Forum des Engonien e.V.
Die Gebiete in Caldrien => Das Caldrische Imperium => Thema gestartet von: Mel am 12. Mai 14, 19:59
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"Die großen Handelsstraße wand sich von Westen durch Blanchefleuer, stets an der steilen Küste entlang, bis nach Parois- sur- Mar in Marnois.
Irgendwo an der Grenze von Blanchefleur nach Marnois lag der geheimnisvolle Wald, der Forêt d´Artroux. Und ebenfalls an der Grenze zu Marnois, im Norden und Osten direkt an den Wald grenzend, lag ein kleines Rittergut. Auf diesem Gut lebte der grüne Ritter, seinem Herrn, dem Baron von Blanchefleur, treu ergeben und verbunden durch eine enge Freundschaft. Doch eines Tages, auf einem Turnier sah er eine junge Dame, schöner als Lavinia selbst, und er verliebte sich unsterblich in sie."
Lorainne machte eine kurze Pause, um einen Schluck zu trinken, bevor sie fortfuhr.
"Doch bevor er sie zur Frau nehmen konnte, musste er drei Prüfungen bestehen: Die erste ar, dass er lesen und schreiben lernte, denn das konnte der grüne Ritter noch nicht. Dann musste er seine Angebetete während eines Kampfes gegen den schwarzen Ritter minnen, und dieser zerbrach drei Lanzen an der Rüstung des grünen Ritter. Die dritte Prüfung war die schwerste, denn der grüne Ritter musste freundschaftliche Bande brechen. So fiel er bei seinem Herrn und vormaligen Freund in Ungnade, denn seine Geliebte war die Nichte des Barons von Marnois; und jeder weiss ja, dass Blanchefleuer uns Marnois schon lange verfeindet sind und eine Fehde führen würden, wenn der Graf Fehden nicht verboten hätte... tatsache, sie ist endlich eingeschlafen."
Lorainne lächelte das Bündel in ihren Armen an und lehnte sich an einen Baumstamm, während sie die Wärme des Feuers genoss und Fulk dabei beobachtete, wie er irgendetwas über dem Feuer briet.
Vanion war mit drei weiteren Männern ihres Vaters... mit dreien IHRER Männer im Wald unterwegs und liess sich die Gegend zeigen, doch auch sie würden bald zurück kommen, spätestens wenn sie Hunger bekämen.
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Mit der untergehenden Sonne im Rücken kämpfte sich Vanion durch das dichte Unterholz, dass das Lager umgab. Ihm war klar, dass die drei anderen über ihn schmunzelten, wenn auch zumindest nur hinter seinem Rücken. Seine schweren Lederstiefel brachen durch das Gestrüpp und verursachten laute Geräusche. Die anderen schafften es zwar nicht, völlig lautlos zu sein, doch wussten sie nur all zu gut, wohin sie ihre Füße setzen konnten, und wohin nicht.
Der Forêt d'Artroux war größer, als es den Anschein hatte. Im Grunde hatte die Gruppe den Tag damit verbracht, in einer größer werdenden Spirale um das Lager zu kreisen. Im Norden hügeliges Gelände, dichte Tannen standen dort. Im Süden flachte die Erde ab, Laubbäume und Brombeer-Dickichte schienen so weit zu reichen, wie das Auge sehen konnte (allerdings war das angesichts der vielen Bäume nicht wirklich weit). Ständig traf man auf Bäche, moosüberzogene, große Steinformationen, und Bäume, Bäume, Bäume. Der Knappe hatte seinen Orientierungssinn nie für schlecht gehalten, doch angesichts der Wildnis, die allein im Osten etwas abnahm, wo der Wald langsam, aber doch sicher lichter wurde, war er sprachlos. In letzter Zeit schwieg er generell viel, er fand, dass ihm das zur Abwechslung mal ganz gut anstand.
Jetzt kam die kleine Gruppe von Westen her ins Lager. Mit einer kurzen Bemerkung über die fehlenden Wachen wandte sich Vanion an seinen Hintermann, doch der grinste nur und sprach etwas auf caldrisch. Vanion meinte "an denen sind wir grade vorbeigekommen" zu verstehen, aber ganz sicher war er sich nicht. Prüfend war er einen langen Blick auf das Unterholz, durch das sie grade noch gestiefelt waren, doch konnte er niemanden entdecken. Als er sich jedoch umdrehte, landete ein angebissener Apfel auf seinem Kopf: das gut gezielte Geschoss stammte von einem der Wachmänner, der über ihnen in einer Astgabel hockte und breit grinste.
Langsam, aber sicher grummelte der Magen des Knappen. Er hatte vor seiner Abreise gesehen, wie einige Kaninchen gehäutet wurden - die drehten sich bestimmt jetzt an einem Spieß über einem Feuer. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen, doch bevor er nach möglichem Essen ausschau hielt, suchte er Lorainne. Seine Nase leitete seinen Blick schließlich doch auf das erste Feuer, über dem etwas brutzelte - und siehe da, Fulk und Lorainne saßen direkt davor.
Als er an das Feuer herantrat, grüßte der Knappe freundlich und wartete, bis Lorainne ihm bedeutete, sich hinzusetzen. Man war zwar unter sich, dennoch wollte Vanion zumindest die Form wahren. Mit einem liebevollen Blick auf die mittlerweile schlafende Leah - meine Cousine, bei den Göttern - schlang Vanion die Arme um die Knie.
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Fulk brummte etwas auf caldrisch in seinen Bart, was Lorainne dazu brachte, Vanion genauer zu mustern.
"Fulk sagt, Du sollst dich Waschen, vorher bekommst Du kein Essen. Und dann lass mich deine Stirn sehen. du blutest."
Sie kniete sich hin, um Leah in den Weidenkorb neben sich zu legen. Liebevoll srich sie ihr noch einmal über die Wange, bevor sie sich erhob und zu Vanion ging.
"Sieht nicht tief aus. Brombeersträucher?"
