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Der Städtebund von Tangara => Brega => Thema gestartet von: Kydora am 16. Apr 19, 22:27

Titel: Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Kydora am 16. Apr 19, 22:27
Nach und nach wurde das Treiben weniger auf den Straßen der Handelsstadt und die Abendstunden brachen herein. Es war ein milder Abend im Frühling, einer von der Sorte, die bereits einen süßen Vorgeschmack auf den Sommer gaben. Und so waren noch einige Bürger unterwegs, vielleicht auf der Suche nach einer guten Taverne, vielleicht auch auf der Suche nach dem wärmenden Heim.

Inmitten des von Baustellen geprägten Stadtbildes befand sich in einer Seitenstraße ein Gebäude, das recht einladend wirkte. Laternen tauchten die Türe des Gebäudes in ein warmes Rot und luden zum Verweilen ein. Neben der Türe war ein Symbol zu erkennen, golden zeichnete sich die Silhouette eines Vogels ab, der neben einer Pfingstrose war.
Über der Türe prangte der Name des Hauses: 'Goldene Nachtigall'.

Ging man ein paar Schritte weiter, an dem wirklich verlockend wirkendem Gebäude, welches aufregende Geheimnisse im Innern zu versprechen schien, so kam man an eine unscheinbare Gasse. Dieser folgend würde man zur Seite des Gebäudes kommen und auch schnell eine Türe finden, die eher gewöhnlich wirkte. Doch auch hier war das Symbol, wenn auch deutlich subtiler, zu finden: Die Silhouette eines Vogels, welcher sich neben einer Pfingstrose befand.
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Vanion am 16. Apr 19, 22:40
Ich hätte es wissen müssen, hatte er gedacht, als er in vollem Ornat, zu Pferde, einen Blick in die Seitenstraße geworfen hatte. Dann hatte er sein Pferd an den Laternen vorbeigelenkt und Arienne angehalten, ihm zu folgen.

Einige Stunden später, als es dunkel war, als Ruhe in den Gassen der Stadt eingekehrt war, bog ein in unauffälligen Braun- und Grüntönen gekleideter Mann in die noch unauffälliger scheinende Gasse ein. Den dunklen Eingang mit der Vogeltür fand er rasch, ihre Beschreibung war treffend gewesen. Und so pochte er an die Türe.
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Kydora am 16. Apr 19, 22:58
Es dauerte einen Moment, dann öffnete sich die Türe und ein kräftig wirkender Mann musterte den nächtlichen Besucher mit einem prüfenden Blick. Mit einem knappen Nicken gibt er dann jedoch sogleich den Weg routiniert frei.

Dem Gast eröffnete sich ein länglicher Vorraum, mit schweren Stoffen an den Wänden behangen. Offensichtlich der Eingangsbereich. Es dauerte nicht lange und vom anderen Ende her kam eine junge Frau her. Sie trug das blonde Haar zu einem seitlichen Zopf geflochten und schenkte dem Besucher ein kokettes Lächeln.

"Guten Abend und willkommen in der goldenen Nachtigall." begrüßte sie ihn begleitet von einem leichten Kichern, während sie sich ihm begann zu nähern. Sie trug ein dunkelgrünes Kleid, das mit fließendem Stoff ihren Körper umschmeichelte, und süße Verlockungen vermuten ließ.

"Kommt nur herein, was ist Euer Begehr? Womit... kann man Euch eine Freude bereiten?"

Sie hatte sich ihm nach und nach genähert und als sie die letzten Worte sprach, legte sie sanft ihre Hand auf seinen Oberkörper, sah ihn mit großen Augen abwartend an.
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Vanion am 16. Apr 19, 23:22
"Mit der Gastgeberin", erwiderte Vanion, nicht unfreundlich, und schob die Hand beiseite.

Es war schön hier, und auch die, die ihn begrüßt hatte, war schön. Er fragte sich, wieviel von dem, was er hier sah, Roberts Werk war, und was Kydora dazu beigetragen hatte.

Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Kydora am 16. Apr 19, 23:44
Ein sehnsüchtiges Seufzen war zu hören, als sie von ihm abließ. Sie bedeutete ihm, ihr zu folgen und führte ihn dort entlang, von wo sie hergekommen war.

Vanion wurde der Vorhang aufgehalten, sodass er hindurch treten konnte. Schwere Düfte schlugen dem Ritter entgegen, und er wurde weiter geführt durch den Gang in einen größeren Schankraum. Hier war allerlei zu sehen und der Anblick mochte einem zunächst die Sprache verschlagen. Mehrere Sitzgruppen waren auszumachen, in welchen Leute sich auf Sitzkissen und Teppichen zusammen gefunden hatten. Hier war der Duft sogar noch intensiver wahrzunehmen, lag doch der Duft von Räucherwerk im Raum.
So wie auch der Duft in der Luft lag, so lag auch Musik in ebenjener. Sanfte Lautenklänge waren zu hören und sanftes Trommeln begleitete diese. Eine Tänzerin bewegte langsam und rhythmisch ihre Hüften passend im Takt. Leicht bekleidet liefen Mitarbeiter beider Geschlechter umher und kümmerten sich um das Wohlergehen der Gäste.
Vanion konnte sich sicher sein: Wenn jemand eine Nacht der erfüllten Wünsche herbeisehnen würde, so würde er hier mit Sicherheit fündig werden.

Die Dame im grünen Kleid führte den Ritter zu einer kleinen Sitzgruppe, welche noch besetzte war und bot ihm an, sich zu setzen, so denn er es wollte.

"Wen darf ich denn ankündigen? Oder erwartet Euch die Gastgeberin bereits?" Wieder kam sie ihm gefährlich nahe, doch legte sie dieses Mal nicht ihre Hand auf ihn, sondern spielte lieber mit dem Abstand zu Vanion geschickt zwischen reizvoll aber gerade noch so angemessen und seine Grenzen respektierend. Sie wollte ihn nicht bedrängen... verführen durchaus. Doch bedrängen gehörte nicht zum guten Ton des Hauses.
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Vanion am 16. Apr 19, 23:50
Er kam nicht umhin, seinen Blick umher schweifen zu lassen. Bei dem Gedanken daran, wie er sich noch vor wenigen Jahren hier wohl aufgeführt hätte, wurde ihm jedoch kalt um's Herz. Hier konnte man gewiss Stunden verbringen, und allem Anschein nach gab es einige Gäste hier, die sich wohl eben das zum Ziel gesetzt hatten, wenn nicht mehr. Lavinia Lubentina wurde hier verehrt, auch dies war gewiss einer ihrer Tempel.

Doch der Herr aus Roquefort hatte sich andere Blüten auf das Wappen gelegt.

Als die Dame in Grün ihn nach seinem Namen fragte, zögerte er. Bei aller Tünche, die hier aufgetragen worden war, wusste er doch genau, dass die Besucher hier wohl kaum völlig unerkannt bleiben würden. Und ein Ministerialritter des Grafen, in einem Hurenhaus in Brega? Die Postille hätte ihre Freude.

"Sagt ihr, ein alter Freund aus Tangara ist hier, und erinnert sie an unsere Korrespondenz."
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Kydora am 17. Apr 19, 00:18
Wieder dieses Kokette lächeln und mit einem angedeuteten Knicks und wackelnden Hüften entschwand die Schönheit aus dem Hauptraum.

