Die Gebiete in Caldrien > Das Caldrische Imperium

Ahorn und Eiche, Bernstein und Kohle

<< < (2/6) > >>

Isabeau Lioncoeur:
"Nein, das ist es nicht. Das ist das Leben selten, Chevalier."
stimmte Isabeau ihm zu.
Sie winkte einer ihrer Mägde und murmelte ihr etwas auf firngardisch zu. Kurze Zeit später wurden Berengar und ihr ein Becher heißen Mulsums in die Hand gedrückt.
"Ich habt mehr Kämpfe überstanden als ich, Chevalier, ihr wisst, dass das was geschehen ist, nicht eure Schuld ist. Also was war dieses Mal anders?"

Berengar von Thurstein:
Er sah noch immer in die Flammen und schien zu überlegen. Sein Blick wirkte dabei vollkommen klar, seine Züge hochkonzentriert. Schließlich sprach er mit einer sehr ruhigen, wirklich gefassten Stimme, und nach den ersten Worten fand sein Blick erneut den der Baronin.

"Es war, als habe die Nacht einen Vernichter geboren. Tiefste Schwärze, erfüllt von unbeugsamem Willen, ausgestattet mit Fleisch, das die rückhaltlosesten Hiebe nicht zu schneiden vermochten. Mal sprengte es uns in alle Winde davon, mal trieben wir es mit aller Entschlossenheit zurück. Und dazu diese Kakophonie aus Schreien der Panik, dem Gelächter und dem Jubel des Dieners des Täuschers, die bluttriefenden gierigen Todesschwüre dieses Wesens. Das bersten von Brünnen, das Ächzen von Plattenpanzern, die flehenden Gebete an die Götter Engoniens… und dieser Geruch... nach Furcht, Blut, brennendem Fleisch, Erbrochenem und Pi... Verzeihung... mehr Angst."

Er schloss kurz die Augen, atmete mehrmals tief durch um sich zu sammeln. Seine Waffenhand zuckte mehrmals nervös, doch als er die Augen wieder öffnete, war er immer noch ganz im hier und jetzt. Ganz bei diesem Feuer in der Gesellschaft der Herrscherin über Goldbach. "Kay, ein Waffenbruder der wegen eines gegebenen Wortes mit uns stritt, fand schließlich die Schwäche des Feindes, und er machte sich daran dieses Wesen zur Strecke zu bringen. Wir anderen versuchten es für ihn festzunageln, ihm Zeit zu verschaffen, und es... ich roch mein Fleisch verbrennen, es sich Schicht für Schicht von meinen Händen und Armen abschälen, und mein Kopf hallte wieder von meinen eigenen Schreien. Ich bin mir sicher, in diesem Moment überschritt ich die Schwelle zum Wahnsinn und floh in die tiefsten Winkel meiner Seele fort von diesem Ort."

Er nahm einen tiefen Zug aus dem Becher und als er ihn abstellen wollte, fiel er ihm aus den zitternden Fingern, nur um im letzten Augenblick noch von ihm selbst wieder aufgefangen zu werden. "Als ich zu mir kam, war ich im Lazarett. ich hörte jemanden kommen und dachte, es wäre Hilfe, aber... sie brachten Bran zu mir. Der Junge hatte einen tiefen Schnitt in der Brust, ganz tief hinein in sein Leben. Und dann waren sie wieder weg. Also nahm ich eine Heilertasche und machte mich ans Werk. Xardoran hatte mir gerade die Haken aus der Hand genommen und angefangen Bran zu helfen, da brachten sie Sina, die von dem Wesen aufgespießt und durchbohrt worden war. Und obwohl ich gesagt bekommen hatte, dass ich auf Hilfe warten sollte, kümmerte ich mich darum, dass Sina nicht verblutete. Und als Veritas und Xardoran sich Sina annahmen, da sah ich Algonkin aus einer tiefen Wunde bluten, und machte einfach weiter. Und noch jemand, und noch jemand, Wasser für die Heiler, Wasser für die Verletzten."

Sein Blick ging kurz zur Seite, als ein farbenfrohes Wappen im Halbdunkel vorbei ging, ohne stehen zu bleiben. "Schließlich war da noch Enid. Das Biest hatte ihr den Rücken aufgeschlitzt und sie blutete bei vollem Bewusstsein langsam vor sich hin, ohne die Schmerzen wirklich zu fühlen. Und so machte ich einfach immer weiter. Der Ritter, der Soldat, wurden einfach von dem Feldarzt in den Hintergrund gedrängt... Ich weis nicht ob ich einem von ihnen wirklich das Leben gerettet habe, oder ob sie auch so durchgekommen wären. Aber..." Er schluckte schwer um den Geschmack aus dem Mund zu bekommen. "Sie wurde nicht auf einen der Tische gebracht, also habe ich gar nicht mehr an sie gedacht. An keinen von ihnen. Ich habe nur die Verletzten gesehen, von denen einige dem Tode näher waren als dem Leben. Etwas in mir fühlte, dass wir keinen zurück lassen würden, und das jeder, der nicht die Blutlachen auf dem Boden größer werden ließ, wohlauf und bei den anderen sein würde..."