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"Eher ein zurückschlagender Ast. Dank der Brombeersträucher brauche ich eine neue Hose. Gutes Leder wäre angebracht, schätze ich." Missmutig wies Vanion auf einige kleinere und größere Löcher an seiner Leinenhose. "Dieser Wald - mal ist er licht und hell, als gäbe es nichts schöneres als die Sonne Caldriens, dann wieder ist er griesgrämig und kalt. Wie konnte es dein Vater nur so lange hier aushalten?" Der Knappe vermisste schon jetzt die sonnigen und weiten Felder Tangaras, auf denen er aufgewachsen war. Dichter Wald mochte schön sein mit einem Mädel an der Seite, doch merkte man deutlich, dass Vanion nicht dafür geboren war.
"Wenn Ihr wünscht, gehe ich mich kurz waschen? Ein Tag im Wald sorgt nunmal dafür, dass man verschwitzt ist." Eine bissige Bemerkung, gezielt auf Fulk.
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"Der Wald kann auch sehr schön sein. Als ich klein war, bin ich dauernd mit Antoine hier umhergetollt.."
Lorainne schüttelte die Erinnerung ab.
"Wenn Du willst, zeig ich Dir morgen ein paar Stellen. Da konnte ich immer sehr gut nachdenken. Der Wald bietet uns zur Zeit vor allem Schutz."
Während Vanion sich frisch machte und Fulk das Fleisch schnitt, rührte Lorainne in einer großen Schüssel, bevor sie deren Inhalt auf die Teller füllte.
Dann klopfte sie mit der Kelle gegen den Topf, laut genug, dass nun knapp zwei Handvoll hungrige Männer um sie und Fulk herumstanden, um endlcih essen zu können.
Als Vanion sein Essen in Empfang nahm, sah er schon deutlich sauberer und zufriedener aus.
Während alle schmatzten, nutzte Lorainne die Chance, die nächsten Wachen einzuteilen. Alle waren zu sehr mit Essen beschäftigt, um zu widersprechen.
"Henry, Ansgar, ihr geht zu den drei Tannen. Valdemar und Emil zum Birkenhain. Theodore und Silas lösen Hery und Ansgar aus, Vanion und ich Valdemar und Emil. Morgen gehen wir zum alten Lager und hölen die restlichen Sachen, vor allem Brennholz. Möglicherweise können wir auch die alten Fallen zurückbauen und hier wieder aufbauen? wenn das Lager entdeckt wird, werden alle glauben, dass es eines der Gesetzlosen ist."
Bevor sie weiterreden konnte, wurde ihr von Fulk ein Teller unter diese Nase gehalten:"Es wir kalt, wenn Du weiterredest."
Lorainne verstand den Vorwurf darin und nahm den Teller, was mit einem lauten Magenknurren aus ihrer Bauchgegend quittiert wurde.
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Aufmerksam folgte Vanion Lorainnes Einteilung. Es überraschte ihn ein wenig, dass sie selbst am Wachdienst teilnahm - aber gut, dann sollte es so sein. Bisher hatte der Knappe nicht die Erfahrung gemacht, dass Ritter sich zu so etwas herabließen, aber besondere Umstände erforderten besondere Umsicht.
Schweigend löffelte er seine Suppe. Interessiert verfolgte er das sich entspannende Gespräch zwischen Fulk und Lorainne, das vor allem um Lorainnes Jugend kreiste, doch irgendwann versandete. Als er seine Schüssel geleert hatte, sah er Loraine fragend an.
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Unterdessen hatte Fulk heisses Wasser aufgesetzt und hielt alle zum Spülen an.
Lorainne beugte sich zu Vanion und flüsterte:"Merk dir das hier gut. Fulk führt ein strenges Regiment und selbst die grössten Krieger wie Ansgar- er ist schon im Piulgerzug dabei gewesen- kuschen vor ihm. Wenn diese Zeiten vorbei sind, werden sie wohl alle die Erinnerung daran verdrängen wollen."
Grinsend nahm sie ihres und Vanions Geschirr und Besteck und liess es ins heisse Wasser fallen. Als sie dann aber nach dem Lappen griff, schlug Fulk ihr auf die Hände.
"Für eine Dame ziehmen sich keine Spülhände!"
Überrascht zog Lorainne ihre Hände zurück. Das Getuschel hinter ihrem Rücken hatte sie schon bemerkt und ihre Augen blitzten böse.
"Bon, wenn die Waschweiber hinter mir dann mit ihrem Getuschel fertig sind, dürfen sie abspülen. Wer sich wie ein Waschweib verhält, macht auch die Arbeit von einem. Und Fulk, Du kümmerst Dich bitte um Leah, oui?"
Auch wenn Lorainne sich an ihre neue Autorität noch nicht gewöhnt hatte, wurde diese doch von den Männern anerkannt.
"Diejenigen, die nicht zur Wache sind, sollten ein wenig schlafen. Morgen haben wir viel vor."
Erneut liess sie sich neben Vanion wieder und zog ein kleines Fläschen aus ihrem Gambeson:"Oscronner Kräuter. Tut gut und wärmt."
Sie waren zwar erst wieder seit eineinhalb Tagen im Lager, aber die Abendessen, wenn alle für den Moment zusammensaßen und das Lager nur durch die Fallen gesichert war, genoss sie doch am meisten. Sogar Vanion war herzlich aufgenommen worden. Trotz seiner tangarianische Abstammung war er jetzt einer von Ihnen.
Für einen kurzen Augenblick flammte der Gedanke in ihr auf, ob das wohl auch so wäre, wenn sich seine- wahre Abstammung- herumsprechen würde. Wäre auch dann immer noch so gut gelitten?!
Um sich nicht mit ihren Sorgen befassen zu müssen, fragte sie Vanion:"Und, magst Du mir sagen, was Dich bedrückt? Du schaust seit dem Grenzfest besonders ernst?"
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Mit einem Lächeln lehnte Vanion den Schnaps ab.
"Was mich bedrückt?" Kurz dachte er nach. "Mein Erbe."
Das kurze Wort wog schwer in der kühlen Nachtluft.
"Du wirst gemerkt haben, dass man mich hier mit einem Lächeln gegrüßt hat. Ein Tangarianer scheint hier wohl gelitten zu sein, zumindest einer mit meinem ach so zweifelhaften Ruf." Ein schelmisches Grinsen begleitete die Worte. "Aber ich frage mich - was würde man von mir halten, wenn man wüsste, wer ich bin? Seien wir ehrlich - hier oben gilt der Name mehr als die Tat."