Ja, hier blühte das Leben, wahrhaftig. Und mit ihr die Begierde und Lust, das Verruchte und Geheimnisvolle. Hier konnte man sein, wer man war - sofern man das nötige Kleingeld besaß. Denn das konnte Vanion beim genaueren Hinsehen betrachten: Alles hier schien durchaus von hochwertiger Qualität zu sein und auch wenn sie nicht protzig ins Gesicht sprang, so spürte man die subtile Dekadenz einfach. Spürte den Luxus und wurde ein Teil von ihm. Und wollte sich nicht jeder auf den weichsten Federn betten?

Vanions Blick ging weiter durch den Raum und nun entdeckte der Ritter etwas, dass er auf den ersten Blick übersehen haben musste. Etwas Abseits in einer ruhigeren Ecke, befand sich ein kleiner Schrein, gewidmet der Herrin Lavinia.
Und wurde auch klar, warum Vanion es zunächst übersehen hatte. Vorhin stand noch keine Person so wie jetzt davor, um ein leises Gebet zu sprechen. Ja der Schrein mochte in einer ruhigen Ecke sein, doch wirkte er keinesfalls unerwünscht oder so als habe man ihn einfach irgendwo hinpacken müssen.

Die blonde Schönheit trat wieder in Vanions Blickfeld und wies ihm mit einem zauberhaften Lächeln den Weg in die hinteren Räume. Vorbei an so manchen Türen - hinter manchen war es teilweise etwas lauter - brachte sie ihn bis zu einer Türe, an der sie stehen blieben. Ein kurzes Klopfen, dann öffnete die Blonde die Türe und gab Vanion so die Möglichkeit hinein zu treten.

Der Raum wirkte gemütlich und einladend, es gab eine Sitzecke ganz ähnlich denen im Hauptraum und einen Kamin, in dem ein Feuer prasselte.
Aus der Sitzecke erhob sich Kydora und machte ein paar Schritte auf Vanion zu. Sie trug einen bequeme Pluderhose in einem dunklen blau, dazu ein Oberteil in dunklem Grau, welches durch eine Schnürung in Nacken und Rücken zusammengehalten wurde. Sie wartete mit einem freundlichen Lächeln, bis Vanion eingetreten war, und die Türe sich hinter ihm geschlossen hatte.
Ein Atemzug lang ging, dann entspannte sich ihre Haltung etwas und sie ging das letzte Stück auf den Ritter zu, die Arme leicht ausgebreitet.

"Sei willkommen. Es ist schön dich zu sehen und wirklich viel zu lange her." begrüßt sie ihn mit einem aufrichtigen Lächeln, und dennoch - bei genauerem Hinsehen scheint Kydora um die Augen herum etwas müde oder erschöpft zu wirken. Sie deutet auf die Sitzecke. "Wollen wir uns setzen?"
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Vanion am 17. Apr 19, 00:26
Als die Dame in Grün den Raum verlassen hatte, entspannte Vanion sich merklich. Die schmucklose Tunika, die er trug, hatte dafür gesorgt, dass er sich deplatziert gefühlt hatte. Dieses Etablissement war nicht die Umgebung, in der er gerne war, und für eine böse Sekunde hatte er bereut, hierher gekommen zu sein. Das hier war nicht seine Welt.

Als Kydora ihm entgegen kam, die Arme ausbreitete und ihn anlächelte, kam er nicht umhin, an die wilde Frau aus Silvanaja zu denken, die er früher kennengelernt hatte. Die die Farben des Waldes getragen hatte und die Zeichen ihres Volkes im Gesicht. Die trug sie auch jetzt, aber der Rest an ihr ließ nichts von der Frau erkennen, die ihn in eine gewisse Taverne bugsiert hatte.

Er erwiderte ihre Umarmung sanft und nahm ihr Angebot, sich zu setzen, gerne an.
"Lavinia erhalte dich, Kydora. Es ist schön, dich zu sehen."
Er mühte sich, die Verunsicherung, die ihn ergriffen hatte, zu verbergen.
"Das hier ... stammt es von Robert?"
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Kydora am 17. Apr 19, 10:45
Sie setzten sich in die Sitzecke und auf einem kleinen Tisch standen zwei Becher in welche Kydora aus einer Karaffe heraus verdünnten Wein eingoss.

"Ach du weißt doch, dass Lavinia auf mich schon lange nicht mehr blickt. Doch möge sie dieses Haus und ihre Gäste wie auch Mitarbeiter behüten."

Sie sprach die Worte ruhig und reichte Vanion anschließend einen der Becher.

"Doch lass uns nicht über meine Differenzen mit den Göttern sprechen."

Die Silvanaja prostete ihm zu und nahm einen Schluck, nur um den Becher wieder abzustellen. Sie ließ den Blick einen Augenblick schweifen. Hier, abseits des Hauptgeschehens, war es deutlich ruhiger zugange.

"Ja, das meiste stammt aus seiner Zeit, wenngleich ich doch ein paar Kleinigkeiten ergänzt habe. Ich denke wenn uns die Zeit vergönnte gewesen wäre gemeinsam daran zu arbeiten, wäre es sicherlich noch um einiges mehr aufgeblüht. Doch lass uns nicht über mich reden."

Nun wendete sich Kydora wieder dem Ritter zu, während sie wieder nach ihrem Becher griff und ihn doch erstmal nur in der Hand hielt ohne einen Schluck zu nehmen. Mit einem fragenden Blick sah sie zu Vanion rüber.

"Wir haben lange nicht die Zeit gehabt miteinander zu sprechen... Und unsere letzte Begegnung war nur eine recht Flüchtige in schweren Zeiten. Wie ist es dir seither ergangen? Und wie kann ich dir helfen?"
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Vanion am 17. Apr 19, 11:02
"Du möchtest über ziemlich wenig reden, scheint mir", schmunzelte Vanion. "Doch unterschätze niemals Lavinia. Solange du nicht gerade deinen Onkel erschlagen hast, wird sie am Ende auf dich herablächeln."

Er nahm einen Schluck aus dem für ihn bereitgestellten Becher.
"Ein guter Tropfen! Der ist fast zu schade, ihn zu verdünnen."
Er schwenkte den Becher ein wenig. Es war nicht so, dass er ein Connaisseur war, aber was ihm schmeckte, wusste er zu schätzen.

"Ich hab dich ... vermisst." Er bemühte sich, nicht vorwurfsvoll dabei zu klingen. "Du sprichst von schweren Zeiten, und damit hast du völlig Recht. Mit Lorainnes Tod wurden die Tage dunkler."
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Kydora am 17. Apr 19, 11:25
"Ich wollte nicht unhöflich sein und den Fokus auf mich ziehen, wo du es doch bist, der mich aufsuchte." Sie schwieg kurz. "Mag sein, dass sie am Ende auf einen herab lächelt... doch was bringt all das, wenn sie einen auf dem Weg dorthin so viel Leid erfahren lässt? Wie soll man Kraft aus einem Glauben schöpfen, wenn die nächste Prüfung nur noch schwerer ist als die vorherige? Ich bewundere all jene, die stark sind. Stark im Glauben, stark im Geist. Doch fällt es mir von mal zu mal schwerer."

Als er den Wein lobte, huschte ein Schmunzeln über Kydoras Gesicht. Sie musste unweigerlich an ihre erste Begegnung mit Rikhard denken, der ausschweifend über die Vorzüglichkeit des Weines gesprochen hatte. Wobei der Tropfen damals nun wirklich nicht sonderlich gut gewesen war. Es war hier in dieser Stadt gewesen... im kleinen Bregaholz.
Sie nahm ihrerseits einen Schluck und stellte den Becher anschließend wieder beiseite.

