Forum des Engonien e.V.
Der Städtebund von Tangara => Fanada => Thema gestartet von: Vanion am 04. Jan 12, 05:33
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Vanion zitterte. Sein Pferd dampfte in der schneidenden Kälte - der Winter war hereingebrochen. Steif stieg er aus dem Sattel. Er sah sich kurz um, dann schritt er durch die fast leeren, abendlichen Straßen Fanadas. Sein Weg führte ihn zu einem kleinen Wirtshaus, dass sich in einer unauffälligen Seitengasse verbarg. Er band sein Pferd an, dann schob er die schwere Holztür auf. Heimeliges, warmes Licht aus einem hell brennenden Kamin emfing ihn. Die meisten Gäste unterhielten sich in ruhigem Tonfall, nur wenige schienen ernsthaft betrunken zu sein. Dies war keine Taverne, vielmehr war es ein Ort, um in Ruhe dazusitzen und so manche Geschichte im Feuerschein zu erzählen. Der junge Mann war früher hier gewesen, bevor er sich dem Pilgerzug angeschlossen hatte. Auch seine Eltern waren hier manches Mal eingekehrt.
Beim Schankwirt holte Vanion sich ein Glas verwässerten Wein. Dann setzte er sich in eine ruhige Ecke an einen freien Tisch. Er nippte kurz an seinem Getränk, dann ließ er seine Gedanken ein wenig schweifen.
Er war zuhause.
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Frida, die Schankmaid entdeckte Vanion und ein freudiges Lächeln huschte über ihr Gesicht. Sie hatte ihm so manche Stunde versüsst und mit der Zeit war zwischen ihnen eine Art Freundschaft entstanden. ABer das war gewesen, bevor er gegangen war. Nichteinmal von ihr hatte er sich verabschiedet.
Mit schwingenden Hüften ging sie auf ihn zu.
"Guten Abend der Herr."
Als Vanion überrascht hochschaute lächelte sie ihn an:"Vanion. Lange nicht gesehen!"
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Vanion brauchte nicht lange, um diese überraschend fröhlich wirkenden Pausbäckchen wiederzuerkennen. "Frida!" Er stand auf und umarmte die junge Frau herzlich. "Wie geht es dir? Was gibt es neues hier in Fanada? Wie geht's dem alten Timur? Ist er immer noch so miesepetrig?" Es tat gut, ein bekanntes Gesicht zu sehen. Obwohl Vanion eigentlich nur die Nacht in einem der kleinen, aber sauberen Zimmer hier verbringen wollte, beschloss er im Stillen, doch noch ein wenig im Schankraum zu bleiben. Er hoffte nur, dass nicht zuviele seiner Bekannten sich hier herumtrieben - einige wollte er nicht mehr sehen, und vor dem Wiedersehen mit anderen drückte er sich ein wenig. Er hatte viele von ihnen schließlich seine Freunde genannt, bevor er Hals über Kopf verschwunden war.
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"miesepetrig ist gar kein Ausdruck, je älter er wird.... naja, wir gehen alle davon aus, das er nur noch zwei drei Winter leben wird, darum sehen wir ihm seine Launen etwas nach. Neues hier in Fanada? Nunja, die Heilerin Jelena.. kennst Du sie noch? Sie hatte sich dem Pilgerzug angeschlossen, stell Dir vor, dem Pilgerzug, wo nur caldrische hohe Herren und Ritter mitzogen! Ich weiss ja nicht, was sie dort wollte, aber im Krieg... so sind Heiler nunmal. Apropos Jelena: Magst Du einen Kaffee? Und dann erzähl mir gefälligst, wo Du die ganzer Zeit gewesen bist und was Du getrieben hast, Du mieser Hund! Deine Eltern waren ganz krank vor Sorge. Wie konntest Du Ihnen das nur antun?! Deine arme Mutter!"
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Unvermittelt musste Vanion schmunzeln. "Jelena? Ja, die kenne ich noch immer." Den Kaffee lehnte der junge Mann ab. Er versuchte, das Gespräch von seinen Eltern weg zu bewegen.
"Der Pilgerzug? Ich hab davon gehört. Sagt man nicht, dass diese.. Caldrier immerhin den falschen Kaiser gestürzt haben? Ich hab Geschichten gehört über einen Chevalier Simon, über einen Zwerg namens Robert - was ist denn davon an dein Ohr gedrungen, ma chère?"
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Frida dachte einen augenblick nach.
"Meinst du diesen Simon de ... den aus Firngard? Teilweise hört man einiges gutes, aber viele hier reden recht schlecht von ihm. Immerhin ist er ein Mann dieser... Kaiserin." Frida sprach das WOrt mit Verachtung aus. "Ein rauer Geselle soll er sein, aber er ist ja auch aus dem Norden, da sind die Menschen so. Der wurde doch umgebracht, oder nicht? Ts, von dieser Frau. Eine Frau sollte wohl kaum in Rüstung über ein Schlachtfeld spazieren, sondern den Platz einnehmen, der ihr gebührt. Tja, die Caldrier haben den falschen Kaiser gestürzt, aber doch nur, damit sie ihre Königin auf den Thron heben können. Warum sonst beansprucht sie denn den Imperatorentitel für sich? Die sind doch alle gleich; denen geht es doch immer nur um Land und Macht. Nene, ich bin schon froh, dass wir zu Tangarra gehören, stell Dir vor, Du müsstest dieser Imperatorin dienen, oder den feinen Herren. Ha, Dich will ich mal sehen, du würdest dich da nur in schwierigkeiten bringen. Mensch, wenn ich daran denke, bin ich richtig froh,dass du wieder hier bist!"
Nach einer kurzen Pause nahm sie den Faden wieder auf:
"Und dieser Zwerg? der ist hier auch kein Unbekannter. Er gehörte wohl mal zu den engsten Freunden von Jelena, aber seitdem dieser andere Valkensteiner so lange bei Jelena war im letzten Jahr habe ich Robert Mc Magnahaugh nicht mehr gesehen. Ich habe gehört, dass er zueltzt in Brega war und von dort aus nach Andarra aufgebrochen ist."
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"Ja, vermutlich hast du Recht. Diese Caldrier sind schon ein Völkchen..." Trübselig schaute Vanion in seinen Becher. "Weißt du - die Imperatorin will ihren Herrschaftsanspruch durchsetzen. Den gibt es schon seit vor der Zeit von Großvater Marvin. Und Großvater Marvin hat fast 70 Jahre lang gelebt, erinnerst du dich? Aber sie setzt es nicht mit Waffengewalt durch, das ist doch schonmal etwas." Vanion nahm einen tiefen Schluck Wein. "Nicht allen hohen Herren geht es um Geld oder um Macht. Es gibt auch solche, die wollen verändern! Die wollen Ungerechtigkeit bekämpfen, die wollen Frieden bringen." Als Frida Vanion musterte, fiel ihr auf, dass sich die ganze Haltung des jungen Mannes verändert hatte, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. Sein Gesicht wirkte freudloser, wenn auch nicht traurig. Ernst war das richtige Wort dafür. Er hatte ein wenig breitere Schultern bekommen, und an seinem linken Bein erhaschte sie einen Blick auf eine längliche, große Narbe. "Frida, ich wünschte mir manchmal auch, hier geblieben zu sein. Es ist hier nicht so..difficile..schwierig, meine ich."
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Fridas Freude über Vanions Rückkehr war mit einem Male verflogen.