Als er Lorainnes abweisendes Gesicht sah, überlegte Vanion, ob es nicht doch eine schlechte Idee war, dieses Thema angeschnitten zu haben. Rasch lenkte er also ab:
"Und ..natürlich ist es nicht ganz einfach, sich zu verändern." Das war nichts als die Wahrheit, stellte er zu seinem eigenen Erstaunen fest. "Als du verschwunden warst, bin ich über mich hinausgewachsen. Es wäre vermessen, das nicht zu sehen. Und nun, da du wieder da bist, wollte ich die Verantwortung, die ich getragen habe, gänzlich in deine Hände geben - aber so einfach ist es wohl nicht, schätze ich. Mit dem Rittertum kommen Aufgaben auf mich zu, an denen ich schwer zu tragen habe. Lektionen in Demut, Lektionen in Betragen, aber auch Lektionen über Ideen. Der Bauer, der ich gewesen bin, würde an solchen Aufgaben scheitern - also ist es Zeit, zu dem Ritter zu werden, der ich sein will, n'est-ce pas? Keine Rumblödeleien mehr, kein hemmungsloses Trinken, aber eben auch keine Abende mehr in zweifelhafter Gesellschaft. Der Ruf eines Ritters ist das, was ihn ausmacht, der Ritter ist so gut wie sein Schwert, sein Knappe, sein Pferd, und eben sein Ruf. Alleine was Sir William of York von mir hält, wäre vermutlich einen Handschuh wert. Was ich von Rania halte, ist einen ganzen Kleiderschrank wert, bei den Göttern."
Auf Lorainnes fragenden Blick fuhr er fort:
"Ich wusste nie soviel über sie, wie ich es nun tue. Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich das auch lieber für mich behalten."
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Lorainne nickte, als er über Rania sprach:"Behalte es für Dich, doch bedenke immer: Ohne sie wäre ich verloren gewesen. SI ewra mein Licht, sie hat mich hier gehalten. Wer weiss was passiert wäre, wären wir nicht beide in diesem Ritual..."
Sie stockte. Auch wenn sie sich nur schemenhaft erinnern konnte, jagden ihr diese doch noch immer Angst und schrecken ein.
"Und was Deine... Familie angeht"; Lorainne wählte jedes wOrt offenbar mit bedacht, "es wpielt hier eben keine Rolle, woher Du kommst, was und wer Du bist. Es gibt hier nicht die Unterschiede, die es außerhalb des waldes gibt. Zumindest sind diese Unterschiede hier viel kleiner. Und wenn Du sie alle überzeugen kannst, dass Du nicht... so bist, wie... die Roqueforts bisher, dann wird es auch später, draußen keine Rolle mehr spielen."
Insgeheim schickte sie Stoßgebete an die Götter. Lasst es auch mich endlich glauben.
"Dein Vater, Barak; erzähl mir von ihm, wie war er? Denn offenbar schlägt er schon aus der Art. Ich hätte ihn gerne kennengelernt."
Und das stimmte. Von dem wenigen, was sie bisher über Barak Bachlauf gehört hatte, war sie sicher, dass es mit ihm Frieden zwischen den Roqueforts und den La Follyes gegeben hätte. Doch jetzt war es an ihr uns Vanion, diesen nach so vielen Jahren- generationen- endlich zu schaffen.
Und Lorainnen betete unablässig, dass sie es konnte, dass die Zeit der Versöhnung eintreffen würde, mit Vanion und Leah. Besonders für Leah.
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Schweigend sah Vanion ins Feuer. Sein Vater.. er hätte sich nur gewünscht, ihn fragen zu können, ob ihm jemals bewusst gewesen war, wer sein Vater war. Doch dazu war es nicht gekommen.
"Er war ein Brummbär. Hat sich irgendwann einen Bart stehen lassen, der im Alter erst grau und dann weiß wurde. Anfangs war er feuerrot. Vater war immer gütig, aber auch streng. Die Familie galt ihm mehr als alles andere. Als ich damals mit Marius den Hof verließ" - es kam Vanion vor, als redete er von einer anderen Welt - "war das für ihn wie ein Verrat an der Familie. Sein Sohn hatte alles in den Wind geschmissen, was der Vater ihm beigebracht hatte, und dann nochmal kräftig darauf gespuckt."
Eine kleine Pause entstand, in der Vanion das Geschehene noch einmal Revue passieren ließ.
"Doch - er wäre nicht mein Vater, wenn er mir nicht verziehen hätte. Als du mich wieder zu meinen Eltern geschickt hattest, um diese Sache zu bereinigen.. sein Stolz hat nicht zugelassen, das Gesagte zu entschuldigen. Seine harten Worte standen dennoch nicht mehr zwischen uns, er hatte mir längst verziehen. Barak war stets ein guter Mann, er hat seine Frau nie geschlagen, und seine Kinder auch nur, wenn sie es verdient hatten. Liebevoll und zärtlich konnte er sein, aber ausgefuchst und geschickt in der kleinsten Verhandlung. Geizig war er wohl, ja - jedes Kupferstück hat er umgedreht, bevor er es ausgab. Jedenfalls war das so, wenn er Geschäfte tätigte - Saat einkaufte, Ernte verkaufte. Nur abends, wenn er mit seinen Freunden einen Krug auf zwei (oder mehr..) gehoben hat, dann war er spendabel. Wer sein Freund war, konnte immer auf ein Bier, bezahlt mit Kupfer aus seinem Beutel, hoffen. Seltsamerweise wurde er nie ausgenutzt, dafür war er wahrscheinlich zu autoritär."
Langsam verblassten die angenehmen Erinnerungen, und langsam, aber sicher, tauchten die unangenehmen auf.
"Doch er war auch stolz und stur. Wer es sich mit ihm verscherzt hatte, den sah er, verzeih den Ausdruck, mit dem Arsch nicht mehr an, dem wünschte er Pest und Tod an den Hals. Sonja, meine Mutter, hat eine Schwester, die vor Jahren schon starb. Er hatte meine Tante immer gehasst, weshalb, weiß ich gar nicht. Und er weigerte sich gar, zu der Beerdigung zu kommen. Auch hatte er dafür gesorgt, dass ein Konkurrent in Norodar, der ihn um einen eher kleinen Betrag betrogen hatte, Haus und Heim an Gläubiger verlor, nachdem sein Ruf ruiniert war. Es hieß plötzlich überall, dass der Kerl ein mieser Taschenspieler und noch größerer Betrüger war, dabei hatte er meinen Vater nur bei einem kleinen Handel etwas über den Tisch gezogen. Barak hat damit sogar geprahlt, dass der Ruf dieses Mannes durch ihn und seine Freunde ruiniert worden war."
