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Minas Heimreise

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gutemine:
Und wieder stand sie auf der Lichtung... die Luft war eiskalt. Nur schemenhaft konnte sie die Umrisse der Bäume erkennen. Sie ahnte sie mehr, als dass sie sie sah, die Gestalt die sie immer noch ab und an in ihren Träumen verfolgte... den Paladin aus der Dunklen Nacht.

Heute habe ich versucht, dich in Richtung deiner größten Angst zu schubsen. Und das ganze dannquasi laufen lassen. Das Ergebnis ist genau das was ich mir erhofft hatte.
Sashas Worte drangen aus den Untiefen von Minas Innerstem hervor und erhellten für einen kurzen Moment ihr Bewusstsein als würde schwaches Sternenlicht auf die Lichtung fallen.
Intuitivmagier sind besser als alle anderen Menschen in der Lage, ihre Gefühle nicht nur in Zauber zu bannen, sondern sie auch zu manifestieren. Balerian zum Beispiel, der einen Teil seiner Magie - die Bardenmagie - intuitiv wirkt, hat es aus Versehen geschafft, seine Angst so wirkungsvoll als Person zu manifestieren, dass sie ihn verprügeln und foltern konnte....
Und genau das hast du auch getan. Du hast deine Angst manifestiert. Für deinen Geist war die einfachste Gestalt dafür wohl die Erinnerung an den Paladin aus der dunklen Nacht...der deine Freunde tötet ohne dass du etwas dagegen tun konntest, was deine aktuell größte Angst darstellt.


Dieses Mal waren die zu dritt. Sie traten aus dem Schatten der Bäume auf die Lichtung und überquerten sie langsamen Schrittes, in völligem Gleichschritt, ohne Mina auch nur eines Blickes zu würdigen.
Sie wagte nicht, sich zu bewegen, nicht einmal zu atmen, stand nur wie paralysiert da. Sie versuchte einfach nicht da zu sein, damit sie sie nicht bemerkten.
Doch kurz bevor die drei Paladine am anderen Ende der Lichtung wieder im dunklen Wald verschwinden konnten, hielt der letzte plötzlich an, brach aus dem Gleichschritt aus.
Und drehte sich quälend langsam zu ihr um.
Er hatte sie gesehen! Sie konnte seinen starren Blick auf sich fühlen, als blicke er geradewegs in ihre Seele.
Dann, in einer langsamen, scheinbar nicht enden wollenden Bewegung, drehten sich auch die anderen beiden Paladine um. … und sie kamen auf sie zu, nun wieder im perfekten Gleichschritt.

Mina rauschte das Blut in den Ohren, sie hatte das Gefühl, dass ihr Herz so heftig schlug, dass es noch weit in den Wald hinein zu hören sein musste.
Mit jedem Schritt der dunklen Paladine wurde der Gestank des Todes stärker und erstickender.
Und mit einem Mal wurde ihr klar, dass die in dunkle Plattenrüstungen gehüllten Gestalten nicht die dunklen Paladine aus der schwarzen Nacht waren.
Die dunklen Sehschlitze der Helme, die nicht vorhandenen Auren, als wären es nur Löcher, die alles in sich einsaugten: das waren Todesritter.
Mina keuchte auf. Brandgeruch lag mit einem Mal in der Luft, der Geruch nach verkohltem Holz und verbranntem Fleisch biss unangenehm in der Nase, überdeckte fast den Geruch des Todes.
Ihre Angst hatte sich manifestiert.

Schritt für Schritt kamen die Todesritter näher, Mina hatte das Gefühl, ein höhnisches Lachen in ihrem Kopf zu spüren.
„Gib auf! Hast du immer noch nicht gemerkt, dass es keinen Sinn macht, für irgendwelche Freunde zu kämpfen? Am Ende bekommen wir sie doch eh alle. Maugrim ist tot. Sasha so gut wie.“ das höhnische Gelächter hallte durch die Dunkelheit, schien von allen Seiten gleichzeitig zu kommen.
„Komm schon. Du bist doch ohnehin nur hier, weil du zu unwichtig bist, um sich mit dir Arbeit zu machen.“

Mina schloss die Augen, Blitze zuckten vor ihren Augenliedern und es war schwierig, einen Gedanken festzuhalten.
Ja...im Grunde hatten sie Recht. Maugrim und Sasha hatten keine Chance gegen sie gehabt und Mina hätte ihnen nicht einmal ansatzweise helfen können. Was sollte sie also noch hier?
Die Todesritter waren so nahe gekommen, dass Mina ihre dunkel glimmenden toten Augen durch die Sehschlitze der Helme erkennen konnte.

