Forum des Engonien e.V.
Die Gebiete in Caldrien => Das Caldrische Imperium => Thema gestartet von: Mel am 12. Apr 11, 22:27
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Im Morgengrauen waren sie in Brega aufgebrochen, es war noch kühl und neblig gewesen, genau das passende Wetter für einen Trauerzug. Auch wenn Simon noch lebte, oder vielmehr dahin vegetierte, so kam es den Firngardern doch eher wie ein Trauerzug vor, war ihr Herr nicht bei Bewusstein und regte sich nicht. Nur sein gleichmässiges Atmen und der ruhige Herzschlag verrieten, dass er noch lebte.
Man bettete Simon in einem Wagen und einer der älteeren Ritter hisste das Banner mit der Harfe. Dann brachen sie endlich auf. Vorneweg die Ritter, gefolgt von ihren Knappen, dann der Wagen, in dem Simon lag, bewacht vom kleine Ewald, Lorainne liess ihr Pferd neben dem der Lavinianovizin hinterher trotten. Am ende folgten die Knechte.
Keiner blickte zurück, erst als sie die Grenze nach Ahrnburg überschritten hatten, riskierten einige einen Blick zurück, so als müssten sie sich vergewissern, dass sie jetzt tatsächlich in Caldrien waren.
Einige Tage ritten sie nach Norden, folgten dann nahe Donnerheim der Handelsstrasse, vorbei an dem Abzweig, der sie hätte nach Goldbach führen können, immer weiter nach Norden.
Bei jedem Halt kletterte Lorainne in den Wagen, flösste Simon etwas Wasser ein, abends einen tee mit einem kleinen schuss neldanischem brandy, in der hoffnung, wenigstens dieser könnte seine lebensgeister wiederbeleben.
Doch vergebens, wie auch die Gebete an Lavinia, die jeden Morgen und jeden Abend gemeinsam mit den Männern und der Novizin gesprochen wurden, denn auch sie wurden nicht erhört.
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Als sie endlich im Kloster in Blanchefleur ankamen, wurden sie schon erwartet. Eine paar Novizinnen wiesen den Männer ihre Quartiere zu, Simon wurde von ein paar Novizen in ein grosses geräumiges Zimmer getragen. Im Kamin brannte bereits ein Feuer und das Bett war mit frischem weissen Leinen bezogen worden, dass den beruhigenden Duft von Lavendel und anderen Kräutern verströmte.
Erinnerungen an Goldbach keimten in ihr auf, doch darum würde sie sich später kümmern.
Lorainne hatte darauf bestanden, ein Zimmer direkt neben dem von Simon zu bekommen und Leonie auch in unmittelbarer Nähe zu wissen. Ihr Zimmer war zwar deutlich kleiner und besass auch nicht einen so grossen kamin, geschweige denn ein weichens bett mit schweren vorhängen, aber lorainne war sich sicher, dass sie ihre kammer nur zum schlafen sehen würde.
Immerhin kannte sie den Klosteralltag, hatte sie hier doch einige Jahre verbracht, bevor sie zu Simon gegangen war.
Am liebsten hätte sie sich auf das Bett fallen lassen um endlich zu schlafen. Durch den wagen mit simons körper, waren sie auf der reise nur sehr langsam vorangekommen.
Als sie wieder zu den Männer stiess, waren sie alle gut versorgt gewesen, ebenso wie die tiorsnovizen, die kassos ihr als geleit mitgegeben hatte.
Sie alle waren äusserst gastfreundlich aufgenommen worden, auch wenn die novizen im äusseren gebäudekomplex quarteir bezogen hatte, erging es ihnen doch gut. Man hatte ihnen eigens eine wiese zugewiesen, damit sie ihre übungen abhalten konnten.
Die andachten waren für niemanden, ausser den geweihten lavinias verpflichtend und doch nahmen alle daran teil, was vermutlich auch daran lag, dass im anschluss daran das abendessen aufgetischt wurde.
Das essen war bescheiden, aber es schien jedem zu schmecken. Dazu gab es verschiedene fruchtnektare und verdünnten wein, sowie verschiedene arten kräutertee.
Im anschluss daran gab es, wie es jeden abend üblich war, weiteres programm, dass einen jeden die strapatzen des tages vergessen lassen sollte. Eine harfe wurde gestimmt und dann erklang eine wundervolle weise über die sehnsucht, die schönheit und die freude, wieder heimkehren zu dürfen. Selbst die tiorkrieger waren verstummt und lauschte höflich, während die meisten firngarder krieger andächtig zuhörten. Danach wurde noch geschichten erzählt oder gedichte vorgetragen, bis es zeit zum schlafen war.
Morgen würde sie die männer weiterschicken. Die firngarder weiter in ihr dörfer und die tiornovizen zurück zu kassos, natürlich mit einer kleinen spende für den tempel und seinen neuen orden.
Leise betrat sie Simons Kammer, wo eine der Lavinianovizinnen über ihn gewacht hatte. Leise setze sie sich an den kleinen schreibtisch und begann einen brief an isabeau lionceur, baronin von goldbach zu verfassen.
Schon nach wenigen minuten war der boden um sie herum unter weissen papierbällen verschwunden und noch immer hatte sie nicht die richtigen worte gefunden. Müde rieb sie sich die schläfen. Hatte ihre schwester, die hier mittlerweile hohepriesterin war, ihr nicht geraten, ihr herz sprechen zu lassen? Doch was sagte es? Lorainne versuchte in sich hinein zu hören, doch da blieb alles stumm. Also versuchte sie isabeau sachlich die letzten ereignisse zu schildern.
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Letztlich wurden es weniger schilderungen der kürzlich geschehenen ereignisse, als vielmehr eine kurze notiz mit der bitte, nach blanchefleur ins kloster zu kommen.
noch in der nacht suchte sie sich einen der schnellsten reiter uns schickte ihn nach goldbach:" sollte sie nicht dort sein, ist sie sicher an der seite der königin, in goldbach wird man wissen, wo sie sich aufhält. lass dich von nichts aufhaöten, hörst du? Wo auch immer sie sein mag, begibt dich auf den kürzesten weg dorthin!"
der bursche nickte und machte sich davon, pferd zu satteln und den auftrag zu erfüllen.
seufzend lehnte lorainne sich an die hauswand und zog ihr schultertuch fester um sich. um sich abzulenken, ging sie in die kleine bibliothek und blätterte ein wenig in den scheinbar unzähligen gedichbändern.
oft handelten sie von unerreichbarer liebe, den ritterlichen tugenden, heldenmut und nicht selten vom tod.
schon in der kindheit hatte sie gedichte und geschichten dieser art verschlungen.
plötzlich fiel ihr noch jemand ein, der solche dinge zu schätzen wissen würde.
sie ging in ihre kammer und suchte in ihren persönlichen dingen das buch heraus, dass ihr ihre mutter einmal geschenkt hatte. es war abgenutzt und einige seiten waren lose, aber es würde sicher einige grundlegende dinge vermitteln können und zugleich noch ein wenig die sprachkenntnisse fördern.
lorainne wickelte das buch ein und schickte am morgen einen weiteren boten nach tiefensee. schliesslich holte sie sich ein anderes buch aus der bibliothek und begann simon leise daraus vorzulesen.
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Nach einer Nacht auf der Straße traf die kleine Gruppe aus Reitern in Goldbacher Farben am Kloster ein.
Während einer der Soldaten an das Tor klopfte half der Kommandant der Baronin vom Pferd und führte sie in den Schatten.
