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Hier und dort: In Engonien und außerhalb des Kaiserreiches => Gruppen auf Reisen im In- und Ausland => Thema gestartet von: Francois am 14. Aug 16, 20:49

Titel: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 14. Aug 16, 20:49
Nach den Ereignissen in Norngard machten sich Francois und Julienne auf den Rückweg nach Goldbach.
Beide Gardisten waren nach den Kämpfen nicht in der Lage zu reiten. Sie hatten im nahegelegenen Dorf einen Karren organisiert, vor den sie Traveller spannten.Hexe lief nebenher.
Dem Weibel taten alle Knochen im Leib weh, und alles, was zwischen den Knochen und um sie herum war auch...
Im Gegensatz zur Hinreise waren sie nun auf die ausgebauten Wege und Strassen angewiesen, die nach Westen führten.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 15. Aug 16, 19:10
In Ermangelung eines Gasthauses machten die beiden am Abend auf einer Lichtung Rast.
Sie spannten Traveller aus und Julienne kümmerte sich um die Tiere, während Francois ein provisorisches Lager aufschlug und sich um Holz und das Feuer kümmerte.
Das Abendessen fiel grosszügig aus. Sie hatten noch Marschverpflegung, die sie in dem Gasthaus in Norngard aufgestockt hatten.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 17. Aug 16, 19:13
Julienne fühlte sich wie erschlagen. Ihr war abwechselnd kalt und heiß. Sie fieberte und gelegentlich übermannte sie der Schüttelfrost. Oft legte sie sich in den Wagen, wenn sie vor Schwäche nicht mehr auf dem Kutschbock sitzen konnte.
Ihre Schultern waren, ebenso wie ihr Rücken, schwer verwundet, wo die Szivar-Kultisten sie angegriffen hatten. Immer wieder begannen die Wunden zu bluten und der Biss am Hals hatte sich entzündet.

Als sie das Lager für die Nacht aufschlugen, konnte die Gardistin kaum noch geradeaus schauen. Vom Denken ganz zu schweigen...
Sie versorgte Traveller wie im Traum und konnte sich dann nicht mehr wirklich daran erinnern. Hexe benahm sich zur Abwechslung mal vorbildhaft. Beim Auskratzen der Hufe versagten Julienne die Beine und sie machte einfach schwer atmend im Sitzen weiter. Eigentlich eine Unmöglichkeit bei der unruhigen Stute....
Als sie versuchte, sich wieder auf die Beine zu erheben, drehte sich alles um sie...
Ihr wurde schwarz vor Augen...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 17. Aug 16, 19:36
Francois machte sich ernsthaft Sorgen. Wenn sich Julienne´s Zustand nicht bessern würde, würde sie die Reise unter Umständen nicht überstehen...
Die Nachtwache hielt Francois alleine, damit sie sich wenigstens etwas erholen konnte. Seine Wunden waren glücklicherweise geheilt worden, von wem und wie wusste er noch immer nicht genau. Er war nach dem Kampf bewusstlos und dann versorgt worden. Interessanterweise hatte er im danach stattfindenden Kampf gegen die Kultisten und die Hexe keinerlei Verwundungen davongetragen...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 17. Aug 16, 19:46
Der nächste Morgen graute kühl und frisch, überall glitzerte der Tau im Gras. Der klare Himmel versprach einen wunderschönen Tag.
Julienne erwachte weiterhin fiebernd, aber die Nachtruhe hatte ihr gut getan. Stöhnend richtete sie sich auf und für einen Moment verschwamm alles um sie und ihr dröhnte der Schädel.
Sie versuchte mit einem Kopfschütteln die Schwummrigkeit zu vertreiben, doch das war eine blöde Idee - ihre Gehirnerschütterung dankte es ihr mit einer Welle Übelkeit.
Erneut stöhnte die Gardistin gequält, schloss für einen Moment die Augen und atmete ein paarmal tief durch.
Dann versuchte sie das mit dem Gucken erneut und erblickte nach kurzer Orientierung den Weibel.
"ch... gh...", krächzte sie.
Julienne räusperte sich mit schmerzverzogenem Gesicht und begann erneut.
"'allo Weibäl...", sagte sie schwach und versuchte sich an einem gequälten Lächeln.
"'abt Ihr die ganze Nacht...", fragte sie mit schuldbewusster Stimme...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 17. Aug 16, 19:54
"Guten Morgen,Julienne.Nicht zu schnell bewegen." Der Weibel reichte ihr einen Krug mit Tee, Kaffee trank sie ja nicht.
"Ja,hab ich. Das hat sich so ergeben." Er grinste sie an, um seine Sorge zu übertünchen.
"Wie war die Nacht?"
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 17. Aug 16, 20:03
"Isch 'abe gut geschlafän.", meinte die Gardistin, ohne davon zu wissen, dass sie die Nacht hindurch im Fieberwahn gesprochen und sich hin- und hergeworfen hatte. Ihr Gesicht war auch zu dieser frühen, kühlen Stunde mit Schweißperlen bedeckt und ihr Hemd klebte feucht an ihrem Körper.
Dankbar nahm sie den Krug mit dem Tee entgegen und hielt ihn mit beiden Händen, um vor lauter Zittern nicht den Inhalt zu verschütten.
Nach ein paar Schlucken stellte sie das Gefäß zur Seite und griff sich unbewusst an den Hals, wo die Bisswunde vor sich hin eiterte. Als ihre Finger die tiefe Wunde berührten, zuckte sie heftig zusammen und zischte ihren Schmerz heraus. Sie betrachtete ihr Fingerspitzen, die mit Wundflüssigkeit und gelblichem Schleim benetzt waren.
"Merde...", fluchte sie leise...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 17. Aug 16, 20:28
"Wir müssen die Wunden säubern..." meinte Francois mit ernstem Blick. "Das sieht nicht gut aus..."
Er setzte noch einmal Wasser auf. "Im nächsten Dorf wird es sicher einen Heiler geben, der kann sich weiter darum kümmern..."
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 17. Aug 16, 20:51
Julienne nickte ernst und erschöpft.
Sie griff zur Seite und nahm ihre kleine Tasche mit den Verbandsmaterialien zur Hand. Darin befanden sich saubere Verbände, ein schlankes, scharfes Messer und zwei kleine Flaschen mit Alkohol.
Mit schmerzverzogenem Gesicht befühlte sie noch einmal die Wunde am Hals. Unter einer dünnen Schicht Resthaut konnte sie ihre Halsschlagader fühlen. Verdammte Untote...

Nach einer Weile war das Wasser heiß und Julienne ließ sich vom Weibel die Wunde säubern. Sie tränkte einen Verband mit Alkohol und legte ihn winselnd um ihren Hals. Ein zweiter Verband hielt den ersten an Ort und Stelle.

Nach einigen Augenblicken und ein paar tiefen Atemzügen hatte sie sich an den brennenden Schmerz gewöhnt und versuchte aufzustehen. Sobald sie stand drehte sich wieder alles um sie, aber durch schiere Willenskraft (oder war es einfach nur Sturheit?) blieb sie auf den Füßen.
Tapsig, fahrig und schwankend packte sie ihre Bettrolle zusammen und verstaute all ihre Sachen auf dem Wagen.

Sie brauchte unglaublich lange, um Hexes Sattel und die Satteltaschen auf ihrem Pferd zu befestigen. Jede Schnalle bereitete ihren ungeschickten Fingern große Probleme. Zwischendurch musste sie sich immer wieder gegen ihre Stute lehnen, um nicht stumpf umzukippen...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 17. Aug 16, 21:00
Es machte sich einmal mehr bezahlt, dass sie beide Verbandmaterial mitführten. Francois hatte schon lange niemandem mehr Verbände angelegt. In der letzten Zeit war er meistens derjenige, der sie erhielt.
Als er damit fertig war, packte er zusammen,löschte das Feuer und legte die Zeltplane zusammen.
Er sah etwas irritiert in Richtung der Gardistin und sah ihr beim Satteln des Pferde zu. "Erwartest du noch eine weitere Person?"
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 17. Aug 16, 21:20
Julienne sah Francois völlig irritiert an. Dann blickte sie auf das vor ihr stehende Pferd, auf den Sattel, auf den Karren und langsam dämmerte es ihr... Sie seufzte tief und begann, Hexe wieder abzusatteln.
Schwankenden Schrittes ging sie zum Karren und legte Sattel und Satteltaschen hinein. Sie stützte sich einen Moment gegen das Gefährt, als ihr ein weiteres Mal schwarz vor Augen wurde.
Nach einigen Atemzügen ging es wieder, auch wenn ihr erneut das Hemd vor lauter Schweiß am Rücken klebte.

Sie ließ sich von Francois helfen, Traveller anzuschirren und quälte sich dann auf den Kutschbock. Die Anstrengungen der letzten Augenblicke forderten ihren Tribut und der Gardistin wurde übel. Bleich und verschwitzt ließ sie sich gegen die Lehne sinken und schloss die Augen.

Nun konnte es losgehen... irgendwie...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 17. Aug 16, 21:30
"Ab nach hinten,langlegen." Francois gab Julienne seinen Mantel und besetzte den Bock. Er platzierte die gespannte Armbrust in Griffweite und legte die Feldflasche hinter sich, so dass die Gardistin sie erreichen konnte.
"Hemd ausziehen und trocknen lassen."
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 17. Aug 16, 21:41
Die Gardistin wollte protestieren, doch irgendwie fehlte ihr die Kraft.
Sie kletterte also umständlich und langsam nach hinten, zog sich wortlos ihr Hemd aus (voll anstrengend!) und wickelte sich in den Mantel des Weibels. Auf die Idee, ihren eigenen Umhang zu nehmen, kam sie in ihrer Erschöpfung gar nicht.
Sie bettete sich auf die Bettrollen und kämpfte gegen die Übelkeit, den Kopfschmerz und den Schüttelfrost.
Julienne dämmerte auf der Wegstrecke immer wieder weg.

Am Abend erreichten sie, den Göttern sei dank, einen kleinen Weiler, wo sie für ein paar Kupfer in der Scheune eines Bauern Platz fanden...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 17. Aug 16, 21:57
Francois versuchte zwischendurch immer wieder mehr oder weniger erfolgreich,Gespräche mit Julienne zu führen.
Der Bauer, welcher ihnen Unterkunft gab, wusste glücklicherweise von einem Heiler im nächsten Ort. Er würde seinen Sohn am nächsten Morgen zu ihm schicken, damit er sich die junge Frau ansehen konnte.
Für den Moment konnte er den beiden "nur" ein Bad und ein festes Dach über dem Kopf für die Nacht anbieten.Aber das war auch gerade alles, was sie brauchten.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 17. Aug 16, 22:15
Die Gespräche verliefen oft im Sande, da Julienne in ihrem Delir Wirklichkeit und Traum vermischte und mitten im Satz das Thema wechselte. Einmal sprach sie undeutlich von den Nedraiden, ein anderes Mal schrie sie Francois eine Warnung vor einem Wolfswesen zu.