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"Wenn er seine Frau nie geschlagen hat, hat er Savaric zumindest etwas voraus." platzte es aus Lorainne.
Als sie Vanions irritierten Blick sah, fragte sie:"Was weisst Du über Leahs Geburt?"
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"Nichts. Lediglich, dass sie meine Cousine ist, und du nicht ihre Mutter." Bisher hatte der Knappe sich jede Frage verkniffen, so sehr ihn die Antworten auch interessierten.
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"Nun, es war damals, als Simon nach unserem Duell nicht mehr aufwachen wollte. Im Kloster. Eines Tages kam eine Frau, überl zugerichtet, schwanger, geflohen vor ihrem Ehemann. SIe sagte, sie hat Angst um ihr Kind. Dass es sterben könnte, in ihr, wenn sie bei ihm bleibt. Es war Savarics Frau."
Erinnerungen konnten quälend sein, Lorainne wusste nur zu gut, wozu Savaric fähig sein konnte.
"Ich glaube sogar, sie war jünger als ich damals. An ihrem Armen konnte man erkennen, wo er sie gepackt hatte, ihr gesicht war stellenweise grün und blau, ihre Nase hatte einen haken, ich glaube, sie muss vor einiger Zeit gebrochen gewesen sein, Ein Auge war zugeschwollen und auch an ihren Rippen konnte man ihr Martyrium erkennen. Sie war zu dem Zeitpunkt schon fast zwei Jahre mit ihm verheiratet."
Sie machte eine kurze Pause. Damals hatte sie kein Mitleid empfunende, immerhin war sie eine Roquefort, doch heute war es anders. Ihre Stimmer zitterte ein wenig, als sie weitersprach.
"Ich mag mir nicht vorstellen, wie es zur Zeugung von Leah gekommen ist. Jedenfalls setzten nachts die Wehen ein. Sie blutete so stark und ich war zufällig da und half. Ich holte die blutigen Laken, brachte neue und heisses Wasser und hielt ihre Hand, wenn sie schrie. Bei den Göttern, sie war so zierlich und sie hat ihn so verflucht, wie man es selbst in den Hafenkneipen nicht hört. Danach war sie geschwächt, Leah ebenso, und doch legte sie sie an und das kleine trank gierig. Ich weiss nicht, wieviel Zeit vergangen ist, aber lötzlich sah sie mich an und ich musste ihr versprechen, dass ich mich um das Kind kümmern würde. Ich willigte ein, passte Roqueforts Kind doch hervorragend in meine Pläne. Ich wusste vom ersten Moment, als ich sie sah, wer sie war."
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Lange ließ Vanion Lorainnes Worte sacken. Sein Onkel hatte den Tod verdient, doppelt und dreifach. Und doch, war der Sippenmörder nicht von den Göttern verflucht? Leise verfluchte er den Täuscher, doch konnte Lorainne ihn gut verstehen.
"Savarics Taten sind nicht die meinen, und das weißt du." Er hoffte jedenfalls, dass Lorainne es wusste. Im Brüderkrieg hatte Vanion, wie so viele andere auch, getötet und verstümmelt. Das war die Kehrseite: Trauer um Freunde war die offensichtliche Seite dieser bitteren Münze, doch genauso hatte Vanion Freunde anderer Leute getötet. Diese Tiorsnovizin, Dara - ihr Vater war ein Soldat des Lupus gewesen. Dieser Ritter der Baronin, in Sterjak - sogar ein Veteran, und doch ein normaler Mensch. Brüderkrieg, das war es in der Tat gewesen.
Zweifel keimte in Vanion auf. Brüderkrieg - Familienfehde - und nun das.
Und wenn ich dabei stehe, wenn jemand das Schwert durch Savarics Hals treibt - bin ich dann nicht doch der Mörder meines Onkels?
Er hoffte nur, dass Lorainne ihm seine Gedanken nicht anmerkte. Er wollte nicht, dass sie an ihm zweifelte, zumal er selbst es nicht mehr tat. Rasch drängte er die unangenehmen Gedanken zur Seite.
"Sie passte also in deine Pläne." Misstrauisch sah der Knappe zu seiner Chevalière. Ein Kind gegen den eigenen Vater zu gebrauchen, das konnte nicht gerecht, nicht ehrenvoll, und nicht redlich sein. Wer wusste schon, was Lorainne vorhatte? Aber auch diesen Gedankengang verbot er sich. Er vertraute Lorainne.
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"Ja, sie passte hervorragend. Ich war so dumm zu glauben, dass ihm etwas an seiner Tochter lag. Aber er kennt keine Liebe. Er interessiert sich nur für Leah, wenn sie in SEINE Pläne passt, dabei ist er ihr Vater."
Etwas Undefinierbares lag in ihrer Stimme. Bitterkeit? Hass? Vielleicht auch Traurigkeit? Oder sogar Liebe?
"Ich nahm sie also mit, aus reiner Berechnung. Als ich mit Isabeau über meine Pläne sprach, sagte sie mir, dass ich niemals ein Kind gegen ihn würde einsetzen können, ich glaubte ihr nicht. Und doch hat sie recht behalten. Als sie das erste Mal "maman" zu mir sagte, konnte ich es nicht mehr. Auch wenn ich nicht ihre Mutter bin und wohl niemals.."
Schmerz spiegelte sich in ihrem Gesicht wieder, bis sie sich wieder gefangen hatte.
Wehmütig lächelte sie:"Worauf ich aber hinaus will: Blanchefleur wünscht sich Frieden unter seinen Rittern. Und ich möchte ihn endlich auf MEINER Seite wissen. Ich werde Leah also für den fall, dass ich keine Nachkommen haben werde, als Erbin einsetzen. Dazu muss ich nur mein Testament von Damian ändern lassen."
Diese Nachricht sollte erstmal wirken.
