Forum des Engonien e.V.
Der Städtebund von Tangara => Fanada => Thema gestartet von: Jelena am 04. Sep 11, 01:32
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Jelena flocht ihre Haare zu einem seitlichen Zopf und betrachtete wie jeden Morgen die Szene vor ihrem Fenster. An klaren Tagen hatte sie einen Blick bis zu den goldenen Kuppeln des Tempeldistrikts. Heute war einer dieser Tage. Die sommerliche Hitze hatte noch nicht eingesetzt und die Frische des Taus lag noch in der Luft.
Zum ersten Mal seit 10 Jahren war Jelena alleine.
Nun, so alleine wie man in einem geschäftigen Kontor eben sein konnte. Aber all die Menschen die ihrem Herzen nahe waren, waren weg. Ihr Sohn war auf die Walz gezogen und hatte Temris mitgenommen. Wydh war in die Wälder gezogen, Alvias bereitete sich an der Akademie auf seine Prüfungen vor. Sasha befand sich auf einer seltsamen Pilgerfahrt und Gorix war auf einem Auslandssemester an der A.C.H.T. in Condra. Wassilji war hoffentlich bei Gerhardt und Gerhardt... der war dort, wo Robert war. Die Göttin allein wusste ob das überhaupt noch auf diesem Kontinent war.
Allein.
Die ersten Tage waren seltsam gewesen und sie ertappte sich bei mehr als einer Gelegenheit dabei wie sie nach Luthor oder einem der anderen rufen wollte. Aber nun genoss sie die Tatsache das sie mit ihrer Zeit tun und lassen konnte was sie wollte.
Und heute wollte sie ausschweifend sein.
Sie ging herunter in die Küche und machte sich die erste Schale Tee für den Tag während sie im Kopf den Plan für den Tag zurecht legte. Sie zählte die Münzen in ihrem Beutel und machte sich auf Richtung Hauptmarkt.
Zum ersten Mal seit Jahren gab sie sich völlig unbeschwert dem Rausch der Märkte und Bazare hin. Sie besuchte nacheinander den Stoff-, Gold- und Pferdemarkt und kaufte nach Herzenslust all die Dinge, die sie sich in den vergangenen Jahren aus Vernunftgründen versagt hatte. Sie ließ die Stapel bunter Stoffe, den Schmuck und den neuen Sattel an das Kontor liefern und setzte ihre Suche nach seltenen alchemistischen Zutaten fort.
Als die Sonne über dem Tempeldistrikt unterging fand sie Jelena in einem privaten Zuber in einem etwas anrüchigen aber hochpreisigen Badehaus und genoss einen Becher mit Myrrhe versetzten Weines. Sie seufzte wohlig und tauchte bis zum Kinn in das nach Vanille duftende heiße Wasser ein. Ein Geräusch ließ sie aufblicken und sie sah den Zuberknecht mit einem Stapel Leinentücher eintreten. Er schien etwas überrascht und senkte den Blick. Die Heilerin betrachtete den muskulösen Mann vor ihr und ein schelmisches Grinsen erschien auf ihrem Gesicht. Sie winkte ihn zu sich heran und begann die Verhandlung für den kommenden Abend.
Verdammt, ich hätte diese neumodische Sache namens Urlaub viel früher ausprobieren sollen...
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Der Mond war schon längst aufgegangen als Jelena leicht beschwippst durch die milde Abendluft nach Hause schlenderte. Sie konnte sich gar nicht daran erinnern wann sie das letzte Mal völlig unbeschwert durch die Straßen einer Stadt gelaufen war.
Natürlich hatte sie in ihrem Gürtel notwendige KLeinigkeiten verstaut und nicht alles an ihrem Körper war Kleidung, aber nichtsdestotrotz war dieser nächtliche Spaziergang der Beweis dafür, dass der Krieg endgültig hinter ihnen lag.
Sie kaufte an einem der Stände gebrannte Nüsse und blieb immer wieder stehen um ein paar Worte mit Nachbarn zu wechseln.
Im Kontor angekommen schickte sie Anica ins Bett und setzte sich dann mit einem Becher Wein auf das Dach unter den Pavillon um die Sterne zu zählen.
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Die Wochen vergingen in einer bunten Mischung aus Arbeit und spätsommerlichem Vergnügen. Alle arbeiteten mit Hochdruck um die Lieferungen fertig zu stellen. Die Karavanen bemühten sich Fanada noch vor dem Einsetzen der herbstlichen Regenfälle zu verlassen und so begann der Tag im Kontor meist noch vor Sonnenaufgang und endete wenn der Mond schon lange am Himmel stand.