Glücklicherweise half die Bäuerin der Gardistin beim Bade, sonst wäre diese wohl in dem lauwarmen Wasser ertrunken. Die Feuchtigkeit ließ einige Wunden wieder bluten, doch zum Glück hielten die Nähte, mit der Marie Julienne zusammengeflickt hatte.
Die Frau des Bauern war - gelinde gesagt - geschockt über den Zustand der Gardistin. Überall blühten blaue Flecken, Schnitte zogen sich über Arme, Beine und den Rücken, böse Bisswunden und Kratzer fanden sich an vielen Stellen. Neben der schwärenden Wunde am Hals, sah insbesondere der Rücken schlimm aus.
Auf die Frage der besorgten Frau brabbelte Julienne etwas von Untoten, Lupus Umbra und Szivars-Kultisten. Vor allem letzteres veranlasste die Bäuerin zu einem erstickten Keuchen.

Schließlich half man Julienne aus dem Bad und versuchte, ihr etwas zu essen einzuflößen. Doch bald war die Gardistin vor Erschöpfung eingeschlafen...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 17. Aug 16, 22:25
Francois hatte sich währenddessen mit dem Bauern über die letzten Tage unterhalten.Schliesslich fragte dieser sich, wie die beiden ihre Verletzungen erhalten hatten.
Als Julienne fertig war und sich zur Ruhe gelegt hatte, bedankte sich der Weibel bei der Bauersfrau für ihre Hilfe. Es wäre merkwürdig gewesen, wenn er seine Gardistin hätte baden müssen...
Dann nahm er selbst noch schnell ein Bad und begab sich danach selbst zur Ruhe, wenn auch nicht ohne Waffe.
Er schlief die ganze Nacht durch und wurde am Morgen von den Geräuschen des Scheunentores geweckt, als der Bauer hereinkam.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 17. Aug 16, 22:40
Auch Julienne wurde von dem Geräusch wach. Müde öffnete sie die Augen und hob schwach den Kopf. Sie hatte in der Nacht wieder stark geschwitzt und war zwischendurch wegen des Schüttelfrostes aufgewacht. Ihre Fieberträume ließen ihre Schlafphasen wenig erholsam sein.
Sie fühlte sich heute noch schwächer, als am Vortag und es fiel ihr immer schwerer, sich auf den Moment zu konzentrieren. Ein ums andere Mal suchten sie seltsame Bilder heim - mal war es Marie, die ihr ein blutungstillendes Mittel verabreichte, mal der Weibel, der ihr befahl, eine Tasche abzugeben oder der ihr sagte, hier würde gefälligst nicht gestorben. Ein anderes Mal sah sie blaue Steine in einem Lichtfleck im Wald und dann wieder den Pfeil, der in ihrer Hüfte steckte.

Sie kämpfte um im hier und jetzt zu bleiben - doch das gelang ihr weniger und weniger....
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 18. Aug 16, 20:30
Der Bauer brachte etwas zum Frühstück.Ihnen war allen klar, dass Julienne zu Kräften kommen musste.
Seinen Sohn hatte er bereits losgeschickt, um den Heiler zu holen. Für den Moment konnten sie nichts anderes tun, als etwas essen, trinken, Wunden auswaschen und neu verbinden...und beten und hoffen...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 19. Aug 16, 21:01
Nach einer Weile erschien der Bauersjunge mit dem Heiler. Dieser traute seinen Augen nicht, als er Julienne untersuchte. Solche Wunden hatte er wohl schon lange nicht mehr oder noch nie gesehen. Und schon garnicht zeitgleich an einer Person.
Er behandelte die Wunden so gut es ging, wechselte die Verbände und gab Francois einige Mittel, mit denen er auf dem Weitermarsch selber tätig werden sollte.
Francois zahlte den Heiler und den Bauern aus, spannte mit dem Jungen an und verfrachtete alles Gepäck sowie Julienne auf den Karren. Sie war wieder bewusstlos geworden.
Er bedankte sich noch einmal bei der Bauernfamilie und stieg auf. Dann trabte Traveller an...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 19. Aug 16, 23:07
Julienne war tief in ihrem Delirium gefangen. Gelegentlich wurde sie wach, so dass Francois ihr Wasser, die Mittel, die er von dem Heiler erhalten  hatte und etwas Nahrung einflößen konnte.
Zum Glück verlief die Reise ansonsten ruhig und ohne Zwischenfälle sie kamen also gut vorran und selbst Hexe, die Stute der Gardistin, benahm sich ausnahmsloses   mal... sozial...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 19. Aug 16, 23:23
Die nächsten Tage verliefen im gleichen Trott: Nachtlager aufschlagen, Wunden versorgen, essen und schlafen, weitermarschieren.
Irgendwann erschien am Wegesrand ein Stein, der die Grenze zu Goldbach markierte...


Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 20. Aug 16, 15:00
Julienne ging es eher schlechter, als besser. Die Rückkehr auf goldbach'sches Gebiet bekam sie gar nicht mit.
Sie fieberte weiterhin stark; inzwischen war sie nicht einmal mehr in der Lage, Nahrung zu sich zu nehmen...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 20. Aug 16, 20:10
Nesrine stand gebückt im Garten und pflückte Küchenkräuter. Das Haus ihrer Familie war das erste auf dem Weg durch den kleinen Weiler.
Es war ein schöner Tag; die Sonne schien durch die Bäume, die Katze schlief entspannt auf der Türschwelle und jenseits des Staketenzauns, der den Kräutergarten vor gefräßigen Tieren schützte, scharrten einige Hühner.
Nesrine richtete sich auf, als sie das Geräusch eines herannahenden Gefährts hörte...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 20. Aug 16, 20:18
Francois war froh, als sie die Ansammlung von Häusern erreichten.
"Bonjour, Mademoiselle. Wir benötigen Hilfe..."
Er stoppte den Wagen und stieg mit schmerzverzerrtem Gesicht ab. Viel besser waren seine Beschwerden auch nicht geworden.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 20. Aug 16, 20:57
Nesrine sah sofort an der Ausrüstung, dass es sich um Kämpfer handelte. Ein zweiter Blick verriet ihr, dass der Mann, der da gerade vom Bock geklettert war, von der Burg stammte. Sie sah die Farben und hier und dort auch das Wappen der Baronie Goldbach.
Anstatt sich jedoch einer Frau entsprechend zu knicksen, verbeugte Nesrine sich wie ein Mann.
"Oui, was kann isch für eusch tun?", fragte sie, legte die Küchenkräuter zur Seite und kam näher.
Francois konnte sehen, dass die Frau eine Länge Tunika über einem Paar Hosen trug. Durch die hoch gekrempelten Ärmel waren kräftige Arme erkennbar. Die Hände waren voller Schwielen; so als würde  diese Frau regelmäßig harte Arbeit verrichten. Gleichzeitig jedoch erinnerte das maskulin wirkende Auftreten an eine Kämpferin.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 20. Aug 16, 21:05
Der Weibel war ob des Verhaltens der Frau etwas irritiert, aber es gab jetzt wichtigeres.
"Hinten auf dem Wagen liegt eine meiner Gardistinnen.Sie ist schwer verwundet und benötigt einen Heiler. Ich fürchte, sie..." Weiter sprach er nicht. Weiter wollte er nicht sprechen...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 20. Aug 16, 21:38
"Lässt misch se'en!", sagte Nesrine geschäftig und trat an den Karren heran, während sie sich die Hände an der Tunika abwischte.
Als sie sah und roch, was sich im hinteren Teil des Wagens befand, wurde Nesrine still und nachdenklich.
Schließlich sagte sie knapp: "une moment, sil vouz plait..." und verschwand eiligen Schrittes im Haus.
Nur wenige Augenblicke später war sie wieder da.
"'elft mir, sie 'ereinzutragen!", forderte sie den Weibel ohne weiteres auf und griff bereits nach Juliennes Schultern. Sie griff der Gardistin unter die Arme und schleppte diese dann ins Haus. Francois konnte spüren, wie stark die fremde Frau war...

Im Haus war es düster. Das mit Holzschindeln belegte Dach ließ  keinerlei Sonne hinein; die Fenster waren winzig und das Feuer im Herd gab kaum Licht ab. Zentral im Raum stand ein großer, aus simplen Holzbohlen zusammen gezimmerter Tisch. Darauf legten sie die verletzte Gardistin ab.
Nesrine wandte sich dem Herd zu und legte Holz ins Feuer.
Bald darauf blubbert etwas in einem kleinen  Kessel und Nesrine wuselte permanent umher, holte dieses und jenes und stellte es in Reichweite des Tisches.
Schließlich sah sie Francois ernst an: "Ihr müsst mir 'elfen, sie auszuziehen!"
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 20. Aug 16, 21:48
Der Weibel hatte die Frau während ihres Wuselns beobachtet. Nun stand er da und traute seinen Ohren nicht.
"Ihr meint...? Ich...Ähm..."
Er kommandierte seine Leute und riskierte bei jedem Aussendienst, einen von ihnen zu verlieren. Aber das war etwas anderes.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 21. Aug 16, 08:55
Nesrine blickte etwas entnervt auf den plötzlich so verunsicherten Mann.
"Mit Kleidung kann isch sie nicht versorgen! Und alleine schaffe isch das nischt!", erklärte sie.

Die Frau ging systematisch vor. Sie ließ den Weibel Julienne an den Schultern hochheben und zog der Gardistin das Hemd aus. Als sie die zerschlagenen Oberarme sah, zog sie scharf die Luft ein: "Autsch!", sagte sie.
Dann kamen zuerst die Stiefel und danach die Hose dran. Kopfschüttelnd und mit besorgtem Blick bemerkte Nesrine die tiefe Wunde am rechten Oberschenkel und die Pfeilwundean der linken Hüfte. Aber sie stellte keine Fragen.
Schließlich legte sie - vermutlich eher für  den Weibel - eine Decke über ihre Patientin...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 21. Aug 16, 09:08
Dem Weibel war durchaus klar, dass die Kleidung im Weg war, aber... Naja, er hatte nicht vor, jetzt, da sie in der Heimat waren, seine Gardistin zu verlieren. Also packte er mit an. Für die Decke war er trotzdem dankbar.

"Kann ich euch irgendwie zur Hand gehen?" fragte er, als sie soweit waren. Er wollte jetzt nicht nutzlos den Raum vollstehen.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 21. Aug 16, 09:26
Nesrine überlegte kurz und wies dann auf eine Bank.
"Setzt eusch!", sagte sie.
Sie ging zur Koch Stelle und nahm dort den kleinen Kessel, in dem etwas vor sich hinköchelte.
Nach einem kurzen Blick zum Weibel begann sie, ihr Tun zu erklären: "Isch werde ihre Wunden mit 'eissem Wein auswaschen. Und zur Not das Gewebe herausschneiden."
Dabei blickte sie bedeutungsvoll auf die eitrige Bisswunde am Hals der Gardistin.
Nesrine machte sich ans Werk. Es dauerte lange und zwischendurch musste sie Francois bitten, Julienne festzuhalten, wenn diese sich in ihrem Delirium wehrte.
Schließlich ließ sie sich von ihm helfen,die Gardistin umzudrehen, damit sie auch an die Verletzungen am Rücken herankam.
"Sacre bleu!", entfuhr es ihr, als sie die Biss- und Kratzwunden, welche die Szivars-Kultisten Julienne zugefügt  hatten, erblickte.
Nachdem auch diese mit heißem Wein und einem sauberen Tuch versorgt waren, bedeckte Nesrine die Gardistin mit der Decke und trat einen Schritt zurück.
"So,", sagte sie, "das war's fürs erste..."
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 21. Aug 16, 09:34
Es war nun wirklich nicht das erste Mal, dass Francois Verwundete sah.Aber die schiere Menge und der Zusatnd der Verletzungen machten ihm tatsächlich zu schaffen. Er versuchte zwischendurch immer wieder beruhigend auf Julienne einzureden, nicht wissend ob sie ihn überhaupt hörte. Aber er tat zumindest etwas. Und es lenkte ihn vom Nachdenken ab...

