Hier und dort: In Engonien und außerhalb des Kaiserreiches > Gruppen auf Reisen im In- und Ausland
Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Lilac:
Julienne betrachtete neugierig die gesamte Prozedur. Ihre Pflegerin nahm gewissenhaft die Verbände ab und untersuchte die Wundheilung. Besonders bei den großflächigen Verletzungen am Rücken, der tiefen Halswunde und der Pfeilwunde an der Hüfte war das ablösen des Stoffs sehr unangenehm. Aber Julienne versuchte tapfer zu sein. Sie wollte vor dieser Frau keine Schwäche zeigen.
Als alles freigelegt war, nickte die Heilerin zufrieden.
"Das sieht alles sehr gut aus.", sagte sie.
Dann begann sie aus einem der Tiegel eine wohlriechende Salbe auf die Wunden aufzutragen.
So wohlriechend sie war - so sehr stach sie auch.
Julienne verzog das Gesicht.
Die Augenbrauen der anderen Frau zogen sich zusammen und auf ihrer Stirn bildeten sich besorgte Falten.
"Schmerzt es sehr?", fragte die Schwarzhaarige.
Die Gardistin schüttelte mit zusammen gebissenen Zähnen den Kopf. "Es geht schon...", presste sie hervor.
Nesrine:
Nesrine betrachtete besorgt die Reaktion ihrer Patientin. Hätte sie vielleicht doch nur die Ringelblumensalbe verwenden sollen? Die wäre nicht so unangenehm gewesen... aber auch weniger wirksam...
Bei der Halswunde, an der sie fauliges Gewebe herausgeschnitten hatte, sah sie besonders gründlich nach. Doch es zeigte sich kein weiterer Eiter. Nur ein wenig Blut und Wundflüssigkeit, wo der Verband in der offenen Verletzung geklebt hatte.
Sie trug auch hier großzügig von der Salbe auf und wunderte sich, dass Julienne ihren Schmerz offenbar vor ihr zu verbergen suchte. Also ignorierte sie schweren Herzens die Träne, die Juliennes Wange herunterlief. Am liebsten....
Mon dieus, was ging ihr da bloß durch den Kopf?! Das hier war ihre Patientin, verdammt nochmal! Sie konnte doch nicht...
Ärgerlich schüttelte Nesrine den Kopf, um auf andere Gedanken zu kommen
Da fiel ihr etwas ein: "Isch bin übrigens Nesrine.", stellte sie sich der Gardistin endlich mal vor.
Dabei begann sie, die neuen Verbände anzulegen...
Dass sie dabei quasi jede Stelle Juliennes Körper berühren musste, brachte sie fast aus dem Konzept.
'Sie ist deine verdammte PATIENTIN!', sagte sie sich innerlich immer wieder selbst...
Lilac:
"Nesrine, oui?", echote Julienne. Sie versuchte, sich den Namen einzuprägen. Von den Gedanken der Schwarzhaarigen bekam die Gardistin nichts mit. Sie war zu sehr damit beschäftigt, ihre Tränen zurück zu halten.
Bei den Göttern, wie konnte das nur so stechen? Beim Alkohol zum Reinigen von Wunden brannte es schließlich auch; aber das ging wenigstens rasch vorbei. Das hier jedoch...
Schließlich war Julienne frisch verbunden. Das ganze hatte sie sehr ermüdet und so ließ sie sich, nachdem Nesrine ihr die Decke wieder über gelegt hatte, wieder zurück auf den Strohsack sinken.
"Isch danke Eusch!", sagte sie und dann fielen ihr auch schon wieder die Augen zu...
Nesrine:
Nesrine strich Julienne sanft über die Stirn und die Haare. Die Gardistin hatte immer noch hohes Fieber. Nesrine beugte sich neben das Bett und zog einige feuchte Umschläge aus der kleinen Schüssel, die dort stand. Sie legte sie Julienne auf Stirn, Hand- und Fußgelenke und nahm dann die Hand ihrer Patientin.
"Bitte werde schnell wieder gesund, ja?!", bat sie und drückte den Fingern einen kleinen Kuss auf.
Schlagartig stand Nesrine auf und rannte hinaus. Was passierte hier?!?
Kurze Zeit später fand sie sich im Stall bei Juliennes Stute wieder, ohne recht zu wissen, wie sie dorthin gekommen war.
Das Pferd begrüßte sie mit einem nach hinten und einem nach vorn geklappten Ohr. Nesrine suchte in ihrer Tunika nach etwas fressbarem für die Stute und fand tatsächlich einen harten Brotkanten. Diesen gab sie dem Tier auf der flachen Hand hin.
Nesrine ging näher ran und das Pferd ließ es geschehen.
Kurz darauf saß die große Frau an die Stallwand zu den Hufen der Stute gelehnt und stützte ihren Kopf in beiden Händen, während das Pferd sie von oben bis unten beschnupperte.
"Was ist bloß los mit mir?", klagte Nesrine dem Tier ihr Leid. Sie kannte sich selbst nicht wieder. Diese Nähe zu der Gardistin... als sie an die kommende Nacht denken musste, stöhnte Nesrine gequält auf...
Lilac:
Es war schon spät am Tage, als Julienne wieder erwachte. Dieses mal saß Nesrine neben ihr und reichte ihr sofort den Krug mit Wasser.
Mit einem dankbaren Nicken setzte Julienne das Gefäß an die Lippen.
"'abt ihr 'unger?", fragte die Schwarzhaarige die Gardistin.
Julienne nickte erneut. "Ein wenisch...", gab sie zurück.
Kurz darauf hatte sie eine Schale mit Eintopf vom gestrigen Tage in der Hand. Sie aß tapfer Löffel um Löffel und trank zwischendurch immer wieder Wasser dazu.
Nachdem sie etwa die Hälfte der Schale geleert hatte, gab sie diese an Nesrine zurück.
"Merci, aber isch kann nischt mehr...", sagte sie erschöpft.
Die andere Frau nickte ruhig und meinte sichtlich zufrieden: "Ihr 'abt gut gegessen."
Julienne war zwar erschöpft, aber schlafen wollte sie eigentlich nicht schon wieder. Sie legte sich zurück aufs Bett, drehte sich unter der Decke auf die Seite und legte ihren Kopf auf den Unterarm. Das war wegen der kaputten Schultern unangenehm, ließ sich aber aushalten.
Die Gardistin sah sich um und blickte dann zu Nesrine, die ihren Blick erwiederte.
"Wo genau bin isch eigentlisch?", fragte Julienne...
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