"Die Tage mögen dunkler sein, doch du hast einen Weg. Und auch wenn er dir dunkel erscheint... Vielleicht ist es nur die Nacht, die im Kreislauf vorüberziehen wird. Vielleicht ist es der Schatten eines Baumes, der auf deinem Weg liegt. Doch du hast einen Weg vor dir liegen, dem du von Herzen folgst. Mag es auch noch so dunkel sein..."

Kydora hob den Blick und sah Vanion ernst an.

"Dein Herz kennt den Weg und du wirst ihm folgen. Im Notfall auf allen vieren tastend nach dem Wegesrand, um nicht abzukommen. Oder an der Hand eines Führers, der dich ein Stück begleitet und dir halt gibt. Oder weil du einfach weißt wohin du gehen musst. Vanion, du bist Ritter geworden. Vanion de Roquefort..."

Sie machte eine kurze Pause.

"Die dunklen Tage werden irgendwann vorüber ziehen... lass sie nur nie dein Herz vergiften. Denn dein Herz ist es, dass dich auf deinem Weg halten wird."
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Vanion am 17. Apr 19, 11:45
"Lavinia ist es nicht, die dich leiden lässt. Sie ist es, die dir Trost spendet, wenn du nur darum bittest, und die dich segnet, wenn du dich ihrer Umarmung nicht verweigerst. Allein Admoneta ist streng mit uns allen, doch du hast gewiss nichts getan, was sie herbeigerufen hätte."

Er schüttelte den Kopf.
"Die Götter stehen uns bei, dessen bin ich mir sicher. Sie schauen auf unsere Entscheidungen, und es sind diese Entscheidungen und manchmal auch die von anderen, die unsere Leben bestimmen."

Kydoras letzte Worte brachten ihn zum Lächeln.
"Weißt du, es ist nicht so, dass ich noch Zweifel hätte. Diese Dunkelheit, von der du sprichst, hindert mich nicht daran, meinen Weg zu gehen und meine Eide zu erfüllen. Und seien wir ehrlich - wir sind beide aus dem Alter raus, in dem wir ständig hinterfragt haben. Ich kann nicht lange hier bleiben - oder irgendwo, heutzutage. Meine Pflichten dulden selten Aufschub."

Was mich nicht stört. Mir war klar, was mich erwartet.

"Als ich dir vor Monaten diesen Brief geschrieben habe ... ich will nicht leugnen, dass es mir schlecht ging. Lorainnes Tod hat Wunden hinterlassen, und ganz verheilt sind sie noch nicht. Ich erhoffte mir, ganz egoistisch, dass du mir beistehen würdest. Einerseits aufgrund der Vertrautheit, die uns verbindet ..." Oder verbunden hat. "... andererseits ... Du hast gelernt, mit Roberts Tod umzugehen. Ich habe Lorainne nicht begehrt, aber ich habe sie geliebt."
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Kydora am 17. Apr 19, 15:16
Auf seine Worte hin schwieg sie zunächst, überbrückte die Stille indem sie einen Schluck aus ihrem Becher nahm.
Entscheidungen... Gewiss nichts getan...
Sie schüttelte den Kopf, um die Gedanken fortzuwischen und nahm einen weiteren Schluck. Anschließend stellte sie den Becher seufzend beiseite.

"Roberts Tod war nicht leicht und wie gern hätte ich noch viele Jahre mit ihm verbracht, wirklich. So absurd es auch klingen mag... Ihm hat mein Herz gehört... Mein einziger Trost ist das Wissen darum, dass er bei seinem Gott an der Tafel sitzt und seine Seele nicht leidet. Den mit dem Verlust verbundenen Schmerz... den kann mir keiner nehmen und auch wenn ich mit einer gewissen Leichtigkeit darüber zu sprechen scheine..."

Sie schüttelte erneut leicht den Kopf und atmete tief durch.

"Es ist nicht einfach, aber mit der Zeit lernt ein jeder auf seine Weise mit so was umzugehen... auch wenn ich niemandem wünsche, dass er diese Erfahrung machen muss. Ich hätte dir gerne beigestanden... euch allen, die ihr so schreckliches Leid erfahren habt. Doch wie kann ich euch eine gute Stütze sein und Halt bieten, wenn ich selber derzeit keinen finde und ruhelos bin?" Fragend sah sie ihn einen Moment lang an bevor sie dann jedoch fortfuhr. "Ich habe mich zurück etwas gezogen und angefangen hier-" sie machte mit der Hand eine ausladende Bewegung. "Kraft und Energie hineinzustecken. Um ein Fundament zu haben. Bei den ganzen Abenteuern und offenen Schlachten bin ich ohnehin meistens keine große Hilfe. Meine Talente liegen woanders und selten sind sie bei kleinen Scharmützeln von Vorteil."

Mit einem verschlagenen Grinsen ließ sich Kydora in die Kissen sinken und stütze sich mit den Ellenbogen am Boden ab. Dann nahmen ihre Gesichtszüge wieder einen sanften Ausdruck an.

"Bewahr dir die guten Zeiten, die du gemeinsam mit Lorainne hattest. Bewahr dir auch die schlechten. Halte sie alle in deinen Erinnerungen und erzähle die Geschichten der Ritterin, denn es gibt nichts Schlimmeres als vergessen zu werden. Betrachte, was sie dich gelehrt hat und gib es weiter. So wird ihr Andenken nicht verloren gehen. Scheue dich nicht davor von ihr zu sprechen. Lache, weine... aber verschließ niemals dein Herz vor den Gefühlen, die dich begleiten. Der Kreislauf mag dir grausam vorkommen... und ja, das ist er. Doch wo an der einen Stelle Tod und Vergänglichkeit stehen, stehen an anderer Stelle Neubeginn und Anfang. Das ist der Ausgleich, der alles umgibt..."

Ihr Blick suchte den Seinen.

"Gibt es Neuanfänge, die dich begleiten? Aus denen du Kraft schöpfen kannst?"
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Vanion am 17. Apr 19, 17:16
"Robert war ... einzigartig."

Vanion empfand eine Art angeekelte Bewunderung für diese schillernde Zwergengestalt, die Robert abgegeben hatte. Der Valkensteiner war ein Kriegsheld gewesen - doch die Stimmen, die ihn einen Kriegsverbrecher schimpften, waren bis heute nicht gänzlich verstummt. Zuviel wurde ihm angelastet, und der Robert, den Vanion kennengelernt hatte, war kein Held gewesen. Ein Krieger, ja. Und was für einer. Ein Anführer, dem Edlere als er selbst freudig in die Schlacht gefolgt waren. Aber ein Held? Keinesfalls.

"Ich erinnere mich noch an diesen Abend im Goldkrug, an dem ihr geheiratet habt. Damals dachte ich, ihr seid betrunken. Nun, ihr wart betrunken. Aber ich hielt es für einen schlechten Scherz, darum wollte ich dich auch davon abhalten."

Er hob den Becher und stieß mit Kydora auf Robert an.
"Nun - ihr habt mich eines Besseren belehrt."

Beide schwiegen einen Moment und Vanion ließ Kydoras Worte noch einmal Revue passieren.
Was sie sagte, stimmte. Es waren gute Ratschläge, einer wie der andere. Und doch sagte Kydora ihm nichts, was er nicht schon gehört hatte, von anderen, die ebenso wie sie fühlten, dass er Lorainne vermisste, und die genau wie sie dieses Loch, diese Leere, die ihn gepackt hielt, nicht füllen konnte. Schon spürte er dieses Gefühl wieder heranbranden, das er sorgfältig in eine Ecke gezwängt hatte, damit es ihn nicht vom Leben abhielt.

