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Der Städtebund von Tangara => Hier und dort in Tangara => Thema gestartet von: Dominic am 25. Sep 13, 20:44

Titel: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Dominic am 25. Sep 13, 20:44
Es war ein recht sonniger Morgen, als sie durch das Westtor von Brega die Stadt verließen. Die Stadt wuchs und gedieh, nichts erinnerte mehr an die furchtbare Schlacht, die hier vor einigen Jahren getobt hatte. Nicht weit von hier, hatte Kassos seine Novizen und Krieger in den Kampf geführt. Hier, in der Nähe des Tores, hatte er Seite an Seite, Schild an Schild mit den Askariern gefochten. Diese Stadt war auf ihrem Blut wieder aufgebaut worden.
Mit einem leichten Kater war er heute Morgen bei Jelena erschienen und zusammen hatten sie sich auf den Weg gemacht.
"Ein herrlicher Tag", sagte er zu der Heilerin und hielt sich den Kopf, "und so hell."
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Jelena am 25. Sep 13, 20:52
Jelena lächelte zuckersüß und beugte sich vor um eine Fluse von seinem Umhang zu schnipsen.
Leider rutschte sie aus und stieß mit dem Knie an die Flanke von Kassos Pferd welches verärgert schnaubte und einen Satz nach vorne machte.
"Ups." meinte sie ohne das geringste Anzeichen von Reue.
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Dominic am 25. Sep 13, 21:08
Kassos braucht eine Weile um seinen Rappen wieder unter Kontrolle zu bekommen und ihn wieder neben Jelenas Pferd zu lenken.
"Sehr witzig", meint er und versucht nicht besonders erfolgreich ein Grinsen zu unterdrücken, "werd erwachsen."
Kurz überlegte er ob er sich rächen sollte, entschied sich aber dann dagegen. Immerhin brauchte er, wenn es sich nicht besserte, bald etwas von Jelena. Und zwar etwas gegen Kopfschmerzen.
"Wirst du einige Zeit auf der Burg bleiben, bald ist Knollenfest in Brega, oder so schnell wie möglich wieder verschwinden?"
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Jelena am 25. Sep 13, 21:25
"Lass mich doch erst mal ankommen." grummelte Jelena als Kassos mit seiner Frage effektiv ihre gute Laune begrub.
"Ich habe keine Ahnung ob ich überhaupt einen Fuß in die Burg setzen kann geschweige denn dort einen Platz finde um zu schlafen."
Jelena schauderte regelrecht bei dem Gedanken Stunden oder gar Tage auf Tiors geweihtem Boden zu verbringen. Der Gedanke bereitete ihr körperliches Unbehagen.
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Dominic am 25. Sep 13, 21:32
"Vielleicht würde es helfen, wenn du in den Unterkünften der Askarier schläfst. In der Nähe das Askar Schreins wird es vielleicht nicht ganz so schlimm sein."
Kassos wollte keines Falls ihre Laune trüben, doch machte er sich ernste Gedanken um Jelena. Keiner von ihnen konnte wissen, wie es ihr ergehen würde, solange sie auf der Burg ist.
"Wenn es nicht anders geht, lasse ich dir ein großes Zelt aufbauen, außerhalb der Mauern. Natürlich mit allem was du brauchst. Wie einem weichen Bett zum Beispiel."
Er lenkte sein Pferd etwas von ihrem weg.
"Immerhin bist du nicht mehr die jüngste", sagte er und schenkte ihr sein bestes Bauerngrinsen.
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Jelena am 25. Sep 13, 21:56
Jelena wusste das Kassos sie aufziehen wollte, aber sie konnte nicht aus ihrer Haut und sprang drauf an. Sie beugte sich aus dem Sattel, so dass es im ersten Augenblick so aussah als ob sie zur Seite fallen würde, packte seinen rechten Fuß im Steigbügel und riss diesen beim Aufrichten mit hoch.
Der Krieger ruderte einen Augenblick lang mit den Armen und versuchte sich zu halten, aber als sein Pferd stieg verlor er doch das Gleichgewicht und fiel mit einem Scheppern der Rüstteile und einem dumpfen *plumps* aus dem Sattel.
