Hier und dort: In Engonien und außerhalb des Kaiserreiches > Gruppen auf Reisen im In- und Ausland
Rückreise vom Turnier der Yorks, Herbst 266 n.J.
Kydora:
"Ich verstehe einfach nicht, warum er das getan hat."
Kydora saß auf einer Kiste und blickte nachdenklich zum Horizont. Das Schiff bewegte sich gleichmäßig im Einklang mit den Wellenbewegungen. Die Seefahrt mochte sie einfach nicht. Eine Sache, die sich nie ändern würde. Aber hier oben an Deck war es wenigstens erträglicher als in der engen Kammer.
Sie kletterte von der Kiste runter und setzte sich davor auf den Boden, den Rücken an die Kiste gelehnt. Zufrieden streckte sie die Beine aus, und ihrem Gesicht war anzusehen, dass sie froh war, wieder ihre normalen Klamotten tragen zu können. Dann wandte sie sich zu Lyra.
"Aber er ist alt genug... Und jeder sollte selber entscheiden dürfen, was er tut." Sie seufzte. "Und trotzdem... ich finds nicht gut."
Lyra:
"Ich kann ihn gut verstehen. Ich überlege ja grad auch daran. Irgendwo muss man eine Familie haben."
Die Fee seufzte.
Das erste Mal dass sie auf so einem Schiff gewesen war, hätte gegenteilige Worte hervorgebracht. Zumindest was die Familie anging. Ihre Heimat hatte sie nur verlassen, um im Krieg dienen zu können.
"Sieh es doch mal so, seine engsten Freunde sind jetzt dort verbunden. Wo würdest du hingehen, an seiner Stelle?"
Sie atmete tief ein und schloss entspannt die Augen.
Wie immer beruhigte die ruhige Bewegung des schaukelnden Schiffes sie. Langsam schaffte sie es wieder ihre rasenden Gedanken zu sortieren.
"Wenn du es wirklich nicht gut findest, dann solltest du mit ihm sprechen. Über seine Gründe und Pläne."
Kurz raffte sie den Rock ihres Kleides und kletterte auf die Kiste hinauf, vor der sie saß.
"Was für eine Aussicht"
Kydora:
"Nein, sind sie nicht..." Kydora musste an Mina und Merle denken. Wenn sie wieder in Fanada wäre, würde sie erstmal Briefe schreiben. "Wir sind nicht alle über Valkenstein miteinander verbunden."
Sie verschränkte die Arme und schüttelte kurz den Kopf.
"Ich habe ja im Vorfeld schon mit Kaleb darüber gesprochen. Mehr kann ich auch nicht tun. Er wird seine Gründe haben. Oder auch nicht... vielleicht kennt er sie ja selber nicht. Das Gefühl kann ich ja sogar nachvollziehen."
Einen Moment lang lauschte sie dem Treiben auf dem Schiff. Die Seeleute riefen sich gegenseitig Anweisungen zu und es half Kydora sich etwas abzulenken.
"Willst du dich wirklich bei Valkenstein einschreiben, Lyra? Ich bin mir sicher, dass du zum Beispiel auch bei mir zu Hause herzlich aufgenommen werden würdest."
Zuhause... Kydoras Gedanken schweiften ab. Zu den tiefen Wäldern, zu den gemeinsamen Abenden und zu ihrere Familie. Sie seufzte leicht. Es war so viel passiert in der Zwischenzeit. Und immer noch stellte sie sich die Frage, ob es nicht doch besser gewesen wäre, wenn sie einfach dort geblieben wäre. Aber nun war sie hier auf einem Schiff und die Dinge waren so, wie sie nunmal waren. Ändern konnte Kydora es ohnehin nicht mehr. Es blieb nur, irgendwie das Beste draus zu machen.
Lyra:
"Wann hat er Merle und Mina das letzte mal gesehen?"
Sie blickte Kydora an
"Wenn wir ehrlich sind, bist du derzeit seine Familie, seine große Schwester. Und Valkenstein gibt ihm ein stabiles Umfeld, einen klaren Weg. Ich glaube, das ist was er derzeit sucht. Du hast das mit Robert und Ador doch in gewisserweise auch gemacht."
Sie fixierte die Luftelementaristin nun genauer
"Ich weiß, dass ich auch zu deiner Familie könnte oder zu Vanions Hof, aber das ist dann trotzdem nicht meine Famile. Ich wäre da genauso Gast, wie ich es in jedem Gasthaus bin. Weißt du, ich habe keine leibliche Familie mehr, meine Familie sind meine Freunde geworden und bei denen möchte ich sein. Nur solange es zwei von mir gibt, ist es schwierig..."
Sie Schwieg einen bedrückten Moment lang.
"Wann wirst du eigentlich deine Familie wieder sehen?"
Kydora:
"Merle ist noch gar nicht so lange her. Mina schon eine Weile..."
Kydora drehte sich zur Seite und ließ ihren Oberkörper auf den Boden sinken. Im Liegen betrachtete sie die Wolken die vorüber zogen.
"Ich verstehe aber, was du meinst... Meine Familie plane ich in den Wintermonaten wieder zu besuchen. Zur längsten Nacht des Jahres wäre ich ganz gerne dort." Sie grinste. "Das Fest kann ich mir nicht entgehen lassen. Und danach geht es vermutlich nach Valkenstein. Leute kenne lernen und so."
Kydoras Blick ging zu Lyra.
"Dir ist aber schon klar, dass ich keinen Plan habe, warum ich Roberts Idee in Condra zugestimmt habe? Oder was ich mir dabei gedacht habe, einer Schülerschaft zuzustimmen?" Sie hob eine Augenbraue. "Ich habe einen Weg. Aber ich kann nie sagen, wo er mich hinführen wird."
Sie drehte sich wieder dem Himmel zu.
"Aber das muss ich auch nicht wissen. Mein Weg muss nicht klar definiert sein. Wenn du durch den Wald läufst, dann hast du meistens auch keinen klaren Weg. Aber wenn du die Augen aufmachst, dann siehst du lauter Möglichkeiten, die du entlang gehen kannst. Und Kaleb kann diese Wege hervorragend finden. Warst du schon mal mit ihm unterwegs? Er läuft nie die offensichtlichen Wege."
Kydora setzte sich hin. Das Schaukeln des Schiffes war auf Dauer zu unangenehm, um weiter liegen zu können.
"Aber ja, er ist wie ein Bruder für mich. Und ich werde ihn seinen Weg erstmal gehen lassen. Doch so wie große Geschwister nunmal sind, werde ich ihn dabei im Auge behalten. Und wenn es wirklich nötig ist, dann werde ich eingreifen und ihm einen anderen Weg zeigen."
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