Der volle, runde Mond erhellte den Kampfplatz der Löwenburg, als der Fackelzug den Platz umrundete und Aufstellung nahm. Die Männer und Frauen des Ordens waren in einem Festlichen Zug vom Burghof dort hin gezogen. Die restlichen Mitglieder des Ordens nahmen um den Platz herum, ihrem Rang nach, ihre Plätze ein.
Lediglich die beiden Großmeister saßen auf schweren Lehnen Stühlen, die man auf einer Bühne erhöht aufgestellt hatte.
Die beiden Kämpfer betraten von gegenüberliegenden Seiten den Sandplatz. Argos und Kassos trugen beide lediglich einen Kampfrock. Beide blickten sie hinauf zum vollen Mond und wie aus einem Mund begannen sie zu sprechen.
“Tior, Herr des Krieges und des ehrenvollen Kampfes, sieh uns an. Wir messen unsere Kräfte, dir zu Ehren. Hier vergießen wir unser Blut, dir zum Gefallen.”
Sie traten aufeinander zu, bis sie nur noch zwei Schritte trennten und blickten einander in die Augen.
“Da ich die gefordert habe, obliegt dir die Wahl der Waffen.”, sprach Kassos.
Argos blickte auf die langen Reihen der Waffenständer am Rand des Platzes.
“Waffenlos.”, erwiderte der Hohepriester und ein Lächeln huschte über Kassos´ Gesicht.
Er hatte gewusst, dass sein ehemaliger Schüler so entscheiden würde. In diesem Punkt waren sie immer einer Meinung gewesen. Ein Kampf ohne Waffen, Mann gegen Mann, Kraft gegen Kraft und Geschick gegen Geschick war die ehrenvollste Weise sich zu messen.
Sie traten auseinander und begannen, jeder für sich zu beten. Als ihre Lippen aufgehört hatten sich in stummem Gebet zu bewegen, knieten sie nieder und klärten ihren Geist.
Kassos konzentrierte sich völlig auf das Band, welches ihn und Sasha verband. Er sprach mit leisen Worten zu ihr, wiederholte ihren Namen immer und immer wieder. Dann heulte er im Geiste wie ein Wolf, der sein Rudel zur Jagd rief. Der Priester konnte seine Seelenschwester deutlich fühlen. Sie war da draußen, streifte, jagte, lief, ganz in ihren Instinkten versunken. Doch fühlte er auch, dass es ihr besser ging als noch vor wenigen Tagen. Ihr Körper hatte sich etwas erholt und ihr Geist war ein wenig fester geworden. Das war gut, denn sie würde ihre Kraft und ihren starken Willen heute Nacht brauchen.
Leise, so dass niemand die Worte hören konnte, sprach er zu ihr.
Sasha, Schwester, ich rufe Dich.
Wölfin, ich, dein Bruder heule nach Dir.
Kriegerin, in dieser Nacht sollst Du an meiner Seite kämpfen.
Paladin Askars, Dein Freund ruft nach Dir.
Hier stehe ich und rufe Dich, Sasha Timberlore Schattenwolf.
Ich rufe Dich bei Tior und Askar!
An mich gebunden bei Feuer und Stahl und unserem Geist.
Meine Schwester in dieser Welt und in den Hallen der Götter.
Mein Schild, wo ich Dein Schwert bin und mein Schwert, wo ich Dein Schild bin.
Ich bitte Dich zu mir, beim Winter und der Hitze der Schlacht.
Komm in dieser Nacht auf das Schlachtfeld und heule zum Mond um meinen Sieg.
Heute Nacht soll Deine Trauer sich in Wut wandeln, Dein verwirrter Geist mit der Klarheit die in der Schlacht kommt, sehen.
Heule! Schreie! Grolle! Rufe den Namen der Götter!
Sieh mir zu und teile Deinen Schmerz mit mir.
Rieche mein Blut und teile deine Wut mit mir.
Weile an diesem Kreis aus Feuer und banne Deine Angst.
Ich beschwöre Dich, Schwester, bei deinem wahren Namen,
unter diesem Mond und bei meinem Blut:
Steh an meiner Seite!