Während Großväterchen unbeeindruckt mit den Ohren schnippte blieb Jelena auf ihrem schweren Kaltblüter über Kassos stehen und sah ihn mit einem vernichtenden Blick an:
"Egal wie alt du glaubst das ich werde, aus dem Sattel hebe ich dich auch dann noch wenn ich alt und grau bin. Schäm dich."
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Dominic am 25. Sep 13, 22:02
Der Priester, von dem man meinen sollte er würde bei so etwas die Kontrolle verlieren, kugelte sich vor lachen auf dem Boden.
"Jelena", prustete er, "ich hätte mich ernsthaft verletzen können."
Nach einiger Zeit stand er auf und ging zu seinem mittlerweile grasenden Pferd.
"Immer musst du gleich zu körperlicher Gewalt greifen.", sagte er und stieg in den Sattel.
Langsam wendete er sein Pferd und näherte sich ihr.
"So langsam kann ich mir vorstellen, warum Tior gefallen an dir hat."
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Jelena am 25. Sep 13, 22:11
Jelena war einer der ganz wenigen Menschen auf Alamars weiter Erde die wusste das sie mit solch einem Verhalten bei dem sonst so jähzornigen Tiorspriester durchkam. Sie war bereit sich mit ihm zu kabbeln und auch gegenseitig auf den Arm zu nehmen, aber mit seinem letzten Satz nahm er ihr effektiv den Wind aus den Segeln.
Sie sackte ein wenig in sich zusammen als ihr bewusst wurde was Kassos da sagte und lenkte Großväterchen zurück auf die Straße.
Ihr fiel beim besten Willen nicht ein was sie darauf antworten sollte.
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Dominic am 26. Sep 13, 03:07
Der Priester hatte sich hinreißen lassen und bereute seine Worte, im selben Moment da er sie ausgesprochen hatte. Er wollte Jelena keines Falls die Laune vermiesen, geschweige denn die verletzen. Mit gesenktem Blick, der fast an einen Wolfswelpen heranreichte und so gar zu Kassos passte, gesellte er sich wieder zu Jelena.
"Es tut mir leid, im Eifer des Gefechts habe ich nicht nach gedacht. Wir haben noch nie ausführlich darüber geredet und auch nicht über eine Möglichkeit dies zu beenden. Dich aus seinem Blick zu nehmen."
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Jelena am 26. Sep 13, 08:59
Jelena akzeptierte seine Entschuldigung mit einem etwas schiefen Lächeln. Die Verbindung zwischen ihr und Kassos führte oft dazu das einer von ihnen über das Ziel hinaus schoss. Sie konnte ihm schon lange nicht mehr wirklich böse sein.
Was aber die Geschichte zwischen Tior und ihr noch komplizierter machte als ohnehin schon.
"Kassos... ich lebe nun schon seit fast zehn Jahren unter seinem Blick. Was willst du daran ändern können solange die Verbindung zwischen uns besteht? Es sei denn du bist bereit sie zu opfern."
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Dominic am 26. Sep 13, 21:30
"Das bin ich", kam es fast ohne Verzögerung, "wenn du dann nicht mehr darunter leiden musst."
Er blickte sie ernst an und lächelte dann ebenfalls etwas schief.
"Wenn das die Lösung ist und wir es schaffen können, opfere ich das Band und literweise von meinem Blut dafür."
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Jelena am 26. Sep 13, 22:09
"Als ob es nach dem gestrigen Abend nicht komplett verwässert wäre, so wie du gesoffen hast."
meinte Jelena witzelnd und versuchte das Thema zu wechseln.
Wenn sie wirklich, wirklich, wirklich wollten, dann würden sie einen Weg finden um das Band zwischen ihnen zu zerschneiden. Und es war mehr als wahrscheinlich das ihre Möglichkeiten dann größer waren um Tior aus dem Weg zu gehen.
Aber wollte sie das?
Unbewusst rieb sich Jelena mit dem Handballen über das Brustbein. Bei dem Gedanken noch jemanden zu verlieren fühlte sie die Leere die Luthor und Wassilji hinterlassen hatten nur noch mehr.
Denn eines war zumindest ihr glasklar:
Solange sie in Engonien weilte, so lange würde die Hand Tiors auf ihr liegen.
Die Frage war nur ob sie damit leben konnte.