An zwei Tagen in der Woche öffneten sich seine Tore für diejenigen, die Jelenas Heilerdienste oft nur mit Nahrung oder Arbeit oder manchmal auch gar nicht bezahlen konnten. Auch wenn der Krieg nun vorbei war, so nahm ihre Zahl nicht wirklich ab. Immer noch lebten viele entwurzelte andarranische Flüchtlinge in der Stadt die einfach nicht das Geld für eine Reise zurück zusammen bekamen und oftmals auch einfach Angst hatten was sie denn zu Hause erwarten würde. Bei den vielen neu entstandenen Grenzen wunderte sich Jelena nicht, dass viele von ihnen die relative Sicherheit Fanadas vor einer ungewissen Zukunft bevorzugten.
Zlatica hatte Jelena über alle Maßen gesegnet und so nahm sie die Dienste der Angehörigen der Kranken eher an um deren Stolz nicht zu kränken und nicht weil sie die Bezahlung benötigte. Immerhin bedeutete das, das ihre Ställe makellos sauber, die Dächer des Kontors gedeckt und die Mauern frisch verputzt waren.
Anica erwies sich wie immer als Juwel und arbeitete unermüdlich um die Vorräte des Kontor für den kommenden Winter aufzufüllen. Wenn er auch nur annähernd so streng wurde wie der letzte, dann konnte ein Fass Äpfel mehr oder weniger durchaus den Unterschied zwischen Gesund und Krank bedeuten. Der Herbst stand vor der Tür und die Ernte- und Schlachtzeit stand erst noch bevor, aber Jelena wusste jetzt schon, dass sie im Winter Kirschkompott und eingelegte Pfirsiche haben würde. Unerhörter Luxus wenn der Schnee knietief lag und manche nicht genug Holz zum heizen hatten.
Die Tatsache das sie Menschen hatte auf die sie sich verlassen konnte erleichterte ihr die Entscheidung im Herbst noch einmal auf Reisen zu gehen. Sie wollte zu Beginn des zehnten Mondes in Brega sein. Sie hatte mit ihrer Familie verabredet, dass sie sich dort zum Knollenfest treffen würden oder zumindest eine Nachricht schickten, wenn sie es nicht schafften.
Aufgrund des unsicheren Wetters und der immer noch nicht instand gesetzten Straßen würde der Ritt deutlich länger als die gewohnten 5 Tage dauern. Jelena debattierte immer noch mit sich selbst ob sie sich einer Karavane anschließen oder alleine reisen sollte. Sicherheit war immer in großen Gruppen zu finden aber auch ganz spezielle Gefahren.
Sie wusste immer noch nicht wie sie den Szivargeweihten erkennen konnte wenn er das Gesicht von jemand anderem annahm und wenn sie alleine ritt konnte sie ihr unbekannten Menschen besser ausweichen.
Nachdenklich stand die Heilerin an ihrem Schreibpult und wägte die beiden Möglichkeiten gegeneinander ab.
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Jenna war dieser Tage wieder sehr scheu und zurückgezogen. Es behagte ihr gar nicht, dass so viele Menschen im Kontor ein und ausgingen und sich auch in den anderen Bereichen des Geländes aufhielten, um dort ihre "Schulden" gegenüber der Heilerin abzuarbeiten. Also sah man sie häufig gar nicht, weil sie ihre Arbeiten irgendwo versteckt in den privaten Bereichen des Anwesens verrichtete. Sie war unausgeglichen und schreckhaft und mehr als einmal fand sie das ein oder andere harsche Wort, wenn Malla gegen etwas protestierte, sich nicht beruhigen ließ, oder auf das "Nein!" ihrer Mutter nicht sofort hören wollte. Einmal, als Malla nach langem Kampf endlich eingeschlafen war, konnte man Jenna im Hof sehen, wie sie verbissenen Gesichts mit einem Teppichklopfer einen Vorleger verdrosch, der auf einer Wäscheleine zwischen dem schiefen Pflaumenbaum und einer Fackelhalterung an der Stallwand hing...
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Etwas irritiert ob des dumpfen Klopfens steckte Jelena den Kopf aus dem Fenster und sah ihre Magd mit aller Kraft auf ihren Bettvorleger eindreschen.
"Ich bin mir ziemlich sicher das er sich bereits ergeben hat, Jenna."