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"Ich hätte nicht gedacht, dass du zu so etwas fähig bist." Es lag kein Vorwurf in Vanions Blick, aber ein wenig Enttäuschung. Doch dann hellte sich seine Miene auf: "Offensichtlich bist du es ja auch nicht." Kein Zucken, keine Regung in seinem Gesicht verriet seine wahren Gedanken: Ein Kind. Ein unschuldiges Kind. Wie konntest du daran auch nur denken?! Einzig ein harter Zug hatte sich um seinen Mund bebildet.
"Die Erbin La Follyes, eine Roquefort? Lass mich offen reden. So wie du mich ansiehst, mit zweifelndem Blick, gerne von der Seite, oder aus dem Augenwinkel - ja, ich habe das bemerkt. Ich bin nicht blind. Du hältst nichts von dieser Familie, und setzt den jüngsten Spross als deine Erbin ein?"
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Sie hatte seinen verkniffenen Mund wohl bemerkt, ignorierte es aber für den Moment.
"Du hast recht, ich halte rein gar nichts von dieser Familie. Aber ich halte viel von Dir. Und Leah..." liebe ich. Es lag ihr auf der Zunge, doch wenn sie es ausprechen würde, würden Tatsachen geschaffen. Dazu war sie jetzt noch nicht bereit.
Zu frisch war der Verlust ihrer letzten Liebe.
"Die Roqueforts haben mich bisher alles gekostet." Mein Heim, meine Familie. William.
Eine eiserne Faust griff nach Lorainne Herz und versuchte es zu zerquetschen, doch es gelang ihr nicht.
"Aber Du bist eben anders. Glaubst Du, ich hätte Dich als Knappe behalten, nachdem ich es erfahren hatte, wenn ich nicht so denken würde?"
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"Diese Frage habe ich mir nicht gestellt. Bei den Göttern, seit ich versuche, dir zu dienen, verfolgt mich mein Name, meine Geburt. Erst der Bauer, denk nur an die Baronin - jetzt das edle Blut." So viele Steine lagen in Vanions Weg - nein, hatten gelegen. Vergangenheit. Die Vergangenheit mochte ihn eingeholt haben, aber er hatte sie besiegt, und abgeschlossen mit dem Unmut, dem Ärger, der Trauer und dem Zorn, der hinter ihm lag. Es gab nichts mehr, was er mit Alkohol bekämpfen musste, und es gab nichts mehr, was den Bauern Vanion Bachlauf davon abhielt, zum Chevalier Vanion de Roquefort zu werden.
"Ich habe mich als Bauer dazu entschlossen, Ritter zu werden. Die Sterne eines Mannes stehen nunmal oft fest, und können nicht wandern - also muss ein Mann wohl selber daran rütteln. Nichts anderes habe ich getan, mit der Hilfe der Götter, mit Hilfe von Freunden, und nicht zuletzt mit deiner Hilfe. Was tut mein Name schon zur Sache? Es ist ein Wort. Das Gewicht dieses Wortes kommt mit der Geburt, doch die Taten eines Mannes können die Last leichter, eleganter, schöner machen - oder eben, wie Savaric es tut, schwerer, härter, und hassenswert. Der Name Roquefort ist nur mit Unglück, Leid und Tod verbunden - aber das, was du grade nicht ausgesprochen hast, das ist die Bedeutung, die ich diesem Namen geben will. Warum möchte ich den Ritterstand einnehmen?! Nicht wegen der damit verbundenen Anerkennung, der Macht oder der Ehre wegen, nein. Ich bin in den Brüderkrieg gezogen, weil ich Dinge geglaubt habe, Ideale hochgehalten habe. Und daran glaube ich immer noch. Das Geweih auf Blau muss nicht Furcht und Angst hervorrufen, wenn man es sieht."
Rasch senkte Vanion seine Stimme. Er war immer lauter geworden, während er sprach.
"Du bist die letzte, von der ich glaube, dass sie mich wegen eines Namens verstoßen würde. Nicht nach all dem, was du mir ermöglicht hast, eben obwohl ich vermeintlich nicht von Stand war. Ich vertraue dir, und würde mein Leben für dich geben."
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"Dann sind wir uns einig. Es leigt an dir, dem Namen eine neue Bedeutung zu geben, damit dich die Leute nicht mit verachtung anschauen werden, wenn sie ihn hören."
Nicht so wie William geschaut hat, als er es erfahren hat. Unbewusst berührte ihre Hand die Münze um ihren Hals.
"Ich werde Dich bei Deinem Anspruch unterstützen, sofern dann eine Zeit der Freundschaft anbricht zwischen unseren Familien."
Lorainnes Blick glitt über das Lager und wieder zurück zu Vanion.
"Gib ihn noch etwas Zeit dich kennen zu lernen. Sie haben viel Leid ertragen müssen. Und dann sagen wir ihnen, wer Du bist, d´accord?"
Zum ersten Mal seit langen war Lorainnes Blick offen.
Die Menschen hier waren ihre Familie. Vanion und Leah eingeschlossen.
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Warm erwiderte Vanion Lorainnes Blick. "Mein ..Anspruch, ja." Er ließ sich das Wort auf der Zunge zergehen.
"Sie sollen soviel Zeit bekommen, wie sie möchten. Sie sollen mich kennenlernen, nicht den Sohn ihres Feindes.
Abgesehen davon.. naja, wir müssten meinen Anspruch erst einmal nachweisen können, nicht wahr? Was ist mit dem Laviniakloster, mit den Dokumenten, die du gefunden hast?"
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"Wir werden ihn nachweisen."
Lorainne senkte die Stimme.
"Es wird bereits nach demjenigen gesucht, der die Spur Deines Vaters verfolgt hat. Wenn er noch lebt, wird er gefunden werden. Und wir werden jede Biblithek Caldriens und darüber hinaus umkrempeln, bis wir gefunden haben, was wir suchen."
Erstaunlich leicht ging ihr das "wir" über die Lippen.
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"Du hast bereits Schritte unternommen?" Das freute Vanion. Nach Lorainnes Heilung war so Vieles zu tun gewesen, zu fürchten gewesen, dass er sich selbst gar nicht mal so viele Gedanken um das nötige Vorgehen gemacht hatte. Was Savaric anging, so wollte Vanion darüber auch nicht nachdenken. Eines fiel ihm jedoch wieder ein - nach Lorainnes Entführung war er wieder in dieses Kloster gereist, in dem Lorainnes Schwester umgekommen war - doch er konnte sich nicht mehr daran erinnern, was die Äbtissin zu ihm sagte. Sie wollte ihm jedoch nicht die Dokumente aushändigen, die Lorainne gesammelt hatte. Jetzt wusste er es wieder: "Es hieß, die Dokumente seien verbrannt. Das sagte die Äbitissin zu mir, der du diese Mappe anvertraut hattest - könnte sie gelogen haben, um dich und dein Wissen zu schützen?"