"Wie sprichst Du denn? Iwe die Leute oben im Norden.. Bist dU etwa deswegen fortgegangen?Symphatisierst Du etwa mit denen und deren Königin? Du müsstest es doch wissen, wie schön es ist, als freier Mensch zu leben, immerhin hat Dir dein Vater so vieles nchgesehen. Und jetzt sprichst Du über die Caldrier, als wären das Deine Freunde, die, die ihre Bauern unterdrücken und zu horrenden abgaben zwingen oder eben in die Zwangsarbeit. Wie sehr Du dich verändert hast."
Ihr Blick fiel auf die Narbe:"Warst auch im Krieg, hm?"
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Vanion blieb sitzen und zeigte keine Regung, nur seine Augenbrauen zogen sich zusammen.
"Frida, ich bin ein freier Mensch. Und ich war gemeinsam mit den Caldriern im Krieg, ja! Im Krieg gegen Konar. Ich hab deine hochgelobte Freiheit gemeinsam mit den ach so schrecklichen Caldriern verteidigt. Woraus besteht denn deine schöne Freiheit? Doch nur aus dem Verschließen deiner Augen! Du fühlst dich frei, und wenn der Lupus Umbra beschlossen hätte, Fanada zu schleifen, und kein Pilgerzug und kein Heer dem Einhalt geboten hätte? Was dann? Wenn die Caldrier beschließen würden, Fanada anzugreifen, wenn irgendwer das vorhätte - was könntest du dem entgegensetzen? Nichts! Dein Schicksal lag noch nie in deiner eigenen Hand. Ich hab meins in die Hand genommen, darum bin ich von hier fort!" Rasch zog Vanion sein Hosenbein über die entstellende Narbe. "Ja, ich war im Krieg. Ich hab vor Engonia fast mein Bein verloren. Ich würde es jederzeit eintauschen, wenn ich dadurch andere.. Verluste.. wieder zurückbringen könnte." Vanion trank endgültig seinen Becher aus. "Was weißt du schon.", murmelte er in sich hinein.
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Frido zog eine Augenbraue in die Höhe.
"Ja, du bist ausgezogen, ein Held zu werden und kommst mit gebrochenem Stolz wieder, DAS haben die Caldrier mit dr angestellt und davor würde ich gerne meine AUgen verschliessen. Und wenn der Lupus Umbra nach Fanada gekommen wäre- es hätte keinen Unterschied gemacht. Für die Kleinen Leute nicht, und für mich nicht!"
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"Wenn das so wäre, wäre ich kaum hier. Ich bin hier, um.." Wollte Vanion das wirklich Frida mitteilen? Einer Person aus einem, wie es ihm schien, anderen Leben?
"Ich bin hier, um meine Eltern wieder zu sehen."
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"Dann wirst Du dich beeilen müssen, denn es geht ihm sehr schlecht. Er hatte einen Streit mit deiner hochgeschätzten Caldriern, und dieser Mann zog ein Messer... und Du kennst ja Deinen Vater... er lässt einen Heiler kaum mehr als 10 Schritte an sich heran. Ich denke, er wird sich freuen, Dich zu sehen."
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Vanions Blick wurde nun scharf. "Was ist passiert?" Fridas vorwurfsvoller Ton missfiel dem jungen Mann, aber die Sorge um seinen Vater überwog. "Vater ist vielleicht stur, aber kaum unvernünftig. Ein Arzt sollte ihn längst versorgt haben. Warum sagst du mir das erst jetzt? Glaubst du nicht, ich könnte mich für so etwas interessieren?" Vanion sprach nun streng und laut.
Er wusste längst, dass dies hier nicht mehr seine Welt war, so sehr er sich hier auch zuhause fühlte. Er war Frida überlegen, und er würde seine Autorität nun auch nutzen. "Sprich rasch, und lass nichts aus!"
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Verstört und überrascht nickte Frida, dieses Verhalten kannte sie von Vanion ganz und gar nicht.
"Das war dieser Nordcaldrier.. de Roqu.. ich weiss es nicht mehr. Er hat sich überall nach Dir erkundigt, irgendwann nach dem Friedensfest vor Brega letzten Frühling. Den Sommer und Herbst hat er hier in der Gegend verbracht und Dich offenbar gesucht, DIch und diese Ritterin." Fridas Instinkt sagte ihr, dass es nicht klug gewesen wäre, Vanion nach der Frau zu fragen.
"Jedenfalls war er bei deinen Eltern und dein Vater wollte natürlich wissen wer er ist und warum er sich nach Dir erkundigt. Er hat ihm geagt, dU wärest tot und dieser Ritter oder Soldat, was auch immer er war, nannte deinen Vater einen Lügner und sagte ihm, dass er Dich gesehen hätte und genau wüsste, dass du noch lebst, woraufhin Dein Vater ihm einer Verpasst hat. Dieser andere Mann zog dann einen Dolch, oder ein Messer, und stach Deinem Vater in die Seite. Deine Mutter sagt, zum Glück ist der Schnitt nicht sehr tief und an den Rippen abgeprallt, so dass nichts schlimmeres passiert ist, aber das Herz von Deinem Vater ist sehr schwach und er verlässt kaum noch das Bett. Und jetzt im Winter ist noch ein schrecklicher Schnupfen dazugekommen, Und Dein Vater lässt nur Deine Mutter zu sich." Unsicher blickte sie Vanion an.
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Vanion fluchte. "Jetzt verstehe ich." Aber woher weiß Roquefort von mir? Und was wollte er hier? Vanions Gedanken rasten. Wenn Roquefort hier gewesen war, und ganz so wie Lorainne im Spätherbst aufgebrochen war - was erwartete Lorainne? "Frida, es wird Zeit, dass ich dir sage, was aus mir geworden ist. Mein Name ist Vanion Bachlauf, Knappe von Chevalière Lorainne de la Follye des Joux. Lorainne ist die Ritterin, von der du gesprochen hast. Sie war die Knappin von Chevalier Simon, bis ein unseliger Eid die beiden zum Duell zwang.
Eine hörenswerte Geschichte, in der Tat - aber nicht jetzt. Um der unbeschwerten Zeit willen, die wir hatten, bevor ich fortgegangen bin: Sag mir, wer weiß noch von alldem? War dieser Caldrier alleine? Woher wusste er von mir?" Vanions Gedanken überschlugen sich. "Ich muss zu ihm. Zu meinem Vater, meine ich."
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Vanions Offenbarung liessen Frida laut lachen.
"Vanion... du warst schon immer ein Traumtänzer, aber ein Knappe? Warum sollte sie DICH nehmen, wo Du nicht einmal aus dem Adel kommst? Für die bist du doch nur Knecht! Aber ein Kanppe?"
Irgendwas in Vanions Blick liess sie abrupt ernst werden, es war, als zöge ein Unwetter herauf, die Luft schien zu knistern.
"N--nein, er war nicht alleine, er war in Begleitung eines.. icg glaube Dieners, der auch dieselben Farben trug, und ein paar Männern, die ganz normal gekleidet waren, also nicht so edel. Aber die schienen sehr finstre Gesllen zu sein."
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"Sind sie alle abgereist? Oder ist noch jemand hier?" Vanion beugte sich vor. Als der Wirt Frida an ihre Arbeit erinnerte, warf Vanion ihm eine Silbermünze zu. Mit geübter Hand fing der Wirt diese auf und grinste Vanion an. Vanion war es egal. Er hatte genug davon, Frida einzelne Informationen aus der Nase zu ziehen. Er wollte nur noch wissen, ob Roquefort Männer zurückgelassen hatte, die auf Lorainnes Knappen warteten. Er strich über Lorainnes Wappen, das nur allzu deutlich erkennbar an seinem Gürtel hing. "Nun sag schon! Ich will zu meinem Vater!"