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Jelena kassierte eine absolute Seltenheit: Einen bösen Jenna-Blick. Die Magd schlug noch zweimal feste auf den Vorleger ein, pausierte kurz, fokussierte das Webstück intensiver und drosch dann noch einmal mit aller Macht zu. Dieses wiederholte sie weitere drei Male, dann wandte sie sich ab, trat im Vorbeigehen einen Stiefel, den ein unachtsamer Knecht zu nah am Türeingang hatte liegen lassen, zur Seite und verschwand im Haus...
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"Oha."
War Jelenas einziger Kommentar als sie sich wieder aufrichtete und das Fenster schloß.
Nicht das ihr entgangen wäre das Jenna sprunghafter war als eine Katze in einem Raum voller Schaukelstühle aber sie hatte gedacht das sie schon irgendwann damit rausrücken würde.
Offensichtlich nicht.
"Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt..."
murmelte sie zu sich selbst und machte sich auf die Suche nach ihrer offenbar wütenden Magd.
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Es war noch früher Abend und Jenna hatte sich zu der schlafenden Malla gesellt und versuchte, genug zur Ruhe zu kommen, um eine Stickerei fertig zu stellen. Jedoch war sie ungeduldig und unaufmerksam und nachdem sie sich das x-te Mal mit der Nadel gestochen hatte, pfefferte sie die Arbeit in den Handarbeitskorb, entledigte sich ihres Überrockes (in dem sie noch richtig schön hängenblieb *fluch*) und des Oberhemdes (ab in die Ecke der Kleidertruhe damit!) und legte sich maulig auf die Schlafstatt, um den verflixten Tag einfach schnell durch Einschlafen zu beenden...
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Jenna war so mit sich selbst beschäftigt, dass sie die Meisterin gar nicht bemerkte.
Jelena stand im Türrahmen des Gesinderaumes und sah Jenna mit ausdruckslosem Gesicht zu.
"Ich denke du solltest damit rausrücken, Jenna."
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Zunächst druckste Jenna maulig rum, dann jedoch überraschte sie sich selbt, indem sie sich den ganzen Frust einfach von der Seele redete:
"...und all die Fremden, die hier rumlaufen! Jeden Tag, ständig und überall stolpern sie einem über die Füße! Was wenn von denen einer ... ich will mich nicht auch hier drinnen verstecken müssen! Ich will Malla beim Namen rufen können, ohne mir Sorgen machen zu müssen, wer das hört!..."
Es wurde deutlich: Jenna war wegen der vielen Gäste unwohl zu Mute, ihr gingen Wassilij und die anderen ab und der ständige (selbst gemachte) Druck, sich verstecken zu müssen, zerrte an ihren Nerven.
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Jelena runzelte die Stirn. Sie verstand Jennas Angst zu ihrer Familie zurück zu müssen aber hier im Kontor Angst zu haben war absurd.
"Hör auf damit." meinte sie deshalb leise, aber bestimmt.
"Wovor genau hast du Angst? Selbst wenn dich jemand als die Jenna aus Engonia erkennt die mitten in den Wirren der Schlacht verschwunden ist, was genau sollte dann passieren? Deine Familie ist bei weitem nicht reich genug um jemanden dafür zu bezahlen dich und dein Kind quer durch das ganze Land zu schleifen während du bei jeder Gelegenheit um Hilfe schreist. Ganz davon abgesehen, dass sie dich erst einmal aus diesen vier Mauern heraus bekommen müssten. Deine Angst amputiert dich. Niemand kann auf die Dauer so leben."
Jelena seufzte und rieb sich die Stirn. Sie sah auf einmal deutlich älter und müder aus:
"Glaub mir, ich hab es versucht."
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Als die Meistrin die Unwahrscheinlichkeit ansprach, dass jemand Jenna gegen ihren Willen aus dem Kontor heraus bekommen würde, zuckte sie zusammen. Sie fühlte sich hier sicher, hatte sich aber immer noch nicht daran gewöhnt, dass sie tatsächlich Hilfe bekommen und nicht auf sich allein gestellt sein würde, sollte tatsächlich jemand versuchen, sie gewaltsam von hier fort zu bringen.
Sie hatte einfach nie die Erfahrung gemacht, unter jemandes Schutz zu stehen. In ihrem bisherigen Leben war sie ihrem Vater und ihrem älteren Bruder hörig gewesen. Diese hatten nach ihren eigenen Beweggründen gehandelt, trafen ihre Ziele zufällig mit dem Schutz eines ihrer "Mündel" zusammen, war das eben gut für das "Mündel". Im anderen Fall hätten sie immer nur nach ihrem eigenen Interesse gehandelt.