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In dem Moment als Lorainne zu einer Antwort ansetze war plötzlich eine Stimme zu hören. "He! Lasst mich los. Ich hab nichts gemacht! Dieses mal wirklich nicht! AUA!" Dann waren Schritte zu hören und zwei Männer traten in den Feuerschein. In ihrer Mitte hatten sie eine kleine Gestallt die sie fest an den Armen gepackt hatte. Die Kaputze des braunen Umhanges war ihr ins Gesicht gerutscht, sodass man es nicht erkennen konnte , allerdings wurde sie nun zurück gezerrt und das Gesicht wurde offenbart.
Anders funkelte die beiden Männer wütend an. "Was hab ich euch getan?", fragte sie leicht giftig ehe ihr Blick über die Personen an Lagerfeuer. Das Licht blendete sie und sie musste heftig blinzeln. Nach dem Dunkel des Waldes blendete es sie ungemein.
"Chevalier, wir haben diese hier im Wald aufgegriffen..."
"Habt ihr gar nicht! Ich war auf dem kleinen Pfad, da gabs nichts zum aufgreifen. AU! Nicht so grob!"
Anders sah es nicht ein sich wie eine Verbrecherin behandeln zu lassen, zumal sie schon mal hier gewesen war. Aber offensichtlich erkannte man sie nicht. Jetzt betrachtete sie nochmal die Menschen am Feuer. Nun konnte sie auch die Gesichter erkennen.
Plötzlich hellte sich ihr Gesicht auf. "Vanion!"
Wieder versuchte sie sich loszumachen aber sie konnte nicht. Die Männer hielten sie zu fest.
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Auf ein Zeichen Lorainnes ließen sie Anders endlich los, beäugten sie aber weiterhin mißtrauisch, bereit, jederzeit einzugreifen, wenn sie eine Gefahr für Lorainne darstellen sollte.
Auch wenn sie nicht verstanden, was sie mit diesem Geschöpf zu schaffen hatte.
"Anders, bonsoir. Wie ich sehe, hast Du uns gefunden."
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Mit einem immer noch leicht bösen Anblick auf die beiden Männer rieb sich Anders die schmerzenden Oberarme und lächelte dann Lorainne an.
"Ja. Du hattest ja gesagt, dass ich euch suchen darf."
Es folgte wieder ein schneller Blick über die Schulter und sie beugte sich leicht vor um leiser hinzu zufügen. "Ich hab mich dreimal verlaufen. Das Lager war ja nicht mehr da wo es letztes Mal war."
Sie richtete sich wieder auf und rückte unter dem rumhängen ihre Habseligkeiten zurecht. "Aber deine Kette hat mir geholfen, glaube ich. Irgendwie konnte ich euch auf jedenfall nachgehen. Aber es war sehr schwer."
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"Bestimmt hat sie das."
Auf einen wink bverschwanden die Männer.
Lorainne rujzelte schliesslich die Stirn. "Ich ging zwar davon aus, dass uns ein Kender finden würde, aber es ging zu schnell. Wenn Anders uns finden konnte- und sich nur dreimal verlaufen hat- können die anderen das früher oder später auch. Wir müssen also weitere Sicherheitsvorkehrungen treffen.. Vanion- über das Andere reden wir später weiter, aber ich habe damals schon im Kloster einen Mann ausgesandt. Anders, hast Du schon etwas gegessen?"
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Anders sah sie erstaunt an. "Zu schnell? Also Mühe geben musste ich mir schon.", sagte sie und legte erstmal ihre Umhängetasche ab. Außerdem hatte sie eine zusammengerollte Decke dabei und als sie diese nun auch abstellte konnte man im Schein des Feuers Armschienen aus braunem Leder erkennen.
Anders war Ysanders Vorschlag von der Grenzwacht gefolgt, nachdem sie etwas mit ihm geübt hatte und hatte sich diese nun zugelegt. Aber nun wo sie endlich hier war und von Freunden umgeben machte sie sich direkt daran sie abzuschnallen und in der Umhängetasche zu verstauen.
"Gegessen immer wieder ein bisschen, je nachdem was ich gefunden habe. Aber Hunger hab ich noch.", meine sie und ließ sich Schlussendlich einfach am Feuer auf das Gras plumpsen.
Sie lächelte Lorainne an und ließ den Blick kurz über Fulk wandern. Dann schaute sie zu Vanion und ihr Lächeln wurde noch breiter. "Ich hab mich auch ganz doll beeilt um von Glasheim hier hin zu kommen. Und mir ist nichts passiert wie du siehst."
Sie hatte ihn wirklich vermisst. Lorainne auch, aber sie kannte sie noch nicht solange, und sie hatten nicht so viel erlebt. Von daher hatte sie Vanion mehr vermisst.
Der auseinander Bruch nach der Grenzwacht war traurig gewesen. Ob es Lyra auch gut ging? Und Stella? Und Kadegaer und Riane? Und Leonie? Auch sie vermisste sie, aber es tat so gut, nach Wochen des reisens nun hier zu sein. Und ihnen ging es mit Sicherheit gut und sie würde sie bald wiedersehen.
"Ich hab euch vermisst.", fügte sie von daher noch hinzu und strich sich die wilden Haare zurück. Einen Kamm hatten sie schon lange nicht mehr gesehen.
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Vanion warf einen wachen und scharfen Blick auf Anders. Die ewige Sorglosigkeit des Kenders begann ihn zu ärgern, dennoch merkte er, dass es ihn freute, dieses struppige, verfilzte Geschöpf zu sehen. Mit einem warmen Lächeln begrüßte er sie freundlich, während Lorainne sprach, dann warf er den beiden Männern, die immer noch hinter dem Kender standen, einen beruhigenden Blick zu. "Je pense que nous pouvons le faire seul."