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Umgehend wurde das Tor geöffnet und die Gruppe wurde in die äusseren anlagen geführt. sofort eilten Männer herbei, die sich um die Pferde kümmerten. Ein weiteres Tor wurde geöffnet und eine Gruppe Frauen trat heraus.
Eine löste sich aus der Gruppe, von weitem konnte man eine verblüffende Ähnlichkeit zu Lorainne feststellen, nur das diese Frau zierlicher gebaut war und ein freundliches, warmes Gesicht hatte.
Ohne Zögern schritt sie direkt auf die Baronin zu und knickste formvollendet." Bonjour Mademe, wir haben Euch bereits erwartet. Je suis Maguerite, la soeur de Lorainne. Bitte, folgt mir."
Sie führte Isabeau in ein Haus in der inneren Anlage und wies ihr einen bequemen Sessel am Fenster, mit Blick auf den Blumengarten zu.
"Bitten, nehmt Platz und stärkt Euch." Auf dem kleinen Tischen stand ein Tablett mit einigen Früchten und Gebäcken. Maguerite schenkte einen leichten Wein ein und steltte ihn in Reichweite der Baronin ab.
"Wünscht ihr Lorainne zu sprechen, oder wollt ihr als erstes nach Eurem Cousin sehen?"
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Isabeau begrüßte Maguerite mit einem Kuss auf die Wange und folgte ihr in das Zimmer. Sie zog die schweren ledernen Reithandschuhe aus und ignorierte die bereitgestellten Erfrischungen.
"Ich möchte als erstes wissen was überhaupt geschehen ist. Lorainnes Brief war... incomplet!"
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Maguerite seufzte.
"Sie hat lange nach den richtigen Worten gesucht um euch alles zu erklären, aber dann wollte sie es Euch nicht per Brief sagen. SIe kamen vor ein paar Tagen hier an, direkt aus Brega. Euer Cousin hatte hohes Fieber, die Reise war viel zu anstrengend. Ihr.. wisst von dem Duell?"
Maguerite trat neben die Baronin und schaute aus dem Fenster, um ihr eine kurzen Moment Ungestörtheit zu gönnen.
Dann sah sie sie wieder an:"Lorainne sagt, dass er seitdem nicht aufgewacht ist und sie weicht kaum von seiner Seite. Wir konnten sie nur überzeugen, ein paar Stunden zu schlafen, weil die Mutter Oberin persönlich über ihn wacht. Deswegen konnte sie Euch auch nicht empfangen."
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Isabeau nickte nur und sah ebenfalls aus dem Fenster in den Garten der so voll trügerischer Ruhe war. Sie stellte keine weiteren Fragen, sie kannte die Antworten bereits.
"Bringt mich bitte zu Simon de Bourvis."
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Maguerite nickte und führte sie durch einige Gänge in ein grosses und freundliches Zimmer, welches sie durchschritt und leise an die gegenüberliegende Tür klopfte.
Sofort öffnete sich die Tür und eine rundliche Frau in blau weisser Ordenstrachtmit der Lilie des Barons auf der linken Seite kam heraus.
Sie neigte das Haupt und stellte sich vor:"Bonjour mademe. je suis bernadette, la mére supèrieur." Dann trat sie einen Schritt zur Seite in liess die Baronin in en ebenso grosses helles Zimmer eintreten. In einem grossen Bett mit geöffneten Vorhängen lag Simon. Sein Atem ging schwach, aber gleichmässig, im zimmer rich es nach frischen Blumen und Frühling.
Die Oberin gab Maguerite ein Zeichen und diese stellte einen bequemen Stuhl an Simons Bett, damit die Baronin darauf Platz nehmen konnte.
Die Oberin sprach leise:"Setzt Euch an seine Seite und nehmt seine Hand, madame, dann wird er spüren, dass ihr hier seid."
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Isabeau begrüßte die Oberin angemessen und bedankte sich für den Stuhl.
Sie nahm darauf Platz und ließ ihren Blick über Simon schweifen. Seine Brust war bandagiert, das Gesicht eingefallen, die Nase stach spitz aus einem bleichen Gesicht hervor. Sie griff nach seiner Hand und erschauerte: sie war so kalt wie die eines Toten.
"Was sagen die Heiler?"
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"Sie sehen jeden Tag nach ihm, sein Zusatnd scheint stabil, allerdings hat er immer noch Fieber, dass ihn unruhig schlafen lässt, deswegen werden mehrmals täglich die Wasserschalen gewechselt, damit sie beruhigende Dämpfe verbreiten. Dass lässt ihn ruhig schlafen uns durch die Wadenwickel sinkt das Fieber, langsam, aber es sinkt. Er bekommt spezielle Malzeiten, die ihm entweder von Maguerite, Lorainne oder mir gegeben werden, damit er bei Kräften bleibt. Doch mehr kann man nicht für ihn tun, er muss aufwachen wollen. Die Wunden" sie deutete auf seinen Oberkörper, "verheilen sehr gut, die Verbände werden täglich gewechselt und die Wunden gereinigt, damit kein Wundbrand entstehen kann. Das Hauptproblem ist, ihn bei Kräften zu halten, damit er aufwachen kann- so er es denn will."
Leise öffnete sich die Tür ein weiteres Mal und Lorainne trat herein. Sie trug ebenfalls ordenstracht, allerdings- im Gegensatz zur Oberin und ihrer Schwester- ohne Schleier. Mit grossen geränderten Augen schaute sie die Baronin an, Furch, Verzweiflung und angst waren ihr ins gesicht geschrieben.
Ihre Worte kaum mehr als ein Flüstern:"Endlcih seid ihr da."
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Isabeau hörte den Ausführungen der Oberin zu, während ihr Blick auf Simons Gesicht fixiert war. Er war der einzige enge Verwandte, dem sie bedingungslos vertraute, der einzige zu dem sie immer offen hatte sprechen können...
Sie drehte sich um als sie die Tür hörte.
Als sie Lorainne erkannte öffnete sie nur die Arme in einer stummen Einladung ohne Simons Hand loszulassen.
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Lorainne kam näher und umarmte sie kurz, nicht in der Lage, den trost anzunehmen, aber ebenso wenig in der Lage, welchen zu spenden- zumindest nicht, bevor die Baronin alles wusste.
"Ihr solltet Euch etwas ausruhen. Am Ende des Ganges wird gerade das andere grosse Gästezimmer für Euch bereitet. Es ist zwar nicht ganz so luxuriös, wie dieses, aber ich dachte, ihr wollt in seiner Nähe sein. Und dann sollte ich Euch wohl alles erzählen."
Sie hatte leise gesprochen, um Simon nicht zu stören, obwohl sie wusste, dass er von Lärm ohnehin nicht aufgewacht wäre.
Die Oberin nickte:"Lorainne hat Recht, Baronesse, ihr müsst Euch ausruhen, sonst könnt ihr ihm keine grosse Hilfe sein. Wenn ihr ein grösseres Zimmer wünscht, wird Maguerite Euch das im oberen Stock bereiten. Ich habe jetzt noch einige Dinge zu tun, sollte etwas sein, lasst nach mir schicken, Maguerite wird im Nebenzimmer warten und Euch zur Verfügung stehen. Eure Magd werden wir in Eure Nähe einquartieren, aber die Männer haben leider keinen Zutritt zu den inneren Anlagen, da sie nicht zum Kloster gehören. Doch auf für sie ist gesorgt. Wenn ihr mich nun also entschuldigt?"
Sie legte die Hand auf Isabeaus Schulter und sprach einen kurzen Segen, bevor sie ging.
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"Lob sei Lavinia." murmelte Isabeau die traditionelle Antwort auf den Segen und lächelte der Oberin dankbar zu.