Er entschied sich, offen zu sein.
"Als ich sie sah, wie sie dort lag ... wie sie sie aufgebahrt hatten, da ist etwas in mir zerbrochen. Ich habe geweint wie noch nie in meinem Leben. Viele meiner Freunde und Gefährten waren dort, und sie alle sprachen Worte des Trosts oder schwiegen einfach. Die Luft war zäh vor stummem Leid, ein Schwert hätte sie schneiden können. Ich nahm nichts wahr, für eine Zeit war ich ... fort. Ich muss ein jämmerliches Bild abgegeben haben."
Der Ritter schnaubte.
"Am nächsten Morgen, da ... war's, als ob sich ein Nebel über die Welt gelegt hätte. Nichts hatte mehr einen Wert. Versteh mich recht - ich hab das Leben nicht verachtet! Aber die Bedeutung, die so Vieles für mich hatte, war verschwunden. Es war, als ob die Jahre, die ich mit ihr verbracht hatte, fortgewischt waren. Wir wollten immer nur La Follye zurückgewinnen, damals. Ein Stück Land, das ich nicht kannte, nie besucht hatte. Aber durch sie, durch ihre Erzählungen, durch ihre Liebe zu ihrer Familie und den ihr Anvertrauten, lernte ich sie kennen, die Hügel und Höfe und heiligen Orte dort oben. Und als sie ihr Lehen zurückgewonnen hatte, da ... Nun, du kennst die Geschichte. Ich war bis heute nicht wirklich oft auf La Follye."

Den letzten Satz hatte Vanion in einem harten Ton gesprochen, der konträr zu der melancholischen Erzählstimme stand, der er sich vorher befleißigt hatte. Sein Blick bohrte sich scharf in Kydoras Augen.

"Ich hab auf alles da oben verzichtet, was mir zustand, und ich bereue es nicht. Und doch hab ich mich Firngard immer verbunden gefühlt, es war Teil meiner Identität. Nun ist sie, der ich dieses Erbe verdanke, fort. Und ich sitze hier und habe meine Pflichten und meine Freunde und meine Familie, und alles ist gut."

Wie kann ich es ihr begreiflich machen?

"Natürlich trauere ich um sie. Doch ich weiß, dass sie nun dort ist, wo sie sein wollte. Sie hat endlich Frieden gefunden. Wahrscheinlich trinkt sie grade mit Benjen um die Wette, während ihr Vater stirnrunzelnd zusieht, was weiß ich. Aber durch sie habe ich Firngard kennen und lieben gelernt, sie war das Band, was mich an die Geschicke von La Follye gebunden hat. Dieses Band ist durchtrennt. Irgendwie hatte ich diesen kindischen Traum, dass wir irgendwann einmal Seite an Seite reiten würden, darüber wachen würden, dass die Kinder der Ahnen von Guy und Mathilde einander lieben würden, und diese unselige Fehde ein für alle Mal beendet würde."
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Kydora am 21. Apr 19, 21:26
"Robert war halt Robert..." beließ sie es bei dem Thema. Ob er wirklich so einzigartig war...? Wenn doch auch sie selbst mittlerweile des Öfteren zu hören bekam teilweise wie er zu klingen... aber nun, das war ein anderes Thema und gehörte nicht zu diesem Abend.

Sie lauschte seinen offenen Worten geduldig und gab ihm alle Zeit und Ruhe, die er brauchte. Und auch als er geendet hatte, antwortete sie ihm nicht sogleich.

Behutsam und sanft klang ihre Stimme, als sie schließlich zu einer Antwort ansetzte. Erinnerte eher an einen leichten Windhauch, wenn es denn überhaupt noch an Wind erinnerte. Hatte sie doch verlernt ihm zu lauschen, hatte sich selbst zu einem gewissen Teil verloren... Doch auch dies war eine andere Geschichte, für einen anderen Moment.

"Ich war dort, ich habe all diese Menschen gesehen und auch Lorainne... Ich war an deiner Seite, habe deinen Schmerz gesehen... Und habe ihn verstanden..."

Sie sah Vanion mit ernstem Blick an, sprach sanft weiter.

"Etwas zerbricht und reißt ein Loch in einen hinein. Reißt eine Lücke, die nichts auf dieser Welt zu füllen vermag. Und alles scheint bedeutungslos. Völlig ohne Sinn."

Ihr Blick glitt weg und sie sah zum Feuer im Kamin, schien dennoch nicht wirklich die Flammen zu fixieren. Man hörte an ihrer Stimme, dass sie nur zu gut wusste welche Lücke sie meinte.

"Alles was man tun kann, ist dafür zu sorgen, dass dieses Loch nicht noch größer wird. Dass man Dinge findet, die einen erfüllen, damit die Schwärze des Abgrunds einen nicht verschlingt... Träume sind wichtig, denn Träume geben uns die Hoffnung und Kraft weiter zu machen. Versuche Kraft zu schöpfen aus deinen Träumen..."

Und mach nicht meine Fehler.

Sie wendete sich ihm wieder zu und gab ihm durch eine längere Pause Raum, um etwas zu sagen oder auch nicht, wenn ihm nicht danach war. Ihre Körperhaltung und Mimik ließ die Ruhe zwischen den Beiden keinesfalls unangenehm erscheinen.
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Vanion am 21. Apr 19, 22:05
Die Stille war nicht unangenehm, aber mit der Zeit begann Vanion doch, sich fehl am Platze zu fühlen, und er begann, unruhig mit den Fingern auf den Tisch zu tippen. Als er es bemerkte, riss er sich zusammen.

Er hatte mit einer gewissen Distanz gesprochen. Mit einer Distanz, die mit jedem Wort geringer geworden war, und nun nutzte er die von Kydora gegebene Zeit, um wieder etwas nüchterner zu werden. Weniger emotional.

"Wir begeben uns nun einmal alle in Gefahr", sagte er irgendwann erstaunlich leise. "Man achtet das eigene Leben wenig, und die aller anderen umso mehr. Die Träume, die ich habe ... die ich nun habe - sie erzählen nicht länger von La Follye. Aber lass uns von etwas Leichterem reden."

Er leerte den Becher in einem Zug, schüttete sich nach und machte sehr deutlich, dass er nicht länger vor hatte, unter dem Schatten der Vergangenheit zu leben. "Ich habe eine junge Dame kennengelernt. Sie ist voller Tatendrang, und sie hat mir beigestanden, als Lorainne tot war. Auch in den Tagen und Wochen danach ist sie nicht von meiner Seite gewichen. Das rechne ich ihr sehr hoch an."
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Kydora am 22. Apr 19, 17:00
Kydora lauschte seinen Worten, nahm zur Kenntnis, dass er ein leichtered Thema wählen wollte.
Vielleicht war es besser so, wirklich aufbauend würde sie ihm sicher ohnehin nicht dienlich sein können. Zu viel hatte sie zerbrechen lassen... oder gar selbst zerbrochen.

Sie hing an ihrem Leben, achtete es... Wie sonst auch könnte sie anderen auch nur ansatzweise helfen. Vielleicht fürchtete sie aber auch schlichtweg die unendliche Tiefe des Totenmeers.

Die Silvanaja griff nach ihrem Becher und nahm einen großen Schluck. Leichtere Themen wollte der Ritter besprechen und ihr war nicht der Sinn danach den Schatten ihrer Selbst einen Raum zu bieten. Nicht jetzt.

