Der Städtebund von Tangara > Ayd'Owl-Akademie

Ayd'Owl - Hinter verschlossenen Türen (One-Shot-Sammlung)

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Vanni:
Spätherbst 266 n.J. - Rebekka

Gähnend massierte sie mit den Fingerspitzen über Nasenwurzel und Stirn. Ich glaube, es ist Zeit für eine kurze Pause. Und.. sie lächelte und einen Kaffee.


Während das Wasser langsam zu kochen begann und sie auf der Kante des Esstisches sitzend die Kurbel der Kaffeemühle drehte, wanderten ihreGedanken wieder zu den bevorstehenden Tagen des Lernens. Der Kanzler hatte ihr die ungefähre Anzahl an Gästen heute Mittag zukommen lassen und sie hatte, nachdem sie einige Stunden damit zugebracht hatte ihre Unterlagen vom letzten Akademietreffen zu suchen, eine Einkaufsliste zusammengestellt für die zusätzlichen Vorräte die in der Tavensa benötigt werden würden.
Diesmal waren es weniger Teilnehmer, da die Akademie im Moment nicht so viele Gäste beherbergen konnte wie sonst, allerdings wurden wohl deutlich mehr Magister erwartet als in den Jahren vorher.. und erfahrungsgemäß tranken die Magister gerne eher mehr als weniger, wenn sie in gemütlicher Runde Magietheorie diskutierten. Sie grinste.

Mit einem vollen Becher köstlichen, heißen, anregenden Kaffees, gepriesen sei Jelena, kehrte sie schließlich an ihren Schreibtisch zurück.. nun, genaugenommen war dies nicht ihr Schreibtisch, aber nachdem sie sich einige Monate mit ihren Kindern in Ysanders Hütte verkrochen hatte war ihr klargeworden, dass sie nicht ewig den Kopf in den Sand stecken konnte. Sie hatte eine Familie zu ernähren und Sam belastete die Isolation fast noch mehr als das Fernbleiben seines Vaters. Als Ysanders Briefe dann noch davon berichtet hatten, Balerian sei noch nicht verloren und man wolle versuchen ihn zu erreichen, man sei aber völlig im Unklaren darüber wie es dann weitergehen würde mit Balerian und Eolan, da hatte sie sich aufgerafft und war an die Akademie zurückgekehrt.
Sie hatte Balerians Arbeistzimmer ein wenig umgeräumt, hatte das verbrannte Bücherregal austauschen lassen und seine Unterlagen in zwei großen Korbkisten beiseite gestellt. Auf Balerians Schreibtisch lagen nun in mehreren Stapeln ihre Korrespondenz mit Ysander und ihrer Tante in Västerfjäll, ihr Haushaltsbuch mit allen Tavensa-Unterlagen, die Abrechnungen der Wandertaverne die Conradin für sie auf dem Fest der Grenzen bewirtschaftet hatte, eine Menge unterschiedlichster Notizen und ein paar Bücher aus der Akademie-Bibliothek.
Sie trank einen Schluck Kaffee und nahm den obersten Brief ihrer Tante zur Hand, dessen Inhalt sie sich nun zum wiederholten Male durch den Kopf gehen ließ Wahrscheinlich ist es wirklich das Beste, wenn sie die Kinder zu sich nimmt bis die Tage des Lernens vorrüber sind. Ich werde viel Arbeit haben und Sam kennt die Akademie mittlerweile wie seine Westentasche, aufzupassen dass er nicht versehentlich das Alchemielabor hochjagt oder ähnliches wird mir kaum möglich sein.
Und außerdem konnte sie dann direkt noch eine Kiste der hausgemachten Liköre bestellen und sie von ihrem Vetter mitbringen lassen, wenn er die Kinder abholte.. sie machte sich eine kurze Notiz und ließ, an ihrem Kaffee nippend, ihre Gedanken wieder schweifen.
Sie hatte Balerian inzwischen einmal für ein paar Stunden gesehen nein, nicht Balerian , korrigierte sie sich Eolan. Ysander hatte sie gebeten auf das Fest der Yorks zu kommen und ihr diese vollkommen verrückte Geschichte erzählt, dass Balerian sich gewissermaßen in Sashas Seele eingeigelt hatte und Eolan, der irgendwie eine andere Version von Balerians Persönlichkeit zu sein schien, bereit war sich den Körper mit Balerian zu teilen und mit ihm eine Einigung zu finden. Vorausgesetzt sie bekamen Balerian irgendwie aus Sasha heraus.
Was tatsächlich funktioniert hatte.
Zum Glück für alle Beteiligten war es irgendwie gelungen Balerian in Sashas Seele zu finden und zurück in seinen eigenen Körper zu geleiten, ohne dass jemand bleibende Schäden behalten hatte.. jedenfalls soweit man das bisher absehen konnte.
Sie war am nächsten Morgen in aller Frühe angereist, hatte aber nur mit Eolan sprechen können. Balerian schlief. Erholte sich von was immer auch in den letzten Monaten eigentlich mit ihm geschehen war.
Mit Eolans Versprechen, Balerian würde sich melden sobald er dazu in der Lage sei, war sie dann wieder zur Akademie gereist und hatte ihren Mann in Eolans und Sashas Obhut gelassen.
Die Begegnung war verstörend gewesen aber auch faszinierend, er war ihr gleichzeitig fremd und vertraut vorgekommen und sie hatte eine Ahnung davon bekommen wie er sich schon die ganze Zeit fühlen musste mit Balerians Freunden um sich herum. Sie war froh gewesen wieder abzureisen, sie wollte Eolan nicht kennenlernen, nicht wissen wie er so war, über was er lachte oder was ihn betrübte oder welche Dinge er gerne tat. Sie hatte durchaus gemerkt, dass einige der anderen zwar voller Freude waren Balerian bald wiederzuhaben aber zugleich bedauerten dass das einen Abschied von Eolan bedeuten würde. Daraus war ihnen kein Vorwurf zu machen, aber sie selber hatte von all dem nichts wissen wollen.
Sie war nach Hause gegangen zu ihrem Leben, ihrer Arbeit, ihrer Verantwortung.
Wir werden sehen, wie es weitergeht. Ob einer von ihnen endgültig gehen muss oder ob sie einen anderen Weg beschreiten, immerhin sind sie irgendwie zwei Varianten desselben Bildes.
Und ob Balerian seinen Platz hier wieder finden wird wenn er zurückkehrt.