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Fridas Augen wurden gross, als sie die Münze sag und das Wappen. Sie bereute, Vanion so angegangen zu sein, es hätte sicher noch ein lukrativer abend werden können, in jederlei Hinsicht.
"Äh, nein, sie wollten erst nach Brega, zu dem Knollenfest, weil sich da ja auch oft die hohen Herrschaften einfinden und dann weiter, ich weiss nicht wohin, ich nehme mal an nach Hause, immerhin stand der Winter bevor und sie hatten einen weiten Weg. Gestern hat sich auch jemand nach DIr erkundigt, er trug dasselbe Wappen wie Du. Berthold" sie machte eine Kopfbewegung in Richtung Wirt " hat ihn zu Deinen Eltern geschickt."
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"Weißt du, wo der Mann untergekommen ist?"
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"Wenn er nicht bei Deinen Eltern ist, dann womöglich drübern im Gasthaus. Er schien ein edler Herr zu sein, er würde sich wohl kaum hier ein Zimmer nehmen."
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Vanion überlegte kurz, ob er sofort zu seinem Vater aufbrechen sollte. Aber dem alten Herrn schien es nicht gerade ans Leben zu gehen, und ihn zu dieser Stunde zu stören, würde ihm nicht helfen. Vanion zog ein weiteres Silberstück aus seinem Beutel. Mit Erschrecken stellte er fest, dass der Beutel nicht mehr allzu prall war. Dennoch reichte er es der jungen Barfrau.
"Bring mich dorthin."
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Unsicher schaute Frida zu Berthold, aber der schien beschäftigt, ausserdem hatte Vanion ihm schon ein ganzes Silberstück dafür gegeben, dass sie ihm heute Abend zur Verfügung stand.
Rasch nahm sie Vanions Silber und nickte.
Sie nahm das schmuddelige Tuch, was um ihre Hüfte gebunbden wra und offenbar als Schürze diente und legte es sich um die Schultern.
"Komm mit."
Sie traten aus der kleine gasse heraus auf die Hauptstrasse, überquerten sie und folgten ihr ein kleines stück, bis die häuser etwas stattlicher aussahen.
Sie wies auf ein Haus zweistöckihges Haus aus solidem Stein. Da könnte er untergekommen sein, ansonsten kann man nur bei uns öder im bordell übernachten."
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Vanion grinste und zwinkerte ihr zu. "Das wäre wohl kaum standesgemäß, nicht wahr?"
Entschlossen schritt er über die Straße und klopfte laut an die Türe.
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Frida zuckte die Schultern und ging ihres Wegs, Vanion schine nicht in Stimmung für das Wiederaufleben ihrer Freundschaft zu sein, und in diesem feinen Haus würde man sie kaum dulden.
Vanions Klopfen hallte über die nächtliche Strasse. Nach einer kleinen Weile hörte man schlufende Schritte und eine alte Frau öffnete die Tür einen kleinen Splat:"Bitte sehr, junger Herr, sie wünschen?!"
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"Guten Abend. Ich bin Vanion Bachlauf, ich bin auf der Suche nach einem Herrn, der hier vor kurzer Zeit abgestiegen sein soll. Er trägt ein grünes Wappen mit einer weißen Stickerei darauf. Wärt Ihr so freundlich, mich einzulassen?"
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"So ein Herr ist hier nicht! Im Moment sind sind fast nur Magier und ihre Schüler hier. Es gab in der neuen Akademie einen solchen Andrang, dass sie nicht alle aufnehmen konnten. Wir haben auch kein Zimmer mehr frei, tut mir leid. Ich wünsche noch einen guten abend!"
Damit schloss sich die Türe wieder.
Während Vanion noch unschlüssig davor stand, öffnete sich die Türe wieder:"Sagtet ihr Bachlauf? Vanion Bachlauf? Der Sohn vom alten Barak?"
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Vanion hatte sich schon halb abgewandt und drehte sich rasch wieder um. "Ja, genau der. Kennt ihr mich?"
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"Euch nicht, aber ihn, Euren Vater. Ihr seid der verlorene Sohn. Eure Eltern erzählen oft von Euch, glaubten, ihr wäret tot. Das wird sie aber freuen, wenn sie sehen, dass Ihr noch lebt."
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"Nun...ja." Vanion stand unentschlossen vor der Türe. Sollte er nun hereingehen, oder doch direkt zu seinem Vater aufbrechen? Es war schließlich schon spät, und das Gehöft seiner Eltern lag ein wenig außerhalb von Fanada. Sein Pferd hatte er außerdem vor der kleinen Kneipe gelassen. Er sah sich kurz nach Frida um, konnte sie jedoch nicht erblicken.
"..und - wer seid ihr?"
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"Mein Name ist Brigitte und ich habe das Haus hier gekauft. Der alte Besitzer ist ja leider verstorben... Das Herz heisst es, weil sein Sohn im Krieg gefallen ist!"
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"nun, dann danke ich euch für eure Hilfsbereitschaft. Vielleicht sieht man sich bei Tageslicht wieder." Freundlich verabschiedete Vanion sich,
dann holte er sein Pferd und machte sich auf. Er verließ Fanada, in Richtung eines kleinen Gehöfts reitend.
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Es war spät und Sonja genoss die Kühle Nachtluft. Drinnen lag ihr hustender Barak, schweißgebadet, und war ein sehr unleidlicher Kranker. Wenn sein Fieber wieder stieg, begann er zu phantasieren und dann hatte sie grosse Ansgt um ihn, aber sein Zustand schien stabil, zumindest hatte er sich auch durch die schwere Erkältung nicht verschlechtert, was ihr Hoffnung gab.
Und doch hatte sie grosse Angst. Da war dieser fremde Mann, mit diesem seltsamen Akzent aus Nordcaldrien, der ihr schier unglaubliches berichtet hatte. Erst von ihm hatte sie erfahren, dass ihr Sohn, ihr geliebter Vanion, noch lebte und nicht das Schicksal erlitten hatte, das Barak immer vorhergesagt hatte.
Sie blickte Richtung Fanada, nur noch wenige Umrisse der Häuser waren im schwachen Mondlicht zu erkennen doch einge Fenster schienen beleuchtet. Gerade jetzt, um die Jahreswende stellten viele Menschen Kerzen in die Fenster um sich vor bösen Geistern zu schützen.
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Ein niedriger Zaun markierte den Beginn eines Feldes, das Vanion vor nicht allzu vielen Jahren noch bestellt hatte. An einem alleinstehenden Zaunpfahl band er sein Pferd an. Langsam und zögerlich, aber nichtsdestotrotz wachsam und auf seine Umgebung konzentriert, schritt der junge Mann den Lehmweg entlang, der direkt zur Tür des Bauernhauses führte.
Seine Gedanken kreisten. Er wusste nicht, was ihn erwartete. Was, wenn seine Mutter ihm öffnete - oder sein Vater? Was, wenn sein Vater ihn sofort abweisen würde, was, wenn seine Mutter - was, wenn, was, wenn... Fuß vor Fuß setzend, erreichte Vanion schließlich die Tür. In der Küche leuchteten ein paar Kerzen im Fenster, im ersten Stock brannte wohl der Kamin in Vaters Zimmer. Dicke Wollvorhänge schwangen im Wind vor den Fenstern hin und her. Ein letztes Mal schüttelte Vanion seine Gedanken ab. Er nahm allen Mut zusammen und - klopfte.
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Sonja runzelte die Stirn.
Wer kommt um diese Uhrzeit?