"Es ist noch nicht soooo lange her das ich in einem Laviniakloster gelebt habe, das Zimmer hier auf dem Gang wird reichen, vielen Dank. Die Magd wird das Zimmer bereiten, die Novizinnen sollten sich darum nicht kümmern müssen. Vielleicht könnt ihr dem Mädchen zeigen wo es frisches Wasser holen kann? Es wäre schön sich den Staub der Straße abwaschen zu können."
Auch wenn Isabeau viel zu gut erzogen war als das sie einer Laviniageweihten in ihrem eigenen Kloster Befehle erteilen würde, so war doch unmissverständlich das sie mit Lorainne alleine sein wollte.
Sie lächelte Maguerite dankbar zu und drückte Simon einen Kuss auf die Hand:
"Lorainne und ich sind im Garten, ma frere, wir kehren in kurzer Zeit zurück."
Isabeau stand auf und reichte Lorainne die Hand:
"Komm, mon chere, der Ritt war lang und einige Schritte an deinem Arm werden mir gut tun. Bitte."
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Lorainne reichte Isabeau ihren Arm und gab die Bitte an maguerite weiter, die sich unverzüglich an die arbeit machte. Eine junge rotharrige Novizin schlüpfte leise durch die Tür- sie würde über Simon wachen, während sie weg waren und Maguerite beschäftigt.
Dann machte sie sich mit Isabeau auf in den Blumengarten, wo neben Magheriten und Rosen auch Lilien gepflanzt waren, zu ehren des Barons, der der wichtigste Geldgeber des Klosters war.
"Komm, ich möchte DIr etwas zeigen." Daraufhin führte sie Isabeau in die Kapelle, in der für gewöhnlich Hochzeiten und Begrabnisse stattfanden. Gebete wurden hier nur an hohen Feiertagen gesprochen, ansonsten war die Kapelle eher ein Ort der zuflucht und der Inneren Einkehr.
Im ALtarraum standen stets viele Sträusse mit Blumen, die einen süsslichen Duft verströhmten. Warmes Sonnenlich fiel durch die Buntglasfenster herein, Lorainne zeigte auf eines der kleinen runden:"Sieh, das wurde erst küzlich fertiggestellt."
Besagtes Fenster zeigte eine Frau inmitten von Magheriten.
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"C'est splendide! St. Maguerite? Ich hätte nicht gedacht das man ihrer so weit im Norden gedenkt. Wer hat das Bild in Auftrag gegeben?"
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"Der Baron. Er gedenkt an alle Heiligen Lavinias. Hier im Kloster wird sie so oder so verehrt, wie alle anderen auch."
Mit einem kleinen Lächeln fügte sie hinzu:"Aber sie wird nicht so sehr wie in Goldbach verehrt. hier ist sie einfach nur eine Heilige, mehr nicht."
Obwohl sie noch immer Ränder unter den Augen hatte und blass war, sah sie doch nicht mehr so ruhelos aus. Die Atmosphäre in der Kapelle schien ihr gut zu bekommen.
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Isabeau seufzte:
"Ich werde meinem geschätzten Cousin einen Besuch abstatten müssen solange ich hier verweile. Ohne Zweifel hat man ihn bereits über meine Ankunft hier unterrichtet und alles andere würde von seiner Seite als Beleidigung aufgefasst werden. Erinnere mich daran später einen Boten mit einem Geschenk zu entsenden."
Ihrem Tonfall konnte man entnehmen das sie die Eigenschaften ihres Cousin Blanchfleur an jeder Ecke Beleidigungen zu wittern für sehr ermüdend hielt.
Sie nahm auf einer der Bänke Platz die für hohe Herrschaften im vorderen Bereich der Kapelle aufgestellt waren und kopfte auf den Platz neben sich:
"Komm her, mon chere, setz dich zu mir und erzähl mir was geschehen ist."
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Lorainne nickte und nahm neben ihr auf einer der Bänke Platz.
Für einige Momente herrschte absolute Stille, bis Lorainne leise begann zu sprechen:"Er schlug mich in Engonia zum Ritter, nachdem wir diese Akademie eingenommen hatten und ein Loch in die Mauern Engonias schlagen konnten. Dann hat er seinen Handschuh geworfen."
Ihre Stimmer begann zu zittern, also schwieg sie wieder für einen weiteren Moment, bis sie sich wieder unter Kontrolle hatte.
"Erst sind wir uns aus dem Weg gegangen, es herrschte ja immer noch der Pilgerfrieden, wir konnten also das Duell nicht austragen. Irgendwann waren wir irgendwie... Freunde. Wir konnten uns nicht nur aus dem Weg gehen, so sehr wir uns bemühten, man trifft ständig aufeinander. Also arrangierten wir uns- wir sprachen einfach nicht drüber, tranken zusammen, lachte. Wir genossen einfach die Zeit, die uns noch blieb."
Ihre Stimme war zwar fest, doch rannen ihr nun Tränen über ihr Gesicht, es war als wäre sie bisher am abgrund entlanggestolpert, aber jetzt stürzte sie hinab.
"Nachdem der Pilgerzug offiziell aufgelöst war, verabredeten wir uns für Mitternacht. Es war die dunkelste Stunde, für uns beide. Maitre Goris errichtete einen Schutzkreis um uns, zuviele wollten sich einmischen und es verhindern, so konnte niemand eindringen. Eigentlich wollten wir beide nicht kämpfen, aber er forderte vor dem Duell noch, dass dies ebenfalls ein Gottesurteil sein sollte. Wenn ich überlebe, dann ist die Ehre meiner Familie wieder hergestellt. Die Kirchen haben es anerkannt, ich warte nur noch auf das Schriftstück aus Donnerheim."
Ihr Blick verlor sich irgendwo.
"Ich war ihm weit unterlegen, verlor mein Schwert, als ich stolperte und er stand über mir, das Schwert hoch erhoben. Er sagte noch, dass es nicht wehtun würde, der Tod käme schnell.."
Ihr Stimme brach endgültig und ihre Schultern bebten. Lautlos weinte sie.
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Mit steinernem Gesicht nahm Isabeau Lorainne in den Arm und bettete ihren Kopf in ihren Schoß. Sanft strich sie ihr über das Haar und hielt sie einfach nur fest bis sie die Kraft gefunden hatte um weiter zu sprechen.
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Lorainne befreite sich aus der Umarmung, sie konnte Berührungen gerade nicht ertragen, alsi stand sie auf und brachte so etwas Distanz zwischen sich und die Baronin.
"tut mir leid, eigentlich sollte ich mittlerweile über meine Gefühle herrschen können und mich nicht von ihnen beherrschen lassen."
Sie rieb energisch die Tränen fort und erzählte weiter, während sie unruhig mit dem Ring ihrer Mutter spielte.
"Er zögert, und ich ebenso. Dieser Augenblick schien eine Ewigkeit zu dauern und noch viel länger. Erst als sein Schwert niedersauste, ergriff ich mein Schwert und versuchte mich zu verteidigen. Ich wollte nicht sterben, ich wollte.... aber ich hieb es in seine Seite. Und er... dieser.. dieser.." Sie schluckte eine Verwünschung hinunter, es ziehmte sich nicht in dieser Situation und an diesem Ort zu fluchen.
"Er zog mein Schwert förmlich in sich hinein, er versuchte ihn zu stützen, damit er das nicht... aber das funktionierte nicht, also stiess ich ihn weg und hielt mein Schwert umklammert, riess es aus ihm heraus und überall... Er blutete so stark, war aber noch bei Bewusstsein und sprach noch. Er sagte mir..." Lorainne lächelte glücklich, ihr Blick war in weiter Ferne, doch unaufhörlich rannen Tränen über ihre Wangen, als sie an Simona Worte dachte. Ich wünschte, Du wärst meine Tochter.