Jenna versuchte, sich diese neuen Umstände klar zu machen und schüttelte betrübt den Kopf:
"Es tut mir leid, Meistrin. Du hast ja Recht. Aber im Moment ist es einfach alles so... anders..."
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Jelena nickte. Sie war nach über 5 Jahren Krieg daran gewöhnt das man meistens nicht wusste was der Morgen brachte, aber für jemanden der bis vor kurzem nur Heim und Herd kannte musste es erschreckend sein.
Sie fasste kurzerhand einen Entschluss:
"Dann ist es an der Zeit das wir auch mal was anderes machen. Ich reite übermorgen nach Brega um die Familie zu treffen. Du und Malla kommt mit, dann wird es nicht so eintönig für mich und du kommst noch einmal aus der Stadt heraus bevor der Winter uns hier alle festhält. Pack genug warme Kleidung ein, abends wird es bereits richtig kühl draussen."
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Eine Gestalt mit weit über den Kopf gezogener Kapuze erreichte das Kontor und klopfte am Tor.
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Eine griesgrämige Wächterin öffnete das Guckloch und schaute mit einem ziemlich barschen: "Hmpf?" nach draussen.
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Jenna freute sich so sehr auf das Wiedersehen mit den anderen, dass sie den Umstand, dass Brega wesentlich näher an Engonia lag, als Fanada, völlig übersah...
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Der Mann vor dem Tor zog die Kapuze etwas zurück und lächelte die Torwächterin an:
"Entschuldigt die späte Störung. Ich bin Pastro Justulo und bitte um Einlass um mit der Meisterin Jelena zu sprechen."
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"War ja klar..." nuschelte die Alte unfreundlich und machte das Guckloch wieder zu.
Kurze Zeit später knarrzte die im Tor eingelassene Tür und eine ausgemergelte alte Frau steckte misstrauisch den Kopf durch.
"Kommt rein, ich schick nach ihr."
Im Haus lächelte Jelena als sie Jennas Gesicht aufleuchten sah:
"Dann ist es also abgemacht? Geh jetzt schlafen, wir haben morgen beide zu tun. Gute Nacht."
Die Heilerin ging zurück in die Küche und sah dort einen der Stallburschen.
"Meistrin? Draussen ist ein Priester oder so..."
Jelena hob fragend die Augenbraue, aber es war offensichtlich das Alrik lieber wieder zurück zu den anderen wollte und wahrscheinlich gar nicht richtig zugehört hatte. Also schickte sie ihn mit einer Handbewegung fort und ging selber nachgucken wer denn da auf sie warten würde.
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"Saluton, Meisterin Jelena" Justulo verbeugte sich.
"Ich danke Euch, dass ihr mir noch zu so später Stunde Einlass gewährt habt.'"
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"Pater Justus! Guten Abend auch euch!"
Jelena erwiderte die Verbeugung, man sah ihr an das sie erfreut und auch überrascht war:
"Ich habe Euch lange nicht mehr gesehen, wie geht es euch? Und was führt euch hier nach Fanada?"
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"Mir geht es gut - auch dank Euch". Eine Erinnerung lies ihn das Gesicht verziehen und er strich mit der linken Hand über den Handrücken der rechten, wo ein großflächige Narbe zu sehen war.
"Und wie geht es Euch?"
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Jelena winkte ab:
"Ich hab nicht mehr oder weniger getan als jeder andere Heiler dort auch. Bitte, nehmt doch Platz."
Sie wies ihm einen Platz am Küchentisch und befüllte den Teekessel um ihn über das Feuer zu hängen.
"Mir geht es gut. Ich treffe gerade vorbereitungen um nach Brega zu reisen. Tee?"
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"Ja, gerne". Justulo setzte sich an den Tisch.
"Wisst Ihr schon, wie lange ihr in Brega bleiben wollt und wohin Euer Weg dann führt?"
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Jelena hantierte mit dem Teekessel und goß einen kräftigen, gewürzten schwarzen Tee auf.
Sie stellte Teeschalen aus delikatem Porzellan auf den Tisch und rückte Zucker und Kekse in die Reichweite des Priesters.
"Ehrlich gesagt: nein. Ich werde dort meine gesamte Familie treffen und muss erst einmal sehen ob noch alle in einem Stück sind. Außerdem muss ich mich... noch erholen."
Sie setzte sich ihm gegenüber und goß den Tee in die Schalen.
"Warum fragt ihr?"
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Justulo pustete etwas den heissen Tee und nahm sich einen Keks. "Vielen Dank."
