Die Gebiete in Caldrien > Engonia - die einstige Kaiserstadt

Kelos in Engonia

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Jeremias:
Gerichtssaal in Engonia - 7. Tag des 12. Monats, 266 n.J.

Langsam füllten sich die Sitze des alten Gerichtsgebäudes wieder. Auch wenn sich die Akolythen redlich bemüht hatten, sah man dem Gebäude doch an, dass es lange nicht mehr so pfleglich behandelt wurde wie noch vor dem Ende des Bürgerkriegs, als erst Senat und dann Ursupator ihren Machtsitz in Engonia hatten. Heutzutage wurden selten Gerichtsprozesse hier abgehalten, nur die Jeldriken bestanden darauf.
Der Alamartempel hatte sich aber für diesen Prozess dieses Gebäude ausgebeten und trat nun wieder zusammen. Den Vorsitz übernahm der Vorsteher des Tempels von Engonia, Flamen Magnus Jarotin, ihm zur Seite standen Flamen Gerion aus Brega und Flamen Nelor aus Hanekamp. Der einzig andere Flamen Magnus in Engonia saß in der ersten Zuschauerreihe, er selber hatte eine Beteiligung an dem Prozess abgelehnt. Damian wollte nicht zu Gericht sitzen über einen Angriff auf seine Freunde.

Als das Wispern auf den Amphitheaterähnlichen Plätzen schließlich erstarb, wurde auf einem Wink des Tribunals hin der Angeklagte, Inquisitor Kelos, in den Raum hineinbegleitet. Auf dem kalten Marmor klangen seine schweren Stiefel laut und und er blieb in der Mitte der großen Kuppelhalle stehen, erleuchtet von der winterlichen Sonne, die durch die Fenster strahlte. Er schaute sich kurz im Publikum um, dass durch die goldverzierten Mäurchen von einer zu großen Nähe abgehalten wurde und blickte dann erwartungsvoll das Tribunal an, welches sich nun erhob. Flamen Magnus Jarotin schaute kurz auf seine Blätter und ließ dann seine Stimme durch den Raum schallen, so daß jeder der über zweihundert Gäste ihn verstehen konnte.

"Alamar in der Höhe, siehe auf uns deine Diener herab! Wir wandeln in deinem Lichte und urteilen in deinem Namen. Mögest du stets unser Gefährte sein und uns führen auf deinem Weg. Kelos, Inquisitor des heiligen Alamar, hat uns angerufen, über ihn zu urteilen ob seiner Taten. Ohne Auftrag durch den Herrn des Landes hat er geurteilt im Namen Alamars und gebrandmarkt zwei Personen mit dem Zeichen Alamars und Angriffe geführt auf eine Reisegruppe im Namen der Inquisition des heiligen Alamars. Unser Urteilsspruch lautet wie folgt:
Die Brandmarkung der Gemeinen Kydora, inzwischen Schülerin des Magisters Ardor Teldan der Akademie Ayd'Owl, geschah nach Überprüfung ihrer magischen Fähigkeiten. Diese Brandmarkung ist nach den Regeln der Inquisition, durch welche sich Kelos als gebunden ansah, rechtens. Nichtsdestotrotz geschah dies ohne öffentlichen Auftrag durch den Herrn des Landes, aber aufgrund der Bitte des gemeinen Volkes. Als Ausgleich hat Kelos eine Strafe von 15 Silber zu zahlen, 2 Silber an die Gemeine Kydora, 5 Silber an ihren jetzigen Lehrmeister, Magister Ardor Teldan, 8 Silber an die Baronie Feuerklinge, ersatzweise an den Grafen von Voranenburg.
Die Brandmarkung von Svenja Swanson, Priesterin der Nedra, geschah nach Überprüfung ihrer Lebensumstände und aufgrund ihrer nicht von den Göttern gesegneten Partnerschaft zu Magister Gorix Feuerklinge, Vizekanzler der Akademie Ayd'Owl. Diese Brandmarkung ist nach den Regeln der Inquisition, durch welche sich Kelos als gebunden ansah, rechtens. Nichtsdestotrotz geschah dies ohne öffentlichen Auftrag durch den Herrn des Landes, aber aufgrund der Bitte des gemeinen Volkes. Als Ausgleich hat Kelos eine Strafe von 50 Silber zu zahlen: 15 Silber an die Tempel der Nedra, 15 Silber an die Priesterin Svenja, 20 Silber an die Baronie Feuerklinge, ersatzweise an den Grafen von Voranenburg. Des weiteren hat Kelos der Priesterin Svenja zwei wehrfähige und gerüstete Kämpfer zu stellen, für die Dauer von 5 Jahren.
Die Angriffe geschahen in Zusammenhang der Brandmarkung und aufgrund des Diebstahles eines Artefaktes im Besitz der Inquisition. Obwohl das gestohlene Artefakt einem Alamarnovizen übergeben wurde, konnte Kelos nicht von einer friedlichen und gerechten Lösung ausgehen, da ihm berichtet wurde, dass seine Gefolgsleute durch die Reisegruppe erschlagen wurden. In Verweis auf die ausstehende Rechtsprechung des Hofes von Hanekampes und aufgrund mangelnder Vorlage dauerhafter Schäden an der angegriffenen Reisegruppe und aufgrund der Tatsache, dass besagte Reisegruppe keine juristische Lösung anstrebte, sondern sich genauso wie Kelos der Selbstjustiz bediente, sieht das Tribunal hier von einer weiteren Strafe ab.
Eine Mahnung geht an den Grafen von Voranenburg, da er die Situation nicht durch eine rechtzeitige Benennung eines Lehensnehmers in der Baronie Feuerklinge verhindert hat.
Eine Mahnung ergeht an Inquisitor Kelos, der sich nicht um einen offiziellen Auftrag durch den Landesherrn bemüht hat. Dieses Tribunal empfiehlt jedem Alamartempel, bei einer Wiederholung durch Kelos keine mildernden Umstände mehr zu beachten.
Eine Mahnung geht an alle Mitglieder der benannten Reisegruppe, dem Tribunal namentlich bekannt, aber zu zahlreich um hier im Einzelnen erwähnt zu werden: Recht und Gesetz obliegen in Caldrien dem Landesherrn, nicht vermeintlich wohlmeinenden Dritten. Viel Leid hätte durch Zurückhaltung vermieden werden können.
So sei verkündet und festgesetzt das Urteil durch das Tribunal des heiligen Alamar, im Lichte des heiligen Alamar, im Namen des heiligen Alamar, im Worte des heiligen Alamar. Alamar in der Höhe, erhöhe uns!"