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Dominic am 26. Sep 13, 22:44
Kassos beobachtete ihre kurze Geste voller Sorge. Jelena hatte -wie viele andere auch- viel ertragen müssen und er machte sich zusehends Sorgen um sie.
"Nur weil unsere Verbindung getrennt wird, heißt das nicht, dass sich was ändert. Wenn wir das Innerste des anderen nicht mehr spüren können, müssen wir eben lernen darüber zu reden."
Sein Blick wurde ernst und er schien kurz davor, eine Entscheidung zu treffen.
"Ich mache mir Sorgen um dich, Jelena." 
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Jelena am 26. Sep 13, 22:51
"Warum?"
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Dominic am 26. Sep 13, 23:07
"Weil du viel durch gemacht hast, viel verloren. Wir haben alle in diesem Krieg gelitten, manche mehr als andere, aber wir müssen uns das Leben nicht unnötig noch schwerer machen. Warum auch immer Er Gefallen an dir gefunden hat, du leidest darunter und die Verbindung zu einem Priester Tiors ist da sicher nicht hilfreich. Ich stehe kurz davor zum Hohepriester aufzusteigen, was glaubst macht das mit dir? Ich werde in sein Reich gehen und dort Jagen, oder ich werde hier einen würdigen Gegner finden, aber sicher ist, seine Macht wird mich durchfluten und du wirst dich nicht dagegen schützen können. Darum mache ich mir Sorgen. Ich will nicht, dass dir etwas geschied."
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Jelena am 27. Sep 13, 04:41
Die Stille zwischen den beiden zog sich hin als Jelena erst mal das Gehörte zu verdauen versuchte.
Sie war eine ziemlich pragmatische Frau und ihre Lebenserfahrung sagte ihr das die einfachsten Antworten in den allermeisten Fällen auch die richtigen waren.
"Kassos, was du sagst ist die Wahrheit. Aber wie du schon sagtest, Tior hat an mir Gefallen gefunden. Höchstwahrscheinlich aus einem so simplen Grund wie der Tatsache das ich immer wieder den Weg seiner Anhänger kreuze und dabei stur genug bin um mich ihm nicht beugen zu wollen. Wer oder was bin ich schon? Was ist mein Leben in seinen Augen? Ein Wimpernschlag, dessen bin ich mir gewiss. Genauso wie ich mir sicher bin das er meine Rettung vor Engonia durch dich nur deswegen zugelassen hat weil er in mir einen Nutzen gesehen hat. Und der Nutzen warst du. "
Sie lenkten ihre Pferde von der Straße herunter um einer kleinen Kolonne von Wagen ausweichen zu können und ihr Gespräch verstummte bis sie wieder unter sich waren.
"Welche Veränderung Tior auch immer durchlaufen hat, sie ändert nichts daran das er kein gütiger Gott ist. Du sagst das Mut und Ehre wieder zu den hervorstechensten Eigenschaften geworden sind und ich will dir glauben, aber die Güte gehört nicht dazu. Eher die Strategie eines Feldherrn alle ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen optimal einzusetzen. Ich war eine solche und er wollte sicher gehen das du überlebst. Ich bin mir ziemlich sicher das sich dies in der kommenden Prüfung nicht ändern wird. Ich glaube nicht das mein Wohl oder Wehe in seinen Plänen einen Stellenwert haben."
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Dominic am 27. Sep 13, 13:26
"Aber in meinen."
Kassos schien sehr aufgewühlt, er glaubte nicht wirklich daran was Jelena ihm sagte. Er glaubte nicht an einen Plan, sondern viel mehr an ein Spiel. Tior wollte sie prüfen, ihre Grenzen kennen.
"Ich kann mir das nicht vorstellen. Viel mehr denke ich, du bist für ihn ein Interessantes Spielzeug. So leid es mir tut, aber ich kann mich nun mal nicht damit abfinden, dass du der Grund sein sollst warum ich all dies durchgestanden habe. Dass du für ihn eine Art Versicherung sein sollst. Wie hätte ich mir dann das Recht verdient ihm zu dienen? Ich will dich nicht kränken, aber ich denke anders als du."
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Jelena am 27. Sep 13, 14:42
"Du hast recht, Kassos."
Antwortete Jelena so leise, dass es fast schien als ob sie mit sich selber reden würde.