"Ich bin hier auf der Durchreise und soll Euch die Grüße unseres Prioro überbringen. Er bat mich, Euch erneut auszurichten, dass er sich freuen würde, Euch kennenzulernen. Und daher soll ich Euch nochmals eine Einladung in unser Kloster aussprechen."
Er lächelte die Heilerin an. "Und Erholung werdet Ihr dort sicherlich auch finden."
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Jelena nahm selber einen kleinen Schluck und nickte langsam. Vielleicht war das keine schlechte Idee.
Bis auf Wassilji wusste noch niemand was genau mit ihr geschehen war und das war vielleicht auch gut so. Sie wollte die anderen nicht damit belasten. Es war an der Zeit endlich mal loszulassen und nicht direkt in die nächste Katastrophe zu laufen.
"Werde ich bei euch sicher sein?"
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Justulo nippte etwas an seinem Tee, gab dann ein wenig Zucker hinzu und pustete nochmal.
Er schaute Jelena an: "Sicher wovor? Braucht Ihr Schutz? Ich halte unser Kloster noch immer für einen der sichersten Orte in Engonien. Aber wenn Ihr Euch jemand bedroht, sollte ich das wissen, um auch Eure Reise zum Schlafwald abzusichern."
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"Szivar"
Jelena schaute in die Teeschale, als ob sich auf ihrem Boden Antworten für all ihre Probleme finden würden.
"Besser gesagt einer seiner Priester."
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"Oh." Justulos Miene veränderte sich etwas. Er nahm die Worte der Heilerin sehr ernst. "Wollt ihr mir vielleicht mehr darüber erzählen?"
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"Eigentlich nicht." meinte Jelena ehrlich.
"Er hat mich erwischt als ich völlig schutzlos war. Es scheint etwas sehr persönliches zu sein. Ich soll bluten, damit es jemand anderem nahe geht... Mehr möchte ich dazu noch nicht sagen."
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Justulu nickte und nippte nochmal am Tee.
"Ich verstehe. Entschuldigt, dass ich fragte. Wenn Ihr jedoch ein Problem mit einem Szivar Priester habt, könnte bereits die Reise nach Brega gefährlich werden. Ist Euch das bewusst?"
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Jelena nickte nur ruhig.
"Ich reise mit meiner Magd in Gesellschafft einer Karawane bis Brega. Innerhalb einer großen Gruppe wird eine relative Sicherheit zu finden sein. Und ich bin nicht völlig schutzlos."
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Justulo musste wieder lächeln. "Ich weiß, dass ihr nicht schutzlos seid. Aber ihr habt eine interessante Begabung, das Interesse der Götter immer wieder auf Euch zu lenken..."
Deutlich ernster fügte er hinzu: "... oder auf diejenigen, die Euch nahestehen."
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Jelena sah etwas verblüfft auf:
"Was genau meint ihr damit?"
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"Ich befürchte, mehr kann und darf ich Euch dazu jetzt nicht sagen. Ihr müsst es selbst herausfinden. "
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Jelena runzelte die Stirn. Einmal mehr erinnerte sie Bruder Justus daran weshalb sie dem Orden des Zeitgottes so ablehnend gegenüberstand. Schließlich hatte ihre gesamte Misere mit einem seiner Mitglieder begonnen.
Elias Cameron...
Jelena schloß die Tür zu ihren Erinnerungen. Irgendwann einmal würde sie Zeit haben sich damit beschäftigen zu können. Nicht jetzt.
"Ich weiß nicht was mich in Brega erwartet. Ich habe meine Familie bereits seit Wochen und Monaten nicht gesehen. Sobald ich meine Angelegenheiten geordnet habe würde ich mich auf den Weg zum Kloster machen. Gibt es etwas dabei beachten muss?"
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Justulo erklärte der Heilerin genau, wie sie den Schlafwald am besten erreichen würde und was sie dort machen musste, um ins Kloster zu gelangen.
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Jelena hörte aufmerksam zu und versprach das Kloster zu besuchen sobald es ihr möglich war.
Die beiden tranken den Tee im freundschaftlichen Gespräch zu Ende und Jelena verabschiedete den Geweihten mit Milostis Segen. Sie stand noch einige Zeit am Tor und blickte Justus hinterher bis er im Gewusel der Straßen Fanadas verschwand.
Sie runzelte die Stirn als sie an Justus Ausspruch dachte:
Aber ihr habt eine interessante Begabung, das Interesse der Götter immer wieder auf Euch zu lenken... oder auf diejenigen, die Euch nahestehen.