Sie warf einen Blick auf ihren Mann, aber in seinem Zustand würde er ihr keine Hilfe sein können. Einen Augenblick lang überlegte sie ob sie nicht einfach schweigen sollte, aber sie wusste dass das Feuer draußen sichtbar war und sie war schließlich kein Opposum das sich tot stellen konnte.
Sie holte tief Luft und stellte sich an die Tür:
"Wer ist da?"
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Lucien war auf Lorainnes Geheiss so schnell wie möglich zu Vanions Eltern geritten. Anscheinend hatte sie gewusst, dass der Junge sein Vorhaben so lange wie möglich herauszögern würde.
Leise stand er auf und stellte sich hinter Sonja, Knüppel und Dolch kampfbereit in der Hand.
Er glaubte zwar nicht, dass sich irgendwer an Vanions Eltern vergreifen würde, aber überall hatte man sich nach ihm und seiner Herrin umgehört.
Und wenn diese Meuchler Vanion tatsächlich auflauerten, waren die sein kleinsten Problem, so wie er seine Eltern kennengelernt hatte.
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Die Stimme seiner Mutter erfüllte Vanion gleichzeitig mit Angst und Freude.
Er fühlte sich plötzlich wieder wie der kleine Junge, der etwas falsch gemacht hatte und der nun zugeben musste, dass er der Schuldige war.
Mit der Stimme seiner Mutter verblassten seine Argumente, die er sich schon zurecht gelegt hatte. Der Pilgerzug erschien nun unwichtig, der ganze Krieg, Lorainne, das Rittertum - es schien alles angesichts seiner Eltern zu verblassen. Vanion riss sich zusammen. Du hast beschlossen, derjenige zu werden, der du jetzt bist! Steh dazu!
Leise sprach Vanion: "Hier.. ist der angehende Knappe von Chevalière Lorainne de la Follye des Joux. Ich - ich bin's, Mutter. Dein Sohn."
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Sonja hörte das Blut in ihren Ohren rauschen und sackte schwer gegen die Tür.
Sie hielt sich an dem groben Balken fest der abends vorgelegt wurde als ob er das einzige war an dem sie sich festhalten konnte während ihre Welt um sie herum ins Wanken geriet.
"Va... Vanion?" flüsterte sie ungläubig.
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Vanions Gedanken kreisten nicht länger. Als er seine Mutter seinen Namen aussprechen hörte, wurde er völlig ruhig. Er fühlte sich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder sicher. Die ständige Ruhelosigkeit, die ihn erfüllt hatte, war endlich verschwunden.
"Ja. Ich bin zurück." Sanft klopfte er nochmals. "Darf ich.. darf ich hinein?"
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Lucien war mir einem Satz bei Sonja und hielt sie, bevor sie völlig in sich zusammensacken konnte. Er führte sie zu einem Stuhl und schob ihr einen Becher Wasser hin.
"Bleibt sitzen. Ich öffne ihm jetzt, oder braucht ihr noch einen Moment? Ich werde Euch dann jetzt allein lassen, damit ihr ungestört reden könnt, alles weitere kann erstmal warten."
Lucien machte sich am Riegel zu schaffen, langsam schob er ihn zurück.
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Vanion hörte, wie der Riegel zurückgeschoben wurde. Er drückte sanft gegen die Tür. Als diese zurückschwang, war er überrascht, einen anderen Mann zu sehen, der definitiv nicht wie tangarianischer Bauer aussah. Seine Hand flog zum Messer, dann sah er Lorainnes Wappen an der Kleidung des Mannes. Er hielt inne. "Bonsoir, denke ich. Ihr seid wohl Lorainnes Bote?"
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Lucien nickte und verbeugte sich vor Vanion. Fanada schien doch kleiner als er dachte, so schnell konnte sich seine Anwesenheit doch sonst nicht rumgesprochen haben?!
"Oui, je le suis. Bonsoir monsieur." Er griff an seine Brust und zog einen zerknitterten Brief hervor, sauber mit Lorainnes Siegel gesiegelt und eine grünes Schnur herum, wie sie es sich in Knappenzeiten bei Simon angewöhnt hatte.
"Dieser ist für Euch, von der Herrin. Ich werde mich jetzt verabschieden und später wiederkommen, dann können wir reden. Scheint eine lange Nacht zu werden."
Er grinste und verbeugte sich noch einmal vor Sonja :"Madame!" und an Vanion gewandt deutlich leiser:"Bonne chance!"
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Vanion nahm den Brief entgegen, dann schloss er die Tür hinter Lucien. Dann drehte er sich wieder zu seiner Mutter um.
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Die Dunkelheit umschloss sie wie ein schützender Kokon, nur unterbrochem vom flackernden Herdfeuer. Falls Vanio versuchte im Gesicht seiner Mutter zu lesen, dann sah er nur unregelmäßig beleuchtete Ausschnitte die ihren Zügen etwas fratzenhaftes verliehen. Die Stille wurde von tapsigen Schritten unterbrochen als ein etwa 5 Jahre altes Mädchen aus dem hinteren Teil der Hütte auf sie zukam. Sie zog eine Decke hinter sich her und bemühte sich nicht über den Saum des Nachthemdes zu stolpern.
"Mama?"
Sonja schien aus ihrer Starre zu erwachen und zog das Kind zu sich auf den Schoß. Sie bereitete die Decke über ihr aus und begann sie zu wiegen. Mit einem Stich im Herzen konnte Vanion erkennen, dass es die gleiche, aus Stoffresten genähte Decke war, unter der er auch schon geschlafen hatte. Sonja selbst hatte sie aus den Resten ihres Hochzeitskleides und alten, vom vielen Tragen weich gewordenen Hemdes des Vaters genäht.
"Schlaf, Kleines... Mama ist da." murmelte sie ihrer Tochter zu ohne die Augen von ihrem Sohn zu nehmen.
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Regungslos betrachtete Vanion das verletzliche kleine Wesen, das da so müde auf seine Mutter zugeschritten war. Es war ein deutlicher Kontrast - diese rosige Haut, die dunklen, gelockten Haare, das Unschuldige - gegenüber Vanions Erscheinung. Sein abgeranzter, schmutziger Gambeson, sein ungepflegtes Gesicht, seine notdürftig geflickten Hosen und nicht zuletzt das lange Schwert, das nur allzu deutlich sichtbar von seinem Gürtel herabhing, all das brachte Vanion dazu, sich wie ein Eindringling zu fühlen.
Umsichtig, kein allzu lautes Geräusch zu verursachen, löste er sein Schwert mitsamt Scheide vom Gürtel und lehnte es an die Wand. Die gesamte Szene erschien Vanion unwirklich und surreal.
Vorsichtig streckte er eine Hand aus. Zitternd bewegte er sie voran, bis seine schmutzige, dicke Hand den Kopf seiner kleinen Schwester berührte. Unendlich sanft strich er ihr übers Haar.
Ohne die Hand wegzuziehen, kniete er sich zu seiner Mutter nieder, sodass ihre Augen auf der gleichen Höhe waren. Langsam schob Vanion seine freie Hand auf die seiner Mutter zu und umfasste sie fest. Kein Wort fiel.
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Sonja hielt die Tochter in der rechten Armbeuge und den Sohn mit der linken Hand zu sich heran, bis auch sein gelockter Kopf in ihrem Schoß lag. Sie strich ihm über das Haar, so wie sie es früher immer getan hatte, wenn er mal wieder Blödsinn angestellt hatte und von seinem Vater mächtig ausgeschimpft worden war oder sich sogar Ohrfeigen eingefangen hatte.
Ein trockener Husten durchbrach die Stille und dauerte eine Zeit lang an bis er wieder zu schweren, regelmäßigen und ein wenig pfeifenden Atemzügen geworden war.