Und so wendete sie sich ihm mit einem freundlichen Lächeln zu als sie zu einer Antwort ansetzte.

"Ist es dieselbe Frau, die auch den Brief in deinem Namen verfasste? Und wenn ich mich recht entsinne ist die Verfasserin auch jene Frau, welche an dem Abend von Lorainnes Tod ebenfalls anwesend war? Zumindest haben wir uns kurz einander bekannt gemacht, wenngleich die Umstände nicht die günstigsten gewesen sein mögen."

Sie drehte den Becher nachdenklich in den Händen.

"Tut sie dir gut? Seid ihr euch gegenseitig eine Stütze und gebt euch halt?"

Fragend sah sie Vanion von unten her an, nahm noch einen weiteren Schluck.
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Vanion am 22. Apr 19, 18:29
Vanion warf Kydora einen skeptischen Blick zu.
"Sie wird meine Knappin werden. Wir sind verbunden durch die Queste, der wir uns beide befleißigen. Gewiss werden wir gemeinsam streiten, doch zuallererst is sie meine Verantwortung. Aus ihr wird gewiss ein prächtiger Ritter werden, aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Und ich bin gewiss nicht der Beste unter meinen Brüdern und Schwestern, dem sie sich anvertrauen konnte."

Er gönnte sich einen weiteren Schluck.

"Nein, sie soll mich nicht stützen. Sie soll gewiss hinter mir stehen und mir Ehre bereiten, aber", er schmunzelte bei seinen Worten, "ich kann durchaus auf beiden Beinen stehen. Es liegt in meiner Verantwortung, ihr nicht nur einiges beizubringen, sondern ihr auch ein Vorbild zu sein in den Zeiten, die da kommen."

Er musterte Kydora eingehender. Ihre Worte wirkten fast etwas theatralisch auf ihn, und er wunderte sich darüber. Sonst war er es, der der Vergangenheit nachhing. Aber etwas lag in ihrem Blick, was ihn stutzig machte. Zu oft schien sie nicht ihn, sondern durch ihn hindurch zu sehen. Und als er sie näher musterte, da fiel ihm auf, dass sie unter der Farbe einen erschöpften Eindruck machte. Und ... sie trug das Mithrilfläschchen nicht.

Er neigte den Kopf zur Seite und runzelte die Stirn. "Mir scheint, du bist ... nicht ganz offen zu mir, Kydora. Irgendetwas beschäftigt dich."
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Kydora am 06. Mai 19, 23:02
"Ich verstehe nicht allzuviel von deinen Ritterdingen, doch wirkt es oft wie Lehrer und Schüler. Eine wechselseitige Beziehung, in welcher jeder etwas gibt und den anderen auf seine Art und Weise unterstützt. Lade dir nicht alles auf deine Schultern auf. Vorbild sein, kann auch bedeuten, sich stützen zu lassen..."

Damit beließ sie es bei dem Thema, denn Vanion wechselte den Gesprächsinhalt auch recht direkt. Sein Blick wirkte skeptisch und Kydora schenkte ihm als Erwiderung ein besänftigendes Lächeln.

"Hat nicht jeder von uns seine Geheimnisse? Und ist nicht gänzlich offen?"

Sie setzte sich wieder auf und goss sich vom Wein nach, ließ den Becher jedoch vorerst auf dem Tisch stehen. Im Schneidersitz sitzend sah sie Vanion freundlich an. Ihre Augen musterten Vanions Mimik und versuchten den Gedanken zu ergründen, der Vanion zu so einer Frage veranlasst hatte.

"Uns alle beschäftigt doch immer irgendwas..."

Die Hände waren locker ineinander verschränkt vor ihrem Körper und sie stützte sich mit den Unterarmen entspannt auf den Beinen ab.
Einen Moment schwieg sie, immer noch mit einem zuversichtlichen Gesichtsausdruck. Als sie fortfuhr zu sprechen, war ihre Stimme etwas gedämpfter.

"Was mich beschäftigt... Nun es ist viel Verantwortung in die ich mich begeben habe, so von jetzt auf gleich." Ihr Blick glitt zu den Flammen im Kamin und es dauerte einen Moment ehe sie fortfuhr. "Vielleicht bin ich einfach langsam müde. Müde von dem Leid, das überall herrscht. Müde davon, dass ich jedes Mal wenn ich einen meiner Freunde wieder treffe, einen neuen Namen genannt bekomme, der nicht mehr unter uns weilt. Ein neuer Toter zu betrauern ist."

Sie sah ihn wieder an, ihre Gesichtszüge waren ernster geworden und wer die junge Silvanaja noch kannte, die damals in die Welt auszog um Abenteuer zu erleben, würde nur noch wenig von der einstigen Leichtigkeit sehen.
Kydora zuckte kaum merklich mit den Schultern und ließ sich anschließend bequem in die Kissen sinken. Ein leises Seufzen war zu hören.

"Ich weiß nicht, was die Zukunft für mich bringt. Ich weiß nicht wo ich in ein paar Monden stehe... Das verunsichert mich." erklärte sie leise. "Nie waren meine Wege ungewisser als dieser Tage." Sie sah zu dem Ritter herüber, setzte sich wieder leicht auf. "Es geht mir einfach viel durch den Kopf. Gib einfach auf dich acht, und tu mir den Gefallen nicht der Nächste Name zu sein, den ich genannt bekomme."

Da war vielleicht mehr, was sie beschäftigte. Das konnte Vanion vermuten. Aber es wurde auch deutlich, dass er hier und jetzt wohl kaum mehr aus ihr herausbekommen würde. Er war der Gast. Und Kydora hatte langsam wieder zu ihrem ruhigen Lächeln gefunden.

"Kann ich dir noch irgendwas Gutes tun? Schließlich bist du mein Gast..." Sie griff nun endlich nach ihrem Becher und nahm einen Schluck vom Wein.
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Vanion am 10. Mai 19, 12:33
"Du schweigst. Wie so oft."

Vanion schüttelte traurig den Kopf, als er erkannte, dass Kydora ihr Gespräch beendet hatte.

"Glaube mir, wenn ich dir sage, dass Fortgehen und Wegschauen keine Heilung bringt. Die Welt dreht sich weiter, ganz gleich, ob du hinschaust oder nicht."

Er hasste dieses Gefühl. Diese Unzulänglichkeit. Er wusste genau, dass Kydora irgendeine Fassade aufrecht hielt, und es verletzte ihn, dass sie sich ihm nicht anvertraute. Es hatte ihn schon vor vielen Monaten verletzt, als er sie das letzte Mal gesehen hatte. Dann kam ihm ein anderer Gedanke, und widerstrebend gestand er sich ein, dass er wusste, was zu tun war. Im Grunde wusste er es schon seit langer Zeit.

"Diese Welt ist manchmal grausam. Sie verlangt uns alles ab. Robert und Maugrim und Lorainne - wir werden sie nicht wiedersehen. Ich verstehe, dass ... dass die Welt zuviel von dir gefordert hat. Ich verstehe, dass du dir Frieden wünschst. Ich gönne ihn dir von Herzen."

Aber du hast aufgegeben.

Der vormals bequeme Sitz erschien ihm nun zu weich, und der Geruch dieses Ortes, das allgegenwärtige Parfum, die schweren Stoffe, all das erschien ihm nun wie ein öliger Film, der sich über die Realität gelegt hatte. Abrupt stand er auf.

"Ich werde Roberts Opfer nicht vergessen." Ein Schicksal, das er für dich allein erwählte.

"Ich werde Maugrims Tod nicht vergessen." Ein Schicksal, das er um seines Rudels Willen erwählte.