Sie trank den letzten Schluck Kaffee und stellte den Becher beiseite, bevor sie sich über ihren Schreibtisch beugte um einen Brief an ihre Tante zu schreiben.

 

Ballessan:
Balerians Heimkehr

Kalt, kälter, noch viel kälter, ein warmes Feuer, kalt.
Wald, Wald, noch mehr Wald, offenes Feld, Heideland, Wald.
Waldweg...Waldweeeeeg, Trampelpfad, Kutschfpad, Straße, Waldweg,
Nacht im Freien, Nacht in einem Holzverschlag, Nacht in einer Scheune, Nacht im Freien.

So in etwa kam Balerians neuem Ich die lange Reise gen Heimat vor. Mit einem geringen Maß an Aufmerksamkeit verfolgte er seinen Weg. Das größte Stück davon war eine einzige Gedächtnislücke. Zu tief hing er seinen Gedanken nach. Einmal glaubte er sogar, ein warmes, sicheres Gasthaus verpasst zu haben, in dem er es einfach nicht beachtet hatte, als er vorbei lief. Wo die Gedanken hingingen war klar. Nach Fanada. Zur Stadt, zur Ayd'Owl, zu seiner Familie. Vieles wartete dort und wollte wieder neu angeknüpft werden. Doch erst einmal musste der Magier all diese Dinge sortieren und sehen, wir er jetzt zu diesem und jenem stand.
Diesem und Jenem, dachte Balerian, seine Gedanken wieder fokussierend. An alles mögliche dachte er, um sich davon abzulenken, an die Begegnung mit Rebekka und den Kindern zu denken. Sicher freute er sich ungemein. Dieses Gefühl begleitete die schnellsten Momente seiner Reise. Aber er hatte auch wirklich Furcht. Immer wieder kam die Anspannung, die seine Schritte fast lähmte, denn ihm wurden die Knie weich. Wie wird sie reagieren? Wie reagieren die Kinder? Sie sind jetzt so groß geworden. Ob Miriam ihn noch erkennt? Nur einmal hatte Eolan die Kinder gesehen. So hatten sie wenigsten zu Balerians Aussehen Kontakt.
Ich werde schon wieder langsamer, stellte der Barde fest. Stehen bleiben. Augen schließen. Durchatmen. Augen auf. Und weitergehen. Irgendwie half diese Prozedur. Hin und wieder brachte er es sogar fertig eine Melodie zu pfeifen oder gar ein Lied zu singen. Darüber schleiften seine Gedanken dann wieder ab. Ins irgendwo.
"Irgendwo? Gleich da vorn, gar nicht mehr weit. Die Straße entlang und in kaum einer viertel Stunde seid ihr da."
"Ähm. Ach so, danke! Vielen Dank!" Da hatte er einem Reisenden eine kurze Frage gestellt und es geschafft bis zur Antwort schon wieder mit den Gedanken woanders zu sein. Aber gut, gleich da vorn lag es. Das letzte Gasthaus vor Fanada. Nur noch eine Nacht und dann...