Dinge die manifestiert sind, kann man anfassen. Fühlen, riechend, ansehen...und formen. Und natürlich bekämpfen. Wenn man seine eigenen Gefühle manifestieren kann, kann man sie mit viel Übung kontrollieren. Sie sind nicht mehr nur ein Schleier irgendwo im eigenen Geist.
Sashas Worte von damals tropften in Minas Bewusstsein. Verzweifelt versuchte Mina, sich an ihnen festzuhalten.

Dafür musst du auch eigentlich gar nichts tun, denn wie die meisten intuitiven Dinge läuft das...äh...eben intuitiv ab. Dein Unterbewusstsein wird wissen, dass es sich wehren kann. Dass es den Gefühlen nicht mehr hilflos ausgeliefert ist.
Sashas Stimme wurde immer lauter, mit jedem Wort wurde es um Mina herum heller. So hell, dass sie es sogar durch die geschlossenen Augenlider sehen konnte. Sie öffnete überrascht die Augen.

Im deinem Geist schlummert eine nicht gerade kleine Kraft. Bei anderen Menschen äußert sich so etwas höchstens in großer Selbstbeherrschung...oder einfach in grandioser Sturheit....
Und ich habe etwas grundlegendes über dich erfahren: Du bist in der Lage, deine eigenen Ängste zu überwinden und ihnen entgegen zu treten, egal wie real sie erscheinen.
Die Worte der Wolfselfe hallten in Minas Gedächtnis nach. Die Szenerie war mittlerweile in gleißendes Licht getaucht, in dem die Todesritter unwirkliche Schatten auf den Boden der Lichtung warfen.

Die Zeit schien stehen geblieben zu sein.
Und eine Erkenntnis brannte sich förmlich in Minas Geist und ließ ihre Selbstzweifel wie Butter in der Sonne dahin schmelzen und zerfließen.
Sasha hatte an sie geglaubt!
Die Wolfselfe hatte so unglaublich viel Kraft in sie investiert.
Sie hatten zusammen die Schutzhütte im Wald gebaut, gemeinsam den Weg in ihren Keller gefunden...in dem Mina jetzt wohl eigentlich sitzen sollte...das alles waren Dinge, die Mina nicht einfach so wegwerfen durfte!

Und Maugrim hatte ihr vertraut. Er hatte sich ihr praktisch ausgeliefert, hatte zugelassen, dass sie seine Schulter aufschnitt um seine Knochen mit dem flüssigen Mithril von Sasha zu übergießen. Wenn sie jetzt aufgab...wenn sie sich schon wieder von ihrer Angst besiegen lassen würde, dann würde sie sein Andenken mit Füßen treten!
Es war Zeit, der Angst entgegen zu treten und sich nicht mehr ständig von ihr zugrunde richten zu lassen.
Nicht für andere....sondern für sich selbst. Das war sie Maugrim, Sasha, aber auch Balerian schuldig.

In erster Linie aber war sie es sich selbst schuldig. Es war unsinnig, sich ständig von der Sorge für andere zerfressen zu lassen, wenn man nicht für sich selbst sorgte. Mina wollte nie wieder vor lauter Angst gelähmt und hilflos sein!
Sie musste anfangen zu kämpfen!

Langsam spürte sie eine altbekannte Wut in sich aufsteigen. Wie damals...
Nur dass sie damals bei der Übung mit Sasha nicht wusste, was das bedeutete, oder was die Wut anrichten konnte. Diesmal wusste sie es.

Sie war zwar auch wütend auf sich selbst, aber grenzenlos war ihre Wut auf die Angst, die sie so lange im Würgegriff gehalten hatte.
Mina richtete sich auf und blickte den Todesrittern mit erhobenem Kopf entgegen.
Sie ließ die Wut über sich hinweg branden wie eine rote Flut, ließ sich von ihr mitreißen und erfüllen bis in die letzte Faser.
Ihr bekommt mich nicht!
Die Wut kochte in ihrem Inneren.
Das höhnische Lachen der Todesritter erschallte wieder in ihrem Kopf, ließ die Wut hoch auflodern.