"Ich danke euch für eure Hilfe, Mademoiselle.Bitte verzeiht,mein Name ist Francois, ich bin der Feldweibel der Garde."
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 21. Aug 16, 18:08
Nesrine wusch sich die Hände in einer Schüssel. Dann griff sie in ein Regal und nahm eine Flasche und zwei Becher heraus. Sie schenkte ein und gab dem Weibel eines der Gefäße. Der Inhalt war golden und roch nach Alkohol...
"Isch bin Nesrine. Mein Vater 'at unter eurem Großvater in der Garde gedient, bevor er sisch 'ier niedergelassen und meine Mutter ge'eiratet 'at. Vielleischt kennt ihr ihn; sein Name ist Renoir."
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 21. Aug 16, 18:16
"Ich bedaure...Mein Grossvater hat nie viel über den Dienst gesprochen."
Francois war dankbar für das Getränk.Nach den letzten Tagen konnte er etwas in diese Richtung vertragen.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 21. Aug 16, 18:25
Nesrine nickte abwesend. Nachdenklich sah sie auf die Frau auf dem Tisch.
"Ihr werdet sie 'ierlassen müssen. Sie ist nischt transportfä'ig.", sagte sie und blickte Francois Ernst an.
"Isch werde tun, was isch kann, aber isch sage eusch gleich, dass es ein 'artes Stück Arbeit wird. Wenn sie nischt mitkämpft, ''abe isch keine Chance!"
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 21. Aug 16, 18:36
"Sie ist eine Kämpferin,sonst läge sie jetzt nicht hier. Ich lasse sie ungern zurück,aber ich verstehe,was ihr meint"
Francois nahm gewisse Dinge von Julienne an sich.
"Es wird regelmässig jemand aus unserem Haus vorbeikommen. Was bin ich euch vorerst schuldig?"
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 21. Aug 16, 18:49
"Isch werde sauberen Stoff brauchen und mehr Wein. Schmalz und Kräuter 'abe isch zur genüge. ...", sagte Nesrine und zögerte dann kurz.
"Was ist mit Eusch? Auch Ihr benötigt einen 'eiler..."
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 21. Aug 16, 19:01
"Das werden wir sicher zuführen können". Francois überlegte kurz und dachte dann ' Wenn man schon die Möglichkeit hat ' , und auf diese Weise konnte er herausfinden,wie Julienne behandelt würde. "Ihr habt Recht.Darf ich euch bemühen?"
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 21. Aug 16, 19:15
Nesrine behandelte den Weibel auf fachmännische und effiziente Weise. Sie brauchte keinen kochenden Wein, da Francois Glück gehabt und sich keine seiner Wunden entzündet hatte. Also schmierte sie auf seine Verletzungen und blauen Flecken eine vor Kräutern und Blütenblättern nur so strotzende Salbe, welche trotz des verwendeten Schmalzes angenehm roch. Die noch nicht ganz verheilten Wunden deckte sie mit Verbänden ab, welche sie stramm und geübt anlegte.
Schließlich war sie fertig und reichte dem Weibel einen weiteren Becher der goldenen Flüssigkeit.
"'ier!", sagte sie mit einem Augenzwinkern,  "das ist gut um die Entzündung von innen zu bekämpfen!"
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 21. Aug 16, 19:45
Francois lies die Prozedur klaglos über sich ergehen,auch wenn das anziehen der Verbände Schmerzen verursachte.Er nahm den Becher und kippte die"Medizin" herunter."Ich habe etwas ähnliches,aber davon ist kaum noch etwas übrig.Ihr macht das nicht zum ersten Male,oder?!"
Er zog Hemd und Wams wieder an und versuchte,seinen Gurt umzuschnallen.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 21. Aug 16, 20:02
Nesrine half ihm beim Gurt, während sie sagte: "Non, isch 'abe schon oft Leute zusammen geflickt. Meistens 'atten diese "Leute" vier Beine, aber auch Menschen kommen immer mal wieder zu mir. Isch 'abe es von meinen Großeltern gelernt. Meine Großmutter  'at sisch 'ier im Dorf um die Menschen gekümmert und mein Großvater war für die Tiere zuständig..."
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 21. Aug 16, 20:48
"Ich verstehe" entgegnete der Weibel mit leichtem Lächeln. "Dann habe ich mir ja die richtige Person herausgesucht."
Francois richtete den Gurt und die Taschen.Dann nahm er die Geldkatze und sah Nesrine an ohne noch einmal zu fragen.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 21. Aug 16, 20:54
Die große Frau mit den schwarzen Haaren seufzte.
"Gebt mir etwas für die Verbände. Über sie sprechen wir, wenn sie es geschafft 'at .", sagte sie mit einem Nicken zu Julienne.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 21. Aug 16, 20:59
Francois holte drei Kupfer aus der heraus.
"Das sollte stimmen. Habt Dank"
Er verstaute die Geldkatze wieder und sah nocheinmal nach Julienne.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 21. Aug 16, 21:12
Die Gardistin lag weiterhin ruhig auf dem Tisch.
Nesrine fühlte ihre Stirn und ihre Handgelenke und griff dann nach weiteren Tüchern, die sie befeuchtete und der Frau auf Stirn, Handgelenke und Fußgelenke legte.
"Am wichtigsten ist es, dass wir das Fieber runterkriegen...", sagte sie mehr zu sich selbst...
Dann entsann sie sich ihrer Manieren und geleitete den Weibel nach draußen.
"Isch werde gut auf sie achten, Weibel. Versprochen!"
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 21. Aug 16, 21:21
Francois nickte einen stummen Dank. "Kann ich den Karren bei euch lassen? Ich denke, ich kann den Rest des Weges auf Traveller zurücklegen. So komme ich schneller voran."
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 21. Aug 16, 21:53
Wenn Nesrine weniger davon hielt, dass der Weibel in seinem derzeitigen Zustand reiten wollte, dann sah man es ihr nicht an.
Stattdessen nickte sie: "Oui, ihr könnt ihn auf dem Anger ste'en lassen. Die Leute werden ihn dann in den kommenden Tagen zur Burg bringen.".
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 21. Aug 16, 22:00
"Das wird nicht nötig sein. Wer auch immer von uns kommt, um Verbände und Alkohol für Julienne zu bringen, kann ihn mit zurückführen."
Francois holte sein Gepäck und die Waffen vom Karren und sattelte Traveller. "Auf dem Karren liegt noch das Marschgepäck von ihr..."
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 21. Aug 16, 22:09
"Isch nehme es an misch.", sagte Nesrine und lud Juliennes Tasche und ihre Schlafrolle, sowie die Satteltaschen vom Karren. Nun lag nur noch Hexes  Sattel auf der Ladefläche...
Das Pferd sah die beiden Menschen misstrauisch an...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 21. Aug 16, 22:16
"Ich fürchte, der Gaul wird nicht auf mich hören. Der zickt schon an guten Tagen rum."
Francois machte drei Schritte auf Hexe zu, doch diese wich zurück. Und nein, er hatte keine Lust, sich mit dem Tier anzulegen oder ihm nachzulaufen. Er sah Nesrine entschuldigend an.
"Darf ich den Sauerbraten auch in eure Obhut geben? Für das Futter kommen wir selbstverständlich auf."
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 22. Aug 16, 08:13
Nesrine zog die Stirn kraus. Ein schwieriges Pferd? Sie streckte ihre Hand aus und ging langsam auf das Tier zu. Dabei sprach sie ruhig auf die Stute ein. Hexe schnaubte misstrauisch, ließ sich dann aber von der Frau anfassen.
Nesrine nickte Francois zu.
"Wir werden schon miteinander zurescht  kommen.", sagte sie zuversichtlich.

Bald darauf stand das Pferd im Kuhstall und mampft zufrieden etwas Heu.

Nesrine hatte sich wieder ins Haus zu ihrer Patientin begeben. Julienne war weiterhin bewusstlos, so dass Nesrine sich ohne Probleme um sie kümmern konnte. Sie nahm sich die Zeit, neue Wickel aufzulegen und ihre Patientin mal in Ruhe zu betrachten...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 22. Aug 16, 08:34
Francois hatte das Zusammenspiel beobachtet und sich dann verabschiedet.Er war sicher,dass sowohl Julienne als auch Hexe in guten Händen waren.Jetzt galt es,zügig nach Burg Goldbach zu gelangen.Es gab einiges zu Berichten.Hoffentlich war Louis mit der Vorabmeldung durchgekommen.Sie waren zeitgleich in Norngard abgereist,aber da er beritten war und nicht mit Fuhrwerk reiste,müsste er schon lange vor Ort sein...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 22. Aug 16, 09:02
Nesrine betrachtete die Frau auf dem Tisch. Wie konnte eine einzelne Person nur so viele Verletzungen haben?! Und diese offenbar bis jetzt überstehen? Offenbar war diese Julienne wirklich eine Kämpferin.
"Julienne...", der Name lag gut auf Nesrines Zunge.
Sie wischte der Bewusstlosen eine schweißnasse Strähne aus dem Gesicht und trat dann mit einem Kopfschütteln zurück.
Was bei allen Göttern machte sie hier?!
Sich innerlich zusammenreissend, machte Nesrine sich wieder an ihre eigentliche Arbeit; sie holte die vergessenen Küchenkräuter herein, hackte Holz, fütterte die Tiere, gab der fremden Stute einen verschrumpelten Apfel und bereitete das Essen zu. Bald würden ihre Eltern und ihre Geschwister von den Feldern heimkehren.
Zwischendurch jedoch kümmerte sie sich immer wieder um ihre Patientin. Frische Wickel und einmal, als Julienne etwas wach wurde, flößte sie ihr etwas Wasser ein...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 22. Aug 16, 09:54
Julienne war gefangen. In ihren Fieberträumen verfolgten sie Szivars-Kultisten, Untote und Männer in schwarz-blauen Wappenröcken. Ein paar mal wurde sie fast wach. Dann hätte sie blitzartige Eindrücke eines düsteren Raums, der durch eine Feuerstelle erhellt wurde und der nach Kräutern und Qualm roch. Irgendwo war da noch eine Person, die ihr kühle Dinge auf die Stirn, die Handgelenke und die Fußgelenke legte und die beruhigend auf sie ein sprach. Einmal bekam sie etwas Wasser, das kühl und klar und so wundervoll ihre trockene Kehle befeuchtete.
"Langsam!", gemahnte die Stimme sanft.
Dann verschwamm wieder alles vor Juliennes Augen und sie sank zurück in die Schwärze...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 22. Aug 16, 10:42
Es wurde Abend. Nesrine hatte Essen gekocht und das Haus aufgeräumt, als ihre Familie vom Feld kam. Natürlich staunten ihre Eltern und ihre drei Brüder nicht schlecht, als sie die Fremde unter der Decke auf dem Tisch sahen.
Nesrine erklärte rasch die Lage und ließ sich dann von ihren Brüdern helfen, die Kranke auf ihr Bett zu verfrachten.
Dann gab es erstmal Abendessen. Nesrine hatte Rüben mit Wursteinlage gemacht; dazu gab es frisches Brot.
Für Julienne hatte sie eine Brühe vorbereitet.