Das Rudel, dessen Zeichen Kydora abgelegt hatte. Wie konnte sie nur?!

"Lebwohl, Kydora McManahugh."

Sie hatte aufgegeben. Er würde kämpfen.
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Kydora am 10. Mai 19, 13:58
Wort um Wort, das er sprach schlugen Wunden. Verletzten und zogen feine Risse durch die so mühselig aufgebaute Fassade. Sie hatte verlernt dem Wind zu folgen und doch waren es nun sich anbahnende Stürme, welche sich gegen die dünne Schicht Eis stemmten, welche sie so sorgsam um ihren Schmerz gelegt hatte.

Kurz nachdem Vanion seine letzen Worte sprach, sich abwendete und dabei war zu gehen, durchbrach das Geräusch von zerschellendem Ton die sich anbahnende drückende Stille.

Kydora stand aufrecht dort wo eben noch Beide in gemütlicher Runde gesessen hatten. Am Boden ein zerbrochener Tonbecher und roter Wein, der sich langsam über den Boden ausbreitete. Die Hand der Hausherrin war an der Seite zur Faust geballt und sie funkelte Vanion an.

"Du denkst, dass ich mich verstecke?" zischte sie.

Er hatte doch keine Ahnung dieser Narr... Er wusste nicht, was sie anfing aufzubauen, auszuweiten... Er sah nur das Schlachtfeld... Heldentaten... Aktion und Reaktion.
Für ihn war man scheinbar direkt feige, wenn man nicht offen mit ins Feld zog.
Ja, sie hatte Angst. Vor so vielen Dingen.
Aber sie versteckte sich nicht.
Sie focht andere Kämpfe.
Kämpfe, die sie alle nicht sahen...

"Ihr seid alle so stark. Stark im Glauben. Stark im Kämpfen. Ihr zweifelt nicht. Wankt nicht. Und schafft es doch immer wieder erneut aufzustehen." sprach sie nicht übermäßig laut und doch deutlich hörbar mit einem leichten Zittern in der Stimme.
"Ihr... fallt nicht." Und wenn doch, so steht ihr immer wieder auf...

Tief atmete die Silvanaja durch, lockerte die Hand an ihrer Seite und senkte leicht den Blick. Der innere Sturm legte sich etwas und doch wehten die Böen in ihr noch stark.

"Ich beneide dich Vanion de Roquefort... wirklich. Du hast die Fähigkeiten offene Schlachten zu führen. Man sieht was du tust. Du hast schlimme Dinge getan und schaffst es dennoch nach vorne zu blicken und die Dunkelheit nicht in dein Herz zu lassen."

Eine kurze Pause von der Dauer eines Herzschlags. Kydora machte einen Schritt auf Vanion zu.

"Wenn ich entschieden hätte Frieden zu finden, wäre ich nicht hier." sagte sie ruhig... bestimmt. "Dann wäre ich nicht mehr hier in Engonien... Du willst wissen, was mich beschäftigt."

Ihr Blick suchte wieder den seinen.

"Die Angst von euch allen verurteilt zu werden. Die Angst als schwach dahingestellt zu werden. Als Last..." Sie sah ihn ernst an. "Wie soll ein Spross wachsen, wenn die umliegenden Bäume ihm das Sonnenlicht nehmen?"

Sie schüttelte den Kopf und ihr Blick ging seufzend zu Seite.

"Als ich sagte, dass ich für euch da bin... meine Tür offen steht und ich jederzeit helfen werde... war das nicht gelogen."

Kydora atmete erneut tief durch. Wie oft war sie nutzlos gewesen? Hatte gar noch mehr Probleme gebracht? Bei ihrer ersten Begegnung mit der Inquisition... Bei ihrer zweiten Begegnung... Ohne ihren angreifbaren Geist wäre das mit Robert nie geschehen. Doch sie hatte damit ihren Frieden gefunden. Vor langer Zeit schon.
Dinge waren nicht zu ändern.
Der Kreislauf hielt nicht an.

"Ihr habt alle schon genug Sorgen und Nöte, die euch bedrücken." Vorsichtig suchte sie wieder seinen Blick. "Ich will euch nicht noch mehr aufbürden... Immer wieder aufs Neue."
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Vanion am 10. Mai 19, 17:36
Er hatte den Raum beinahe verlassen, als der Krug zersprang. Das Geräusch sprengte den Klammergriff, den Trauer und Enttäuschung um sein Herz gelegt hatten. Doch der Schmerz in Kydoras Stimme bedrängte ihn hart.

Ihr Zorn, ihre Wut, ihre - Trauer. Und die tiefe Furcht, die sie empfand.

Er drehte sich zu ihr um und ließ ihren Ausbruch über sich ergehen. Ihre Worte trieben die Zornesröte auf sein Gesicht, und nur mühsam beherrschte er sich. Er legte die Rüstung an, die Rüstung der Courtois. Bewehrte sich mit Milde und Demut, wie es einem Ritter anstand. Er bezwang den Drang, ihr sein eigenes Leid ins Gesicht zu schleudern. Wie oft hatte er gezweifelt? Wie lange hatte er geschwankt? Und zu welchem Leid hatte das geführt?! Sein Eid wäre nicht gebrochen, hätte er sich von Anfang an gegen seinen Onkel entschieden. Sein Onkel wäre noch am Leben, hätte er zu ihm gestanden. Doch Vanion Bachlauf hatte beide verraten, und für beide Taten hatte er bezahlt. Und würde es noch.

Mit Macht drängte er die Emotionen zurück. Es war so ungerecht! Er mühte sich um sie, und sie dankte es ihm mit Vorwürfen und Wut und Zorn.

Ihre Blicken trafen aufeinander, und die Verletzlichkeit und die Verletzungen, die in ihrem lagen, berührten ihn. Mühsam, fast verzweifelt stieß der Ritter hervor:

"Du hältst dich für schwach! Schuldig! Eine Last! Du wähnst dich im Schatten derer, die du für groß hältst - doch du bist blind für das, was all jene ausmacht!"

Er holte tief Luft. Courtois. Demut. Milde.

"Du spuckst auf deine eigenen Worte. Mir rätst du, mich stützen zu lassen! Aber selbst schlägst du die zur Hilfe ausgestreckte Hand aus. Du ... du bist Teil einer Gemeinschaft von Männern und Frauen, die vor allem eines eint: Die Geschicke dieser Welt haben sie berührt. Haben sie gefordert. Haben sie verbrannt."

Die Bitterkeit in seiner Stimme war unüberhörbar, doch als er fortfuhr, klang sein Tonfall erstaunlich belegt.

"Du weist meine Freundschaft zurück. Du lehnst die Gemeinschaft derer ab, die einander stets aufhelfen. Niemand von denen, die du als stark erachtest, steht allein. Sasha wäre nach Maugrims Tod dem Wahnsinn anheim gefallen, wäre Anders nicht gewesen. Ich ... nach Lorainnes ..."

Er unterbrach sich und zwang sich zur Ruhe.

"Der Punkt ist - du bist keine Bürde. Du hast das Recht, zu trauern. Wie jeder von uns. An dir zu zweifeln, an allem zu zweifeln - wie jeder auf dieser Welt es gewiss tut. Doch was du tust, geht über diese Trauer hinaus. Du weist Roberts Erbe zurück. Schlägst meine Hand aus. Und das tut weh."
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Kydora am 10. Mai 19, 18:32
Es herrschte Stille zwischen ihnen beiden. Kydora blinzelte einen Moment.
Nach einem Sturm, herrschte immer Stille.
Sie sah nachdenklich zur Seite, die Schultern gestrafft. Vanions Worte taten weh. Doch sie blieb aufrecht, sank nicht in sich zusammen, wie sie es einst getan hätte. Sie nahm die Worte an, hörte ihnen zu.