"Jeder forderte von Maitre Gorix, dass er den Schutzkreis fallen lassen sollte, aber er hielt seinen schwur, den er uns gegeben hatte. Er hielt ihn solange aufrecht, bis einer von uns ohnmächtig wurde und zog damit den Zorn einiger Umstehenden auf sich, aber er hielt sein Wort. Als der Kreis fiel, riss mich Jelena von ihm fort, aber ich wollte nicht gehen. Ich weiss nicht mehr, was sie alles gesagt hat und es gab Momente, da habe ich sie verwünscht, dafür, dass sie mich von ihm fern hielt. Aber ihre Worte, ihre Anwesenheit, ich weiss nicht was es war, es beruhigte mich ungemein. Ich war wieder fähig, klare Gedanken zu fassen. Priester, Heiler, alle taten ihr Bestes, aber es hat nicht gereicht."
Lorainne hob den Kopf und schaute Isabeau nun direkt an:"Sie meinen alle, dass er in diesem Zustand nicht lange durchhält und das es menschlicher wäre, seinem Leid ein Ende zu machen. Aber das kann ich nicht. Es wäre so, als würde ich meinem Vater einen Dolch ins Herz stossen, denn Simon war mehr mein Vater, als mein eigener. Simon war meine Familie."
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Isabeau hatte die Augen geschlossen und den Kopf zurückgelehnt während sie Lorainne zuhörte. Die Trauer grub tiefe Furchen in ihr Gesicht, doch die Tränen ließen sie seltsam jung wirken.
"Der alte Fuchs..." sie schüttelte den Kopf und blickte Lorainne wieder an.
"Niemand sollte den Göttern in ihr Handwerk pfuschen. Simon hat ein Gottesurteil ausgerufen und das Ergebnis dieses Urteils muss respektiert werden. Wenn es also Lavinia nicht gefällt ihn zu sich zu nehmen, dann ist es auch nicht an uns seinem Leben ein Ende zu bereiten."
Sie nahm ein Taschentuch aus ihrem Beutel und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
"Simon war nicht deine Familie, Simon IST deine Familie. Er ist noch da. Ich weiß nicht ob er wieder aufwachen wird. Ich weiß auch nicht wie lange er schlafen wird. Aber noch ist er nicht tot. Und du bist es auch nicht."
Sie warf einen Blick auf den Habit der Laviniaschwestern, den Lorainne angezogen hatte.
"Du bist nun Chevalier Lorainne de la Follye des Joux, Ritterin des südcaldrischen Imperiums. Simon hat den Namen deiner Familie mit seinem Blut reingewaschen, also zeige dich seines Blutes und deines neuen Standes würdig."
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"Südcaldrisches Imperium?" Lorainne schüttelte den Kopf und ging zurück zu Isabeau, die vor Trauer wie gelähmt schien.
Er durch den Versprecher bemerkte sie, wie schlecht es ihr eigentlich ging. Unter normalen Umständen wäre so etwas nie passiert, Isabeau war stets eine beherrschte Person, die ihre Gedanken beieinander hatte.
Also legte Lorainne ihr von hinten vrsichtig die hand auf die Schulter, ängstlich, Isabeau würde sie letztlich doch wegstossen.
"Ihr habt recht, er ist meine Familie und wird es immer sein. Ebenso wie ihr. Gleichgültig ob er stirbt, sein Tod würde daran nicht ändern. Aber ich bin froh, dass wir die Meinung teilen, ihn.. schlafen zu lassen, bis Lavinia ihn uns wiederbringt."
Lorainne klang viel befreiter, erleichtert, dass diese Last von ihr genommen wurde.
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Isabeau tätschelte ihre Hand und hing einen Augenblick lang ihren Gedanken nach. Schließlich warf sie einen Blick aus dem Fenster:
"Es wird schon werden, Lorainne. Es muss..." oder ich verliere den Einzigen Rückhalt in der Schlangengrube des neuen kaiserlichen Hofes...
Isabeau räusperte sich:
"Ich muss mich frisch machen und den Boten nach Blanchfleur senden wenn er heute noch ankommen soll. Warst du bereits zu Hause? Du solltest in Erfahrung bringen was du alles benötigst um la Follye des Joux wieder instand zu setzen."
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"Es wird, schon werden, es muss." lorainne nickte und reichte ihr den Arm, um sie in ihr Gemach zu bringen. isabeau stütze sich schwerer als zuvor auf sie.
Es war bereits ein Bad eingelassen worden in dem Blütenblätter schwammen. Einige Novizinnen schleppten Eimer mit warmen Wasser herbei.
"Nein, ich war noch nicht zu hause, mir grauts noch ein wenig davor. Ausserdem möchte ich Simon nicht alleine lassen. Bevor ich La Follye instand setzen kann, muss ich erstmal meinen überaus netten Nachbarn von dort vertreiben, denn nur dann wird es wirklich mir gehören. Aber jetzt geniesst erst Euer Bad, wir sehen uns dann zu Abendandach und zum Essen. Es ist hier ähnlich wie in Goldbach.... also ruht Euch bis dahin etwas aus, ein Bote wird dann gleich zu Euch geschickt werden."
Damit drückte Lorainne der Baronin noch einen leichten Kuss auf die Wange und verschwand in Simons Kammer, wo sie sich an sein Bett setzte und im von dem Gespräch erzählte.
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Isabeau ließ sich seltsam widerstandslos zu dem Zimmer führen welches für sie vorbereitet worden war. Sie begriff das Lorainne das Gefühl haben musste Kontrolle zu haben. Für's erste wollte sie nachsichtig sein und ihr zugestehen sie wie eine unmündige alte Frau zu behandeln.
Nachdem Lorainne verschwunden war, ließ Isabeau sich aus den verstaubten Reisegewändern helfen und sank mit einem dankbaren Seufzer in das warme Wasser. Ein Paravent wurde vor den Zuber gestellt und kurze Zeit später hörte man das Räuspern einer Frau:
"Madame? Ich bin Arianne de Triste, ich bin Scriptorin. Man sagte mir ihr benötigt meine Dienste?"
"Ich habe eine Depesche an den Baron zu diktieren, gebt mir Bescheid wenn ihr bereit seid."
Man hörte das Scharren des Stuhls auf den Holzdielen und kurze Zeit später einen zustimmenden Laut der Ordensschwester.
Isabeau sammelte ihre Gedanken und begann:
"Ma chere Cousin, bestürzende Ereignisse führen mich in Eure Lande..."
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kurz nach Sonnenuntergang klopfte es an der Tür und man hörte ein gedämpftes "madame baronesse? darf ich reinkommen?"
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"Oui!"
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Durch einen kleine Türspalt erschien Maguerites Kopf, wohl um sich zu vergewissern, dass die Baronin wirklich bereit war, sie zu empfangen.
Schliesslich trat sie ein und knickste.
"Madame, wollt ihr das Essen zusammen mit den Klosterangehörigen in der grossen Halle einnehmen? Lorainne hatte angedeutet, dass Ihr das in Goldbach ähnlich handhabt? Ausserdem fragt la mere superior an, ob ihr uns die Ehre geben würdet, den Segen stellvertretend für uns alle anzunehmen? Dann würde ich Euch mit den hiesigen Gepflogenheiten vertraut machen."
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"Ist es schon so spät?"