Die Familie saß am Tisch und unterhielt sich über den Tag...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 22. Aug 16, 10:49
Julienne verarbeitete die Geräusche in ihrem Delirium. Die heimelige Atmosphäre sorgte dafür, dass sie davon träumte, wie es bei ihr zuhause war. Plötzlich stürmten bewaffnete Männer in das Haus und griffen ihre Familie an. Panisch schrie Julienne, die sich aus unerfindlichen Gründen nicht bewegen konnte, nach dem Weibel...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 22. Aug 16, 11:21
Nesrine sprang vom Tisch auf und eilte zu Julienne. Sie nahm ihre Hand und sprach beruhigend auf sie ein. Die Gardistin schlug um sich, so dass Nesrine gezwungen war, sie festzuhalten.
"Alles wird gut; du bist in Sischer'eit!", brummte sie...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 22. Aug 16, 13:51
Juliennes Traum veränderte sich. Sie war am Rande des Bewusstseins und ließ sich tatsächlich beruhigen. Nun war sie wieder zuhause und erst ein paar Sommer alt und es war ihre große Schwester, die ihr die Fieberheiße Stirn kühlte. Dann jedoch runzelte sie die Stirn; der Geruch stimmte nicht. Es war nicht ihre Schwester, sondern jemand anderes.
Julienne schlug die Augen auf.
"Wo...", krächzte sie...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 22. Aug 16, 15:51
Überrascht blickte Nesrine in tiefblaue, fiebrig glänzende Augen. Im ersten Moment war sie etwas perplex, dann jedoch fing sie sich: "Ihr seid im 'ause meiner Familie. Euer Weibel 'at eusch 'ier 'er gebracht, damit isch eusch pflegen kann..."
Sie strich erneut eine klebrige Strähne von der schweißnassen Stirn und rückte die feuchte Kompresse zurecht.

Die Augen ihrer Patientin flatterten bereits wieder. Nesrine hielt eine heiße Hand und sagte beruhigend: "Schlaft und werdet in Ruhe gesund! Es ist alles gut..."
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 22. Aug 16, 16:08
Stunden später erwachte Julienne erneut. Es war dunkel im Haus und aus der Nähe hörte sie ein Schnarch-Duett. Langsam wurde sie Gewähr, dass auch neben ihr jemand lag. Sie drehte ihren Kopf und sah die Frau, die vorhin mit ihr gesprochen hatte. Nun lag sie tief und fest schlafend neben Julienne auf dem Strohsack. Auf ihrer Wange war ein dunkler Fleck, der sich bald, als sich Juliennes Augen an die Dunkelheit gewöhnten, als Kohle entpuppte.

Irgendwie hatte sie ein flaues Gefühl im Bauch. Julienne hielt das und die Tatsache, dass sie wach war, für ein gutes Zeichen.
Vorsichtig, um die andere Frau und auch sonst niemanden zu wecken, richtete Julienne sich auf. Das jedoch war keine gute Idee - sofort wurde ihr übel, alles drehte sich und ihr Schädel dröhnte. Sie konnte ein leises Stöhnen nicht unterdrücken...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 22. Aug 16, 16:45
Nesrine erwachte durch eine Bewegung und ein Geräusch direkt neben sich. Im ersten Moment war sie irritiert, dann jedoch erinnerte sie sich wieder an das, was an diesem Tag geschehen war.
Neben ihr saß ihre Patientin  (Julienne, der Name war Julienne) fast aufrecht, hielt sich den Kopf und versuchte, möglichst leise zu stöhnen.
Sanft legte Nesrine Julienne ihre Hand auf den Rücken.
"'abt ihr schlescht geschlafen?", fragte sie flüsternd.
In dem Moment hörte sie ein leises Grummeln aus Juliennes Bauchgegend. Nesrine lächelte.
"'unger?"
Sie rappelte sich auf, stieg aus dem Bett und tapste zum Herd. Dort nahm sie eine Schale und einen Löffel vom Brett und füllte etwas Brühe ab.
Dann tapste sie zurück zu Julienne und gab ihr die Schale...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 22. Aug 16, 18:35
Julienne nahm die Brühe mit zitternden Händen und einem schwachen "merci" entgegen. Tapfer löffelte sie drauf los, doch schon bald wurde ihr die Schale zu schwer und sie gab sie zurück. Schwer atmend ließ sie sich zurück auf die Strohmatte sinken. Alles drehte sich um sie.
Nur unbewusst registrierte sie, dass die Fremde ihr den Löffel aus der Hand nahm, diesen und die Reste der Brühe wegbrachte und sich dann wieder zu ihr ins Bett legte.
Sie wollte noch etwas sagen, sich bedanken, Fragen stellen, aber es kam nur noch ein undefinierbares Gemurmel  aus ihrem Mund...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 22. Aug 16, 18:45
Nesrine war nicht verwundert, dass Julienne nicht aufgegessen hatte. Sie war, ganz im Gegenteil, eher erstaunt, dass die Kranke schon jetzt etwas hatte zu sich nehmen können.
Juliennes Gebrabbel beantwortete sie mit einem ruhigen Summen, dass ihr auch bei ihren anderen Patienten immer gute Dienste geleistet hatte.
Während sie mit einer Hand die feuchten Umschläge wieder an Ort und Stelle legte, strich sie mit der anderen beruhigend über Juliennes Kopf.
Bald darauf war die Gardistin wieder tief und fest eingeschlafen...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 22. Aug 16, 19:22
Julienne erwachte am darauffolgenden Tage und wusste erst mal nicht, wo sie war. Das Haus schien ihr seltsam vertraut und doch konnte sie sich nicht daran erinnern, es schon mal gesehen zu haben. Erst als sie sich aufsetzte und vor Schwindel die Augen schloss, wurde ihr klar, dass es der Geruch war, an den sie sich offenbar erinnerte. Klar; Holzrauch gab es in jedem Haus. Doch hier kamen weitere Gerüche hinzu, die sie offenbar mit dieser Behausung verband - Kräuter, der Duft von gekochten Rüben, geräucherter Wurst, frisch gemähten Getreides und von Tieren...

Tiere! Was war mit Hexe passiert?!?

Julienne versuchte, sich weiter aufzurappeln und bemerkte, dass sie nackt war, als ihr die Decke vom Leib rutschte. Sie sah an sich herunter und verzog das Gesicht. Nackt war sie wohl eher nicht zu nennen - bei all den Verbänden, in die sie eingewickelt worden war...

Sie zog die Decke wieder hoch und betastete die Wunden unter dem Stoff. Offenbar hatte sich jemand die Mühe gemacht, die Verbände mit Wein zu tränken. Jedenfalls rochen sie danach...
Als sie die Wunde am Hals betastete, verzog sie schmerzvoll das Gesicht. Da hatte wohl jemand ordentlich etwas an Wundfleisch weggenommen, denn die Verletzung erschien ihr größer und empfindlicher als zuvor. Auch beim Schlucken war es unangenehm...
Und ihre Kehle war ohnehin schon so trocken...
Julienne blickte sich auf der Suche nach etwas zu trinken um. Auf dem großen Tisch in der Mitte des Raumes stand ein Krug. Doch wie dorthin kommen? Irgendwie wusste sie, dass sie noch nicht stark genug sein würde, um einfach aufzustehen und bis zum Tisch zu laufen.
Die Gardistin versuchte abzuschätzen, welche Tageszeit es sein mochte, aber das wenige Licht, das durch die offene Tür und die mit Rohhaut bespannten Fenster fiel, ließ keinen Schluss zu.
Es war auch niemand draussen zu hören; vermutlich waren alle auf den Feldern, um die Ernte einzubringen...
Julienne lehnte sich zurück und machte sich auf eine längere Durststrecke gefasst.
Ihre Lieder schlossen sich...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 22. Aug 16, 20:17
Nesrine kam kurz darauf pfeifend zurück ins Haus. Sie war im Stall gewesen und hatte die Tiere gefüttert. Dann hatte sie die zwei Kühe auf die Weide gebracht. Kurz hatte Nesrine überlegt, auch Juliennes Stute auf die kleine Koppel zu bringen, hatte sich dann aber dagegen entschieden. Wer wusste schon, ob das unruhige Pferd sich nicht über den kleinen Zaun davonmachen oder sich später wieder einfangen lassen würde...

Im Haus sah sie zuerst nach ihrer Patientin. Als Nesrine näher kam, schlug Julienne ihre blauen Augen auf. Sie ließ sich geduldig die Stirn befühlen und bat dann leise und mit krächzender Stimme um Wasser.
Sofort sprang Nesrine auf und holte den Krug vom Tisch.
Durstig setzte sich die Gardistin das Gefäß an die aufgesprungenen Lippen und stürzte das Wasser herunter.
Nesrine konnte gerade noch eingreifen; sie nahm Julienne den Krug ab und gemahnte diese, die kalte Flüssigkeit langsam zu trinken.
Zunächst unwillig, dann jedoch resigniert seufzend, griff die Patientin erneut nach dem Gefäß und trank in langsamen, kleinen Schlucken.

Schließlich schien der größte Durst gelöscht zu sein, denn Julienne setzte den Krug neben dem Bett auf dem Boden ab.

Nesrine lächelte. "Isch würde nun gerne eure Verbände wechseln.", sagte sie, stand auf und holte einen Korb voller Verbandsmaterialien und seltsamen Tiegeln...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 22. Aug 16, 21:52
Julienne betrachtete neugierig die gesamte Prozedur. Ihre Pflegerin nahm gewissenhaft die Verbände ab und untersuchte die Wundheilung. Besonders bei den großflächigen Verletzungen am Rücken, der tiefen Halswunde und der Pfeilwunde an der Hüfte war das ablösen des Stoffs sehr unangenehm. Aber Julienne versuchte tapfer zu sein. Sie wollte vor dieser Frau keine Schwäche zeigen.

Als alles freigelegt war, nickte die Heilerin zufrieden.
"Das sieht alles sehr gut aus.", sagte sie.
Dann begann sie aus einem der Tiegel eine wohlriechende Salbe auf die Wunden aufzutragen.
So wohlriechend sie war - so sehr stach sie auch.
Julienne verzog das Gesicht.
Die Augenbrauen der anderen Frau zogen sich zusammen und auf ihrer Stirn bildeten sich besorgte Falten.
"Schmerzt es sehr?", fragte die Schwarzhaarige.
Die Gardistin schüttelte mit zusammen gebissenen Zähnen den Kopf. "Es geht schon...", presste sie hervor.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 22. Aug 16, 22:14
Nesrine betrachtete besorgt die Reaktion ihrer Patientin. Hätte sie vielleicht doch nur die Ringelblumensalbe verwenden sollen? Die wäre nicht so unangenehm gewesen... aber auch weniger wirksam...
Bei der Halswunde, an der sie fauliges Gewebe herausgeschnitten hatte, sah sie besonders gründlich nach. Doch es zeigte sich kein weiterer Eiter. Nur ein wenig Blut und Wundflüssigkeit, wo der Verband in der offenen Verletzung geklebt hatte.
Sie trug auch hier großzügig von der Salbe auf und wunderte sich, dass Julienne ihren Schmerz offenbar vor ihr zu verbergen suchte. Also ignorierte sie schweren Herzens die Träne, die Juliennes Wange herunterlief. Am liebsten....
Mon dieus, was ging ihr da bloß durch den Kopf?! Das hier war ihre Patientin, verdammt nochmal! Sie konnte doch nicht...
Ärgerlich schüttelte Nesrine den Kopf, um auf andere Gedanken zu kommen
Da fiel ihr etwas ein: "Isch bin übrigens Nesrine.", stellte sie sich der Gardistin endlich mal vor.
Dabei begann sie, die neuen Verbände anzulegen...
Dass sie dabei quasi jede Stelle Juliennes Körper berühren musste, brachte sie fast aus dem Konzept.
'Sie ist deine verdammte PATIENTIN!', sagte sie sich innerlich immer wieder selbst...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 22. Aug 16, 22:36
"Nesrine, oui?", echote Julienne. Sie versuchte, sich den Namen einzuprägen. Von den Gedanken der Schwarzhaarigen bekam die Gardistin nichts mit. Sie war zu sehr damit beschäftigt, ihre Tränen zurück zu halten.
Bei den Göttern, wie konnte das nur so stechen? Beim Alkohol zum Reinigen von Wunden brannte es schließlich auch; aber das ging wenigstens rasch vorbei. Das hier jedoch...

