Autor Thema: Frühsommer 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega - Auf dem Weg zur Jagd  (Gelesen 21568 mal)

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Offline Berengar von Thurstein

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Am Wegkreuz hatte er es Kydora angekündigt, und wenige Tage später lenkte er sein Streitross durch die Straßen der Stadt, die er bisher nur aus den Geschichten über den Bruderkrieg, und von den Bregahölzern her kannte. Eigentlich hatte er die Wochen nach dem Turnier zu Pfauengrund in Goldbach verbringen wollen, doch rief ihn eine Kameradin aus den Kämpfen um den Kristallsee in Akria nun zur Jagd auf einen Lich. Und dies hatte er versprochen. Danach würde er zurück nach Lichttal reisen müssen. Der Baronin indes hatte er nur etwas durch Francois überbringen lassen können. Sein Besuch würde warten müssen. Krieg, wo er seine Schritte auch hin wandte, Krieg.

"Es ist nicht zu ändern, Bandobras, alter Junge. Aber wir bringen Anders etwas mit, und Springer auch. Wo ist jetzt diese goldene Nachtigall..." Er fragte sich durch und schließlich gelangte er gegen Mittag an sein Ziel. Irgendwie hatte er sich dieses... Bordell? Das war es wohl. Nun, er hatte es sich anders vorgestellt. Er ritt vorbei, suchte sich den nächsten Mietstall, und gab Bandobras in die Hände eines erfahrenen Stallburschen. Dann schulterte er sein Bündel, rückte das Schwert zurecht, und machte sich auf zu Kydoras Haus. Dort angelangt bat er um Einlass.
"Der Krieg hinterlässt uns um so Vieles ärmer, als er uns vorgefunden hatte."

"Jemand, der behauptet, er kenne keine Furcht, ist entweder ein Narr, oder ein Lügner."

Offline Kydora

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Das Gebäude, das Berengar suchte, befand sich in einer Seitenstraße des von Baustellen geprägten Stadtbildes. Auch hier sah man noch die Spuren des vergangenen Krieges. Doch das Gebäude, auf das der Ritter zusteuerte, wirkte inmitten dieser geprägten Stadt sehr einladend. Die Laternen an der Türe würden bei Abend diese sicherlich in ein warmes Rot tauchen. Jetzt zur Mittagszeit rahmten sie das Haus eher unscheinbar ein. Neben der Türe war ein Symbol zu erkennen, golden zeichnete sich die Silhouette eines Vogels ab, der neben einer Pfingstrose war.
Über der Türe prangte der Name des Hauses: 'Goldene Nachtigall'.

Die Türe öffnete sich, Berengar wurde der Einlass gewährt und der Blick freigegeben auf das Innere. Sichtbar wurde ein größerer Vorraum, von dem zur Seite hin jeweils eine Türe wegführte. Vor dem Gast gegenüber des Eingangs hingen Vorhänge aus halbdurchlässigem Stoff und ließen Versprechungen vermuten, die einen erwarten würden. Es war der dünne Schleier, welcher die diesseitige Welt von der dahinter liegenden trennte.

Innerhalb des Vorraums in der Türnähe stand ein kräftig wirkender Mann und musterte den nächtlichen Besucher mit einem prüfenden Blick. Er würde den Besucher darum bitten, die Waffe abzugeben, doch im Falle einer Standeswaffe sei es ihm auch erlaubt diese mit einem Friedensknoten versehen im Hause zu führen. Andernfalls würde hier auf sie acht gegeben werden und diese Sicher verwahrt.

Kurz danach huschte eine kleinere Frau durch die Vorhänge und betrat den Raum. Blickdichter Stoff in dunklem Blau umfloss ihren wohlgeformten Körper in Form eines eleganten Kleides. Das rote Haar trug sie offen und es fiel in sanften Wellen über ihre Schultern.

"Guten Tag und willkommen in der goldenen Nachtigall." Mit einem warmen einladenden Lächeln empfang sie den Gast und deutete eine leichte Verbeugung an. "So tretet doch gerne ein in unser Haus und lasst es Euch gut gehen."

Die Rothaarige hatte sich Berengar genähert und strich ihm zärtlich über den Arm. Zog sich wieder hoflich zurück und fuhr fort mit der Begrüßung.

"Sagt... womit kann man Euch eine Freude bereiten?"

Offline Berengar von Thurstein

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Berengar nickte dem Wächter freundlich zu, löste den Schwertgurt, und überreichte dem Mann sein Wehrgehänge mit den Worten "Ich bin nicht hier, um mir über meinen politischen Stand Gedanken zu machen. Eben sowenig, wie ich auf Streit aus bin." Dann ließ er den Vorraum auf sich wirken, besah sich die Tuche, die Fresken, Mosaike, Wandbehänge und allen Schmuck, den hier allein das Gebäude zur Schau stellte. Er schloss die Augen, atmete den Duft des parfümierten Lampenöls, das Duftöl, welches jemand getragen hatte, der hier vorbei gekommen war, und ließ sich schließlich von der Stimme der herbei schwebenden Schönheit aus seiner Einkehr lösen.