Isabeau schien über ihrer Korrespondenz in Grübeleien versunken zu sein und sah nun überrascht aus dem Fenster in die Dämmerung. Sie fuhr sich über das frisch geflochtene Haar und straffte sich:
"Ja. Ja, ich würde gerne mit euch allen zu Abend essen. Bitte sagt La mere superior das ich mich geehrt fühle. Sie soll sich bitte keine Mühe machen, ich bin ein Gast wie jeder andere."
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"Ah non, baronesse, sie macht sich damit keinerlei mühe. Der Segen wird jeden Abend vor dem Essen ausgesprochen und normalement nimmt eine von uns diesen an und.. reicht ihn an die anderen weiter. La mere superior küsst diejenige, die ihn annimmt auf die Stirn- was die Starke Bindung einer Mutter, also Lavinia, mit den Kinder, uns, symbolisieren soll. Danach trägt sie, also nicht la mere, denn sie spricht ja den segen aus, ein Glas um den Tisch, aus dem jeder trinkt. Auch das symbolisiert die Familie. Es ist immer eine grosse Ehre, die zu sein, die den Segen empfängt, aber in Eurem Falle ist es eine Ehre pour la mere, den Segen über Euch sprechen zu dürfen und uns wäre es eine sehr grosse Ehre, den Kelch von Euch gereicht zu bekommen."
Maguerite machte eine kleine Pause, um dann ihr nächstes anliegen vorzutragen.
"Anschliessend sitzen wir noch lange in der Halle, es werden Gedichte oder Geschichten vorgetragen oder zusammen musiziert. Manchmal, zu besonderen anlässen wird sogar getanzt. Vielleicht wollt ihr dann etwas von Goldbach erzählen? Ich meine, wie es da ist, das Leben an Eurem Hof und wie ihr Lavinia verehrt? Lorainne erzählte, ihr habt zu ehren von st. maguerite einen grossen Garten mit Magheriten angelegt?"
Dann fiel ihr Blick auf die vielen Schriftstücke.
"verzeiht, ihr habt sicher noch zu tun. Lasst es mich später einfach wissen, ob ihr den Segen annehmen wollt, oui?"
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"Naturellemente, es wird mir eine Ehre sein den Segen zu empfangen."
Sie winkte ab, als Lorainnes Schwester auf die Briefe zeigte.
"Nichts davon ist wirklich wichtig. Es kann warten. Wann wird das Abendessen gereicht?"
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"in ungefähr eine halben Stunde finden wir uns alle in der Halle ein. Euer Paltz wird am Kopf der Tafel sein, neben der Mutter Oberin. Ich hoffe, sonst ist alles zu Eurer Zufriedenheit?"
Maguerites Mimik und Gestik verrieten eindeutig ihre Verwandtschaft mit Lorainne, wobei Maguerite deutlich mehr selbstsicherheit ausstrahlte, auch, als sie jetzt etwas persönlicher wurde: "Habt ihr mit Lorainne schon über die weitere handhabe bezüglich Eures Cousins gesprochen? Wollt ihr ihn mit nach Goldbach nehmen, oder soll er doch nach Bourvis gebracht werden? Das hatte Lorainne ursprünglich geplant, doch sein zustand war... schlecht, so dass sie ihn erst hierher brachte, damit er sich ausruhen kann."
Plötzlich schien sie zu schwanken, ob sie Isabeau das weitere anvertrauen sollte:" er ist in einem seltsamen Dämmerzustand, nicht wach, aber er schläft auch nicht wirklich. Als ich neulich auf ihn aufpasste, hat er Euren Namen geflüstert und dass ihr auf Euch aupassen solltet, wenn irgendetwas über die Droor kommt. Ich glaube, er sprach vom Krieg, aber ich bin mir nicht sicher."
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"Ich weiß nicht wie Lorainne vor dem Krieg war, Marguertite, oder wann ihr das letzte Mal längere Zeit mit ihr verbracht habt. Aber seit den Feuern von Brega ist sie verschlossen. Sie redet selten drauf los. Ich habe das Gefühl manche Antworten mit glühenden Zangen aus ihr heraus zwingen zu müssen..."
Isabeau seufzte und erhob sich um an das Fenster zu treten. Die Abend waren immer noch kühl und sie schauerte im Luftzug.
"Ich denke Simon ist in seinen Erinnerungen gefangen. Vielleicht wäre das eine Art ihm zu helfen? Aber wer könnte in seinen Geist blicken? Sicherlich würde die Mutter Oberin einen Laviniageweihten kennen, der solche Meisterschaft in der Heilung erlangt hat, oder?"
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"Das letzte Mal Zeit miteinander verbracht... Bevor sie zu Simon ging, als Antoine. Sie mag verschlossen sein, mehr als vor dem Krieg, aber es geht ihr gut und sie ist glücklich. In jedem ihrer Briefe sprach sie von Simon und Euch, nie vom Krieg, denn das gehörte nicht zu ihrer Familie..." Maguerite wischte die Vergangenheit beiseite.
"Der Krieg war für niemanden leicht, selbst hier soweit im norden nicht. Es gab eine grosse hungersnot, der vor allem die Kinder zum Opfer fielen, natürlich haben viele Frauen ihr Männer, ihre Ernährer im Krieg verloren, aber sie gingen alle freiwillig fort, die Kinder nicht. Leider konnten wir zu wenigen helfen. Damals kam ein Heiler, aus dem anderen Laviniakloster zu uns, das, in dem die Männer lebten. Eine Mutter hatte der Tod ihrer Säuglings so sehr getroffen, dass sie in einen ähnlichen Zustand verfiel wie Euer Cousin, nur dass ihre Augen geöffnet waren und sie nur noch vor sich hinstarrte. Zwei Tage hat es gedauert, bis sie reagierte, einen weiteren, bis sie begann zu weinen. Ich weiss nicht, ob er etwas ausrichten kann, aber man könnte es versuchen. Sonst bliebe vielleicht noch diese Heilerin... Lorainne erwähnte ihren Namen, aber ich habe ihn leider vergessen. Zumindest scheint meine Schwester sehr grosse Stücke auf sie zu halten- sie sagte einmal, dass diese Heilerin für jeden Kranken Geist ein Rezept hätte und wenn es nur das Zuhören und das Verständnis sei. Sie war wohl mit im Krieg- wohl auch in Brega. Das könnte eine weitere Möglichkeit sein."
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Isabeau schüttelte bekümmert den Kopf:
"Das Leid der Zurückgebliebenen ist ein anderes als das der Zurückgekommenen. Aber nun, sie wird sprechen wenn sie soweit ist. Ich bin bereit Simon mit nach Goldbach zu nehmen. Aber ich werde ihre Wünsche respektieren. Ich werde nach dem Abendessen mit ihr darübersprechen. Sie muss sich um La Follye de Joux kümmern, der Sommer wird kurz sein. Wenn ihre Gedanken nicht bei der Sache sind läuft sie Gefahr das Rittergut zu verlieren."
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"Sie wird es nicht verlieren, dafür hängt sie viel zu sehr daran. Mehr als alle anderen, sie würde alles tun, um es halten zu können. Wie dem auch sei, früher oder später wird sie sich darum kümmern müssen, nur leider bezweifel ich, dass diese Sache unblutig verlaufen wird.
Ihr grösstes Problem ist, dass sie wohl nicht weiss, was sie mit Simon machen soll. Ich weiss, dass sie es nach hause zieht, aber sie will auch Simon nicht alleine lassen" Ratlos zuckte Maguerite die Schultern.
"zumindest hat es ihr sichtbar gutgetan, dass ihr hier seid. aber nun wollen wir uns zum abendessen begeben. benötigt ihr noch etwas? ich muss mich nämlich leider verabschieden und bei den vorbereitungen helfen."