Er wartete keine Reaktion ab, sondern sah Lorainne an. Er war gespannt auf ihre Pläne, würde sich aber vor Anders nicht die Blöße geben, nachzufragen. Wenn la Chevalière darüber vor einem Kender nicht sprechen wollte, wer war Vanion, sie durch Fragen in Verlegenheit zu bringen?
"Diese seltsame Mühle, nicht wahr?" Kurz verdüsterte sich Vanions Gesicht, er runzelte die Stirn. "Da du hier bist, ist nichts schiefgelaufen, schätze ich." Nach wie vor zögerte Vanion, Anders nicht einfach wegzuschicken. Sie war ein halbes Kind - nun, im Grunde ein ganzes Kind - und damit völlig falsch. Dieses Mal jedoch konnte er es sich einfach machen, schließlich war Lorainne hier. Sie würde wissen, was zu tun war.
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Anders lächelte Vanion nur an. Sie hoffte bei den Göttern, das Yorik niemals erzählen würde auf was für eine .... grandiose Idee er gekommen war als er ebenfalls in Glasheim aufgetaucht war und welche Rolle sie bei dieser Geschichte inne hatte. Sollte Vanion das jemals erfahren würde er sie garantiert weg schicken. Und dieses Mal für immer.
Sie unterdrückte den leichten Kloß in ihrem Hals. Vielleicht sollte sie zur Sicherheit noch einmal mit dem Novizen reden, bevor die beiden auf einander trafen. Ihre Augen wanderten wieder in die Flammen. Sie beobachtete das Spiel dieser in der Dunkelheit und die Muster die sie in die Nacht schnitten.
Dann wanderten ihre Augen wieder zu dem grünen Beutel an Vanions Gürtel. Zur Not würde sie ihm das was sie ihm geliehen hatte einfach wieder wegnehmen.
Kurz wünschte sie sie könnte es einfach zerstören, aber das ging leider nicht. Nicht so. Da war sie sich sicher.
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Was war das? Vanion meinte, Unsicherheit in Anders' Blick entdeckt zu haben. Das war seltsam. Verheimlicht sie mir etwas?
Rasch schüttelte er den Gedanken ab. Gesundes Misstrauen war eine Sache, Paranoia aber eine ganz andere. Und selbst wenn - sie würde ihre Gründe haben, schalt der Knappe sich selber.
Ihre Blicke trafen sich, und Anders schien fast ein wenig schuldbewusst und ertappt zu wirken. Instinktiv schob Vanion die Hand über den grünen Beutel und hob fragend die Augenbrauen. Doch dann sah er selbst weg. Kümmere dich um deinen Kram, Idiot! Sie kann auf sich aufpassen.
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Anscheinend hatte er bemerkt, dass sie etwas zu lange auf ihr Geschenk mit dem Inhalt geguckt hatte. Schnell sah sie wieder weg. Vanion würde das nicht tun.
Obwohl er es ihr schon angedroht hatte, er würde es nicht tun, weil er wusste das es sie traurig machen würde. Sie begann gerade sich an all ihre neuen Freunde und dieses neue Leben zu gewöhnen. Er würde sie nicht wegschicken.
Um sich selbst zu bestätigen lächelt sie wieder. Breit und fröhlich.
"Ich hab dort einen Pan getroffen. Eine Art Waldgeist.", sagte sie plötzlich unvermittelt und erinnerte sich an das Waldwesen welches aus dem Waldrand gekommen war. "Ich hab noch nie zuvor etwas wie ihn gesehen. Er sah aus wie ein wandelnder Baum."
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"Einen Waldgeist, ja?" Begegnungen dieser Art waren Vanion nach wie vor unheimlich. Zwar hatte er einiges gesehen, doch bevorzugte er menschliche Gesellschaft. Wesen wie Sasha mochten ihm keine Angst machen, aber bisher hatten Begegnungen dieser Art nur selten Gutes mit sich gebracht. Mit einem Schaudern dachte an die Kreaturen aus dem Arden.
"Die Götter mögen verhüten, dass uns so etwas in diesem Wald begegnet." Kurz überlegte Vanion, dann fuhr er fort:
"Du scheinst dich hier heimisch zu fühlen, nicht wahr?" Er warf einen kurzen Seitenblick auf Lorainne. "Es ist schön, dass du gekommen bist. Ein wenig Lächeln tut uns allen gut, schließlich schaffen wir es, von einem Abenteuer ins nächste zu rutschen."
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Überrascht schaute Lorainne Anders an und dachte nach, suchte nach Worten.
Hatte sie den Kender auch vermisst? Eigentlich nicht. Sie war viel zu beschäftigt gewesen, um überhaupt jemanden zu vermissen.
Und doch- Anders war jetzt hier, und es fühlte sich gut an, irgendwie.
Ihr entging der Blickwechsel zwischen Vanin und Anders nicht, auch das Vanion sie seltsam von der Seite anschaute, als er von heimischen Gefühlen sprach.
SIe lächelte:"Solange Du dich hier- heimisch- fühlst, bist Du uns willkommen. Du kannst uns helfen, das Lager noch mehr zu verbergen, wir müssen noch einigen vorbereiten. ABer bevor wir planen, wird e Zeit, dass Du etwas zu essen bekommst."
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Anders Augen schienen zu strahlen als Lorainne das Wort Essen erwähnte. Wenn man genau hin hörte konnte man sogar das Magenknurren des Kenders hören. Ein Geräusch aus sie mittlerweile ignorierte, sie war es schon zu gewöhnt, dass sie auf ihren langen Reisen nie regelmäßig etwas zu essen bekam.
"Danke.", strahlte sie von daher offen und ehrlich als man ihr eine Gefüllte Schale reichte und machte sich zuck sofort darüber her. Das war auch eine bewehrte Methode den Kender zum Schweigen zu bringen.
Zumindest für kurze Zeit.
Nachdem der erste Hunger des Kenders gestillt war, begann auch sein Zopf wieder zu arbeiten und er sah zum Himmel.
//Um die Uhrzeit wollen die noch Sachen planen?//
Langsam spürte sie auch eine bleierne Müdigkeit in sich aufsteigen. Kein Wunder wenn man bedachte wie lange sie schon unterwegs war.
Sie stellte die Schale neben sich auf den Boden und strich mit den Händen über das Gras. Dabei unterdrückte sie ein leichtes Gähnen und schaute dann Lorainne an.
