mir auf dem Herzen liegt."

Dann trat er einen Schritt zurück, und Erstaunen trat in sein Gesicht. Tat er das grade wirklich? Rasch glitt seine Hand in seine Tasche. Der Brief war feucht, auch er hatte Tinte abbekommen. Bedrückt senkte er den Blick.

Kydora:
Kydora blieb stehen und wartete, bis Rikhard bei ihr war. Dann blickte sie ihn verwundert an. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er mehr als nötig mit ihr reden würde. Und jetzt stand da Rikhard vor ihr, der sagte, dass ihm wirklich etwas auf dem Herzen lag. Immer noch verdutzt reagierte sie auf ihn.

"Ehm, klar. Ich hör dir zu." Sie blickte den Flur entlang auf dem nach und nach Schüler entlang kamen, die wohl auf dem Weg zum Frühstück waren. "Hier oder lieber irgendwo, wo es ruhiger ist?"

Rikhard Kraftweber:
"Lieber dort, wo es ruhiger ist. In meinem Zimmer."

Rikhards Kammer war abgeschlossen, und dazu hatte er erkennbar mit einem magischen Bann experimentiert, um andere Schüler fernzuhalten.

Kydora war noch nie in Rikhards Zimmer gewesen.
Als sie durch die Tür trat, konnte sie einen fast penibel aufgeräumten Raum betrachten: vier gleichmäßige Wände. Gegenüber der Eingangstür war ein Fenster, das auf den Innenhof der Akademie zeigte, mit tiefblauen Vorhängen verhangen. An der linken Wand standen mehrere Bücherregale, bis obenhin voll mit Lehrwerken. Alte Bücher, neue Bücher, zerfledderte, frisch gebundene, große, kleine - Rikhards ganze Schätze waren an dieser Wand zu finden. Auch in den Regalen herrschte penible Ordnung: die Bücher nach Themen sortiert, diese wieder alphabetisch. Von "Algorithmik in der Magie: Mathematik gehört dazu!" über "Multifiktionale Dimensionen, Multifiktionalität im Allgemeinen sowie Multifiktionalität in arkanen Anomalien" hin zu "Zynismus: Aversiones contra Magi Inferiori" war einiges in seinem Regal zu finden.

Neben den Regalen hingen Eisengestelle an der Wand, in denen dicke Kerzen steckten, und in jeder Ecke des Zimmers standen weitere, vielarmige Kerzenständer mit Kerzen in allen Farben. Die rechte Wand wurde von einem Wandteppich bedeckt, der eine Gruppe Elfen zeigte, die ein Ritual in einem Wald durchführten, vermutlich im Lorinan. Direkt davor stand ein wuchtiger Schreibtisch, auf dem verschiedene Federn, Tintenfässer, Pergamente, Bücher und Papiere lagen. Ein begonnener Brief lag dort, in Rikhards großen, schwungvollen Buchstaben beschrieben.

Vor dem Fenster stand Rikhards Bett, recht klein, aber ordentlich gemacht, und eine schwere Holztruhe, die seine Kleidung enthielt. Die Truhe war bemalt, zwar in dunklen Tönen, aber letztendlich doch bunt. Alles in allem war Rikhards Zimmer ordentlich, aber doch verzierter, fröhlicher, einfach bunter, als man es wohl von einem wie ihm erwarten würde.

Während Kydora sich noch im Raum umsah, räumte Rikhard einen Holzstuhl frei, legte ein dickes Kissen darauf und bot ihn Kydora an, während er selbst sich vor seinen Schreibtisch setzte.

"Die anderen Schüler machen mir zu schaffen. Ich werde die Arbeit für Ardor nicht beenden können, und ich fürchte, das wird er streng benoten. Aber das sind Kleinigkeiten, das ist nichts, was ich nicht... schaffen könnte. Nein, was mir wirklich am Herzen liegt, ist etwas ganz anderes."

Kydora:
Etwas unsicher stand Kydora in Rikhards Zimmer und blickte sich um. Es wirkte alles so perfekt ordentlich. Vor allem im direkten Vergleich mit ihrem eigenen Zimmer, dass sie in der Ayd Owl bezogen hatte. Doch Kydora war auch verwundert. Sie hatte erwartet, dass sein Zimmer strukturiert und ordentlich sein würde. Aber... Bunt? So gar nicht trist? Sie schüttelte den Kopf. Dann nahm sie unsicher auf dem Stuhl platz, den Rikhard ihr angeboten hatte. Neugierig und doch etwas skeptisch lauschte sie ihm. *Ihm liegt etwas anderes auf dem Herzen?* Als er fertig war, hob sie eine Augenbraue und sah ihn fragend an. Wie war sie hier eigentlich reingeraten? Sie saß in Rikhards Zimmer und schenkte ihm ein offenes Ohr. Rikhard, der sie absolut nicht leiden konnte. Und auch sonst war diese Situation gerade unfassbar absurd. *Bitte lass es nichts Kompliziertes sein. Bitte.* Immer noch unsicher, ob dem was da kommen würde, antwortete sie ihm.
"Also wie gesagt. Ich sitze hier und hör dir zu. Habs dir ja angeboten."

Rikhard Kraftweber:
"Ich habe hier etwas gefunden."
Rikhard kramte im Bücherregal. Ihm war bewusst, dass Kydora sich unbehaglich fühlte, also wollte er die Sache schnell hinter sich bringen.
"Wo ist es denn nur.. da!"
Als er sich umdrehte, hielt Rikhard ein in dickes, abgewetztes Leder gebundenes Buch in den Händen. Mit einem dumpfen Geräusch fiel es auf den Tisch.


"Die Genealogie der Stämme Silvanajas. Ich wollte es erst wegwerfen, weil mir das Wissen, was in diesem Buch steckt, nicht gerade gefällt. Was schert mich schon Silvanaja? Aber dich, dich interessiert es. Und auch wenn ich es für barbarisch halte, dass du nach wie vor dein Gesicht mit Farbe beschmierst, um irgendwelche Stammesriten zu befolgen, so bist du doch jemand, der zumindest mit mir redet. Ich finde, ich sollte das belohnen."

Ganz ernsthaft sah Rikhard Kydora grade ins Gesicht. Wenn es so etwas wie 'unschuldige Arroganz' gab, dann war er nun ein Paradebeispiel dafür. Sein Gesichtsausdruck sagte ganz offen, dass er sich für besser, schlauer, intellektueller als Kydora hielt. Aus seinen Augen war sein Geschenk kostbar, die wertvolle Gabe des Herrschers an einen Untergebenen. Gespannt lächelte er Kydora an. Sie würde sich doch gewiss freuen?

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