Vor den Toren blieb er stehen. So groß waren sie ihm noch nie vorgekommen. Das Nordtor war wirklich beachtlich. Er grüßte die Wachen und trat ein in die Stadt. Völlig neu nahm er sie und das Leben in ihr wahr. Die gepflasterten Straßen führten an vielen Gassen, Häusern, Läden und Ständen vorbei. Die Stadt war längst auf den Beinen und an diesem Vormittag kam sie ihm besonders belebt vor. Viele Menschen, hier und da ein paar Elfen, auch eine Gruppe Zwerge kreuzte seinen Weg, ein paar einzelne Orks und in einer Seitenstraße sah er einen Scaven in ein Haus treten. Fanada, dachte der junge Mann und sog alles in sich auf. Alle Gerüche, Eindrücke, einfach alles. Den Weg durch die Stadt fand er blind. Am Marktplatz rechts, an Großer Gasse und Glockengasse vorbei, an den Kräuterläden, über die Alchemistenstaße und dann... die Ayd´Owl. An diesem Tor nicht pausieren. Komm schon!, sagte der Magier zu sich selbst. Denn er hatte Angst, er würde sonst Stunden vor der Akademie stehen und sich nicht hereintrauen. Aus Furcht vor der Heimkehr. Bevor dieser Gedanke real werden konnte klopfte er an das Portal.

Kein Schutzzauber und keine Barriere verwehrten ihm den Einlass, als das Tor geöffnet wurde. Man ließ ihn scheinbar noch herein. Doch nicht ganz bedenkenlos.
"Mein, äh, Herr?", fragte ein älter aussehnder Pförtner und Torwächter. "Seht zumindest aus wien Magier. Aber etwas abgewetzt, will ich meinen. Und seht so aus wie der junge Balerian. Aber der ist nicht der junge Balerian, hat man mir gesagt. Also, wer biste und was willste?"
"So jung ja nun auch nicht mehr", antwortete Balerian, der die forsche und nicht ganz höfliche Art des Pförtners kannte und immer zu schätzen gewusst hatte.
"Mit Verlaub, ich bin es. Und nun seid so gut und lasst mich passieren. Bevor meine Frau noch erfährt, dass ich nach all der Zeit, die ich weg war, hier herumgestanden und mit dem Wärter gefeilscht habe, statt zu ihr zu gehen." Letzteres sagte er halb beiläufig, halb belustigt. Er kannte den Pförtner und das saß gewiss.
"Ja da tritt mich doch...", setzte der alte an, bevor er abbrach und leise murmelnd den Weg freigab. "Wahrlich. Immer noch der alte. Hmpf."

Einer der jungen Schüler hatte das Spiel am Tor beobachtet und mitgehört. Sofort reagierte er und lief ins Innere der Akademie. Und zwar in den Flügel, in dem Balerians Familie wohnte und arbeitete. Er lief schnurstracks zu Rebekkas Stube und klopfte aufgeregt an die hölzerne Tür. Als diese verwundert öffnete, verkündete der Junge aufgeregt: "Er ist da! Er ist es! Wirklich! Er ist wieder da!" Große Augen strahlten Rebekka an. Auf dem Flur hörte man bereits Balerians Schritte.