"Spielzeug ist ein passenderer Begriff."
Sie straffte sich und überprüfte mit einem kurzen Blick ob alles an seinen Platz war. Als sie weiter sprach geschah dies in einem normalen Tonfall, als ob sie sich über das Wetter unterhalten hätten.
"Du solltest es vielleicht auch so herum sehen: du hast es dir verdient am Leben erhalten zu werden. Und nun verzeih, aber wir müssen uns sputen wenn wir morgen ankommen wollen."
Sie gab ihrem Wallach die Sporen und schlug einen kräftesparenden Trab an bei dem man schon schreien musste um sich weiter unterhalten zu wollen.
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Dominic am 27. Sep 13, 15:02
Er hatte verstanden. Wenn sie nicht weiter darüber reden wollte, konnte und wollte er sie nicht zwingen. Auch Kassos trieb sein Pferd zu einem leichten Trab an und folgte Jelena.
Die restliche Reise verlief eher ereignislos. Sie rasteten zum Essen und am Abend kehrten sie in ein Gasthaus ein.
Sie unterhielten sich über allerlei Belanglosigkeiten und hier und da blödelten sie einfach herum. Am Morgen des nächsten Tages, brachen sie nach einem guten Frühstück auf und schon nach einigen Stunden kam die Löwenburg in Sicht.
Dem Priester war der Stolz ins Gesicht geschrieben. Hatte er -ein einfacher Mann, ein Bauer- hier doch etwas großes erschaffen. Natürlich hatte er Hilfe gehabt und er war sehr dankbar dafür, aber deshalb war er nicht weniger Stolz.
"Nicht mehr lange und wir sind da."
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Jelena am 27. Sep 13, 16:12
"Oha! Das ist mal ein Anblick!"
Meinte Jelena ehrlich beeindruckt, aber auch etwas furchtsam.
"Die letzte Burg auf der ich geweilt habe war Salmar unmittelbar vor Beginn des Krieges..."
Sie schenkte Kassos eines dieser seltenen, schiefen Lächeln bei denen sie ihre Maske fallen ließ.
"Und es war der Zeitpunkt an dem ich zum ersten mal seinen Blick auf mir spürte."
Sie ließ ihren eigenen Blick zu der Burg vor ihnen wandern und etwas wie Resignation war in ihm zu lesen.
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Dominic am 27. Sep 13, 20:43
"Ich finde es auch immer wieder erstaunlich. Oft reite ich aus und betrachte die Burg von weitem." Er blickte noch ein letztes mal zu seinem Sitz, bevor er hinter einer Hügelkuppe verschwand.
Sie ritten auf einer gut ausgebauten Straße Richtung Engonia und schwenkten dann östlich ein. Nach kurzer Zeit erreichten sie die Burg und ihnen wurden die Tore geöffnet. Über den Hof kamen ihnen schon die Knechte entgegen um ihnen die Pferde abzunehmen.
Kassos stieg von seinem Rappen und übergab die Zügel einem Jungen.
"Er braucht dringend Wasser und muss gebürstet werden."
Dann drehte Kassos sich herum und beobachtete Jelena. Sie war ein Stück hinter ihm über den schmalen Weg geritten und er machte sich schon bereit, sie aufzufangen, falls sie beim Durchschreiten des Tores aus dem Sattel kippte.
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Jelena am 28. Sep 13, 15:33
Nur derjenige der ganz genau hinsah erkannte das Zögern bevor der große Wallach das Tor zur Burg durchschritt. Jelenas Gesichtsausdruck war betont neutral, aber ihre Augen weiteten sich und ihre Hände krampften unwillkürlich in den Zügeln.

Rogar, an eine Wand gekettet, sein Gesicht wie von einer Wolfsmaske aus Rauch überlagert. Seine Stimme, knarzend wie ein Reibeisen als er sie amüsiert anblickt: "Du stinkst nach Treue, Frau!"...
Salmar, Die Burg, der verließähnliche Altarraum... Barkwin, der vergiftet wurde... ihre Hand, die das Gegengift reichte... Seine Hand auf ihrer Schulter und die leeren, grausamen Augen des Wolfes die sie zum Kampf gegen die Bestien bestimmten... Seine Stimme, zum ersten Mal, als sie in ihrem Blute lag...