"Er ist kein schlechter Mann, weißt du?" durchbrach Sonjas leise Stimme die Stille.
"Streng. Und Stur. Tief verwurzelt in seinen Ansichten. Aber sieh nur welch einen Mann er aus dir gemacht hat. Wie hätte er das schaffen können wenn er voller Schlechtigkeit wäre?"
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"Ich hätte nicht fortgehen sollen. Nicht auf Biegen und Brechen." Vanion schloss die Augen. "Was mich die Jahre über begleitet hat, war nicht, dass ich euch verlassen hatte. Sondern dass er mich verstoßen hat. Dass er dich geschlagen hat - und dass ich mich umgedreht habe und weggeschaut habe." Seine Stimme zitterte. "Ich weiß nicht einmal den Namen meiner kleinen Schwester." Lorainne, Roquefort, der Pilgerzug...alles vergessen. Die Imperatorin, Tangara, Simon - nichts davon berührte mehr Vanions Geist. Langsam lehnte er sich zurück und sah seiner Mutter ins Gesicht. Leise sprach er: "Wie geht es ihm?"
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"Vielleicht hast du recht, vielleicht auch nicht. Ich denke nicht das er dich in Frieden hätte gehen lassen. Das, was zwischen euch passiert ist, ist so alt wie die Welt, Vanion. Jeder Sohn lehnt sich gegen seinen Vater auf und jeder Vater fühlt sich in seinem Stolz verlässt weil er glaubt das was er geschaffen habe wäre nicht gut genug für den Sohn."
Sonja seufzte.
"Letztlich zählt nur, dass du zurück gekommen bist. Dein Vater wird gesunden. Er ist zu stur zum sterben." meinte sie mit einem kleinen Lächeln.
"Diese Wunde war nicht so schlimm wie sie zunächst aussah und der Husten wird auch fortgehen sobald es nicht mehr so nass draussen ist. Ich befürchte nur das er nicht akzeptieren wird das er nicht mehr die Kraft eines jungen Mannes hat."
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Ein Lächeln stahl sich still und leise auf Vanions Lippen.
"Wie recht du doch hast." Er richtete sich auf. Jetzt bemerkte Sonja erst voll und ganz, wie ihr Sohn sich verändert hatte. Alleine seine Haltung sprach Bände.
"Wir sollten zu Vater gehen." Er wandte sich seiner kleinen Schwester zu.
"Na du - ich hab mich gar nicht vorgestellt. Ich heiße Vanion Bachlauf. Und du?"
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Sonja sah ihren Sohn mit einer Mischung aus Liebe und Trauer an:
"Du bist zwar zurück gekommen, aber nicht um zu bleiben, oder?"
Die Kleine war rasch wieder eingedöst, aber die Stimmen der beiden anderen ließen sie wieder wach werden. Als Vanion sich zu ihr herabbeugte sah sie ihn aus großen Augen an: "Du heißt ja genauso wie ich. Ich heiße nämlich auch Bachlauf, Vania Bachlauf!"
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Vanion grinste nun breit. "Was ein lustiger Zufall, Vania." Dann wurde er wieder ernst.
"Ich stehe in den Diensten einer caldrischen Ritterin. Mein Platz ist nicht länger hier."
Die beiden schwiegen sich etwas an, die kleine schlief wieder ein.
"Lass uns zu Vater gehen. Dann erzähle ich euch ausführlich, was mir widerfahren ist."
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Sonja nickte stumm und stand mit Vania im Arm auf. Sie brachte sie zurück ins Bett, das Bett, in welchem Vanion früher geschlafen hatte, und deckte sie gut zu. Dann schürte sie das Feuer im Herd und winkte Vanion schließlich ihr zu folgen.
Der Bauernhof der Bachlaufs mochte nur klein sein, aber sie hatten hier immer gut gewirtschaftet und Hunger war ein seltener Gast vor dem Krieg gewesen. Es war sogar genug Geld gewesen um das Haus zu erweitern und so waren Vanions Eltern einige der ganz wenigen die ein Haus mit mehreren Zimmern besaßen. Das Zimmer in dem das Bett der Eltern stand war hinter den Herd gebaut worden, so dass ein kleiner Kamin die Wärme des Küchenfeuers weiterleiten konnte.
Verglichen mit den Räumen und Häusern die Vanion auf seinen Reisen in den letzten Jahren gesehen hatte war es bescheiden, aber das große Bett war von seinem Vater handgefertigt worden und er wusste das es im ganzen Haus kein Stück Leinen oder Wolle gab, welches seine Mutter nicht von Hand genäht oder bestickt hatte.
Sonja entzündete ein kleines Talglicht und trat leise an das Bett heran.
"Barak? Wach auf, bitte. Es ist jemand wichtiges gekommen."
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Vanion trat ans Bett seines Vaters. Mit Bestürzung sah er das eingefallene Gesicht. Sein Vater war rasiert, was den jungen Mann überraschte - früher hatte er Barak immer nur mit einem satten Vollbart gesehen. Die Decke war von Baraks Oberkörper gerutscht, ein Verband verbarg die recht frische Wunde auf seinem Brustkorb. Instinktiv fasste Vanion an sein Knie, das von einer großen Narbe nun 'verziert' wurde, die er einem Soldaten vor Engonia zu verdanken hatte. Im flackernden Licht der Talgkerze beobachtete Vanion regungslos, wie sein Vater langsam aus seinem unruhigem Schlaf erwachte.
Barak sah ihn einfach nur ungläubig an, dann wandte er seinen Kopf Sonja zu. "Was...?", dann drehte er sich wieder zu Vanion. "Du.."
"Ja, Vater. Ich bin zurückgekommen." Vanion warf einen Blick zu Sonja, die nur den Kopf schüttelte. Vanion sank vor dem Bett seines Vaters auf ein Knie.
"Vater, es tut mir Leid. Es tut mir alles so Leid." Eine Träne floss aus Vanions Auge. "Ich - ich - hätte niemals.." Vanion verstummte und zog die Nase hoch, dann riss er sich zusammen.
"Ich bin zurück, Vater, und ich bitte dich um Verzeihung. Ich bitte dich, mich zurückzunehmen."
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Barak schwieg eine Zeit lang, als ob er sich nicht sicher war ob er noch schlief oder schon aufgewacht war.
Schließlich legte er eine Hand auf Vanions Kopf und strich ihm fast schon schüchtern durch das Haar:
"Es ist gut dich zu sehen... Wir... sprechen morgen."
Er nahm die Hand zurück und schien wieder einzuschlafen.
Sonja legte ihre Hand auf Vanions Schulter und bedeutete ihm leise wieder mit nach vorne zu kommen.
"Vergiss nicht von wem du deinen Stolz und deine Sturheit hast." meinte sie mit einem kleinen Lächeln und versuchte im Gesicht ihres Sohnes zu lesen ob er sich abgewiesen fühlte.
"Du bleibst doch bis morgen, ja?"
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Es war unbefriedigend, jetzt auf morgen vertröstet zu werden. Aber Vanion konnte seinen Vater verstehen. Zusammen mit Sonja ging er wieder die Treppe hinunter. Die beiden setzten sich vor den heimeligen Kamin, Vanion reichte seiner Mutter eine weitere Decke. Während Sonja Vania in ihrem Arm wiegte, begann Vanion zu erzählen. Vollkommen offen erzählte er seiner Mutter seine Geschichte, angefangen bei Abstürzen in Kneipen mit Marius, über die Anfangszeit mit den Sturmrufern, die Ereignisse in Tiefensee, bis er beim Pilgerzug und dem Kampf um Engonia angekommen war. Er erzählte, wie er mit Simon und Lorainne gemeinsam gekämpft hatte, von dem Auftreten der Szivarsgestalt, die Konar erschlug. Dann berichtete er von der eigentlichen Eroberung Engonias, wie er damals kühlen Kopf bewahrt hatte und Feinde, die sich ergeben hatten, vor wütendem Pöbel beschützt hatte, der einfach nur Rache nehmen wollte. Zu guter Letzt sprach er über die Ereignisse, die ihn zum Knappen gemacht hatten, und seine Reisen durch Engonien und darüber hinaus, im Namen Alamars. Es wurde später und später, Sonja blieb jedoch wach.