Sandra:
Der Tag vor den Tagen des Lernens - Stellas Zimmer


Mit einem lauten *pock* landete die Feuerballkomponente der Magierin an der Wand und fluchend ging sie hinterher, um sie wieder aufzuheben. Kein Zauber, kein Feuer, einfach nur Frust loswerden.
Dann atmete sie tief durch und blickte auf das schwarze Brett vor sich, auf dem bereits einige Kreise, Formen und Runen gezeichnet waren.


Bringt ja nichts, wenn du jetzt unkonzentriert und aufgebracht weiter arbeitest, wirst du nur noch mehr korrigieren müssen…


Sie griff nach der Tasse, die auf dem Fensterbrett neben dem Tisch stand - wohlweislich, um Platz zu haben und diese nicht versehentlich umzustoßen - und schnupperte daran, bevor sie die Augen schloss und einen tiefen Schluck nahm.


Dann seufzte sie und begann vorsichtig mit einem nassen Tuch die falsche Linie wegzuwischen und anschließend korrekt neu zu zeichnen.


Ruhig zeichnete sie eine Rune nach der anderen bis sie schließlich zufrieden die Kreide weglegte. Die Zauber würde sie am Tag der Vorlesung ritualisieren. Ihr erster Versuch eines Vortrags... Die Bitte, ihr einen Raum für eine Übungsgruppe zur Verfügung zu stellen hatte der Kanzler wohl als Aufforderung verstanden, sie direkt in den offenen Vorlesungsplan mit aufzunehmen. Dabei war ihr Plan, die Analyse von Artefakten zu besprechen und praktisch zu üben eher auf einen kleineren Kreis ausgelegt - naja, wie sie das Problem lösen konnte, würde sich wohl noch zeigen...


Anschließend trug sie das Brett an die Wand neben ihrem Schrank wo sie es hochkant abstellte so dass die frische Zeichnung darauf nicht verwischte, nahm dann ein in schwarzen Stoff eingewickeltes und mit einem roten Runenband umwickeltes, längliches Paket von ihrem Bett und legte es vorsichtig daneben.


So, alles für die Vorlesung soweit vorbereitet…


Morgen würden die Besucher eintreffen und man merkte die Vorbereitungen schon an allen Ecken und Enden in der Akademie.
Dinge wurden von A nach B getragen, Räume vorbereitet und Rebecca war mit den Vorbereitungen der Tavensa beschäftigt.

Ballessan:
Baleolan sinniert

Die Tage des Lernens waren nun schon seit ein paar Wochen vorüber und in der Akademie nahm längst alles seinen gewohnten Lauf. Balerian, wie er hier von allen genannt wurde, saß gerade an seinem Schreibtisch, mit einer Tasse Jelenas Bestem und einer Butterstulle und starrte aus dem Fenster des ebenirdischen Zimmers. Die Frühstückszeit in der Mensa war bereits vorbei, der Frühsport schon lange - wenn er denn überhaupt stattfand. Außerhalb der Tage des Lernens war die allgemeine Motivation dahingehend nicht von ausreichendem Maß, um die gesamte Schülerschaft dauerhaft dorthin zuführen. Zumindest schien es Balerian so. Aber wie er immer wieder feststellen musste, war längst nicht alles, was ihm so schien, ein Abbild der Realität. Zumindest schien es Balerian so. Vor allem seit seiner Fusion erlag er zunehmend dieser Erkenntnis. Zumindest schien es... „Ach verdammt“, unterbrach der Magister seine Gedanken, „diese Gedankenschleifen sind wirklich nicht produktiv. Nein“, bekräftigte er noch einmal kopfschüttelnd. „Wirklich nicht.“

Um sich von sich selbst abzulenken biss Balerian einmal herzhaft in seine Mahlzeit und verbrannte sich die Zunge bei einem großen Schluck aus einem Krug. Er kam jedoch nicht mehr dazu das passende „Autsch“ zu denken, da sein Blick schon wieder aus dem Fenster glitt, was zur sofortigen Folge hatte, dass seine Gedanken wieder schweiften.