Ein Abend am Lagerfeuer, Gorix der aufspringt und versucht sie zu warnen... Der wolfsgestaltige Krieger über ihr und seine Hand die nach ihr greift... Grendar Ermoites und Kandra bei ihrer Prüfung... bleiben sie am Leben so kehrst du zurück... der Hauch von Neugier?
Die tote Fürstin in seinen Armen... der unmenschliche Schrei der die Erde erbeben ließ... sein Herz, von einem Dolch durchbohrt... das Schlachtfeld, ein Fluß aus Blut...
Lazarette... Schlachten... Lupus Umbra... Sterbende... Überlebende... Alberts schlagendes Herz in ihren Händen... definitive Neugier
Der Tag des Wolfes... Ströme aus Blut... der Tempel... Kassandra unter ihren Händen... Die Statue... sie spuckt ihm vor die Füße... Brega... der Ahrnwall... Hanekamp... Engonia!


In immer schnellerer Abfolge zogen die Bilder vor ihrem inneren Auge vorbei und jedes einzelne Gefühl durchschnitt sie wie damals, als ob sie alles noch einmal erleben würde, noch einmal durchleiden, noch einmal erfahren.
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Dominic am 28. Sep 13, 20:05
Kassos ging ihr entgegen und nahm die Zügel ihres Pferdes. Als Jelena abgestiegen war, übergab er das Tier an den Knecht.
"Bereitet für die Herrin Jelena eine Kammer in der Unterkunft der Askarier und schick mir ein Mädchen aus der Küche in mein Arbeitszimmer.". wies er den Jungen an.
Als der Wallach weg geführt wurde, blickte er Jelena voller Sorge an und wunderte sich nicht, dass sie aufrecht und würdevoll da stand.
"Wollen wir erst einmal etwas essen?"
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Jelena am 29. Sep 13, 16:09
Jelena nickte nur und sagte nichts, aus Angst was man aus ihrer Stimme heraushören würde.
Sie verschränkte ihre Arme in den weiten Ärmeln des Übergewandes und folgte Kassos in die Burg.
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Dominic am 29. Sep 13, 21:57
Der Priester führte die Heilerin durch die Gänge und Flure der Burg, hier und da wurde noch gearbeitet und an einigen Stellen wurden Einflüsse des Lupus Umbra, durch neues ersetzt.
Nach einiger Zeit und ein paar Treppen, erreichten sie eine schwere Holztür.
Kassos öffnete und ließ Jelena den Vortritt. Die Kammer war schlicht eingerichtet, ein Schreibtisch mit Unterlagen beherrschte den Raum und an der Ostwand standen zwei Sessel vor einem Kamin.
"Komm doch herein und mach es dir gemütlich, ich werde das Feuer entfachen."
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Jelena am 30. Sep 13, 06:50
Jelena folgte ihm durch die Burg und trotz ihres offensichtlichen Unwohlseins schaute sie sich bewundernd um. Man merkte der Burg an, dass ihre Bewohner mit Eifer an der Sache waren, sie wollten etwas neues und großes errichten.
Sie betrat die Kammer und trat an das Fenster um den Ausblick zu bewundern. Äußerlich schien sie ruhig und gefasst, aber in ihrem Inneren tobten lange vergraben geglaubte Erinnerungen.
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Dominic am 30. Sep 13, 15:22
"Das ist sicherlich eine blöde Frage, Jelena, aber wie geht es dir?", fragte Kassos, als er das Feuerholz entzündete. Langsam züngelten die ersten Flammen empor und fraßen sich in das trockene Holz. Mit einem Seitenblick, sah Kassos zu der Frau am Fenster. Eine Aura der Kühle schien sie zu umgeben, eine Aura der Gleichgültigkeit, aber der Priester sah hinter die Fassade von aufgesetzter Gefasstheit.
"Kann ich etwas für dich tun?"
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Jelena am 30. Sep 13, 18:10
Sie schüttelte Stumm den Kopf und nahm vor dem Feuer Platz. Sie setzte sich auf eines der Felle auf dem Boden und lehnte sich müde an den Sessel an. Sie schloss die Augen und lies den Kopf in den Nacken fallen.