Als ob das Publikum die gesamte Zeit den Atem angehalten hatte, brach nun explosionsartiger Tumult unter den Zuschauern aus, während die einen das Urteil bejubelten, fanden andere es zu milde oder zu hart, wieder andere skandierten Sprechchöre gegen die Inquisition oder die Magier. Kelos aber verließ gemessenen Schrittes und mit einem leichten Lächeln den Saal.

Während der Saal nun von den Gästen langsam verlassen wurde, nicht ohne weitere Proteste, trat Gerion auf Damian zu. Dieser schaute ihn über die Abschirmung hinweg an, mit einem müden Gesichtsausdruck. Gerion schluckte kurz. "Damian, ich weiß, dass euch das Urteil nicht wirklich schmeckt, aber..." Damian hob die Hand. "Lasst, Gerion. Ich habe etwas Ähnliches erwartet. Wir verhandeln in Alamars Namen nunmal nicht irgendwelche Vielleichts oder Was-könnte-seins, sondern nach geltendem Recht. Die Inquisition ist nunmal hier in Engonia geschaffen und in ihrem Vorgehen sanktioniert worden. Natürlich wird dann hier auch nach Senatsrecht verhandelt und ich weiß selber, dass die einzigen Todesopfer bei der Inquisition zu finden waren." Damian schaute Gerion tief in die Augen. "Aber wie siehst du die Sache?" Gerion ließ seinen Blick in dem inzwischen leeren Saal umherwandern. "Du weißt selber, wie tief wir inzwischen gespalten sind. Es gibt keine einhellige Meinung und daher ist es ein Politikum. Ich sehe es wie du. Die Inquisition wird für viel Ärger Sorgen und sie sitzen vor meiner Haustür. Ein paar übermütige Inquisitionsakolythen und ich darf mich vor dem Stadtrat verantworten. Aber viele sagen, dass Kelos ja vielleicht ein guter Großinquisitor wäre, gerade nachdem er Feuerschlag zur Strecke gebracht hat... Und weil er die Kontakte nach Hanekamp hat."
Damian atmete tief durch. "Ja, ich weiß das alles." Er lächelte zum ersten Mal wieder. "Aber wenn es ein politisches Spiel wird, dann werde ich auch politisch. Ich sollte meinem Vater dringendst die Mahnung überbringen, meinst du nicht? Ich glaube, das Tribunal hat absolut recht." Gerion schaute ihn kurz irritiert an, dann lächelte auch er. "Ha. Wie konnte ich an dem Priester zweifeln, der den Pilgerzug mit ausrief und in meinem Tempel zum Flamen Magnus geweiht wurde. Viel Glück!" Sie reichten sich die Hände und Damian verließ den Gerichtssaal, mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck.


Stallungen von Engonia - 8. Tag des 12. Monats, 266 n.J.

Kelos stand mit seinem Gefolge vor den bereits gesattelten Pferden. Neben ihm stand die junge Akolythin, die inzwischen seine rechte Hand geworden war. Der morgendliche Nebel waberte noch um sie herum, als er ihr seine schwere Hand auf die Schulter legte. "Du weißt Bescheid, Sirasa? Ich brauche das Einverständnis des Herzogs. Er wird es mir sicherlich geben, wenn ich ihm verspreche, ein besonderes Auge auf Voranenburg zu werfen, aber ich brauche es. Mit diesem Einverständnis, mit seiner Unterschrift unter unserer Ermächtigung, diesem Artefakt," er klopfte auf den Streitkolben an seiner Seite, "und der Tatsache, dass Feuerschlag besiegt ist, werden sie mich zum Großinquisitor ernennen. Und dann..." Er unterbricht sich kurz und schaut zum Gerichtssaal, dessen Kuppel in der Ferne von den Sonnenstrahlen getroffen wird. "Dann können wir endlich unsere Schuld bei Alamar begleichen, ohne immer wieder innezuhalten. Wir müssen diese armen Menschen von ihrer Krankheit und Seelenschwärze erretten."
Ohne ein weiteres Wort nickte Sirasa und bestieg ein Pferd und nahm ein zweites Pferd als Ersatz am Zügel. Und während sie langsam losritt und dann in einen Gallopp ausbrach, hob sie grüßend die Hand.

Francois:
Der Mann in dem grauen Umhang mit der orangenen Randverzierung, der die gesamte Zeit im Hintergrund stand, machte sich noch einige Notizen. Dann verliess er den Gerichtssaal und holte sein Pferd.
Er verliess die Stadt ohne weitere Umwege um das Gesehene und Gehörte zu berichten.

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