„Die Gilde... das Gebäude ist so gut wie fertig. Auch die letzten magischen Schutzvorkehrungen sind konstruiert. Ich muss nur noch Kanzler Stauffer.... Den Kanzler, den Kanzler DEN KANZLER!“, ahmte der Magus gedanklich in Rikhard-Manier die Ankündigung vom Eintreffen des Kanzlers nach. Er musste unwillkürlich grinsen. „Auf jeden Fall“, setzte Balerian seinen eigentlichen Gedanken fort, „muss ich ihn noch fragen, ob er die finale Schutzformel am Gebäude vollendet. Er, der er schon Engonia schützte, wird das sicher leicht hinbekommen.“

Über die ein oder andere Formel in Sachen Magie schweiften die Gedanken weiter. Von Zaubern zu Musik, von Musik zu Menschen, von Menschen zu Musik, von da in alle Winde und von dort dachte der Barde über die Tavernen dieser Welt nach. Ach in wie vielen davon war er schon als Gast, als Musiker, als Arbeiter... Aber in wenigen war er als sein eigener Herr. Nein, nicht nur als sein eigener Herr, als Herr seiner eigenen Taverne. Ein bislang unerfüllter Traum. Und irgendwie würde es passen, wenn dies zum Familiengeschäft werden würde. Rebekka leitete mit Erfolg und Fleiß die Mensa und Tavensa der Ayd'Owl und er selbst hatte ungefähr seine halbe Lebenszeit in Tavernen verbracht. Rebekka träumte auch schon länger von einem eigenen Gasthaus. In der Akademie hat sie reichlich Erfahrung sammeln können und ein unabhängiges Projekt wäre der nächste Schritt. Für einen kurzen Moment hatte Balerian sogar schon mal eine Taverne. In Feuerklinge, als Gorix es geschafft hatte den hiesigen Wirt derart zu verärgern, dass dieser auf der Stelle Haus und Land verlassen wollte und seine Taverne im herausgehen verschenkte.
„Hm... irgendwie klingeln mir regelmäßig die Ohren, wenn ich an Feuerklinge denke“, sinnierte der Träumer. „Ob man über mich redet? Sicher kommt noch irgendetwas auf mich zu. Mir fällt nur gerade nicht ein warum...“
Auf jeden Fall, für einen kurzen Moment war Balerian stolzer Besitzer einer Taverne. Auch, wenn er deren Namen nicht einmal kannte. Aber er hatte schon nach nur fünf Minuten eine Liefervereinbarung über Material und Rohstoffe mit drei nicht ganz ehrlich aussehenden, aber sehr engagiert wirkenden Bewohnern des umliegenden Landes getroffen. Der Start schien also gar nicht so schlecht. „Bis zum Angriff“, dachte Balerian bitter. Denn nun sah er wieder Weiße Wappenröcke mit goldenen Sonnen, hörte schreie und Gebete, sah Kameraden fallen, sah Klingen und Blut. Und er spürte Schmerzen. Seit diesen Ereignissen und seit seinem neuen ICH, musste der Magier manche Dinge in Gedanken erst einmal wieder erleben, damit er sich ihrer wieder völlig bewusst war. Es musste ihm einfach wieder einfallen. Er musste halt irgendwie einfach daran denken, damit er daran dachte.
Er schluckte einmal schwer. Sein erster Versuch einer eigene Taverne wurde also mit scheinbar göttlicher Verfügung unterbunden, als die Verblendeten der Inquisition seinen Leib mit dem Erboden verbanden. Durch stures auf ihn einschlagen. Aber er wäre nicht er, wenn er sich von so etwas entmutigen lassen würde, selbst dann nicht, wenn tatsächliche, göttliche Verfügung gewesen sein sollte.
„Wir werden eine eigene Taverne haben!“, fasste Balerian seinen Entschluss. „Rebekka und ich werden eine eigene Taverne haben. Ein eigenes Gasthaus. Egal wo, egal wie es heißt. Liegt die Taverne an einem Fluss, heißt sie eben Am fließenden Wasser. Steh sie an einer Kreuzung, heißt sie Am Wegkreuz.“
Der Name gefiel ihm. Nun fiel ihm auf, dass da noch eine Sache zu klären wäre. Rebekkas Ersparnisse hatten arg gelitten, als Balerian monatelang nicht da war, weil er Eolan war. Seine eigenen waren fast gänzlich in den Aufbau der Gilde geflossen. Wovon eine Taverne bezahlen?
„Vielleicht ist da doch etwas daran, dass ich ein Timbersteam bin“, kam Balerian in den Sinn. Die Zukunft der alternativen Realität, mit der ein paar Engonier und er einmal kollidierten, war sich da sehr sicher. „Dann wäre es leicht an Geld zu kommen“, spann er den Gedanken weiter, nur um ihn im nächsten Moment zu verwerfen. „Aber ich lasse doch keinen Timbersteam die Hand über unsere Taverne halten.“ Vielleicht könnte man auch jemanden zum Teilhaber machen, der einen Teil der Summe vorstreckte. Jemanden, den man mit an Bord holte, der mitarbeiten würde. Aber wen?
„Wäre doch schön, wenn jemand unverhofft erben würde.“