Schließlich streckte sie die Hand nach Kassos aus:
"Wenn wir schon unter Wölfen sind dann sollten wir uns auch wie solche benehmen..." Meinte sie mit einem Lächeln in der Stimme.
"Bitte nimm mich in den Arm und halt mich einfach fest."
Wäre Sasha hier, hätte sie es vermutlich instinktiv getan, aber obwohl Kassos den neuen Weg predigte und auch Teil des Rudels war blieb er doch erstaunlich oft außen vor. Nun, dieses Mal ging das nicht. Jelena brauchte den Trost des Rudels und er war derjenige der da war.
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Dominic am 30. Sep 13, 19:53
Langsam näherte Kassos sich ihr und setzte sich neben sie auf die Felle. Ohne ein Wort nahm er sie in den Arm und hielt sie. Lange saßen sie so da, während der Priester darauf wartete, dass Jelena etwas sagte.
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Jelena am 30. Sep 13, 20:55
"Erinnerst du dich eigentlich an dein Leben vor deiner... deinem neuen Namen?"
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Dominic am 01. Okt 13, 00:28
Kassos war überrascht, er hatte nicht mit dieser Frage gerechnet. Eine ganze Weile dachte er nach und blickte in die Flammen. Da war etwas, leise und weit entfernt.
"Schemenhaft, als wäre es Ewigkeiten her. Manche Dinge weiß ich noch, so als habe mir mal jemand davon erzählt, andere Dinge habe ich vergessen. Bestimmte Erinnerungen erfüllen mich mit einem seltsam wohligem Gefühl, aber ich weiß nicht warum und manche Gesichter, tun das ebenfalls. Wydt zum Beispiel. Ich hatte wohl eine gute Zeit mit ihr und sie hat mich oft zum lachen gebracht. Doch wenn ich sie sehe, ist es so, als hätte ich nur davon gehört, als hätte ich mal eine Geschichte gehört. Sie fehlt mir sehr, aber ich kann nicht richtig sagen warum. Es ist komisch." Er sah seltsam verwirrt und nachdenklich aus, als er sprach.
Nach einer Weile schüttelte er den Kopf, ganz so, als könnte er so seine Gedanken ordnen.
"Wieso fragst du das?"
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Jelena am 01. Okt 13, 09:43
"Weil du dich vermutlich auch nicht daran erinnerst wie wir uns kennen gelernt haben." meinte Jelena schläfrig. Kassos Nähe gab ihr die Möglichkeit sich abzuschirmen und einen Teil der Anspannung abfallen zu lassen. Die Erinnerungen drangen weiter auf sie ein, aber jetzt konnte sie sie durch einen Schleier der Müdigkeit betrachten und fühlte sich nicht ganz so wund und offen den Gefühlen gegenüber die sie mitbrachten.
"Wir sind mal gemeinsam durch Salmar gereist... damals nach dem Bau des Brückenkopfes in Tiefensee. Du warst damals noch ein einfacher Kriegsknecht Simons."
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Dominic am 01. Okt 13, 14:03
"Ich kenne Tiefensee, aber der Rest ist lückenhaft und weit weg. Es scheint Jahrhunderte her zu sein."
Auch Kassos war schläfrig geworden und schloss nun die Augen, während er versuchte, sich die Bilder vor Augen zu rufen.
"Und was ist dort in Tiefensee passiert?"
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Jelena am 01. Okt 13, 15:47
"Eines Ritters größte Tat und seine schwärzeste Stund..." zitierte Jelena ein wohlbekanntes Epos welches seit jenen Tagen durch die Schenken zirkulierte und von dem inzwischen legendären Kampf zwischen Simon de Bourvis und Jaques de Molet erzählte.
Es war eine Zeit gewesen in der alles noch so neu und unklar gewesen war. Sie hatten wenige Tage zuvor von Barad Konars Proklamation erfahren, Richard Brin schien noch der strahlende Anführer zu sein dem sie folgen wollten, Luthor war noch grün hinter den Ohren und eigentlich war ihnen allen das Ausmaß dessen was folgen sollte nicht bewusst.
Bis Simon seinen Freund und Erben erschlug.
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Dominic am 01. Okt 13, 16:35
"Viel ist passiert seit dieser Zeit", war alles was Kassos dazu sagte.