Da war es... Dieses Gefühl des Bedauerns, dass sie sich hatte gehen lassen. Ihr Blick ging zu Vanion und eine leichte Härte lag in ihm.

"Ich habe niemals die Gemeinschaft abgelehnt. Und wenn du denkst, dass eine Mitgliedschaft allein bedeutet, ob man Teil einer Gemeinschaft ist oder nicht... dann weiß ich nicht ob wir auf der selben Grundlage denken. Eine Gemeinschaft beschränkt sich doch nicht auf ... Grenzen."

Sie seufzte. Was brachte es, über seinen Schatten zu springen... darüber zu reden, was einen bewegte, wenn man dann doch nur wieder erklärt bekam, wie die Welt angeblich wirklich war. Hier in den Geschäften der Bordelle hatte Kydora endlich einen Platz gefunden, eine Aufgabe in der sie gut war. Kontakte pflegen... Informationen handeln. All das schien ihr wahrlich zu liegen. Doch wirkte es für andere scheinbar wie davon laufen. Weil sie nicht das tat, was andere erwarteten.
Und Trauer? Sie trauerte doch schon lange nicht mehr... Für Trauer hatte sie keinen Platz.

Ihr Blick musterte Vanion... musterte den Ritter vor sich, der schlichtweg in einer anderen Welt als sie lebte. Sie hätte es einfach nicht ansprechen sollen. Es hätte sicherlich weniger Leid verursacht.

Und dann neigte sie vor dem Ritter den Kopf. Wie, um ihren Dank auszudrücken. Ihre blauen Augen suchten wieder seinen Blick als sie den Kopf wieder hob und ihre Stimme klang etwas belegt, als sie zu sprechen fortfuhr.

"Ich danke dir für deine Worte. Es wäre gelogen, würde ich sagen, dass sie nicht schmerzten. Doch ein Geschwür herauszuschneiden ist ebenfalls schmerzvoll und doch heilsam und notwendig." Sie holte Luft. "Ich bin keine Bürde. Ich bin keine Last." sprach sie nun mit etwas festerer Stimme. "Ich weiß das und wenn du mir zugehört hättest... Ich sagte, dass ich fürchte als solches dahingestellt zu werden. Ich selber weiß schon länger, was ich kann. Worin ich gut bin..." Ja das wusste sie... und sie wusste auch, dass es Personen gab, die das ebenfalls sahen.

Ein leichtes Funkeln gesellte sich in ihren Blick doch war er schon mit dem nächsten Blinzeln wieder fort.
Wie sie alle immer meinten zu wissen, was Kydora tat oder nicht tat... Wie sie sie einfach immer noch wie die kleine Wilde behandelten. Ihr sagten, was sie angeblich fühlte. Was sie angeblich durchmachte.

"Ich danke dir für diesen Augenblick... hier. Lange habe ich in der Windstille verharrt und meinen Platz gefestigt. Aber es ist Zeit, dass ich mich wieder leiten lasse und meinem Instinkt folge. Es tut mir aufrichtig Leid, dass ich dir wehgetan habe. Es war einer Vorsicht geschuldet, größeres Leid zu verhindern. Doch ich sehe, dass das falsch war."

Erneut nickte sie ihm zu.

"Ich wünsche dir auf deinem Weg alles Gute, Vanion." Ein zuversichtliches Lächeln zeigt sich auf Kydoras Lippen. "Wenn wir uns das nächste Mal begegnen, werde ich gefestigter sein und auch die letzten Zweifel werden fortgeweht sein."
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Vanion am 13. Mai 19, 12:30
Vanion brauchte lange, bevor er zu einer Antwort fand. Je mehr Zeit verstrich, desto besser verstand er, dass Kydora sich auf eine Art und Weise verändert hatte, die er nicht verstand. Und je stärker er sie musterte, je inniger er über das nachdachte, was sie ihm gesagt, wie sie sich verhalten hatte, desto klarer wurde ihm, was mit ihr geschehen war.

"Zwei Jahre ist es her, dass wir beide das letzte Mal offen miteinander gesprochen haben."
Er sah sich um. Betrachtete ihre Welt. Roch und schmeckte sie. Und sie gefiel ihm ganz und gar nicht.
"Zwei Jahre, in denen Vieles geschehen ist. Du sprichst von einer Gemeinschaft ohne Grenzen, doch dann redest du von einem Geschwür."

Er sah sie aufmerksam an.
"Ich verstehe nun, worum es dir geht. Und ich bereue meine auffahrenden Worte von vorhin. Du hast Recht: Ich habe nicht gesehen, was du tust. Ich habe nicht gesehen, was du kannst. Alles, was ich sehe, ist deine Abwesenheit. Unbeantwortete Briefe. Unpersönliche Begegnungen. Ich gehöre zu denen, die einen Schatten werfen, und als solcher bin ich Teil des Geschwürs."

Er straffte sich.
"Dann ist es wohl so. Du und ich ... was uns verbunden hat, ist nicht mehr."
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Kydora am 13. Mai 19, 13:41
"Das Geschwür..." setzte sie leise an. "Das bist nicht du... oder andere." Sie zögerte kurz. "Das sind Gedanken mit denen ich mich im Kreis drehe, wieder und wieder. Gedanken der Angst, dass nicht gesehen wird, dass ich mich entwickelt habe... In einer Welt voller Verführungen, kannst man nicht immer dem Wort des Gegenübers trauen... Aber deinem Wort kann ich trauen. Deinen Worten, die du mir - wenn auch etwas energisch - entgegen geworfen hast, kann ich Glauben schenken. Sie waren wahr und gut. Und sie helfen mir meine Sicht zu klären. Helfen mir zu sehen, dass meine Angst als schwach gesehen zu werden... unbegründet ist und nur lähmt. So wie Ängste einen immer lähmen."

Sie senkte den Blick leicht. Kydora schienen ein paar Dinge in einem etwas anderen Licht zu scheinen.

"Wir haben uns unterschiedlich entwickelt. Ich weiß nicht, wo verloren gegangen ist, was einst wahr." Langsam hob sie wieder den Blick. "Doch was immer uns verloren gegangen ist... Immer wenn etwas geht, wird Platz geschaffen für Neues. Und ich würde mich freuen, wenn wir es schaffen würden, etwas Neues aufzubauen. Etwas, dessen Fundament stabiler ist als dessen, was zerbrochen ist."

Ihr Blick war zuversichtlich. Sie meinte ihre Worte ernst, doch es lag keinerlei Druck in ihrer Stimme. Kydora hatte verstanden, dass etwas fort war. Kydora war bereit sich einander neu zu begegnen. Unverbindlich und ohne Zwang und Druck.

"Ich möchte dich kennen lernen Vanion... erneut. Zwei Jahre ... sind eine lange Zeit. Auch ich merke, dass ich kaum noch weiß, wen ich eigentlich vor mir stehen habe. Der Wandel findet überall statt und schnell verliert man den Fokus... Und so möchte ich dich erneut kennen lernen. Vielleicht nicht heute. Vielleicht nicht hier und jetzt. Doch ich würde mich freuen, die Person, die hier vor mir steht, kennen lernen zu können."

