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Der Tempel im Ewigen Eis - nach Maugrims Tod
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Akela:
„Was denkt ihr euch hier eigentlich dabei?!“
Die Stimme der aufgebrachten Wolfselfe hallte durch den Gang im Inneren des Luna-Tempels,
begleitet vom Klang ihrer schweren Stiefel, als sie neben der Schwester her lief.
„Das darf doch echt nicht wahr sein, brauche ich etwa einen Leibwächter oder was?!“
Die Schwester lies Sasha ihren Wutausbruch und hielt gelassenen Schrittes mit ihr mit.
„Ich bin mir sicher, dass du ihn mögen wirst Sasha.“
Die Angesprochene indes war sich da scheinbar nicht so sicher, denn sie schnaubte nur wütend.
Sie waren auf dem Weg in das innerste Heiligtum des Tempels der Luna, wo Sasha ihren neuen
Weggefährten kennenlernen sollte.
...wie sie vor kaum 5 Augenblicken erfahren hatte....
Die Wolfselfe hatte die letzten Wochen im Tempel „Lumen Lunis“ im Ewigen Eis verbracht um
wieder einigermaßen auf Kurs zu kommen. Der Tod ihres Seelenbruders Maugrim war jetzt etwa
ein halbes Jahr her und er hatte sie – gelinde gesagt – etwas aus der Bahn geworfen.
Wäre Kassos nicht gewesen, der sie, trotz seiner erneut aufgenommenen Aufgaben in der
Löwenburg als einer der Großmeister des Tiors-Ordens, immer wieder begleitet hatte,
wahrscheinlich würde sie heute noch im Foret d'Artroux bei LaFollye hocken und Reisende
erschrecken, die sich zufällig in das fast undurchdringliche Dickicht verlaufen hatten.
Die Zeit, in der Tior nicht offen zu ihm gesprochen hatte, hatte den Hohepriester geprägt. Er war
zwar immer noch ein Heißsporn, aber wesentlich ruhiger und überlegter als vor dem Tag, an dem
ihn Tior scheinbar verlassen hatte.
Immer wieder wurde er zu Sashas Anker und holte sie in die Wirklichkeit zurück.
Und auch wenn er andere Methoden nutzte als Maugrim und sowohl Sasha als auch er daher den
ein oder anderen gebrochenen Knochen davon getragen hatten, so war er im Endeffekt doch
ebenso effektiv.
Und nun hatte der Orden ihr eröffnet, dass sie fortan ein Bronnaq-Priester begleiten und den neu
gebauten Tempelabschnitt in der Nordwacht in Engonien, der der Bärengottheit geweiht war,
übernehmen würde.
Nicht dass Sasha etwas gegen den Orden des Bronnaq gehabt hätte... genau genommen war
sogar das Gegenteil der Fall....das war allerdings momentan zweitrangig für sie.
In ihrer Aufgebrachtheit vergaß die Wolfselfe sogar völlig die offizielle Anrede der Schwester, was
diese allerdings geflissentlich überhörte.
„Ganz ehrlich Vio, habt ihr hier im Tempel das Gefühl, ihr müsstet Maugrim irgendwie ersetzen?
Euch sollte klar sein, dass das nicht geht...dass das auch überhaupt nicht möglich ist!
Oder denkt ihr, ich brauche einen Babysitter?!“
Natürlich war Sasha völlig klar, dass der Priester alles andere als ein Babysitter sein würde....doch
eine Mischung aus Wut und Angst davor, dass der Orden versuchen würde, Maugrim durch
jemand anderes zu ersetzen, nagte an ihr.
Der weiße Bär Bronnaq war der Bruder von Askar und wurde auch der Beschützer des Kreislaufs
genannt. Seine Priester waren im Gegensatz zu den Askariern, die gerne an der Front oder sogar
als Schlachtenkeil eingesetzt wurden, Taktiker und bekannt für ihren Überblick und ihre
Gelassenheit in den größten Schlachten.
Was allerdings nicht hieß, dass sie Auseinandersetzungen scheuten. Sie kämpften zwar nur wenn
es nötig war, aber wenn dann waren sie gefürchtete Gegner und wo sie hinschlugen, da wuchs
sprichwörtlich kein Gras mehr.
Die Mitglieder des Ordens wurden gezielt für den Dienst an Bronnaq ausgewählt, und nur die mit
dem stärksten Willen und der größten geistigen Standhaftigkeit schafften den Sprung zum Priester Bronnaqs.
Diese Priester ruhten in sich, konnten aber innerhalb von
Sekundenbruchteilen zu wahren Naturgewalten werden....nur um im nächsten Moment wieder die
Gelassenheit in Person zu sein.
Ganz wie der Bär, dessen Gestalt ihre Gottheit angenommen hatte.
Häufig wurden sie als Berater eingesetzt...oder aber zum Schutz bestimmter anderer
Ordensmitglieder. Wie Sasha.
Dabei durfte man sie allerdings nicht mit Leibwächtern im eigentlichen Sinne verwechseln. Nicht
wie zum Beispiel Jakopp einer war, wenn er Sasha auf Schritt und Tritt folgte.
Ein Bronnaq-Priester diente nicht und traf seine eigenen Entscheidungen.
Nein...das sollte ganz und gar kein Babysitter werden.
Allerdings wusste die Wolfselfe, dass sich die Obersten des Ordens Gedanken um sie machten
und ihre Entwicklung in den letzten Monaten mit Besorgnis verfolgt hatten.
Der Priester würde die nötige Ruhe und auch die Fähigkeiten mitbringen, um sie immer wieder in
ihre Schranken zu verweisen. Oder um sie zu unterstützen wenn es nötig war.
Und auch wenn sie das nicht gerne tat...Sasha musste zugeben, dass das wahrscheinlich ganz gut
so war. Die politischen Begebenheiten in Engonien waren immer verworrener und komplizierter
geworden, niemand konnte es bei der Masse an Problemen gerade gebrauchen, wenn sich ein
hochrangiges Mitglied des Ordens im Ton vergriff und sich und alle anderen in Schwierigkeiten
brachte.
Mit einem resignierten Seufzen blieb Sasha vor den großen verzierten Flügeltüren stehen, durch
die man in den großen Tempelraum mit dem Brunnen in der Mitte kam und warf der Schwester
einen frustrierten Blick zu.
„Na dann wollen wir ihn mal kennenlernen.“
Die Wolfselfe umfasste für einen kurzen Augenblick den geschliffenen Steinanhänger um ihren
Hals, wie sie es in letzter Zeit oft tat, wenn sie sich etwas Unangenehmem stellen musste und
stieß schwungvoll eine der schweren Flügeltüren auf.
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