"Nun...mit dem endgültigen Eintritt in die Dienste von Lorainne werde ich Königin Leona von Donnerheim von Caldrien die Treue schwören. Vater wird daran schwer zu kauen haben, fürchte ich."
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Sonja hatte Vanion geboren als sie 17 war. Barak war ein guter Ehemann, aber er war auch gute 15 Jahre älter als sie und verstand selten ihre Sehnsucht mehr zu sehen als den bekannten Weiler und alle paar Monate den Besuch bei der Schwägerin in der Stadt.
Bestürzt stellte sie so etwas wie Neid fest als ihr Sohn von all den fernen Orten und Erlebnissen sprach die ihr auf immer verschlossen bleiben würden. Ihr Blick fiel auf das inzwischen so erwachsene und auch harte Gesicht ihres Sohnes und von da auf das noch unschuldige ihrer Tochter. Es stimmt, sie hätte viel dafür gegeben die weite Welt sehen zu können, außer der einen Sache: ihre Kinder.
Damit zufrieden hörte sie weiter Vanions Geschichten zu und litt mit ihm als er gezwungen wurde die harsche Realität des Lebens in so kurzer Zeit und allein zu lernen.
Sie legte ihre Hand an seine Wange und zog ihn zu sich herunter um ihm einen Kuss auf die Stirn zu geben:
"Es tut mir leid das ich nicht für dich dasein konnte, mein Sohn. Aber du erzählst von Menschen die dir nahe gekommen sind, von neuen Freunden oder zumindest Weggefährten. Es ist mir egal in wessen Dienst du treten wirst aber ich könnte es nicht ertragen zu wissen das du in der Fremde alleine sein wirst!"
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"Es ist ein ganz anderer Blickwinkel, von dem ich nun schaue. Ich will nicht sagen, dass ich auf Leute herabsehe, aber es ist schon so, dass sich mein Stand geändert hat. Ich verkehre bald mit Adligen, Mutter." Vanion war sich nicht sicher, ob seine Mutter wirklich nachvollzogen hatte, was der Ritterstand bedeutete - und was der Ritterstand für Vanion bedeutete.
"Ich nehme mein Leben in die Hand, und das nicht, indem ich wütend davonstampfe. Das ist doch das, was Vater wollte, oder?" Langsam gönnte Vanion sich den Rückzug aus dem Kokon, den seine Gedanken bildeten. Roquefort kam wieder in seinen Kopf, Leah, Simon...
"Ich habe Aufgaben zu erfüllen. Lorainne hat mich nicht nur wegen.. wegen dieser Geschichte zurückgeschickt." Jelena war ja schließlich auch noch da. Und Lucien.
"Ich weiß nicht, wann ich das nächste Mal hier sein werde. Mit einem Ritter zu reisen, ist auch nicht das Ungefährlichste auf der Welt." Vanion schwieg. "Ich weiß nicht genau, was Roqueforts Männer hier machen, warum sie nach mir suchen. Ich hätte nicht gedacht, dass Roquefort bereits von mir gehört hat. Aber ich hoffe nur, dass morgen, wenn ich abreise, Roqueforts Männer nicht mehr hier nach mir suchen."
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Sonja sah ihn etwas verloren an. Der Vanion der zurückgekehrt war war nun ein erwachsener Mann und brauchte seine Mutter nur bedingt. Sie erkannte vielmehr, dass er mit sich selbst Frieden schließen musste bevor er seinen Weg weiter gehen konnte. Tränen stiegen ihr in die Augen, aber sie wollte ihn nicht damit belasten. Heute Nacht war er ihr Sohn unter ihrem Dach.
"Dann komm, du brauchst deinen Schlaf. Ich bereite dir dein altes Bett. Deine Schwester kann zu mir ins Bett kommen. Du siehst müde aus."
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"Müde ist gar kein Ausdruck." Vanion sah mit leeren Augen in die heruntergebrannte Glut. Schließlich stand er auf. Er begleitete seine Mutter ins Zimmer seiner Schwester und setzte sich noch kurz ans Bett. Es war unnötig, noch weiter zu sprechen. Langsam ging Vanion in sein früheres Zimmer. Ein mit Stroh gefüllter Wollsack als Kopfkissen, und die gute alte Wolldecke bereiteten ihm ein warmes Lager. Zum ersten Mal seit langer, langer Zeit fiel es Vanion leicht, einzuschlafen. Seine Gedanken waren zur Ruhe gekommen, und er war glücklich. Er hatte eine Schwester! Eine gesunde, lebendige Schwester! Seinem Vater ging es gut, seiner Mutter ging es gut - und zumindest seine Mutter hatte ihn willkommen geheißen. Vor dem einschlafen richtete Vanion nur ein stilles Dankesgebet an Lavinia. Der Vogel war flügge geworden, und im Frieden mit sich selbst.
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"Mama sagt du sollst aufstehen. Zuk-kümpftige..." Vania stolperte über das Wort und zog die Nase kraus,"Jedenfalls, Ritter sollten nicht den ganzen Morgen verschlafen! So!"
Sehr mit sich zufrieden das sie ihre Aufgabe gelöst hatte drehte Vania sich um und rief ziemlich laut:
"Ich habs getan, Mama, kann ich jetzt zu den Hühnern gehen?"
Sie wartete eine Antwort gar nicht erst ab sondern gab Fersengeld und verschwand aus der Haustür.
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Vanion blinzelte.
"Jaja, ich komm ja schon..das blöde Feld bestellt sich ja nicht von.." Dann wusste Vanion auch schon wieder, wer er war. Verschlafen gähnte er, dann kraxelte er aus dem Bett und zog sich an. Langsam stieg er die Treppe herunter. Natürlich knarzte die vierte Stufe immer noch, das hatte sie schließlich schon immer getan. Vanion ging Richtung Küche, sah jedoch von weitem aus schon Sonja und Barak am Küchentisch sitzen. Mit unsicherem Gesichtsausdruck stellte sich Vanion in den Türrahmen.
"Guten Morgen, Vater."
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Barak machte ein Geräusch welches mit viel gutem Willen als "morgen" interpretiert werden konnte und wies Vanion mit der rechten Platz zu nehmen.
Er trank einen Schluck aus seinem Becher und verzog das Gesicht:
"Sonja! Wie lange muss ich dieses erbärmliche Gesöff denn noch trinken? "
"Solange noch etwas da ist, wirst du es auch trinken." kam die gelassene Antwort vom Herd, wo Vanions Mutter Eier zu braten schien.
"Deine Schwester hat es nur für dich bei dieser fremdländischen Heilerin in der Nähe des Gewürzmarktes gekauft. Und bisher scheint es doch gewirkt zu haben, oder?"
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Vanion musste grinsen. Ihm war plötzlich klar, wessen Medizin sein Vater nahm. "Vater, ich hab Jelena kennengelernt. Das, was sie mischt, hilft. Aber es schmeckt schlimmer als warme Pisse, nicht wahr?"