Schließlich war Julienne frisch verbunden. Das ganze hatte sie sehr ermüdet und so ließ sie sich, nachdem Nesrine ihr die Decke wieder über gelegt hatte, wieder zurück auf den Strohsack sinken.
"Isch danke Eusch!", sagte sie und dann fielen ihr auch schon wieder die Augen zu...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 22. Aug 16, 22:59
Nesrine strich Julienne sanft über die Stirn und die Haare. Die Gardistin hatte immer noch hohes Fieber. Nesrine beugte sich neben das Bett und zog einige feuchte Umschläge aus der kleinen Schüssel, die dort stand. Sie legte sie Julienne auf Stirn, Hand- und Fußgelenke und nahm dann die Hand ihrer Patientin.
"Bitte werde schnell wieder gesund, ja?!", bat sie und drückte den Fingern einen kleinen Kuss auf.
Schlagartig stand Nesrine auf und rannte hinaus. Was passierte hier?!?
Kurze Zeit später fand sie sich im Stall bei Juliennes Stute wieder, ohne recht zu wissen, wie sie dorthin gekommen war.
Das Pferd begrüßte sie mit einem nach hinten und einem nach vorn geklappten Ohr. Nesrine suchte in ihrer Tunika nach etwas fressbarem für die Stute und fand tatsächlich einen harten Brotkanten. Diesen gab sie dem Tier auf der flachen Hand hin.
Nesrine ging näher ran und das Pferd ließ es geschehen.
Kurz darauf saß die große Frau an die Stallwand zu den Hufen der Stute gelehnt und stützte ihren Kopf in beiden Händen, während das Pferd sie von oben bis unten beschnupperte.
"Was ist bloß los mit mir?", klagte Nesrine dem Tier ihr Leid. Sie kannte sich selbst nicht wieder. Diese Nähe  zu der Gardistin... als sie an die kommende Nacht denken musste, stöhnte Nesrine gequält auf...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 23. Aug 16, 11:21
Es war schon spät am Tage, als Julienne wieder erwachte. Dieses mal saß Nesrine neben ihr und reichte ihr sofort den Krug mit Wasser.
Mit einem dankbaren Nicken setzte Julienne das Gefäß an die Lippen.
"'abt ihr 'unger?", fragte die Schwarzhaarige die Gardistin.
Julienne nickte erneut. "Ein wenisch...", gab sie zurück.

Kurz darauf hatte sie eine Schale mit Eintopf vom gestrigen Tage in der Hand. Sie aß tapfer Löffel um Löffel und trank zwischendurch immer wieder Wasser dazu.
Nachdem sie etwa die Hälfte der Schale geleert hatte, gab sie diese an Nesrine zurück.
"Merci, aber isch kann nischt mehr...", sagte sie erschöpft.
Die andere Frau nickte ruhig und meinte sichtlich zufrieden: "Ihr 'abt gut gegessen."
Julienne war zwar erschöpft, aber schlafen wollte sie eigentlich nicht schon wieder. Sie legte sich zurück aufs Bett, drehte sich unter der Decke auf die Seite und legte ihren Kopf auf den Unterarm. Das war wegen der kaputten Schultern unangenehm, ließ sich aber aushalten.
Die Gardistin sah sich um und blickte dann zu Nesrine, die ihren Blick erwiederte.
"Wo genau bin isch eigentlisch?", fragte Julienne...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 23. Aug 16, 11:37
"Ihr seid in einem Weiler unweit der Goldbach'schen Grenze. Mein Vater ist nach seinem Austritt aus der Garde 'ier'er gezogen und 'at meine Mutter ge'eiratet. Ihrer Familie ge'örte dieser 'of. Die 'eilkunst 'abe isch von den Eltern meiner Mutter gelernt..."
Nesrine erzählte weiter, während sie Julienne wieder einmal mit feuchten Wickeln versorgte...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 23. Aug 16, 14:53
"Seit wann bin isch 'ier? ", fragte Julienne und sah Nesrine genauer an.
Ihr gefiel, was sie sah; eine große Frau mit markantem Gesicht, schwarzen, leicht gelockten Haaren und - im spärlichen Licht des Hauses - dunklen Augen. Die Gardistin sah genauer hin; Nesrines Augen mochten grün, grau oder blau sein; ganz dunkel waren sie jedenfalls nicht...
Die Hände, welche sie so fachkundig behandelten, waren groß für die einer Frau und voller Schwielen, was auf eine tatkräftige Person schließen ließ. Dennoch waren ihre Berührungen regelrecht sanft...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 23. Aug 16, 15:14
Nesrine bekam unter den forschenden Blicken der Gardistin Gänsehaut. Als Julienne ihr in die Augen sah, hatte sie das Gefühl in einen Brunnen zu fallen. Schließlich senkte sie mit Überwindung den Blick und versuchte, sich auf die Frage der Kranken zu konzentrieren.
"Euer Weibel 'at eusch gestern 'ier gelassen, nachdem isch eusch  und ihn be'andelt 'atte. Ihr wart nischt mehr transportfä'ig.", erklärte sie.
Um zu verbergen, wie stark ihre Hände zitterten, fummelte Nesrine mit den feuchten Wickeln herum.
Schließlich hielt sie die geladenen Stimmung nicht mehr aus. Sie sprang auf und wuselte im Haus umher.
Kurzzeitig dachte sie darüber nach Julienne die Möglichkeit, sich zu waschen anzubieten, doch allein der Gedanke daran, mit einem Schwamm über die Haut der Gardistin...

Es schepperte laut, als Nesrine ungeschickt gegen den Kessel trat, der leer auf dem Boden neben dem Herdfeuer stand.
Sie zückte zusammen, hielt sich den Fuß und fluchte: "Sacre bleu!!!"
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 23. Aug 16, 15:26
Julienne schreckte bei dem Geräusch zusammen. Sie hatte nicht gesehen, wohin Nesrine gelaufen war, da ihr der Tisch den Blick versperrt  hatte.
"'abt ihr eusch etwas getan?", fragte sie besorgt.
Als sie die andere Frau einbeinig und fluchend durch das Haus hüpfen sah, konnte sie nicht anders; sie musste lachen...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 23. Aug 16, 16:16
Nesrine stoppte ihren Ein-Bein-Tanz und das fluchen und blickte die Gardistin entgeistert an.
Dann zuckten ihre Mundwinkel und sie musste grinsen.
"Das findest du wohl amüsant, was?!", lachte sie und warf Julienne einen Lappen an den Kopf.
Die kranke Frau wehrte sich mit einem tieffliegenden Wadenwickel, der Nesrine am Bauch traf.
"Na warte...", kreischte diese und war mit ein, zwei großen Schritten bei Julienne und patschte ihr eine wesentlich feuchtere Wickel ins Gesicht.
Die Gardistin quietschte und versuchte, sich gegen die starke Nesrine zur wehr zu setzen. Ohne Erfolg, wie die Schwarzhaarige mit Genugtuung feststellte.
Dann jedoch verzog Julienne schmerzvoll das Gesicht und schlagartig waren beide Frauen ernüchtert.

"Oh mon dieus, isch Trottel! Isch 'abe dir we'getan! Es tut mir so leid!", jammerte Nesrine und legte ihre Stirn in Sorgenvolle Falten. Besorgt griff sie nach Juliennes Hand...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 23. Aug 16, 16:30
Julienne hatte sich schlicht überanstrengt. Ihr Magen war voll, sie hatte gelacht und sich mehr bewegt, als zuvor und das alles war einfach ein bisschen zu viel gewesen.
Keuchend legte sie sich auf die Seite und hielt die Augen geschlossen, während sie darum kämpfte, ihre Atmung zu beruhigen. Ihr war schlecht, es drehte sich alles, ihr dröhnte der Schädel und die ein oder andere Wunde schien es gerade in diesem Moment gut zu finden auf sich aufmerksam zu machen...

Als sie die Augen aufzwang, sah sie direkt in Nesrines besorgten Gesicht.
"Es geht schon! ", log sie gepresst und ihr blasses Gesicht strafte ihre Worte lügen...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 23. Aug 16, 17:08
Nesrine tastete nach Juliennes Puls, achtete auf ihre Atmung und befühlte die Stirn der Kranken. Kalter Schweiß sammelte sich dort und die Atmung und der Herzschlag waren zu schnell.
"Du musst disch ausru'en!", sagte die Schwarzhaarige und deckte Julienne zu. Dann folgte sie einer inneren Eingebung und begann leise zu singen...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 23. Aug 16, 17:11
Julienne sah zunächst erstaunt in Nesrines Gesicht, dann jedoch schloss sie genüsslich die Augen und ließ sich von der klaren Alt-Stimme in den Schlaf tragen...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 23. Aug 16, 19:36
Nesrine sang das Lied zuende und blieb dann noch eine Weile bei der Kranken sitzen. Dann raffte sie sich auf und begann aufzuräumen und das Abendmahl zu bereiten. Sie streckte das Gericht von gestern mit Graupen und buk ein frisches Brot. Dann holte sie ein kleines Fass Schwarzbier aus der Vorratskammer. Sie genehmigte sich selbst einen Humpen und kippte dann einen weiteren in den Eintopf.
Zufrieden mit ihrer Arbeit im Haus, huschte sie nach draußen, um die Kühe von der Weide zu holen.
Bald darauf kehrte sie mit einem Eimer voll frischer Milch ins Haus zurück. Sie schaute kurz nach Julienne - die weiter friedlich schlief - und setzte sich dann auf eine Bank. Unmotiviert starrte sie eine Weile auf den Milcheimer. Es nützte nichts; die Butter würde sich nicht von allein schlagen...
Seufzend schnappte Nesrine sich das Buttergefäß, füllte die Milch um und begann mit der Arbeit...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 23. Aug 16, 21:05
Julienne schlief bis zur Dämmerung und wurde von der heimkehrenden Familie wach. Müde und verschwitzt rappelte sie sich auf.
Das Haus war nun durch das Herdfeuer und Talgkerzen beleuchtet und überall herrschte ruhige Betriebsamkeit. Nesrines Familie war den ganzen Tag auf dem Feld gewesen und war nun erschöpft und hungrig.
Man zog sich die Kittel und Schürzen aus, wusch sich über einer Schüssel den Dreck von den Händen und begab sich zum Abendmahl an den großen Tisch. Dabei wurde über den neuesten Tratsch aus dem Weiler und andere Neuigkeiten gesprochen.
Nesrine zeigte lächelnd auf Julienne und machte die anderen darauf aufmerksam, dass ihr Pflegling wach war.
Daraufhin standen alle nochmals auf und stellten sich vor:
"Isch bin Nesrines Mutter. Mein Name ist Cornelia. Dieser Wuschelkopf ist mein jüngster; Philippe. Der mit den vielen 'aaren im Gesischt ist mein ältester; Bernard, dazwischen kommt Pierre, mein Goldstück und schließlich Renoir, mein E'emann."
Alle begrüßten Julienne mit einem vorsichtigen Handschlag.
Sie lächelte die Familie dankbar an und sprach jeden Namen nochmals aus.
Cornelia war eine etwas untersetzte, lebenslustige Frau mit ebenso schwierigen Händen, wie die Gardistin sie von Nesrine kannte.
Philippe hatte in der Tat einen Kopf voller wuscheliger, schwarzer Locken.
Der älteste, Bertrand wies tatsächlich einen beachtlichen Voll Art auf und Pierre schlug mit seinen goldenen Locken wirklich etwas aus der Art.
Auch Nesrines Vater, Renoir, begrüßte sie freundlich: "Isch 'abe damals unter dem Großvater eures Weibels in der Garde gedient. Isch 'offe, auf Goldbach geht alles seinen gewohnten Gang?"
Julienne nickte höflich: "Als isch das letzte mal da war, war alles, wie immer. Madame reist viel und wir sind zumeist dabei."