Er versuchte sich die Bilder von damals in Erinnerung zu rufen, jedoch ohne Erfolg.
Viel hatte man ihm, im vergeblichen Versuch ihn zu erinnern erzählt, aber er konnte immer nur da stehen und versuchen, so wenig wie möglich die Gefühle derjeniger zu verletzen, die im wohl einst wichtig gewesen waren.  So auch jetzt. Jelena war ihm ohne Zweifel wichtig und er würde sein Leben für sie geben, doch erinnerte er sich nicht mehr daran, wie sie sich einst trafen.
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Jelena am 01. Okt 13, 17:56
"Unwichtig... seitdem ich hier bin prasseln Erinnerungen auf mich ein und mir wird klar wie oft Tior in meinem Leben gewirkt hat ohne das ich es wahrhaben wollte. Vielleicht bin ich nur ein Spielzeug für ihn, aber immerhin eines das ihn seit zehn Jahren fesselt."
Man konnte hören das sie dieser Gedanke doch amüsierte, sie war halt auch nur eine Frau und Frauen waren nun mal eitel.
"Ich werde auch weiterhin versuchen mich ihm zu verweigern, ich kann meine Schwüre gegenüber Milosti nicht brechen. Und auch wenn sich sein Antlitz geändert haben mag... Kassos, ich weiß das es nur eine Seite von ihm ist die in diesem Jahrhundert stärker vortritt. Ich weiß, dass er auch ruchlos und blutrünstig ist, auf den Sieg bedacht und erbarmungslos. Und deswegen weiß ich auch, dass egal was ich tue er ultimativ immer der Sieger in unserem kleinen Tauziehen sein wird."
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Dominic am 02. Okt 13, 14:52
Kassos hörte ihre Worte und nickte bedächtig. Er war jedoch anderer Meinung, wollte aber nicht streiten.
"Lass uns tun, wofür wir hergekommen sind. In einigen Tagen müssen wir schon wieder aufbrechen."
Er erhob sich und reichte Jelena eine Hand, um ihr aufzuhelfen. Sie verließen die Kammer und Kassos führte Jelena über gewundene Treppen und enge Korridore nach unten. Schließlich erreichten sie eine Kammer, vor der zwei Wachen standen.
"Sören, Torsten, wir müssen hinein. Es wird eine Weile dauern und ich wünsche keine Störung."
Der Priester öffnete die Tür und ließ Jelena den Vortritt.
Titel: Re: Der Weg von Brega zur Löwenburg
Beitrag von: Jelena am 02. Okt 13, 15:26
Einige Stunden später öffnete sich die Tür wieder und Jelena kam mit einem sorgenvollen Gesicht heraus. Sie rieb sich unbewusst immer wieder über die Narben an ihrem linken Unterarm und schien in Gedanken sehr weit weg zu sein.
"Ich muss aus den Mauern raus, bitte Kassos, bring mich schnellstmöglich an die frische Luft!" murmelte sie dem großgewachsenen Priester zu. Dieser fragte nicht weiter nach sondern nahm sie an der Hand und führte sie durch Gänge und über Treppen bis sie schließlich durch eine kleine Tür traten und im Innenhof standen. Jelena riss sich von ihm los und ging einige Schritte bis sie den Himmel sehen konnte und niemand sie aus Versehen anrempeln konnte. Sie sah mitgenommen aus und schlang die Arme um sich als ob sie sich warm halten wollte.
Schließlich suchte sie wieder Kassos Blick:
"Ich weiß nicht ob ich die richtige bin, Kassos. Ich glaube nicht das ich dabei werde helfen können. Letztes Mal war es anders, das war eine Krankheit der Seele und sein freier Wille war involviert. Aber jetzt? "
Sie schüttelte bekümmert den Kopf.
Mit viel gutem Zureden gelang es Kassos sie zu überzeugen das sie nicht noch heute Abend weiterreisen wollte sondern auf der Burg schlafen sollte. Sie erhielt eine Kammer unmittelbar neben dem Askarschrein und verließ diese während der Zeit in der sie dort waren nur um den Raum aufzusuchen zu dem sie Kassos geführt hatte und auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin.
Bereits nach wenigen Tagen machten die beiden sich wieder auf den Weg zurück nach Brega, mit mehr Fragen als Antworten.