Vanni:
Frühsommer 267 n.J. - Rebekka und Runa

Der Abend schritt langsam aber unaufhaltsam fort und die nächtliche Kühle drang in die Flure und Vorlesungsräume der Akademie.
Aus der Tavensa klang Gemurmel, das Kratzen einer Feder, Papierrascheln und hin und wieder ein genervter Ausruf.
Die beiden Frauen die dort saßen und die Köpfe über einem Tisch voller Blätter und Tintenflecken zusammenstreckten wirkten sichtlich frustriert.
Runa und Rebekka hatten sich kurz nach dem Abendessen zusammengesetzt um einen Bericht über Gorix und Svenjas Hochzeit zu schreiben. Natürlich darüber wie schön und friedvoll und vollkommen ohne unvorhergesehene Zwischenfälle Zeremonie und Feier abgelaufen waren.. das war Runas Idee gewesen - der Postille einen Artikel einzureichen, bevor deren Mitarbeiter ihre Nasen allzu tief in diese Angelenheit steckten.
Eine gute Idee, nur leider viel schwieriger umzusetzen als gedacht. Immer wieder verwarfen sie bereits niedergeschriebene Absätze, klang doch alles stets irgendwie hölzern und halbherzig. Hinzu kam dass Runa sowieso leicht durch den Wind wart seit sie von dem Brand in der Akademiebibliothek erfahren hatte.
Balerian hatte einmal kurz den Kopf aus der Tür der Hausmeisterwohnung gesteckt und auch schon den Mund geöffnet um nach dem Stand der Dinge zu fragen, hatte sich jedoch auf einen gereizten Blick seiner Frau hin wieder zurückgezogen und war nicht mehr aufgetaucht.
Schließlich ließ Rebekka schwungvoll die Hand auf den Tisch niedersausen und stand auf.
"Runa, so wird das nichts. Wir gehen da viel zu verkrampft ran.. wir brauchen mehr.. mehr.. Schwips", sie grinste und verschwand kurz am Tresen vorbei im Vorratsraum, von wo sie mit einer Flasche Met und zwei Bechern zurückkehrte.
...
Eine Stunde und eine inzwischen geleerte Flasche später war der Hochzeitsbericht auf eine beträchtliche Länge angewachsen.
"Kleider.. wenn einer heiratet reden alle immer darüber, was wer für ein Kleid trug.." kicherte die Scolaria, während Rebekka zustimmend nickte und eifrig schrieb.
Eine weitere geleerte Flasche später, wagte Balerian doch nocheinmal einen Blick in die Tavensa und runzelte überaus irritiert die Stirn über das Satzfragment welches er gerade noch mitbekam "wer schwebt in einer Glocke der Glückseeligkeit?"
"Dassis weil seine Liebe heißer brennt alsser Phööönix in ihm" bekam er zur Antwort.
Mit einem gemurmelten "Nein, nein, ich hab das einfach nicht gehört" verschwand er wieder und überlies die zwei kichernden Frauen sich selber.

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