Sonja sah missbilligend drein, Barak zeigte jedoch sein typisch faltiges, verschmitztes Lächeln.
"Alte Männer wie du sind nicht tozukriegen, nicht wahr?"
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"Wäre ja noch schlimmer..." grummelte Barak und widmete sich wieder seinem Frühstück.
"Du verkehrst also jetzt mit hohem Volk, hm?" meinte er unvermittelt.
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"Sie sind nicht viel anders als du oder ich. Sie reden nur gestelzter. Et ils parlent une langue qu'elle est difficile. Sie sprechen eine schwere Sprache, schwierig zu lernen und schwülstig zu sprechen. Aber einige von ihnen können fluchen wie die dreckigsten Huren. Simon war so einer. Und nun bin ich wohl auch so einer. Ich..werde Knappe, hm?"
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Barak lehnte sich zurück und rieb sich das Kinn während er seinen Erstgeborenen betrachtete.
"Knappe."
Er seufzte tief und verschränkte die Arme.
"Eines ist mal sicher. Du wärst nen ziemlich mieser Bauer geworden. Aber es muss solche und solche geben. Du solltest nur nie vergessen wo du herkommst und wer deine Eltern waren. Wenn ein Mann so etwas vergisst, dann fehlt nicht mehr viel und er vergisst sich selbst."
Er räusperte sich und wies mit dem Löffel auf Vanions Essen:
"Iss dein Frühstück, deine Mutter hat sich extra Mühe gegeben."
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Beherzt fing Vanion an zu essen.
Nach einiger Zeit stillen Futterns fing Vanion wieder an zu sprechen.
"Weißt du, du hast zu mir immer gesagt, dass ich was aus mir machen soll." Barak erwiderte nichts, er schob nur den nun leeren Teller etwas von sich.
"Wenn du das nicht gemacht hättest, hättest du jetzt wohl einen Sohn, der bald in deine Fußstapfen treten würde, hm?" Vanion grinste nun breit. Er spürte, dass sein Vater ihm nicht länger grollte, sondern dass er einfach froh war, den Sohn wiederzuhaben. Der junge Mann wusste aber genauso, dass sein Vater das niemals zugeben würde.
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Barak sah ihn etwas mißbilligend an:
"Da sei Alamar vor, Sohn. Wie gesagt, ein ziemlich mieser Bauer."
Er trank den verachteten Tee aus und stellte den Becher wieder auf den Tisch, obwohl er den Inhalt wohl am liebsten wieder ausgespuckt hätte.
"Wollen mal hoffen deine Schwester ist hübscher als du und bringt nen anständigen Mann nach Hause. Sonst muss ich den Hof auch noch an Vetter Gustav überschreiben damit er hier mitanpackt. Und das wär mal nen erschreckender Gedanke, hm?"
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"Oder ihr macht mir nen kleinen Bruder, hm?" Vanion schob seinen nun ebenfalls leeren Teller von sich.
"War Lucien bereits hier?"
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Für den ersten Kommentar erhielt er von seiner Mutter einen deftigen Schlag auf den Hinterkopf:
"Erwachsen magst du ja sein, aber den Mund mit Seife auswaschen kann ich dir immer noch." meinte sie im vorbei gehen während sie den Tisch abräumte.
"Der Nordcaldrier war noch nicht da. Du könntest allerdings die Zeit nutzen und den Stall ausmisten."
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"Für das gute Frühstück muss ich das wohl." Vanion hatte kein Problem mit schmutzigen Arbeiten. Also machte er sich kurzerhand auf in den Stall und griff eine Mistgabel. Pfeifend arbeitete er vor sich hin, während er auf Luciens Ankunft wartete.
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Lucien hatte musste seit vanions ankunft nicht mehr so wachsam sein, wie vorher und erschien deutlich ausgeruhter.
er sah, wie vanion den stall ausmistete und runzelte misbilligend die stirn: diese bauern wussten nicht, welche aufgaben ein knappe zu erledigen hatte. andererseits war er sich auch sicher, dass vanions eltern ihm demut beigebracht hatten und es konnte nicht schaden, wenn er das lernte und zumindest eine der hohen herren die arbeit des kleinen volkes zu schätzen wusste.
"bonjour, monsieur."
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Vanion hatte sein Hemd abgelegt, sein Oberkörper starrte mittlerweile vor Schmutz. Der junge Mann richtete sich auf und stützte sich auf die Mistgabel. "Bonjour Lucien! Comment ca va? Ich hab dich schon ein wenig früher hier erwartet." Vanion ging rasch zu einem Wassertrog hinüber, der am Stalltor stand. Kurzerhand steckte er den Kopf hinein. Das eiskalte Wasser brachte ihn zum Zittern. Als Vanion den Kopf wieder herauszog, fiel ihm auf, dass er ein ganz kleines bisschen nach Mist stank - also nahm er den Eimer und schüttete ihn über sich aus. Nun bibberte Vanion, schließlich war es Winter. "Lass uns erstmal hineingehen. Ich zieh mir was frisches an, und dann reden wir. Ich muss auch Lorainnes Brief noch lesen."
Nachdem das erledigt war, saßen die beiden vorm Kamin, Vanion mit einem heißen Tee vor sich. Er holte den Brief hervor und las ihn.
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Lucien starrte Vanion bewundernd an:"Ihr könnt.. lesen?"
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"Mais oui! Ein wenig hat mir meine Mutter beigebracht, und ein Barde namens Marius hat mir den Rest gezeigt. Mit dem Schreiben haperts noch ein wenig, aber es reicht eben. Aber das tut jetzt nichts zur Sache." Vanion dachte nach. Dass Leah Roqueforts Tochter war, hatte er geahnt. Dass Roquefort jedoch von ihm wusste und hinter ihm her war - das hatte er nicht erwartet. So schnell kann man wichtig werden. "Also gut. Das ändert nicht viel, wir müssen einfach nur wachsamer sein. Falls du keinen anderslautenden Auftrag von Lorainne hast, wirst du mich begleiten. Ich freu mich über wen zum reden, hm?" Luciens Gesicht entgleiste kurz, offensichtlich hatte er nicht erwartet, von einem mistschaufelnden Bauernsohn Befehle zu bekommen. Vanion überging etwaige Einwände. "Ich muss zu Jelena. Sie wird wohl im Kontor sein, dahin brechen wir jetzt auf. Aber erst will ich mich anständig waschen."
Vanion stand auf und ließ Lucien kurzerhand vorm Kamin sitzen. Sorgfältig wusch er sich Kopf und Hals. Von seinem Vater lieh er sich eine Wollhose, darüber zog er wieder seinen abgerissenen Gambeson. Als er grade seinen Schwertgurt anlegen wollte, bemerkte er, wie seine Mutter das Zimmer betrat.
"Du gehst wieder?" Sie sah ihn mit Trauer in den Augen an.
"Ja. Ich weiß nicht, wann ich das nächste Mal hier sein werde. Aber glaub mir, ich komme zurück."
Sonja half ihm beim Gürten, dann gingen sie gemeinsam nach unten. An der Tür angelangt, verabschiedete sich Vanion von seinen Eltern. Sonja umarmte ihn, während ein paar Tränen ihre Wangen herabflossen. Von Barak verabschiedete sich Vanion mit einem festen Händedruck.
"Und denk an Jelenas Medizin, alter Mann. Wenn ich wieder hier bin, dann.. dann will ich dich wiedersehen."
Barak schluckte. Er würde nicht weinen. Trotzig zog er die Nase hoch. "Alles Gute, mein Junge."
Vanion und Lucien bestiegen die Pferde, dann ritten sie los.