Es war ein vorsichtiger Schritt in seine Richtung. Unverbindlich und ungezwungen. Und sie würde es ohne Feindseligkeit akzeptieren, falls Vanion kein Interesse mehr hätte. Zwei Jahre waren wirklich zu lange... und Kydora hatte definitiv Fehler gemacht. Doch im steten Ausgleich der Dinge lag eben auch, Fehler zuzulassen, sie zu aktzeptiern und aus ihnen zu lernen.
Vielleicht würden sich die Beiden neu begegnen... sofern Vanion interesse hätte.
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Vanion am 14. Mai 19, 14:48
Da standen sie nun und sahen einander an. Der Chevalier und die ... Ja, was eigentlich? Hurenhausmutter?

Es tat gut, Klarheit zu haben. Und es tat weh, Klarheit zu haben.
"Als ich hierher kam, hoffte ich auf Frieden. Auf ruhige, intime Stunden, in denen die Welt vor der Türe bleibt. Eine naive Hoffnung, wie mir nun scheint. Du warst für mich immer etwas Besonderes und ich dachte stets, dass es meine Aufgabe ist, dich zu schützen. Nun erkenne ich, dass dem nicht so ist. Du stehst für dich selbst ein. Deine Vögelchen zwitschern und fliegen, und während ich und die meinen mit dem Schwert in der Hand streiten, lauschst du."

Er seufzte.
"Diese Welt ist nicht die Meine und wird es niemals sein. Dieses Parkett der Heimlichkeit, des Ohrenspitzens und des Kratzens einer Feder auf einem Pergament kann niemals das meine werden. So wie du niemals in Schwert und Panzer neben mir auf dem Schlachtfeld stehen wirst, oder wütende Zauber auf deine Feinde schleudern wirst."

Er mühte sich, seine Worte nicht vorwurfsvoll klingen zu lassen.
"Vielleicht lernen wir einander eines Tages wieder kennen. Allerdings habe ich wenig Hoffnung, sind doch dein Metier und meine Berufung nicht zu vergleichen. Zu verschieden erscheinen mir unsere Wege, und die Zweisamkeit, die uns verband, ist dahin."

Er wandte sich ab. Kurz hielt er inne, schien noch etwas sagen zu wollen, aber dann schüttelte er den Kopf.
Bevor er aus der Türe trat, sprach er leise: "Lebewohl, Kydora aus Silvanaja. Möge Lavinia dich erhalten."
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Kydora am 15. Mai 19, 08:34
Frieden... Ruhige Stunden... Nun solche hätte Kydora ihm schenken können. Wo wenn nicht hier wäre der perfekte Ort, um den Widrigkeiten der Welt zu entfliehen. Wo wenn nicht hier konnte man sich seinen Wünschen und Träumen hingeben?
Doch der Ritter war zu edel... zu aufrichtig und zu direkt, um zu entfliehen. Was sagte diese Tatsache am Ende über sie selbst aus?

"Viele Hoffnungen habe ich mittlerweile verloren. Doch weigere ich mich, mir auch diese nehmen zu lassen. Wir werden einander begegnen und kennen lernen. Es wird anders sein als früher und ich werde das Neue freudig umarmen, wenn es mir begegnet. Denn der Wandel der Dinge bringt stets neue Erfahrungen mit sich."

Kydora sah ihm nach, wie er sich abwendete. Wie er zögerte und dann doch nicht aussprach, sondern nur den Kopf schüttelte.
Sie beide lebten in verschiedenen Welten. Vanion hatte es recht offensichtlich beschrieben. Und doch war sich Kydora sicher, dass sich ihre Wege erneut begegnen würden. Dann, wenn die rechte Zeit gekommen war.

Kurz verzog sich der Mund der Hausherrin, als er Lavinia erwähnte. Hatte sie nicht oft genug erwähnt, dass die Göttin sich aus ihren Angelegenheiten heraushalten sollte? Was andere taten war ihr gleich, doch sie selbst wollte nicht erhalten werden von einer Göttin, die ihr so viel Leid und Enttäuschungen geschenkt hatte. Dieses Thema hatte sie - wie viele andere auch - für sich abgeschlossen. Doch sie schwieg zu dem Thema. Es war ihre private Sache und war hier nicht weiter von Belang.
Und so neigte sie zum Abschied den Kopf und schenkte Vanion ein freundliches aufrichtiges Lächeln.

"Lebewohl, Vanion de Roquefort. Mögen die Götter dich auf deinem Wege schützen."

Die Türe schloss sich. Der Ritter war fort und die Silvanaja fühlte sich merkwürdig. Seine Worte hatten etwas in ihr bewegt. Hatten ihr einen anderen Blickwinkel gezeigt.
Sie wendete sich ab und begann die zerbrochenen Scherben aufzusammeln. Ein Symbol der vergangenen Zeiten?


Als Vanion wieder auf den Gang trat und die Türe sich hinter ihm schloss, herrschte einen Moment lang Ruhe. Bis sich langsam Schritte nähern. Eine ihm bekannte blonde Schönheit in grünen fließenden Stoff bekleidet näherte sich dem Ritter und schenkte ihm ein Lächeln voller Verheißungen.
Nichts ließ hier draußen darauf schließen, dass Kydora und er nur wenige Momente zuvor aneinander geraten waren.

"Wünscht Ihr noch etwas anderes heute Abend?" fragte die Dame freundlich nach. Der Zauber des Hauses schien sich wieder langsam um den Ritter zu schließen, schien ihn zu umgarnen und verlocken zu wollen. Dies war wahrlich eine andere Welt. Eine Welt voller Glück und Freuden. Eine Welt in der Leid kaum einen Platz zu haben schien.
Dies war - auf seine ganz eigene Art - ein Ort der Ruhe.

Die blonde Schönheit wartete geduldig und so der Ritter für heute die Goldene Nachtigall verlassen wollen würde, so würde sie ihn hinausbegleiten zu dem Seiteneingang welchen er zu Beginn des Abends genutzt hatte.
Und würde Vanion sich entscheiden zu bleiben, so konnte er sich gewiss sein, dass für sein leibliches Wohlergehen gesorgt sein würde.
Titel: Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
Beitrag von: Vanion am 16. Mai 19, 14:18
Sie sah umwerfend aus, da gab es keinen Zweifel dran. Überhaupt keinen. Der hauchdünne, fließende Stoff betonte ihre Figur. Ihre vollen Lippen versprachen den Hauch eines Kusses und ... mehr. Aufgewühlt, wie er war, war sein erster Reflex, abzulehnen. Diese Hallen zu verlassen und einfach in sein Leben zurückzukehren.

Aber auch Lavinia Lubentina verlangte nach Verehrung. Er störte sich nicht an den Diensten, die hier verrichtet wurden. Es war vielmehr die Heimlichkeit, das Vogelzwitschern, der Handel mit Informationen, je schmutziger, desto wertvoller, der seinem Wesen widersprach. Die Damen, die hier arbeiteten, verdienten ihr Geld vielleicht nicht auf eine allgemein achtbare Art, aber gewiss nicht auf eine Art, die Vanion verdammte.

Als hätte sie seine Gedanken gelesen, trat die Schönheit in Grün einen Schritt zurück und gab den Blick auf einen Korridor frei. Aus einer offenen Tür flackerte einladendes Licht. Dort gab es gewiss einen warmen Kamin, der Boden mochte mit weichen Fellen ausgelegt sein, und dort würde ein einladendes Bett auf ihn warten - und mehr.



Als Vanion einige Stunden später durch die erwähnte Seitentür das Gebäude verließ, spielte ein zufriedenes Lächeln um seine Lippen.