Der Städtebund von Tangara > Hier und dort in Tangara
Verkündigung der Inquisition
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Jeremias:
Der folgende Anschlag ist überall in Tangara zu finden:
Proklamation der heiligen Inquisition zu Barebury, verkündet durch Großinquisitor Kelos, den demütigen Diener Alamars
Ihr guten Einwohner Engoniens, gottesfürchtiges Volk, die ihr treu zu Alamar und seinen Brüdern und Schwestern steht! Ich wende mich an euch mit schweren Herzen, denn uns allen wurde großes Unrecht getan. Wir alle kennen den Pilgerzug, der über Engonien stürmte und das Geschwür des falschen Kaisers hinwegfegte. Wir alle wissen, wie Konars Macht in Tangara brach und Platz machte für den göttergesegneten Sturm, welcher, geführt von gerechter Hand, Hanekamp befreite. Doch nicht ganz Hanekamp musste befreit werden! Die Grafschaft Voranenburg war bereits frei und wir alle freuten uns über den Bericht des Damian aus Voranenburg darüber, dass sein Vater in Ehrenhaftigkeit und Gerechtigkeitsliebe sich gegen den Ursurpator stellte. Die Sätze, die wir damals aus Voranenburg hörten, waren voll hehrer Ideale.
Für diejenigen unter euch, die sich nicht mit dem Leben der Glücklichen und Hohen beschäftigten, sei gesagt, dass der Anführer der Lupus Umbra, der damals sein Leben verlor, der Ehemann der Tiorsritterin Irmgard von Voranenburg war, der ältesten Tochter des Grafen von Voranenburg. Dieser Schwiegersohn des Grafen wurde damals von Damian umgebracht, nachdem er wohl den Grafen selbst angriff.
Dies glaubte ich. Dies glaubten wir alle, die wir an die Rechtmäßigkeit der Worte eines Angehörigen meiner Kirche glauben wollen. Doch vor wenigen Monaten führte eine zufällige Begegnung zwischen loyalen Dienern Alamars und der ehrenwerten Herrin Irmgard zu ungeheuerlichen Erkenntnissen. Die Herrin Irmgard sprach über viele Wochen mit den Dienern der Inquisition, welche sie gleichzeitig vor wohlmeinenden, aber irregeleiteten Befreiungsversuchen schützten. Und Irmgard berichtete uns von den wahren Ereignissen in Voranenburg und sie spricht immer noch. Sobald wir die Ereignisse in ihrem vollem Umfang niedergeschrieben haben, werden wir unsere Erkenntnisse dem ehrenwerten Herzog von Voranenburg und einem Rat der höchsten Priester Alamars vorlegen und diese ein endgültiges Urteil fällen lassen.
Doch wir wären nicht wahre Diener des Herrn der Wahrheit, wenn wir nicht auch das tapfere und gottesfürchtige Volk unterrichten würden. Und so tragen wir hier die uns bereits bekannten und durch Irmgard von Voranenburg beschworenen Erkenntnisse in kurzer Form zusammen:
Ad unam: Der Graf von Voranenburg hat weder Beweise für den das Fehlverhalten des Ursupators vorgelegt bekommen noch war dies der Grund für den Bruch seines Lehenseides. Er sah eine Wende im Bürgerkrieg und wollte seinem Lehnsherren zuvorkommen, in der Hoffnung, nach dem Sturz Konars sein Herrschaftsgebiet zu vergrößern, indem er die Verbindungen seines jüngsten Sohnes ausnutzt.
Ad secundam: Mitnichten griff Ritter Georg seinen Schwiegervater an. Vielmehr war er geladen zum Essen und als seine er und seine Berater sich bereits im Vertrauen in die Gastfreundschaft Voranenburgs wähnten, wurden diese gemeuchelt und der Herr Georg dem Flammentod übergeben.
Ad tertiam: Die Herrin Irmgard trug ein Kind unter dem Herzen, doch durch die Annullierung der Ehe wurde dieses zum Bastard gemacht. Da die gräfliche Familie sich damals nicht noch schlimmer versündigen wollte, verblieb sie offiziell in Trauer um ihren Mann in der gräflichen Burg und das ausgetragene Kind wurde einer der Mätressen des Grafen übergeben. Das Kind ist ein Druckmittel gegenüber der ehrenwerten Ritterin Irmgard, womit sie nach wie vor erpresst wird.
Ad quartem: Der jüngste Bruder der Herrin Irmgard, verkündete bereits direkt nach den Geschehnissen, dass er seine Freunde über das Geschehene täuschen werde und dass er während der gesamten Zeit über schwarzmagische Mittel mit dem allseits bekannten Magier Kadegar in Verbindung gestanden hätte.