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Die Baronin schüttelte nur den Kopf und verabschiedete Marguerite mit einem dankbaren Lächeln.
Rechtzeitig machte sie sich auf den Weg ins Refektorium und nahm nach Aufforderung durch die Oberin neben ihr Platz. Sie lauschte andächtig als diese den Segen erteilte und nahm den Kelch in Empfang. Sie ging reihum und reichte den anderen Frauen am Tisch den Becher mit einem gemurmelten "Lavinias Segen über dich."
Nachdem sie die Runde beendet hatte nahmen alle Platz und es wurde das Abendessen aufgetragen.
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Jede der Nivizinnen und höher Geweihten nahm den Kelch mit einem Lächeln entgegen und erwiderten auf die Worte der Baronin stets dasselbe:"Und in Deinem Herzen".
Nach dem Essen, stand die Oberin auf und klatschte in die Hände:"Mes enfants, lasst uns nun Lavinias Künste ehren. Laurence wollte uns etwas vorsingen, Muriel, möchtest Du sie auf Deiner Laute begleiten? Und vielleicht möchte noch jemand etwas dazu beitragen, ein Gedicht, eine Geschichte?"
Muriel holte die Laute, Laurence begann leise zu singen, eine Weise, von einem jungen Ritter, der unter dem Kirschbaum seine Liebste traf und sie werben wollte. Doch zuvor hatte er viele Prüfungen zu bestehen.
Andere, die weniger musisches Talent besassen, holten sich Stickzeug, oder malten. Wieder andere räumten den Tisch ab.
Auf einen Wink der Mutter Oberin setzte sich Lorainne zu ihr und der Baronin.
Die Oberin wandte sich nun an die beiden:"Geniesst diesen Abend, Lorainne, Du bist selbstverständlich von Deinen heutigen Pflichten befreit. Leonie wird heute Abend an Simons Seite verweilen und Maguerite hat sich angeboten Deine Aufgaben zu übernehmen. Also lasst Lavinia in eure Herzen und vergesst die trüben Gedanken, oui?
Madame baronesse, möchtet ihr uns später vielleicht noch erzählen, wie Lavinia in Goldbach verehrt wird? Ich denke, meine Kinder sollten sich in den Gebräuchen ihrer Verehrung weiterbilden, und da wir das nun die Chance haben, das aus erster Hand zu erfahren?!"
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Isabeau lächelte zuvorkommend und entschied sich den konstanten Fehlgebrauch ihres Titels nicht zu korrigieren. Sie ging davon aus, dass es niemandem bewusst war, dass sie permanent lediglich als adlige Tochter eines Barons angesprochen wurde und nicht als Baronin selbst.
Lektionen in Demut... dachte sie amüsiert und nickte als sie die Frage der Oberin hörte:
"Es wird mir eine Freude sein von unseren Bräuchen und Feiern zu berichten. Anschließend erbitte ich mir jedoch etwas Zeit mit Lorainne alleine. Es müssen Entscheidungen getroffen werden."
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Die Oberin nickte verständnisvoll:"Naturalement. Am besten setzut Ihr euch in die Bibliothek, wenn die Nacht kühl wird, ist dies der behaglichste Raum. niemand wird Euch stören."
Dann lehnte sich auch die Oberin entspannt zurück, nippte gelgentlich an ihrem dünnen Wein und lauschte Andächtig der Weise.
Nur aus den augenwinkeln beobachtete sie zwischendurch die beiden Frauen, die Simons Familie waren.
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Isabeau lehnte sich zurück und lauschte dem Harfen- und Lautenspiel. Es war bereits Wochen her das sie einen Abend in netter Gesellschafft und bei Musik verbracht hatte. Es war dringend an der Zeit einen Harfner für ihren Hof zu finden.
Als die Reihe an sie kam setzte sie sich zurecht und begann mit einer sorgsam modulierten Stimme die Legenden der Lavinia zu erzählen, die in Goldbach den Glauben und die Gebräuche dort geprägt hatten.
Sie war eine gute Rednerin und sie mochte es Geschichten zu erzählen, das sah man ihr an. Ihre Hände vollführten grazile Gesten und ihre Augen funkelten als sie von Saint Marguerite erzählte oder wie Lavinia beim Tanz das Geschmeide Alamars zerbrochen hatte und es nun als Bernstein segensreich an den Küsten Goldbachs angespült wurde.
"Bald schon begeht Goldbach einen der wichtigsten Feiertage der Lavinia. Die Vorbereitungen dazu werden schon getroffen. In der Nähe der Burg gibt es in einem kleinen Wäldchen einen Weiher. Er ist nicht besonders groß, aber wunderschön und nahezu kreisrund. Die Legende besagt, dass Lavinia in einer sommerlichen Vollmondnacht auf diesen Weiher traf. Durch die Lichtung stand der Mond genau über dem Wasser und seine Strahlen spiegelten sich auf magische Weise darin. Es sah so aus, als ob der Mond für eine Nacht auf die Erde herabgestiegen war um ihr Gesellschaft zu leisten. Lavinia war so vergnügt über diesen Anblick das sie laut lachte. Ihr Lachen zog die Menschen zu diesem Ort und sie sahen wie die lichte Göttin im strahlenden Licht des Mondes über die Wasser tanzte. Sie segnete die Männer und Frauen die gekommen waren mit ihrem Anblick und man erzählt sich, dass mehr als ein hübsches Kind in jener Nacht gezeugt wurde."
Isabeau lächelte verschwörerisch als sie das nervöse Kichern der jüngeren Novizinnen hörte.
"Jedes Jahr, in den Vollmondnächten nach der Sommersonnenwende, zieht der gesamte goldbachsche Hof in Pavillons um, die nur für diesen Zweck erbaut worden sind. Die Feiern zu Ehren Lavinias dauern drei Nächte. Die Tage werden genutzt um sich auszuruhen und zu baden, es wird gepicknickt und gefaulenzt. Wenn die Dämmerung einsetzt, dann entzündet ein jeder eine Kerze, welche nur in diesen Nächten brennt. Der Schein der Kerzen und des vollen Mondes ist das einzige Licht und so wundert es natürlich nicht, wenn sich jemand im Pavillon irrt oder aber aus dem Wald nicht wieder herausfindet, bis die Sonne am nächsten Morgen wieder aufgeht, n'est-ce pas?"
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Noch mehr Gekicher war die Antwort, und Lorainne lächelte und versuchte nicht zu erröten. Sie musste daran denken, wie sie vor kurzer Zeit zum ersten Mal wieder in das Kloster gekommen war, nachdem sie es verlassen hatte, um Simon zu dienen. Die jungen Novizinnen hatten sie mit Fragen überhäuft, wie viel nackte Männer sie gesehen habe und ob Krieger wirklich so stattlich gebaut seine, wie man es sich erzählte.
Sie schuate zu Isabeau, die ihre Rolle zu geniessen schien, fast war es wie in Goldbach, selbst die Mutter Oberin lachte bei den geschichten.
schliesslich war es Zeit, die Tafel aufzuheben, so dass sich jeder auf die nachtruhe vorbereiten konnte.
Die Oberin beugte sich zu Isabeau:"Ich werde jetzt nach Eurem Cousin sehen, wenn Ihr wünscht, könnt Ihr euch mun mit Lorainne zurückziehen, ich werde derweil nach Eurem Cousin sehen. Bonne nuit!"
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"Bonne nuit."
Isabeau verabschiedete sich lächelnd und hielt Lorainne die Hand hin. Sie sah, dass die Ritterin erst noch mit sich debattierte ob sie Simon wirklich alleine lassen konnte, aber schließlich gab sie sich einen Ruck und nahm Isabeaus Hand.