"Guten Tag," sagte er ruhig, ebenfalls mit einer leichten Verbeugung, "euer freundliches und warmes Willkommen sind mir bereits jetzt eine Freude. Vielen Dank dafür." Oh ja, er kannte Häuser wie dieses, die ganz und gar nicht wie dieses waren. In seiner Zeit als Söldner hatte er viele davon gesehen. "Ich bin von Fanada aus her geritten, und bevor ich noch irgendetwas anderes brauche, bitte, lasst mir ein Bad ein, und leistet mir mit einem Buch Gesellschaft. Ich werde hier nichts genießen können, bevor ich nicht angekommen bin." Ein sachtes Lächeln folgtes einen Worten, und bei sich war er gespannt, wie sie auf einen solchen Wunsch wohl reagieren würde.
"Der Krieg hinterlässt uns um so Vieles ärmer, als er uns vorgefunden hatte."

"Jemand, der behauptet, er kenne keine Furcht, ist entweder ein Narr, oder ein Lügner."

Offline Kydora

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Die Rothaarige Schönheit lächelte verlegen, beinahe konnte man meinen, dass es nur gespielt war... Doch war nicht alles in Häusern wie diesen nur zum Schein? Einem Ort, an welchem man sich sorgenfrei Gedanken hingeben konnte während draußen das Chaos herrschte? Ein Ort zum entspannen... ein Ort, um sich woanders hin zu träumen.

So man denn wollte.

"Euer Wunsch soll kein Hindernis sein. Sicherlich, ein Bad..." Sie nickte. "Und gerne leiste ich Euch auch Gesellschaft. Doch beherrsche ich das Lesen nicht. So Ihr lieber die Gesellschaft einer Dame wünscht, die des Lesens mächtig ist, sei auch das kein Hindernis..." Mit einem einladenden Funkeln führte sie Berengar geschickt durch den Vorhang hinein in das Innnere.

Schwere Düfte schlugen dem Besucher entgegen, und Berengar wurde weiter geführt durch den Gang in einen größeren Schankraum. Hier war allerlei zu sehen und der Anblick mochte einem zunächst die Sprache verschlagen. Mehrere Sitzgruppen waren auszumachen, in welchen Leute sich auf Sitzkissen und Teppichen zusammen gefunden hatten. Mal mehr mal weniger bekleidet. Der angenehm schwere Geruch, war hier sogar noch intensiver wahrzunehmen, lag doch der Duft von Räucherwerk im Raum.

Und wie auch der Duft in der Luft lag, so tanzte auch Musik in ebenjener. Sanfte Lautenklänge waren zu hören begleitet von leisem rhythmischen Trommeln. Eine Tänzerin bewegte langsam und im Einklang mit dem Takt ihre Hüften. Leicht bekleidet und doch das Offensichtliche verheißungsvoll verdeckt liefen Mitarbeiter beider Geschlechter umher und kümmerten sich um das Wohlergehen der Gäste.

Eines wurde sofort klar: Wenn jemand eine Nacht der erfüllten Wünsche herbeisehnen würde, so würde er hier mit Sicherheit fündig werden.

Offline Berengar von Thurstein

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"Nun, so werde ich Euch etwas vorlesen." Damals schien er damit ebenso zufrieden, als hätte sie sich selbst erboten. Ohne ein weiteres Wort war er ihr gefolgt und hatte den Ort auf sich wirken lassen. Bei sich hatte er gedacht, wie ähnlich hier alles den Häusern der Freuden im lieblichen Feld gewesen war.

Sonderbar, dachte er nun bei sich, als ihm eben jener Abend wieder ins Gedächtnis kam. Das Frühjahr und den Sommer lagerten sie nun schon im Felde für den Grafen von Voranenburg, und ausgerechnet jetzt kamen ihm die Stunden in Kydoras kleinem Reich wieder in den Sinn...

Er folgte ihr bis zu dem Raum, in dem der Zuber für ihn bereitet wurde, und legte ohne weitere Scheu oder besondere Eile seine Kleider ab. aus der Umhängetasche zog er ein kleines Buch, auf dessen Einband ein steigendes Pferd ins Leder geprägt worden war. Sein Daumen strich über den Rücken des Einbandes, und ein kurzer Stich bei der Erinnerung an seine Heimat ließ ihn beinahe körperlich zusammenzucken.

Bei sich war er froh, dass die alte Wunde aus den Tagen als Klaras Leibwache endlich verheilt war, und als die junge Frau mit seinem Bad soweit war, stieg er in den Zuber und ließ die Wärme des Wassers die Reise aus seinem Knochen spülen.

Er wartete, bis sie sich gesetzt hatte, und atmete einmal ruhig und tief ein und aus. Dann begann er mit geübter und ruhiger Stimme einen Text aus dem Bevier des reisenden geweihten der Herrin Rahja vorzulesen, in dem es um alle jene Freuden ging, welche das Leben neben der körperlichen Vereinigung für die Sterblichen im Dieseits bereit hielt.

"Der Krieg hinterlässt uns um so Vieles ärmer, als er uns vorgefunden hatte."

"Jemand, der behauptet, er kenne keine Furcht, ist entweder ein Narr, oder ein Lügner."