Uns bleibt, wenn wir diese Zeilen schreiben, um euch, das Volk, zu informieren, nur Folgendes:
Wir erklären Damian aus Voranenburg zum Lügner und Mörder, der falsches Zeugnis wider den Herrn Alamar ablegte und sich fälschlicherweise den Mantel eines Hohepriesters umlegt. Er soll Ketzer und Schismatiker genannt werden und wir rufen jeden götterfürchtigen Engonier auf, diesen Mann zur Strecke zu bringen!
Wir erklären den Graf und die Gräfin von Voranenburg zu Eidbrechern und Wortbrüchigen, wir rufen die Tempel Alamars auf, sie zu Anathema zu erklären, wir rufen die Tempel aller Götter auf, ihnen das Betreten des heiligen Bodens zu verweigern! Wir rufen ihre Vasallen auf, aufzustehen und gegen die unrechte Herrschaft dieser Verbrecher zu rebellieren und die Grafschaft Voranenburg wieder in die alamargefällige Ordnung zurückzuführen!
Geschrieben zu Barebury, am 1. Tage des 10 Monats des Jahres 268 nach Jeldrik durch den Großinquisitor Kelos, den demütigen Diener Alamars.
Vanion:
Unruhe hatte sich auf dem Marktplatz breitgemacht. Umsichtig lenkte Vanion seinen Rappen durch die Menge, darauf bedacht, niemanden zur Seite zu stoßen.
Velkans Blutgeld war gezahlt, und entgegen seiner Befürchtungen hatte der überrascht wirkende Stadtgardist, der sie in Empfang genommen hatte, sie sofort einem Beamten vorgeführt. Vanion kannte den Mann noch von früher, als er für Pachtverträge im Umland zuständig gewesen war, aber der Kerl erkannte ihn nicht wieder. Wie auch? Der Sohn Barak Bachlaufs hatte sich verändert, und kein Stück war von dem schlaksigen Fünfzehnjährigen mehr zu erkennen, der er mal gewesen war.
Während ein Großteil der Fanader sich nicht für die Vorgänge oben in Caldrien interessierte, gab es doch auch hier welche, die den Glauben für sich entdeckt hatten, obgleich sie wohl nur selten einen Tempel von innen gesehen hatten. Einer diesen Volks war es, der seinesgleichen um sich versammelt hatte. "Schwarzmagie", wurde getuschelt, und auch aus der Ferne vernahm Vanion weitere Fetzen. "Damian", "Voranenburg", all so etwas. Das Volk zu Fanada war gewitzt und besaß eine Bauernschläue, die ihresgleichen suchte, aber die Stadt war groß genug, um nicht nur gut betuchte und gebildete Händler zu beherbergen.
Schon wollte er sich abwenden und den Trubel ignorieren, als er plötzlich das Wort "Ketzer!" und noch einige schlimmere vernahm. Da zog er an den Zügeln und klopfte mit den Fersen auf die Seiten seines Pferdes, und in schnellem Schritt ritt der Ritter gradewegs durch die Menge hindurch, dass die aufgebrachten, tumben Kerle rasch beiseite springen mussten. Er beugte sich vor, riss den Anschlag ab und sprach: "Der Herr Damian ist ein verdienter Held des Pilgerzuges, und sein Geschlecht ist frei von jedem Vorwurf in den Augen Alamars! Für Bauer, Köhler und Fürst ist er eingestanden, und schämen sollt ihr euch, dass ihr euch so leicht täuschen lasst von einem, der die Sonne Alamars auf die Gesichter Unschuldiger brennt!"
Mit pochendem Herzen wartete Vanion auf die Reaktion der Leute, und einen Moment befürchtete er, zu leichtsinnig gewesen zu sein. Seine Hand wanderte zum Schwertgriff, als er in die aufgebrachten Gesichter vor ihm blickte, aber da hörte er zustimmende Rufe von weiter hinten, von denen, die es bisher nicht gewagt hatten, gegen die Schreier aufzustehen. Schon schubsten sich die ersten, als sich einige aufmerksame Gardisten dazwischen schoben. "Mit Verlaub, Herr Ritter, geht! Eure caldrischen Konflikte haben hier nichts verloren", knurrte ihn der erste an. "Und du, Bursche, pack dich", fuhr er deutlich aggressiver den Wortführer der Aufwiegler an.
Am Abend lag der Marktplatz ruhig da, und nur aus einer einzigen Taverne einer Seitenstraße hörte man ein Krachen und einen Rums, wo die Fanader ihre Meinungsverschiedenheiten nun mit etwas mehr Nachdruck austrugen.
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