Die Baronin hakte sich bei Lorainne unter und gemeinsam gingen sie die paar Schritte bis zur Bibliothek. Jemand war so aufmerksam gewesen und hatte das Feuer geschürt, so dass die klamme Nachtluft draußen blieb.
Isabeau ließ sich in einen der gemütlichen Sessel nieder und beobachtete Lorainnes Gesicht.
"Ich bin bereit Simon mit nach Goldbach zu nehmen."
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Lorainnes Gesicht war ein wenig vom Wein gerötet, sie sah völlig entspannt aus. Selbst nach Isabeaus Eröffnung veränderte sich ihr Gesichtsausdruck nur minimal, da sie die zähne aufeinanderpresste, was man im feuerschein aber nur mehr erahnen konnte.
Viel mehr verriet ihr "Aha", was in diesem Moment in ihr vorging.
Dann hatte sie sich gefangen und sie nahm Isabeau gegenüber Platz.
"Ich weiss, dass es sicher das Beste ist, er hätte seine Familie um sich, wäre wohlversorgt, aber, Bourvis ist sein zu Hause, ausserdem hat er dort seine Kameraden und..." `mich`wollte sie sagen- sie wusste, für Isabeau war es genauso schwer, wie für sie. Allein der Gedanke, Simon zu verlieren...
"In Bourvis hat er Menschen, die im näher stehen, als jene in Goldbach- abgesehen von Euch.."
Sie rang mit sich, das hätte man nun auch im Dunkeln erkennen können.
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"Und es liegt nur einen kurzen Ritt von Follye des Joux entfernt, nicht wahr?"
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"Das auch. Vor allem jetzt, wo ich endlich rechtmäßige Erbin bin. Allerdigs wird de Roquefort nicht freiwillig gehen und La Follye aufgeben, dazu ist es zu reich. Ich weiss, dass die Männer aus La follye mich unterstützen würden, zumindest der Grossteil von Ihnen und besonders jene, die mit im Krieg waren. auch von Simons Leuten haben mir ein paar ihre Unterstützung zugesichert. Dennoch, de Roquefort hat viel Macht und ich weiss immer noch nicht, wie er diese Intrige gegen meine Familie gesponnen hat, und nur, weil ich jetzt rechtmäßige Erbin bin, heisst das nicht, dass man uns wieder Vertraut und wir beim Baron willkommen sind- er beugt sich auch nur dem Gottesurteil."
Lorainne machte ein wegwischende Handbewegung:" Damit werde ich mich befassen, wenn Zeit ist. Meine erste Sorge gilt jetzt meinem Va.. Simon."
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Isabeau wedelte ungeduldig mit der Hand:
"Roquefort und Einfluß? Bah! Er hat soviel Einfluß wie die Schmeißfliege die von einem Pferdeapfel zum anderen fliegt! Und riechen tut er auch wie einer!"
Sie schauderte beim Gedanken an seine verrotteten Zähne.
"Ich werde Vetter Blanchfleur besuchen bevor ich mich wieder nach Goldbach begebe. Wollen mal sehen wie wichtig ihm Roquefort wirklich ist."
Isabeau zeigte ein fast schon katzenhaftes Lächeln und ihr Kommentar bewies einmal mehr wie wahrhaftig der Sinnspruch ihrer Familie war:
Fortiter in re, Suariter in modo
"Wenn du Simon zurück nach Bourvis bringen willst, meinen Segen hast du. Ich werde dir Geld mitgeben, damit du Heiler und Pfleger bezahlen kannst und vor allem die notwendige Medizin." Sie hielt abwehrend eine Hand hoch, als Lorainne sie unterbrechen wollte: "Lavinia weiß, dass ich genug Geld dafür habe. Und wenn ich mich schon nicht persönlich um ihn kümmern kann, dann wenigstens so. Ich werde nicht oft nach Bourvis reisen können. Es macht Blanchfleur schon nervös das ich in dieses Kloster gekommen bin. Er hat die abstruse Angst das ich mich nach Norden ausdehnen will."
Sie zuckte mit den Achseln und fuhr fort:
"Und du, meine Liebe, wirst ebenso Geld annehmen und es großzügig an die dir treuen Männer weitergeben. Du wirst beweisen das sie mit dir deutlich besser dran sind als mit dem Warzenschwein von Roquefort und das noch bevor sie einen Handschlag für dich getan haben."
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Selten hatte sie die Baronin soviele Schimpfworte und Verwünschungen in so wenigen Sätzen sagen gehört und das brachte sie zum Lachen.
Unbeschwert kicherte sie vor sich hin:"Ihr sprecht mir aus der Seele, was Roquefort betrifft. Aber Geld wird nicht nötig sein- zumindest nicht für mich. Mein Onkel in Marnois unterstützt mich schon mit allen Mitteln die er hat. Er hat auch schon versucht beim Baron ein gutes Wort für mich einzulegen, aber sie sind nicht die besten Freunde, n´est pas? Ich wette Blanchefleur lässt das alles weiter so laufen, nur um meinen Onkel zu treffen. Dass Marnois sich damals auf die Seite von Beauchamps geschlagen hat, wird man hier nicht so schnell verzeihen und in den Augen von Blanchefleur hat mein Vater einen Fehler gemacht, als er ausgerechnet eine der Marnoistöchter geheiratet und sich für sie zum Narren gemacht hat. Nicht umsonst hat man ihn "le Folie" genannt. Ich weiss zwar nicht, ob unser Name daher rührt, doch wenn es so ist, wüsste ich gerne, was meine Vorfahren alles anstellen mussten, um diesen zweifelhaften Ruhm zu ernten."
Dann wurde sie wieder ernst:"ich kenne Blanchefleur nicht, ich habe ihn bisher zweimal gesehen, aber man erzählt sich, dass er Pierres Tod immer noch nicht verwunden hat- er erinnert Euch an seinen jüngsten Sohn? Er war einmal Knappe bei Simon und ritt mit uns in Brega, mit den Männern seines Vaters."
Der unbeschwerte Ausdruck verschwand und dunkle Schatten legten sich für einen Moment unter ihre Augen.
"Was Simon angeht:" Es wäre mir eine Ehre, wenn ihr in mir anvertraut. Ich glaube wirklich, dass er in Bourvis genesen kann, und wenn nicht, dann stirbt er wenigstens dort. Er wollte nie in der Fremde sterben, und wenn doch, dann sollten seine Männer ihn wieder nach Hause bringen, damit er dort an der Seite seiner Frau, im Grab seiner Familie beerdigt wird.. Wenn ihr ihn finanziell unterstützen wollt, werde ich mich da nicht einmischen, doch er sollte nichts davon erfahren, ihr wisst ja, wie stur er sein kann. Ausserdem wollte er den neuen Tiorsorden unterstützen, er hatte sogar überlegt, eventuell beizutreten, bevor.... merde!" Ihr Stimme verlor sich in einem Flüstern.
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"Pierre... ich hatte vergessen, dass er Blanchfleurs jüngster war... Maudite!"
Sie rieb sich über das Gesicht und sah Lorainne über den Handrücken hinweg an. Ihre Augen zeigten Mitgefühl, aber auch Müdigkeit.
"Sind seine Waffen bereits an seinen Vater geschickt worden?"
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"Oui, Simon hat sich um alles gekümmert. Er glaubte, dass er es Pierre und seinem Vater schuldig sei- zumal er nun keinen Erben mehr hat, zumindest nicht offiziell. Es heisst aber, dass er noch den ein oder anderen Bastard in die Welt gesetzt haben soll"
Lorainne zuckte die Schultern.