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"Jelena? Ihr meint die Heilerin? Ich hörte das gerücht, dass sie nicht in der Stadt ist."
Auf Vanions fragenden Blick machte er eine Wegwerfende Geste. "Wenn man sich ein wenig umhört, erfährt man einiges."
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"Die Frau ist doch immer für eine Überraschung gut." Stumm ritten die beiden durch die Tore Fanadas. "Wir müssen zum Gewürzmarkt, in der Nähe dort muss ihr Kontor sein."
Nach kurzer Suche hatten sie ihr Ziel erreicht. Vanion stieg ab und half Lucien aus dem Sattel. Dann pochte er fest ans Tor des Kontors.
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Im Tor des Kontors war eine Tür eingelassen und darin wiederum eine vergitterte Öffnung. Jemand schaute durch und entriegelte dann die Tür:
"Ja?"
Vor ihnen stand ein faltiges kleines Mütterchen, offensichtlich die Torwächterin. Sie machte nicht einmal den Anschein höflich sein zu wollen.
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Vanion verbeugte sich artig.
"Mein Name ist Vanion Bachlauf, Knappe von Chevalier Lorainne de la Follye des Joux. Ich möchte in Herrin Lorainnes Namen Jelena sprechen."
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"Die Meistrin ist nicht da. Noch was?"
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"Nun, gute Frau, dann wird doch bestimmt jemand da sein, der ihren Aufenthaltsort kennt. Ist vielleicht Luthor da? Oder Wydh?"
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Die Alte sah ihn einen Augenblick lang grummelnd an, aber Vanion konnte den messerscharfen Verstand in den Augen erkennen und auch die Art wie sie ganz subtil all die Kleinigkeiten seiner und Luciens' Erscheinung wahrnahm.
Wenn man es genau betrachtete passte das sehr gut zu einer Torwächterin die Jelena einstellen würde.
Sie schien etwas an Vanion zu entdecken und winkte ihn schließlich durch die Tür:
"Wartet hier, ich seh mal ob die Anica Zeit hat."
Das Kontor war ein recht großes Grundstük mit einem aus Stein gefügten Haus und einem ummauerten Innenhof. Es gab einen Stall und Lagerräume und einen winzigen Küchengarten, sowie mitten im Hof einen Pflaumenbaum mit einer ziemlich windschiefen Bank darunter. Es waren bald zehn Jahre, dass das Grundstück Jelena gehörte und alleine die Größe und Lage mitten in Fanada in der Nähe des Gewürzmarktes sagten etwas über ihren Status aus.
Es dauerte nicht lange und eine junge Frau näherte sich. Sie sah nett aus und ihre Kleidung erinnerte noch mehr an ihre ferne Heimat als Jelenas. Sie trug eine Schürze und trocknete sich die Hände ab:
"Ja? Ihr sucht die Meisterin?"
Vanion konnte sich erinnern Anica beim Pilgerzug gesehen zu haben. Sie war Jelenas Magd und eine ihrer engsten Vertrauten.
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Vanion bemerkte, dass Jelena ihre Dienerschaft kaum zufällig ausgewählt hatte. Scheinbar wurde hier jedes seiner Worte nicht nur angehört, sondern gleich doppelt reflektiert.
Dasselbe schien für seine Kleidung und sein Auftreten zu gelten. Dumm schien hier keiner zu sein.
"Anica, nicht wahr? Seid gegrüßt, Vanion Bachlauf mein Name. Ja, ich suche nach Jelena, ich habe eine Bitte an sie von Chevalière Lorainne. Jelena ist nicht hier?"
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"Verstehe. Nein, es tut mir leid, aber die Meisterin ist nicht hier. Könnt ihr mir sagen worum es genau geht?"
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"Durchaus. Lorainne bittet Jelena darum, Herrn Simon de Bourvis aufzusuchen. Ich weiß nicht, ob ihr von seinem Schicksal gehört habt, es ist noch nicht entschieden, auf welcher Seite unserer Welt er nun bleibt. Lorainne erhofft sich, dass Jelena Simon einen derben Tritt in die richtige Richtung..also, dass sie ihn heilt, ihr versteht." Vanion wagte sich ein Stück weiter vor. "Ich glaube auch, dass Jelena selbst etwas an Herrn Simon liegt, sie würde wahrscheinlich nicht zögern, mich nach Blanchefleur zu begleiten, wenn sie anwesend wäre."
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Anica verschrenkte die Arme vor der Brust und sah Vanion einfach nur ruhig an.
Als eine angemessene Zeit verstrichen war die klar machte, dass Vanions Versuch sie zu beeinflussen ziemlich daneben gegangen war, meinte sie:
"Ich habe vor Meistrin Jelenas Abreise zum Kampf gegen den Szivarskult in Andarra genaue Anweisungen erhalten. Sollte jemand von der Frau Ritterin wegen Herrn Simon kommen, dann sollte ich folgendes ausrichten."
Sie räusperte sich und rezitierte: "Sollte ich den Kampf um Tailon Orikos überleben, so werde ich einen Abstecher in den Schlafwald machen um einige Dinge zu klären. Wenn ich nicht in Fanada bin, dann sucht mich dort."
Anica spreizte die Hände wie um zu zeigen, dass sie nicht mehr sagen konnte:
"Es tut mir leid, Knappe Vanion, aber das ist alles was ich sagen kann. Die letzte Nachricht von der Meisterin kam vor etwa 3 Monden, ich habe seitdem nichts mehr von ihr gehört."
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"Dann freut es euch mit Sicherheit zu hören, dass Jelena die Ereignisse bei Tailon Orikos unbeschadet überstanden hat. Einzig.. einzig Wassilij ist verschollen." Vanion rechnete ungefähr die Entfernungen ab, scheiterte jedoch am Schlafwald. "Der Schlafwald - wie weit ist das von hier aus, wisst ihr das?" Während Anica überlegte, wandte er sich zu Lucien um. "Was meint ihr dazu, mein Freund? Wie weit sollte ich gehn bei der Ausführung von Lorainnes Auftrag?"
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Anica sah ihn traurig an: "Ich weiß, das war die letzte Nachricht die uns von der Meistrin erreicht hat. Der Schlafwald liegt in Andarra, etwa nordöstlich von Brega. Wenn ihr mit Pferden unterwegs seid, dann werden es vier bis fünf Tage sein."
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"Habt dank, Anica - und entschuldigt meine noch recht unerfahrene Art. Ich wäre euch sehr verbunden, wenn ihr herzliche Grüße an Luthor und Wydh ausrichten würdet, so ihr sie seht."
Vanion und Lucien verabschiedeten sich höflich.
"Also, Lucien, ein paar Tage mehr werden uns nicht umbringen. Ich hab noch etwas Geld von Lorainne über, das muss jetzt wohl ausgegeben werden." Vanion schaute in den Himmel. "Es ist noch früh am Tag, lass uns also noch etwas zu essen besorgen und ein paar zusätzliche Kleider und Decken. Wir müssen uns eventuell auf eine längere Suche einrichten, und jetzt im Winter kann das böse enden."
Lucien und Vanion verließen am frühen Nachmittag Fanada. Die beiden unterhielten sich viel, Lucien war ein angenehmer Zeitgenosse, der viele Geschichten kannte. Abends schlugen die beiden ihr Lager auf. Am Feuer sitzend, überdachte Vanion noch einmal alles, was in Fanada geschehen war. Später sang er sogar ein wenig vor sich hin, Lucien stimmte bei ein paar der bekannteren Lieder mit ein. Zufrieden schliefen die beiden ein, ohne eine Wache aufzustellen. Am nächsten Tag sollte die Reise weiter gehen.