Cornelia lud die Gardistin ein, mit ihnen zu Abend zu essen, doch Nesrine und sie winkten gleichzeitig ab.
"Isch komme aus dem Bett noch nischt 'eraus, fürschte isch..."
"Sie kommt aus dem Bett noch nischt ' eraus, fürschte isch..."

Es hagelte von allen Seiten irritierte Blicke und man sah an den Roten Köpfen der beiden Frauen, dass diese Situation ihnen mehr als nur unangenehm war....
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Francois am 24. Aug 16, 08:01
Francois kam gut voran,jetzt da er keinen Karren mehr bei sich hatte und die schmalen Waldwege nutzen konnte.
Es waren zwei Tage vergangen,seit er Julienne zurückgelassen hatte. Irgendetwas kam ihm merkwürdig vor an der Frau,aber es war nichts,um das er sich Sorgen machte.
Wenn sein Marsch so weiterging müsste er in drei Tagen auf Burg Goldbach sein. Louis müsste schon lange vor Ort sein. Wenn man ihm jemanden entgegen schickte,würde derjenige ihn sicher auf den grossen Wegen suchen. Aber hierdurch würde Francois Zeit verlieren...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 24. Aug 16, 18:03
"Isch glaube, mein Fieber ist weg.", verkündete Julienne und nahm die Hand von der Stirn.
"Vielleischt sollte isch aufste'en."
Sie machte Anstalten, sich aus dem Bett zu erheben...

Es war der nächste Tag und sie fühlte sich tatsächlich etwas besser. Kaum noch Schwindel oder Kopfbrummen  (solange sie sich nicht zu ruckartig bewegte) und sie war nicht mehr ganz so schlapp. Ihre Verletzungen taten zwar jetzt mehr weh, aber sie führte das darauf zurück, dass sie jetzt, da sie kein hohes Fieber mehr hatte, vieles mitbekam, dass sie zuvor versäumt hatte.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 24. Aug 16, 18:11
Nesrine beeilte sich aufzustehen und lief zu der Gardistin hinüber. Kritisch legte sie ihr die Hand auf die Stirn und drückte die Frau dann zurück ins Bett.
"Niedriger. Nischt weg! Und du bleibst im Bett!", sagte sie resolut.
"Aber isch könnte deine Verbände jetzt wechseln.", schlug sie in versöhnlichem Ton vor...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 24. Aug 16, 18:27
Julienne seufzte und ließ sich unwillig zurück auf die Strohmatte sinken.
"Isch mag aber nicht mehr 'ier 'erumliegen!", maulte sie.

Doch die schwarzhaarige Heilkundige schien sie zu ignorieren. Stumm sammelte diese das Verbandsmaterial zusammen und trat dann mit den Stoffstreifen und dem Salbentiegel an die Gardistin heran...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 24. Aug 16, 18:41
Nesrine konnte verstehen, dass Julienne keine Lust mehr auf ihre Bettruhe hatte. Sie schlief weiterhin noch viel, aber wenn sie wach war - was jetzt immer häufiger vorkam - wurde ihr langweilig.
Nesrine merkte durchaus, dass die Gardistin versuchte, sie nicht zu sehr in ihrem Alltag einzuschränken, aber in manchen Momenten - so wie jetzt - konnte sie einfach nicht aus ihrer Haut.
Die schwarzhaarige Frau überlegte, was sie der anderen zu tun geben konnte und hatte einen Einfall:
"Isch weiß, dass es langweilig ist, im Bett liegen zu müssen, aber wenn du magst, kannst du mir bei etwas 'elfen."
Sie hielt den Korb mit den Verbänden hoch.
"Isch muss die 'ier auskochen. Würdest du sie danach wieder aufwickeln?"
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 24. Aug 16, 18:51
Julienne war dankbar für jede sinnvolle Tätigkeit und so saß sie am Abend im Bett und wickelte die sauberen Verbände auf, die Nesrine am Nachmittag ausgekocht hatte, nachdem sie bei ihr mit der Wundversorgung fertig gewesen war.

Später kam die Familie wieder heim und das allabendliche Ritual des Essens wiederholte sich.
Als Nesrine beim Abendmahl verkündete, dass Julienne am kommenden Tage probieren dürfe, für eine Weile aufzustehen, freute diese sich innerlich wie ein kleines Kind.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 24. Aug 16, 21:22
Am nächsten Tag ließ Nesrine Julienne erst mal ausschlafen. Dann bereitete sie ihr ein kräftigendes Frühstück aus Brot, Butter, Wurst und zwei Eiern.
Als die Gardistin alles aufgegessen hatte, half Nesrine ihr, sich anzukleiden. Sie hatte ihre Hose und das Hemd gewaschen und geflickt.
Als es soweit war, dass sie hätte aufstehen können, war Julienne schon wieder schweißgebadet, ließ sich aber durch nichts und niemanden davon abhalten es zumindest zu versuchen.

Kurz darauf stand sie wackelig und schwach, aber mit einem triumphierenden Grinsen, vor dem Bett.

"Sehr schön.", sagte Nesrine. "Nun aber wieder ab ins Bett!"
Ihr waren die Schweißperlen auf Juliennes Gesicht nämlich durchaus aufgefallen...
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 24. Aug 16, 21:53
Zuerst wollte Julienne protestieren, doch dann überlegte sie es sich anders. Ein berechnender Grinsen huschte über ihr Gesicht und eine ihrer Augenbrauen zückte verräterisch.
"Isch ge'e ins Bett. WENN ich nach'er nochmal aufste'en darf!", lamentierte sie.
Dabei schenkte sie Nesrine ein geradezu wölfisches Grinsen.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 25. Aug 16, 08:46
Nesrine musste sich stark zusammenreißen, um nicht laut zu lachen. Schließlich jedoch grinste sie und nickte.
"Abgemacht.",  sagte sie und betrachtete zufrieden, wie Julienne wieder ins Bett kletterte. Sie bereitete nochmal ein paar kalte Wickel für die Gardistin zu und versorgte diese damit.
"Sag mal, wie heißt dein Pferd eigentlich?", fragte sie, während sie die Umschläge an Ort und Stelle legte.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 25. Aug 16, 09:05
"Mein Pferd?", Julienne stutzte.
"Isch nenne sie 'exe. Warum, ist sie 'ier?"
Die Gardistin wäre am liebsten wieder aufgestanden.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 25. Aug 16, 09:14
"Oui, sie steht bei uns im Stall.", bestätigte Nesrine.
"Sie ist kein einfaches Tier, nischt wahr?", meinte sie.
Erst heute früh hatte die Stute nach Bernard geschnappt, als dieser ihren Verschlag hatte ausmisten wollen. Schließlich hatte Nesrine das Pferd einfach aus dem Stall geführt, dann draußen aber Probleme bekommen, das unruhige Tier zu halten.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 25. Aug 16, 09:19
"Mon dieus, sie 'at doch 'offentlisch niemanden verletzt?", bangte Julienne.
"Sie kann sehr schwierig sein. Vor allem Männer kann sie nischt leiden...", sagte sie entschuldigend.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 25. Aug 16, 09:27
Nesrine grinste.
"Bernard 'atte 'eute morgen seine Freude mit ihr."
"Aber es ist nischts passiert.", fügte sie beruhigend hinzu, als sie Juliennes besorgtes Gesicht sah.
"Isch würde sie so gern auf die Weide bringen, aber isch 'abe Sorge, dass sie durschgeht...", sinnierte Nesrine.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 25. Aug 16, 09:31
"Sobald du es mir erlaubst, werde isch misch wieder um sie kümmern.", meinte Julienne und wunderte sich im selben Augenblick, dass sie gar kein Problem damit hatte auf die Erlaubnis Nesrines zu warten. Verwirrt sah sie die andere Frau an. Was passierte da?
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 25. Aug 16, 09:46
Nesrine bemerkte Juliennes Verwirrung. Auch sie war irgendwie unsicher in der Nähe der anderen. Aber es war kein unangenehmes Gefühl...

"Vielleischt morgen.", machte sie Julienne Hoffnung und wurde mit einem strahlenden Lächeln belohnt.


Am Nachmittag erlaubte sie Julienne, erneut aufzustehen. Mit ihrer Hilfe schaffte die Gardistin es bis zur Bank, wo sie sich beide hinsetzten.
"Und, wie fühlst du disch?", fragte sie Julienne.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 25. Aug 16, 09:50
"Ein bisschen wackelig.", gab Julienne zu und blickte dann sehnsüchtig zur Tür.
"Meinst du, wir schaffen es nach draußen? Isch wäre so gerne ein bisschen unter freiem 'immel..."
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 25. Aug 16, 09:59
Nesrine überlegte.
"Wenn du wieder zu Atem gekommen bist.", sagte sie.
Vermutlich wäre ein bischen frische Luft und die Sonne tatsächlich gut für die Kranke.
Sie stand auf, schnappte sich die andere Bank und ging nach draußen. Dort stellte sie das Möbel in den Kräutergarten.
Dann betrat sie wieder das Haus.
"Alles in Ordnung?", fragte Nesrine Julienne, was diese bejahte.
Also hakte die Schwarzhaarige die Gardistin unter und ging in kleinen Schritten mit ihr nach draußen.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 25. Aug 16, 11:01
Juliennes Gang war sehr vorsichtig. Sie hatte immer noch Schmerzen. Vor allem die Pfeilwunde an ihrer linken Hüfte machte ihr noch Probleme. Sie war sich sicher, dass das Geschoss bis zum Knochen durchgedrungen war und dort größeren Schaden angerichtet hatte, als man von außen sehen konnte. Sie hoffte inbrünstig, dass keine bleibende Behinderung daraus entstehen würde...