"La mere superior müsste darüber mehr wissen, immerhin entstammt sie irgendeinem entfernten zweig seiner familie, glaube ich. Es wird sich sicher alles regeln, Lavinia war uns hier immer hold. Manchmal hat sie uns bluten lassen, bevor sie unsere Gebete erhört hat, aber sie hat sie erhört!"
Lorainne schaute Isabeau nun geradewegs an, nicht so verlegen und traurg wie sonst, sondern ruhig und gelassen, was sehr im Gegenasatz zu dem Gesichtsausdruck der Baronin stand.
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Isabeau nickte, Simon mochte rüpelhaft und direkt gewesen sein, aber in allen Dingen die Ehre betreffend war er unbeirrbar, egal wieviel es ihn gekostet hatte. Ihre Gedanken wanderten zu Jaques Witwe und seinem Sohn, aber sie verdrängte sie aus dem Kopf. Dafür würde später noch Zeit sein.
"Dieser verdammte Krieg hat uns eine gesamte Generation gekostet! Verflucht sei Barad und all jene die ihm seinen Aufstieg ermöglichten!"
Sie seufzte wieder und so heftig der Ausbruch war, so kurz war er auch. Als sie sprach, klang es bedeutend ruhiger und auch erschöpfter.
"Ich hoffe ich habe angemessene Trauerkleidung dabei wenn ich Blanchefleur morgen besuche, mein Aufbruch war etwas überstürzt. Ich habe noch einige Tage Zeit hier zu bleiben, aber dann muss ich mich auf den Weg nach Donnerheim machen. Ihre Hoheit wünscht meine Anwesenheit."
Weder Stimme noch Gesichtsausdruck zeigten ob das eine gute oder schlechte Sache war.
"Ich schlage vor das du die Zeit nutzt und nach Bourvis reitest um alles vorzubereiten. Ich werde bei Simon bleiben. Wenn du ihn dann nach Hause bringst werde ich mich wieder Richtung Süden verabschieden."
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"Bon, dann soll es so sein, obwohl ich das Kloster dort sicher schmerzlich vermissen werde... Es ist so friedlich hier, als hätte der Krieg nie stattgefunden."
Lorainne lächelte etwas verwirrrt:"Als mein Vater mich hierher brachte, habe ich es gehasst und bin bei jeder Gelegnheit fortgelaufen. aber heute.... ich glaube, hier ist der einzige Ort, an dem man nach sovielen Jahren des Kämpfens wieder seinen Frieden finden kann, wo man das alles vergessen kann..."
Bevor sie fortfahren konnte, wurde die Tür geöffnet und eine junge novizin erschien:" Mesdames, vient vite! Il se brille d´aller plus mal. Il gemit et il murmure vers avant lui. "Laura" il dit. Il a le fievre a nouveau."
Alarmiert erhob sich Lorainne und folgte dem Mädchen, ohne weiter auf die Baronin zu achten- Sicher würde sie folgen.
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Durch Nebel drangen Stimmen zu ihm, Namen die er kannte.
Sengende Hitze verbrannte ihn- Brega- dicht hinter ihm seine Männer.
Ein gellender Schrei hinter ihm- er wusste, es war das Mädchen, dass ihm wie eine Tochter war- er wollte sich zu ihr umdrehen, doch etwas hielt ihn niedergrdrückt, er wand sich, stöhnte. Leise Stimmen, die er kannte, aber nicht zuordnen konnte, die in einer Sprache sprachen, die er zwar verstand, aber es schien so lange her. Dann wechselten die Sprecher in Dialekt. Heimat. Jemand sprach ihn an "Simon- Calmement! Tout devient bon. Je suis là"
Dann eine wohltuend kühle Hand, die seine umfasste, er wollte den Druck erwiedern, diese Hand nicht mehr loslassen, doch sein Körper gehorchte ihm nicht- "Alter Mann" -Jacques Stimme. Doch auch er -tot, durch seine Hand. Jacques, sein Schwager- Laura. Ihr Gesicht vor sich- strahlend schön, wie sie lächelte.
Immer wieder flüsterte er ihren Namen.
Dann versank er wieder in völliger Schwärze.
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Isabeau stand neben Lorainne an Simons Bett und drückte seine Hand bis er wieder in den totenähnlichen Schlaf fiel, aus dem er nicht aufwachen wollte.
Sie strich ihm das Haar aus der Stirn und zog die Bettdecke zurecht.
Als sie Lorainne ansah, da war nur eisenharte Entschlossenheit in ihnen:
"Ich will diese Heilerin hier haben! Es ist mir egal was es kostet und wie lange es dauert, aber ich will all jene von denen du glaubst das sie helfen können an seinem Bett haben!"
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"Sobald wir in Bourvis sind, werde ich nach ihr schicken lassen. Ich bin sicher, sie wird kommen, sie hat Simon schon mehr als einmal gerettet- auch vor sich selbst. Doch sie wird Hilfe brauchen und von ihren Lehrlingen traue ich nur einem zu, ihr in dieser Sache zu Seite stehen zu können."
Die Entschlossenheit wich aus ihrem Blick und unsicher blickte sie zu Boden: War es klug, auch Luthor um Hilfe zu bitten? In den letzten Wochen hatte sie sich jeden Gedanken an ihn verboten, doch plötzlich stürzten die Erlebnisse auf sie ein. Sein Lächeln, seine ruhigen Hände, als er sie verband und zurechtwies, dass sie besser auf sich achtgeben solle, den Streich, den er ihr gespielt hatte, als er ihr einen riesigen Käfer auf den Arm setzte und vor lauter Angst aufgekreischt hatte.
Doch das gewohnte Herzklopfen, dass sie stets bekam, wenn sie an ihn dachte, wollte sich nicht einstellen, stattdessen war da nur Leere.
Traurig lächelte sie, als hätte sie einen schmerzlichen Verlust erlitten.
"Wichtig ist, dass Simon ihnen vertraut. Ich will nur Menschen an seinem Lager, mit denen ihn etwas verbindet, denen er vertraut, die er als Freunde bezeichnen würde, wenn er solche Regungen zulassen würde."
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Nachdem die Baronin abgereist war, begann Lorainne ihrerseits, alles für Simons und ihre Heimreise vorzubereiten, als die mutter Oberin sie zu sich rief, um ihr die vielen unbequemen Fragen zu stellen, über die sie sich soweiso schon die ganze Zeit Gedanken machte: Wie sie La Follye wieder zu ihrem Besitz machen würde- und vore allem, was danach geschehen würde.
Denn jetzt, wo der Krieg endlich vorbei war, kamen wieder die alten Spannungen in Firngard, besonders aber zwischen Blanchefleur und Marnois zu Tage; Spannungen, die schon seit dem Bruderkrieg herrschten- und La Follye lag genau an der Grenze.
"Mein Kind, ich kenne Dich und Deine Familie nun schon so lange und ich weiss, dass ihr immer treu zum Baron standet, aber jetzt musst Du beweisen, dass dem immer noch so ist, besonders, da Dein Vater unter diesem schrecklichen Verdacht stand. Ich weiss, dass es schwer ist, sich zwischen der Familie und der Loyalität zu seinem Herrn zu entscheiden, auch Du kennst das.."
Sie sprachen lange, wägten das für und wider einer jeden Seite ab, bis die mutter Oberin ihr eine neue Möglichkeit aufzeigt.
Doch Lorainne wusste noch nicht, ob sie bereit war, DIESEN Weg zu gehen.
Sie suchte Zuflucht in der Kapelle, betete zu Lavinia, hoffte auf ein Zeichen- ein Wunder, damit sie endlich ihren Weg klar vor sich erkennen würde.