Kurz schloss er die Augen, und er musste sich zwingen, nicht in seinen Gedanken wieder an diesen Ort zurück zu kehren... "Ich habe meine Pflicht nicht erfüllt. Ich hätte nach ihr fragen müssen. Sie könnte noch am Leben sein, wenn ich nur nach ihr gefragt hätte. Ich..." Er atmete einige Male tief durch... "Ich habe mich auf andere verlassen. Auf das Wort von Priestern und Zauberkünstlern... Auf die, denen ein Krieger niemals vertrauen darf, wenn es um die Aufgabe eines Kriegers geht."

Isabeau Lioncoeur:
Isabeau hörte aufmerksam zu.
Ihre eigenen Erfahrungen bezüglich Kämpfen und Schlachtfeldern waren begrenzt. Während des Krieges in Engonien waren ihre Aufgaben anderer Natur gewesen und die Götter hatten ein Einsehen und die Kämpfe endeten an der Westgrenze ihrer Baronie. Das bedeutete aber nicht, dass ihr die Lazarette fremd waren.
Sie kannte das Chaos in den stinkenden Zelten in denen die Zeit jegliche Bedeutung zu verlieren schien und die Kakophonie der Schreie alles andere übertönte.
Aber ihre Aufgabe war nie die Feldscherei gewesen. Wie jede Frau ihres Standes hatte auch sie gelernt Wunden zu verbinden und Kranke zu pflegen, aber selbst wenn sie ein weitergehendes Interesse gehabt hätte, ihr Vater hatte andere Pläne für sie gehabt.
"Ihr verliert euch in einer Schuld die einem anderen gehört, Herr Berengar." sagte sie nach kurzem Schweigen.
"Ihr wart nicht der Kommandant dieses Scharmützels und auch nicht der Schildträger von Lorainne. Ihr wart ein Schwertbruder, der verwundet wurde und trotzdem alles daran getan hat die Menschen um sich herum zu schützen, auch wenn es mit einer anderen Waffe als dem Schwert war."
Sie trank ihren Becher aus und ließ sich nachschenken. Als sie weiter sprach, da war eine gewisse Strenge in ihre Stimme, auch wenn ihre Augen voller Mitgefühl waren:
"Ihr habt jetzt zwei Möglichkeiten, Herr Berengar: ihr könnt in eurer Trauer versinken, euch die Haare raufen und die Brust schlagen. Oder ihr könnt euch eine Zeit der Trauer nehmen und dann das tun, was Lorainne nicht mehr tun kann: euer Leben weiter leben und ihr Andenken hoch halten."

Ulrich:
Das Feuer war erloschen und die Glut glüht noch rötlich als sich die ersten zurück ins Haus begaben. Auch Ulric ging als er sah das Simon ebenfalls mit seinem Herrn zurück ging. Als sie das Haus betreten hatten trat der Krieger auf den Ritter zu.

"Simon de Bourvies?"

Simon de Bourvis:
Die Gesellschaft war in bedrückter Stimmung zurück zum Haus gegangen.
Draussen würde man später ihre Asche zusammensammeln, um sie zu verstreuen, eine Arbeit um die er niemanden beneidete.

Als er die Halle betrat, fiel sein Blick sofort auf den Platz an der Spitze der gedeckten Tafel.
Die weisse Distel auf grünem Filz als Unterlage. Das nämliche Besteck.
Er seufzte. Er verstand die Entscheidung Isabeaus, aber er fand Judith hätte hierher gehört in diesem Moment.
Klein, laut, wahrscheinlich mit schmutzigem Gesicht. Es hätte allen gezeigt, wem der Platz nun gehörte. Und ihr kindliches Gemüt hätte alle zum Lachen gebracht, die Gedanken auf die Zukunft gerichtet. Die Zukunft von La Follye.

Du hast nur einmal hier gesessen. Vielleicht besser. Wir wissen doch beide, dass du es hier nicht lange ausgehalten hättest. Es war immer der Ort deiner Sehnsucht. Aber...
Ein Leben im Gutsbetrieb? Die Rechnung der Heuernte nachrechnen? Die Pächter ermahnen? Überlegen, wieviel Pökelfleisch gekauft werden muss?
Nein.
So ist es besser.
Besser für LaFollye.
Und am Ende, war es nicht immer Das was dir am Herzen lag?

Ulrics Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Er blinzelte kurz und drehte sich ihm zu.

"Ja, Ulric, Sohn des Alric, vom Stamm der Skaldir, so nennt man mich."

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln