Die Gebiete in Caldrien > Das Caldrische Imperium

Stille

(1/2) > >>

Lorainne:
Erschöpft und fiebrig kamen sie an.
Lorainne sah, wie Jasper ein paar Worte mit einem seiner Glaubensbrüder wechselte, sie hörte seine Stimme, doch Begriff die Worte nicht.
Der ruhige, nahezu unscheinbare Geweihte hatte hier die Führung übernommen und Lorainne überließ sie ihm nur zu gerne.
Während der Reise war sie schwächer geworden, ruhiger, betäubter.
Wenn er mit ihr sprach hatte sie ihn nur stumm angesehen, aber nicht wegen ihres Gelübdes, sondern weil sie seine Worte nicht verstand, so als würde er in einer unbekannten Sprache sprechen.

Dann griffen Hände nach ihr, stützten sie, begleiteten sie, trösten sie.
In einer kleinen Kammer stand ein Zuber und eine Ordensschwester half ihr, sich zu entkleiden und zu waschen.
Ihre Wunden wurden untersucht und neu verbunden, es war kein Wundbrand zu erkennen, Anders hatte sehr gute Arbeit geleistet.

Sie bekam ein einfaches Gewand aus rauem Stoff, doch es war warm und roch so gut. Und dann- endlich- lag sie im Bett, nicht auf einem der harten, unbequemen, die hier sonst für sie als genügend angesehen wurden, nein, es war ein Bett mit weicher Matratze und großen warmen Decken.

Während sie umgehend einschlief, drang aus dem Nebel der Wirklichkeit noch eine Stimme zu ihr, die ihr Schlaf versprach, um sich dann den weiteren Aufgaben stellen zu können.

Lorainne:
Wirre Träume begleiteten ihren Schlaf.

Eine Lichtung mit einem kreisrunden See, auf dem sich ein Schwan niederließ, während die Abendsonne die herbstlichen Ahornbäume in ein Flammenmeer tauchte
Wärme durchströmte sie. Doch dann tauchte eine Seeschlange auf und verschlang den Schwan.
Doch damit schien ihr Hunger nicht gestillt und mit feurigen Augen suchte sie nach mehr Nahrung.

Eine Wiese mit weißen Blumen, die das Licht des Mondes zu reflektieren schien. Das Rauschen des Windes durch die Bäume. Und plötzlich Stille und das Licht des Mondes verdunkelte sich.

Zwei Mädchen, die Hand in Hand auf einen Hirsch zu liefen.
Fröhliches Kinderlachen, dass schließlich pervertiert wurde und gespenstisch klang. Und die Gesichter der Mädchen waren nicht länger fröhlich, sondern verzogen sich zu schmerzerfüllten Fratzen.

Schlachtenlärm und darüber der erhabene Klang einer Harfe.

Ein Haus, *Zuhause*, dich der Weg war ihr versperrt. Hohe Disteln hielt sich an ihrem Rock fest und zogen sie zu Boden. Das Haus erhob sich wie eine Trutzburg vor ihr, während die Disteln ihr den Weg versperrten und sie weiter in die Tiefe rissen.

In einem grünen Raum stand eine goldene Waagschale und in jeder Schale fanden sich Wegbegleiter und Freunde. Tote, wie Lebende. Und sie war der Richter. Welche Seite verdiente das Leben, welche den Tod?

Ein Kirschbaum im Sommer. Drei Blüten fielen herab und würden von Winde in die Ferne getragen, bevor sie den Boden berührten und von schweren Stiefeln zertreten wurden.

Ein Silberwolf, der alleine durch den Schnee zieht und dort eine blutige Spur hinterlässt. So wird man ihn ohne Probleme finden und jagen können.

Und dann stand die Welt in Flammen, doch sie verbrannte nicht. Eine lautet Stimme aus dem Flammenmeer, eine Mischung zwischen Schwur und Gebet.


Und ein schriller Schrei durchbrach die nächtliche Stille.

Lorainne:
"Maugrim!"
 Lorainne erwachte mit einem Ruck.
Erneut fuhr ihr Schmerz durch die Glieder.
Und Kälte. Ein kleiner Gruß aus ihren Träumen.
Jetzt erst stieg die Verzweiflung in ihr auf. Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit und Trauer.
Ihre Gefühle kamen mit den Tränen und Lorainne hatte das Gefühl zu ersticken.
Was sollte nur werden?
Aus ihr, aus all den anderen?
Ihres Waffebruders und Vorbildes beraubt.
Er war einer von denen, der die Menschen Antrieb, an ihre Grenzen und darüber hinaus. Er war es, der überall und jederzeit die richtigen Worte gefunden hatte. Der stets das richtige getan hatte.
dafür sind wir da!
Maugrim Worte, einst in Andarra zu ihr gesprochen, als sie blind war vor Angst.
Angst um ihre Freunde.
Und Maugrim war einer der besten gewesen.

Lautlos liefen die Tränen, bis bald ihr Kissen durchnässt war.
Tränen, die nicht verstehen wollten, so schien es.
Sie weinte, bis der Morgen graute, ihre Augen gerötet und geschwollen waren.
Dann schlief sie ein.
Ruhig, mit der Überzeugung, dass seine Seele nicht im Totenmeer schwimmen musste, sondern direjt von Tormentir geholt wurde.
Wenn auch nur schwach, es tröstete und versöhnte sie mit seinem Opfer.

Lorainne:
Als sie erwachte, war es gleissend hell und sie kniff die Augen zusammen, die sie gerade erst geöffnet hatte.
Sie wusste nicht, wie lange sie geschlafen hatte, waren es Tage oder gar Wochen?
Nur dunkel erinnerte sie sich an ihre wirren Träume, an die Menschen, die immer wieder kamen, sie weckten, ihr Brühe und Tränke einflössten, die Verbände wechselten.
Danach war sie oft in einen tiefen, traumlosen Schlaf gesunken. Totengleich und doch heilend.
und nun schien die Sonne unschuldig in ihre Gemächer, als hätte es nie einen schöneren Tag gegeben.
Lorainne setzte sich vorsichtig auf, ihr Arm schmerzte nicht, kein Schwindel, nichts.
Sie schaute an sich herunter, bewegte hier und da einen Finger, einen Arm oder ein Bein und rechnete mit Schmerz. Nichts.
Die Wunden schienn sauber verheilt, ihr Arm und ihr Oberkörper waren noch immer mit sauberen Verbänden umwickelt, doch die Wunde am linken Oberschenkel war bereits verheilt und eine frische helle Narbe zierte ihr Bein.
Es war kalt geworden, der Winter stand vor der Tür.
Sie wickelte die Decke um sich und ging mit vorsichtigen Schritten zu dem kleinen Fenster.

Ein Blick in den Himmel verriet ihr, dass es Mittag sein musste.
Und ihr Magen grummelte energisch.

Lorainne:
Die kleine Tür wurde geöffnet und eine junge Novizin brachte ihr Eintopf und erkundigte sich mit dünnem Stimmchen nach ihrem Befinden.
Lorainne lächelte sie beruhigend an.
Sie setzte sich an den Tisch und begann zu essen, während das junge Mädchen immer noch unschlüssig herumstand.
Irritiert schaute Lorainne das Mädchen an.
"Oh, Mademoiselle, sie werden euch bestrafen. Es wäre besser gewesen, ihr wäre noch nicht aufgewacht, das.. ich.... Es ist so grausam, was euch angetan würde. Und statt hier zur Ruhe zu kommen..."
Langsam legte Lorainne ihren Löffel beiseite. Sie wusste nicht, was sie erwarten würde, doch der Orden war alles andere als grausam.
Obwohl sie selbst angespannt war, versuchte sie ruhig zuu bleiben.
Das schien auch die Novizin vor ihr zu beruhigen.
Sie lächelte verlegen und bat um Verzeihung, für ihren wortschwall.
Dann huschte sie aus der Tür und Lorainne konnte sich wieder ihrem Eintopf zuwenden.

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

Zur normalen Ansicht wechseln