Draußen im Kräutergarten ließ sie sich von Nesrine auf die Bank helfen.
Julienne schloss die Augen und genoss die warmen Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 25. Aug 16, 11:22
Kurz darauf kam Nesrines hochschwangere Schwester Catherine mit ihrem Sohn Tammon zu Besuch. Nesrine begrüßte sie herzlich und stellte ihr Julienne vor.
Catherine kniff die Augen zusammen und blickte von ihrer Schwester zu der Gardistin und wieder zurück, sagte aber nichts.

Ihr Sohn Tammon löcherte Julienne inzwischen mit Fragen.
"Woher kommst du? Was machst du? Wohnst du jetzt hier? Kommst du uns auch mal auf dem Nebelhof besuchen?"
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 25. Aug 16, 11:30
Julienne lächelte und versuchte, den Wortschwall des Kleinen zu beantworten.
"Isch komme aus Goldbach und bin dort in der Garde. Ab und zu bin isch auch als Botenreiterin unterwegs.", erklärte sie.
Auf seine letzten Fragen antwortete sie: "Isch werde bald nach Goldbach zurück kehren. Aber wenn du mich einlädst, komme isch eusch gerne einmal besuchen."
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 25. Aug 16, 11:47
Tammon strahlte und wandte sich dann an seine Tante: "darf ich auf Jacques reiten?", bettelte der Kleine.
Nesrine lächelte und versprach ihm, das Maultier aus dem Stall zu holen. Sie sah, dass Catherine sich zu Julienne gesetzt hatte und ging, beruhigt, dass ihr Pflegling nicht alleine war, mit dem Jungen in den Stall.
Dort entdeckte Tammon sofort Juliennes Stute und rannte los, um das Pferd zu streicheln.
Nesrine machte zwei große Schritte und fing den Jungen ab, bevor dieser das Tier erreichen konnte.
"Vorsicht! Das ist ein schwieriges Pferd! Du darfst nicht an jedes Tier ge'en, das du siehst!", mahnte sie.
Tammon schob die Unterlippe vor.
"Aber isch wollte doch nur streicheln....", maulte der Kleine.

Nesrine schob das Kind weg und holte dann das Maultier aus dem Verschlag. Sie gab Tammon eine Bürste und begann, Jaques grob zu putzen. Als sie gerade die Hufe auskratzte, verdunkelte sich der Stalleingang.
Nesrine begann zu fluchen. Da stand doch tatsächlich Julienne am Arm von Catherine!
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 25. Aug 16, 12:10
Julienne ignorierte Nesrines Ausbruch und hinkte zu Hexe. Sie streichelte deren Kopf, nahm die Trense vom Haken und betrat den Verschlag. Sie zäumte die Stute auf und führte sie auf den Stallgang. Das Tier tänzelte und stubste ihre Reiterin heftig mit dem Maul an. Julienne stöhnte gequält und versuchte, nicht umzufallen, was Nesrine zu einer erneuten Fluchtirade veranlasste.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 25. Aug 16, 12:17
Nesrine traute ihren Augen nicht. Was, bei allen Göttern, machte Julienne da?!?
Sie fluchte und schnauzte die Gardistin an: "Bist du eigentlich von allen guten Geistern verlassen?!? Stell sofort das Pferd wieder zurück! Was glaubst du eigentlich, was du da machst?!? Ein Tritt und du reisst dir alle Wunden wieder auf!"
Sie ließ Jaques und den völlig verwirrten Tammon stehen und trat auf Julienne und das Pferd zu.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 25. Aug 16, 13:20
Hexe legte die Ohren zurück. Julienne nahm die Zügel kürzer und machte eine beschwichtigende Geste in Nesrines Richtung.
"Bitte beru'ige dich, sonst wird sie noch 'ibbeliger! Isch weiß schon, was isch tue."
Sie führte die Stute hinaus und versuchte, sie zu halten, als das Tier vor dem Stall anfing zu bocken.
"'exe!", schimpfte sie, doch das Pferd blieb weiter ungebärdig.
Es kam, wie es kommen musste: Hexe keilte übermütig aus, brachte Julienne aus dem Gleichgewicht und riss sich los. Quietschend und bockend rannte die Stute davon, während ihre Reiterin hilflos auf dem Boden lag.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 25. Aug 16, 14:36
Nesrine kam fluchend aus dem Stall gelaufen. Sie betrachtete Julienne kritisch.
"Kannst du aufstehen?", fragte sie besorgt.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 25. Aug 16, 14:54
"Es geht schon...", ächzte Julienne und versuchte aufzustehen.  Dass sie massive Schmerzen hatte, sagte sie nicht.
Sie nahm also Nesrines Hilfe dankbar an und stand dann sichtlich zerknirscht vor der Schwarzhaarigen.
"Es tut mir leid. Das war dumm von mir.", gestand sie ein.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 25. Aug 16, 15:24
Nesrine war außer sich.
"Es tut dir leid?!?", schnauzte sie, "Weißt du eigentlich, was alles 'ätte passieren können?!? Du 'ättest getreten werden können! Oder schlimmer; sie 'ätte disch überrennen können!"
Nesrine schüttelte den Kopf, um die gruseligen Gedanken loszuwerden. Nicht auszudenken, was wäre, wenn Julienne sich ernsthaft verletzt hätte. Reichte es nicht schon, dass sie ohnehin schwer krank war?
Der Gedanke brachte sie wieder auf 180.
"Ab ins Haus mit dir! 'eute kommst du mir nischt mehr aus dem Bett!", fauchte sie.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 25. Aug 16, 15:34
Julienne verstand nicht, warum Nesrine so böse auf sie war. In ihr regte sich Trotz.
"Kümmere du disch erstmal um Tammon!", gab sie angefressen zurück und wies auf den verstörten Jungen, der neben seiner Mutter im Stalleingang stand.
"Isch muss 'exe suchen!"
Wütend wollte Julienne davon stapfen, aber ihr Abgang wurde durch ihren langsamen, hinkenden Gang zunichte gemacht.
Insgeheim fragte sie sich, wie, bei allen Göttern, sie so hinter ihrem Pferd herkommen sollte.

Sie war gerade um die Ecke des Hauses gebogen, als sie hinter sich Hufschlag hörte.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 25. Aug 16, 16:02
Nesrine war kurzerhand auf Jaques gesprungen, hatte sich Tammon geschnappt und ihn vor sich auf den Rücken des Maultieres gesetzt. Dann trieb sie das brave Tier an und ritt Julienne hinterher.

Als sie diese nach wenigen Schritten eingeholt hatten, zügelte Nesrine Jaques.
"Jetzt werde doch vernünftisch.", sagte sie vom Maultier aus.
"Jaques, Tammon und isch werden deine Stute schon zurück bringen. Bitte leg disch wieder 'in!"
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 25. Aug 16, 19:10
"Aber...", begann Julienne, brach dann jedoch ab, nickte ergeben und hoffte, dass Hexe nicht zu viel Unfug anstellen würde. Die Gardistin hatte WIRKLICH Schmerzen und fühlte sich gerade ziemlich schlapp.
Sie ließ sich von Catherine ins Haus begleiten und legte sich dort ins Bett.
Dann erzählte sie Nesrines Schwester von ihren neuesten Abenteuern und wie sie hierher gekommen war.

"... und so brachte der Weibel misch 'her und ließ misch 'ier. An die ersten Tage kann isch misch nischt wirklisch erinnern, aber seit gestern geht es mir schon viel besser. 'eute bin isch zum ersten Mal aufgestanden."
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 25. Aug 16, 19:51
Nesrine ritt mit einem begeisterten Tammon durch den Weiler. Am Anger trafen sie auf den Burschen vom Großhof. Der Junge ließ dort die Ziegen grasen. Auf Nesrines Frage nach dem durchgehenden Pferd zeigte er in nördliche Richtung.

Nach gut einer halben Stunde Ritt sahen Nesrine und Tammon ein Pferd auf einer Lichtung grasen.
"Da, Nesrine, da steht es ja!", rief Tammon aufgeregt.
"Pssst, Tammon, sonst erschreckst du sie!", flüsterte Nesrine ihrem Neffen zu.

Die Stute blickte inzwischen zu ihnen herüber. Unruhig warf sie ihren Kopf hoch.

Nesrine ließ Tammon auf Jaques sitzen, glitt von dessen Rücken herunter und führte das brave Maultier mitsamt seinem kleinen Reiter auf das Pferd zu.
"Ru'ig Mädschen. Komm 'er, Julienne vermisst disch schon!", sprach Nesrine beruhigend auf die Stute ein.

Diese ließ die Frau mit dem Maultier und seinem kleinen Reiter näher kommen. Hexes Kopf war hoch erhoben, ihre Ohren spielten und sie hatte die Nüstern gebläht. Doch sie rannte nicht davon. Von ihrem Hals baumelte der zerissene Zaum.

"Komm 'er, meine Schöne, komm 'er...", lockte Nesrine und hielt der Stute ein Stück altbackenes Brot hin. Tammon hielt vor lauter Spannung die Luft an.

Das Pferd trat tatsächlich einen Schritt nach vorn und nahm mit langem Hals und spitzen Lippen das Brot von Nesrines Hand. Dann folgten zwei weitere Schritte und Hexe durchsuchte neugierig schnobernd die Taschen der Frau.

Nesrine griff ruhig nach dem zerrissenen Zaumzeug und führte die Stute von der Lichtung. Hexes kaputten Zügel in der einen, Jaques Führstrick in der anderen Hand ging es zurück zum Weiler.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 25. Aug 16, 20:11
Julienne saß auf dem Bett und machte sich Sorgen. Nesrine hätte schon längst wieder da sein müssen! Hoffentlich war da nichts passiert...
Sie kannte Hexes unberechenbares Wesen. Wie oft war sie zu Beginn selbst von ihr umgestoßen und immer wieder abgeworfen worden... Und wenn das Tier jetzt Nesrine etwas zu leide getan hatte... und der Junge war ja auch dabei!

Unruhig sah sie zu Catherine, doch diese schien sich keine Sorgen zu machen. Sie plapperte munter drauf los. Vom Nebelhof, auf den sie nach ihrer Hochzeit gezogen war, von Stephane, ihrem Mann und von dem Kind, das sie erwartete.
Auch vom Weiler erzählte sie Julienne. Dass es vier Höfe gab und im Weiler über 40 Menschen lebten davon die meisten auf dem 'Großhof'.

Schließlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, hörten die Frauen Hufgeklapper vor dem Haus. Catherine konnte Julienne gerade so davon abhalten, aus dem Bett zu klettern und Nesrine entgegen zu kommen.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 25. Aug 16, 20:42
Tammon kam ins Haus gerannt und erzählte plappernd, wie lange er ganz alleine geritten und nicht runtergefallen war. Und wie gut seine Tante mit der schwierigen Stute klargekommen war. Und dass sie sogar getrabt waren. Und dass er selbst dann überhaupt nicht runtergefallen war.

Catherine nahm ihren Großen liebevoll in den Arm und wuschelte ihm über den Kopf. "Ich bin stolz auf dich!", sagte sie.

Einige Zeit später kam auch Nesrine endlich rein. Sie hatte den kaputten Zaum von Hexe in der Hand. Als sie Julienne sah, hielt sie ihr das in Fetzen hängende Zeug vor die Nase.
"Das flickst du!", fauchte sie und klatschte der Gardistin die Trense auf die Beine. Dann wandte sie sich um, wusch sich die Hände und begann, das Abendessen zu zubereiten.
Catherine half ihr dabei und wenig später kam auch die Familie nach Hause.
Tammon wurde von seinen Großeltern und Onkeln liebevoll begrüßt und er erzählte allen von seinem Abenteuer.
Nesrine war weiterhin brummelig und Julienne, die zum ersten Mal am Esstisch mitsaß, nahm ihr Mahl mit gesenkten Augen zu sich.