Gefühle manifestieren...Intuitivmagier können das.
ICH kann das!
Die Wut loderte höher und höher …..und verwandelte sich in ein heißes Feuer, dass in ihrem Inneren brannte.
Das höhnische Lachen wurde lauter, füllte sie aus, versuchte sie völlig einzunehmen.

Nicht...Heute!
Gefühle manifestieren....Angst gegen Wut...Wut gegen Angst.

Mit einem Schlag brach das Feuer aus Mina heraus, die Luft flimmerte vor ihren Augen, irgendwo schrie jemand. War sie das etwa selbst?
Sie ließ dem Feuer freien Lauf, genoss das Gefühl als es aus ihr heraus brach. Sie ließ es komplett frei, um sein zerstörerisches Werk zu vollbringen.

Mit einem brüllend lauten Geräusch, dass an das Kreischen von berstendem Metall erinnerte, wurden die Todesritter von einer Druckwelle erfasst und nach hinten geschleudert, zerfaserten noch in der Luft zu feinem Staub und verschwanden spurlos.

Im nächsten Moment war die Lichtung wieder in Dunkelheit getaucht.
Kein Feuer, nur ein paar aufgewirbelte Blätter, die sich langsam und taumelnd wieder auf den Boden der Lichtung senkten.
Mina stand da und starrte auf die Stelle, an der gerade eben noch die drei Todesritter gestanden hatten. Ihr Atem ging stoßweise, ihre Hände zitterten, immer noch zu Fäusten geballt. Das Feuer in ihrem Inneren war erloschen, es schien als wäre es niemals da gewesen. Mina taumelte, ein Schleier legte sich über ihren Blick.

Plötzlich kam ein dunkler Schatten aus dem Wald geschossen, hielt direkt auf sie zu und riss sie um. Mina wurde nach hinten geworfen und lag plötzlich sie wieder in ihrem Sessel vor dem Kamin in ihrem Keller. Die Bache stand vor ihr und hatte ihren Kopf in ihren Schoß gelegt, sah sie mit ihren dunklen Augen prüfend an.
Mina atmete tief durch. Das Prickeln in ihren Fingerspitzen zeigte ihr, dass sie nicht geträumt hatte, dennoch wusste sie, dass das Geschehene nicht wirklich passiert war. Als sie ihre rechte Hand öffnete, lag darin zu ihrer Verwunderung ein rundgeschliffener Karneol, gehalten von einer silbernen Spange.

Mina fragte sich erst gar nicht, wie er wohl dahin gekommen sein mochte. Sie nahm ihn zwischen Daumen und Zeigefinger und betrachtete ihn mit einem leichten Lächeln.
Er wird mich immer daran erinnern, wie stark ich sein kann, wenn ich nur an mich selbst glaube.

Das Feuer in ihrem Inneren war verschwunden. Wahrscheinlich für immer.
Mina hatte noch nie einen besonderen Bezug zu diesem Element gehabt, aber nun war sie sich fast sicher, dass sie niemals in der Lage sein würde, es für ihre Zwecke zu nutzen. Aber das war nicht schlimm.
Dankbar sah sie die Bache an, ihre Hand strich liebevoll über den Kopf ihres Seelentieres.

Für einen Moment schloss Mina noch einmal die Augen um sich zu spüren. Die Trauer um Maugrim war immer noch da, genauso die Sorge um Sasha, aber Mina fühlte sich nicht mehr gelähmt. Sie war erfüllt von Dankbarkeit. Vorsichtig stand sie auf. Ihre Glieder schmerzten als wäre sie fürchterlich verprügelt worden... „Vielleicht fühlt es sich auch so an, wenn man jemand anderen verprügelt hat,“ dachte sie schmunzelnd und ging zu einer Kommode an der Wand, um in einem Kästchen nach einem Band für den Stein in ihrer Hand zu suchen.

Dabei fiel ihr Blick auf ein höchstens Handteller großes Bild, das leicht schräg an der Wand hing. Darauf war ein Tisch abgebildet, auf dem dicht aneinander gereiht ganz viele Butterpäckchen lagen.
Und während sie das braune Band durch die silberne Öse fädelte, fragte sie sich wieder einmal ob es wohl tatsächlich hier irgendwo einen Raum mit Butterpäckchen gäbe. Aber den zu suchen, war eine andere Aufgabe. Jetzt wurde es Zeit zu gehen. Und außerdem kamen ihr die Päckchen gerade
erstaunlich gut sortiert vor....

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