Am späten Abend saß Nesrine vorm Haus auf der Bank im Kräutergarten und verzweifelte. Das heute war einfach zu viel gewesen. Sie hatte sich solche Sorgen gemacht!
Sie versteckte ihr Gesicht hinter ihren Händen und stöhnte leise auf.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 25. Aug 16, 20:49
Julienne trat leise zu Nesrine und legte ihr die Hand auf die Schulter. Dann zog sie mit der anderen Hand Nesrines Kopf gegen ihren Bauch.
"Bitte sei nischt mehr böse auf misch.", bat sie.

Die Gardistin hatte lange im Bett gelegen und auf die andere Frau gewartet. Als alle anderen dann bereits im Bett lagen, Nesrine aber immer noch fehlte, war sie einfach aufgestanden und hatte die andere dann vor dem Haus vorgefunden.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 25. Aug 16, 20:54
Nesrine ließ Julienne gewähren. Es fühlte sich gut an, den eigenen Kopf gegen den Bauch der Gardistin zu lehnen.
Sie atmete tief durch.

"Es wäre nischt so schlimm gewesen, wenn isch... wenn isch disch... ach, unwischtisch!", sagte sie verzweifelt.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 25. Aug 16, 22:13
Julienne wusste, dass das nicht stimmte und sie sprach Nesrine darauf an.


Die beiden Frauen saßen noch lange auf der Bank und sprachen über viele Dinge...

Dann, als der Mond schon weit über den Himmel gewandert war, gingen sie in trauter Zweisamkeit ins Haus.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 25. Aug 16, 22:59
Am nächsten Morgen schliefen sie so lange dass die Familie schon eine Weile aus dem Haus war.
Julienne hatte endlich kein Fieber mehr, aber vom gestrigen Tag tat ihr alles weh.
Nesrine nahm die Verbände ab, um zu sehen, ob irgendeine der Wunden den Sturz schlecht vertragen hatte, aber zum Glück schien dies nicht der Fall zu sein.
Dann machte sie Wasser heiß und half Julienne dabei, sich zu waschen.
Die Gardistin genoss das heiße Wasser und das saubere Gefühl auf der Haut sichtlich.

Am Nachmittag gingen sie gemeinsam in den Stall und sahen nach den Tieren. Julienne hinkte immer noch sichtbar und war etwas steif in ihren Bewegungen, hatte aber wenigstens weniger Schmerzen.

Dann verbrachten die beiden Frauen einige Zeit auf der Bank im Vorgarten.
Schließlich bereiteten sie zusammen das Abendessen zu und als Nesrines Familie vom Feld kam, standen Brot, Butter, ein verzierter Kuchen, in Kräutern gegartes Huhn mit Wurzelgemüse und ein frischer Salat auf dem Tisch.

Die Familie staunte nicht schlecht und bald verrieten die beiden Frauen auch den Grund; am kommenden Tage würden beide zur Burg Goldbach reisen. Julienne traute sich einen langsamen Ritt wieder zu und Nesrine hatte beschlossen der Garde beizutreten.

Besonders letzteres sorgte für einigen Aufruhr in der Familie. Doch Nesrines Entscheidung stand fest. Sie wollte da sein, wo Julienne war und die Garde erschien ihr eine gute Option.

"Wie wirst du 'inkommen?", grollte Bernard, dem die Sache neben der Mutter am meisten gegen den Strich ging. Schließlich verlor die Familie gerade eine wichtige Arbeitskraft, die auf dem Hof gebraucht wurde.
"Isch werde wohl laufen.", entgegnete Nesrine ruhig.
Da schaltete sich ihr Vater ein: "Du wirst nischt laufen. Du wirst Jaques mitnehmen. Er war ohne'in immer mehr dein Tier. Da ist es nur rescht, wenn du ihn mit zur Burg bringst."
"Aber...", warf die Mutter ein, doch Renoir brachte sie mit einer kantigen Handbewegung zum Schweigen.
"Wenn unsere Tochter in die Garde eintreten möchte, werden wir alles erdenkliche tun, damit sie einen guten Start dort hat.", brummte er.
"Isch 'abe leider nischts mehr von meiner Ausrüstung, das isch dir geben kann. Aber isch werde disch dennoch so gut ausstatten, wie es mir in der kurzen Zeit möglisch ist.", fügte er an Nesrine gewandt hinzu.

Diese hatte Tränen in den Augen. "Merci, mon pére."
Sie drehte sich zu Bernard und hob um Verständnis bittend die Hände. "Stell dir einfach vor, isch 'ätte ge'eiratet...", schlug sie vor.
Bernard machte nur "hmpf".
Pierre und Philippe hingegen waren ganz aufgeregt. Sie wünschten ihrer Schwester alles Gute und versprachen, sie und Julienne zu verabschieden.
Davon jedoch wollte Bernard nichts hören. "Ihr seid morgen auf dem Feld, die Ernte muss rein, da bleibt keine Zeit für so einen Quatsch!", schimpfte er.
Die jüngeren Brüder zogen die Köpfe ein, doch da meldete sich Nesrines Mutter resolut zu Wort: "Natürlisch verabschieden wir eusch!", sagte sie unter Tränen. "Das Feld läuft uns nischt davon, aber eure Schwester seht ihr vielleischt nie wieder!", fügte sie bitter zu Bernard gewandt hinzu.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 26. Aug 16, 00:52
Der nächste Morgen kam viel zu schnell.
Man hatte am Abend zuvor gut gegessen, viel gesprochen, gelacht, geweint und nicht zuletzt eine Menge dunkles Bier genossen.

Nun war es wieder hell und alle fanden sich vor dem Haus ein. Cornelia und Renoir standen Arm in Arm da, Bernard hielt sich schmollend etwas zurück, Pierre und Philippe wuselten herum und selbst Catherine mit Tammon war gekommen, um Julienne und Nesrine 'lebe-wohl' zu sagen.

Juliennes Stute Hexe - mit notdürftig geflicktem Zaum -  und Nesrines Maultier Jaques standen gesattelt und mit Packtaschen und Bettrolle beladen vor dem Zaun.
Während Julienne die Familienmitglieder abging und sich bei allen noch mal bedankte, kam Nesrine nicht so einfach davon. Ihre Mutter umarmte sie tränenreich  ("Aber Mamá, isch bin doch nur ein paar Tagesreisen weit weg!") und gab ihr eine Tasche voller Verbände, Kräuter und einigen Utensilien, die zuvor ihrer Mutter, also Nesrines Großmutter, gehört hatten.
Die Verabschiedung von Bernard fiel etwas kühl aus, doch auch er nahm Nesrine in den Arm.
Pierre und Philippe feixten und kitzelten ihre Schwester, bevor auch die beiden sie feste drückten und ihr viel Glück wünschten.
Danach wünschte auch Catherine ihrer Schwester alles Gute und Tammon fragte zugleich begeistert und bedrückt, ob seine Tante jetzt ein Ritter werden würde und ob sie jetzt für immer weg sei.
Nesrine schüttelte lächelnd ihren Kopf und erklärte ihm, dass sie in die Goldbach'sche Garde eintreten und mit Sicherheit auch mal zu Besuch kommen würde.
Zuletzt trat Nesrines Vater vor und drückte ihr einen Beutel in die Hand. "'ier, das wirst du brauchen. Grüße den Weibel von mir. Benimm dich gut und sei fleißig. Diskutiere nicht, wenn du Befehle erhältst. Mach mir keine Schande. Und pass gut auf Julienne auf!"

Die Gardistin lächelte, als sie letzteres hörte. Sie hatte den Alten recht gern gewonnen in der Zeit, die sie hier verbracht hatte.

Dann stiegen die beiden Frauen auf ihre Reittiere (Julienne brauchte Hilfe, was ihr ziemlich peinlich war), winkten noch einmal und ritten dann in nördlicher Richtung davon.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 27. Aug 16, 23:37
Die Reise ging langsam voran. Nesrine verlangte immer wieder Pausen, wenn sie sah, dass Julienne zu starke Schmerzen hatte.
Am Anfang diskutierte die Gardistin noch mit ihr, doch mit der Zeit nahm diese die Reiseunterbrechungen dankbar an.

Am ersten Abend kampierten sie in einem Heuschober. Sie bauten sich eine gemütliche Schlafstatt aus ihren Fellen und Umhängen und Nesrine nahm sich die Zeit, genauer in den Beutel zu schauen, den ihr Vater ihr mitgegeben hatte. Sie musste schlucken, als sie ein Paar Armschienen und ein Paar Beinschienen aus Leder entdeckte. Außerdem hatte sie ein Besteckset, einen Becher und eine Schale bekommen.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 29. Aug 16, 13:19
Am nächsten Morgen hatte Julienne Muskelkater, aber die Schmerzen waren weniger geworden. Dies führte die Gardistin auf die Salbe zurück, die Nesrine ihr zu jeder Gelegenheit auftrug. Nur die Hüfte und die Halswunde machten ihr noch erheblichen Ärger.

Sie kamen an diesem Tag gut voran. Zur heißesten Stunde machten sie Rast unter einigen Kastanien. Die Bäume trugen bereits kleine Früchte und das Laub begann, sich zu entfärben.

"Es wird 'erbst...", bemerkte Julienne, während sie ihr Mahl aus Brot, Käse, Wurst und Kuchen genossen. Die Stute und der Maultierwallach grasten unter den Bäumen im Schatten.

Am Abend kamen sie erneut in einer Scheune unter. Die Bäuerin brachte ihnen - dankbar für das Kupfer, das Julienne ihr gegeben hatte - etwas vom warmen Abendessen und je einen Krug wässriges Bier vorbei.

"Na, wenn das mal kein Entgegenkommen ist!", sagte Nesrine und stieß mit Julienne an.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Nesrine am 29. Aug 16, 13:29
Der nächste Tag war schwül und es türmten sich große Wolken auf.

"Das gibt 'eute noch was!", prophezeite Nesrine, als sie sich das Wetter ansah.

Julienne war heute blass und ritt mit verkniffenem Gesicht. Nesrine vermutete, dass ihr das Wetter und die Schmerzen zusetzten. Doch auf ihre Fragen antwortete die Gardistin immer, dass es ihr gut gehe. Nesrine zog ihre Stirn in besorgte Falten...

Am frühen Nachmittag kamen sie an eine kleine Siedlung mit einer Mühle. Nesrine beschloss kraft autoritärer Willkür, dass sie hier für die Nacht halten würden. Julienne stimmte widerwillig zu. Am nächsten Tag würden sie Burg Goldbach erreichen, hoffte sie.
Titel: Re: Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Beitrag von: Lilac am 29. Aug 16, 13:52
In der Nacht hatte es stark gewittert. Julienne war immer wieder erwacht und dementsprechend am nächsten Tag regelrecht gerädert.

Nichts desto trotz kamen sie recht gut voran. Die Wege waren nicht mehr staubig, sondern weich und einmal trabten sie sogar eine kurze Strecke. Dies nahm Hexe zum Anlass, ein, zweimal heftig auszukeilen, woraufhin Julienne sie streng maßregelte.

Am späten Abend tauchte Burg Goldbach endlich vor ihnen auf...