"Wie willst du es denn verstecken?", fragte sie. "Kannst du etwas auch zaubern?"
Wenn ja so war es ihr bisher nicht aufgefallen.
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Wider Willen musste Lorainne grinsen.
"Wenn ich zaubern könnte, würde ich mir wohl kaum hier im Dreck verstecken, auch wenn mir der firngardische Dreck lieber ist, als jeder andere engonische."Sie bermekte Anders Gähnen und auch, dass Vanion nur noch mit Mühe die Augen offen halten konnte.
"Ruht Euch aus. Vanion, ich wecke Dich, wenn wir mit der Wache dran sind, also ruh Dich aus. Anders, such Dir einen Platz aus, der dir gefällt, Valdemar hatte die Idee, breite Tücher zwischen die Bäume zu spannen, dann können wir darin schlafen. Das werden wir morgen tun, heute musst Du leider noch mit dem Gras vorlieb nehmen."
Lorainne wünschte beiden eine gute Nacht und setzte sich wieder zu Fulk ans Feuer. Man sah beide diskutieren und mit Stöcken irgendwas in den Boden malen. Hin und wieder gähnte auch Lorainne, bis ihr schliesslich die Augen zufielen. Kopfschüttelnd holte Fulk ihren Umhang und legte ihn ihr über, bevor er seine runde durch das Lager machte.
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Anders lachte leise. "Ja stimmt. Hätte mich auch gewundert wenn du auch zaubern könntest."
Als Lorainne das Gras ansprach kicherte sie wieder leicht, ehe sie erneut gähnen musste. "Das Gras macht mir garnichts. Schlaf ich ja sonst auch immer drauf. Oder auf einem Baum. Oder in einer kleinen Höhle."
Wieder musste sie leise gähnen und streckte sich. Dann rappelte sie sich auf und klopfte sich nochmal kurz über den Rock. Sie warf einen Blick auf Vanion, ob er auch aufstehen würde und lächelte dann Lorainne zu. "Schlaf gut.", sagte sie und nahm ihre Sachen auf. Dann machte sie sich auf und trat vom Feuer zurück.
Ihre Augen brauchten einen Moment um sich an das Zwielicht zu gewöhnen, aber dann schaute sie sich suchend um. Wo würde sie wohl heute schlafen.
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Vanion wünschte den anderen eine gute Nacht. Dann legte er sich auf seine aus Tannenzweigen, Decken und Fellen bestehende Bettstatt. Müde sah er zu den zwischen den Baumwipfeln hervorblitzenden Sternen hinauf und verlor sich ein wenig in seinen Gedanken. Dennoch - so richtig wollte sich der Schlaf nicht einstellen. Nach einer halben Stunde stand er wieder auf und warf einen Blick auf das mittlerweile fast völlig unbeleuchtete Lager. Das Feuer war bis auf die Glut heruntergebrannt, und die Wachen, die grade eingeteilt waren, waren nicht zu sehen. Vanion vermutete, dass das gut war.
An einer Stelle in einem Gebüsch, etwas rechts von ihm, raschelte etwas - Anders, die sich wohl bewegt hatte. Vanion versuchte zu erkennen, ob sie wohl schon schlief, vermochte es aber nicht zu erkennen. Als er sich wieder hinsetzte und seinen Gedanken freien Lauf ließ, fiel ihm auf, dass er lange nicht mehr gebetet hatte. Fast den gesamten Weg von Sterjak bis hoch nach Caldrien nicht.
Kurzerhand kramte er in seinem Gepäck, dass an seiner Bettstatt lag, und holte eine grüne Kerze hervor, die Leonie ihm geschenkt hatte. Rasch zündete er sie an der Glut des Feuers an, und suchte sich dann einen ruhigen Platz etwas abseits von dem Ort, wo die Schlafenden lagen. Dann begann er, im Stillen zu beten.
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Anders hatte sich am Fuße eines großen Baumes zusammen gerollt. Die Wurzeln hatten eine wunderschöne Windgeschützte Stelle erschaffen in die sie ihre Decke gelegt hatte und sich darauf mit ihrem Umhang zusammen gerollt hatte. Ihre anderen Habseligkeiten hatte sie zum teil hinter sich verstaut. Nur die Ledertasche hielt sie wie ein Kind normalerweise eine Puppe hallten würde. Ihr Gesicht war friedlich, soweit man das bei der Dunkelheit erkennen konnte, aber ihr Schlaf nicht besonders tief. Auch wenn sie sich im Wald sehr wohl fühlte, schlafen tat sie dort nie wie ein Stein.
Und als plötzlich ein kleiner Ast vom Baum auf sie herunter fiel, schreckte die Kenderin hoch und blickte sich wach um.
Er Wind strich sanft durch die Bäume, streichelte und flüsterte mit dem Blättern. Aber da war noch etwas. Langsam drehte die Kenderin den Kopf und lauschte.
Da.
Vorsichtig stand sie auf und machte sich leise auf den Weg über das Gras. Ihr Körper erinnerte sich schnell wieder wie es war sich ganz leise zu bewegen und so huschte sie am Waldrand entlang auf das Geräusch zu.
Kurz darauf sah sie etwas leuchten. Eine einzelne Kerzenflamme wie es schien. Neugierig kam sie vorsichtig näher.
Jetzt erkannte sie auch wer da bei der Kerze saß. Vanion! Schon wollte sie offen auf ihn zugehen, als sie hörte was er da von sich gab. Es war sehr leise, aber doch konnte sie einiges verstehen. Und das was sie verstand gab ihr ein kaltes Gefühl. So als wäre es plötzlich Winter geworden. Einen Moment unsicher was sie tun sollte verharrte sie, beschloss dann aber noch ein Stück näher zu gehen. Nun konnte sie auch deutlicher hören was er sagte.
"...Es gibt Leid, Elend und Tod auf dieser Welt. Der Ritter steht zwischen all diesem und dem Menschen, der doch nur Glück und Freude verdient hat. Die Unschuld eines jeden Menschen gibt es zu verteidigen, sodass er sein Leben unbefleckt von Zorn, ..."
Die düsteren Dinge schienen gesagt, aber mit wem redete er eigentlich?
//Ah... vielleicht betet er. ja das kann sein.//
Dennoch wusste sie nicht was sie tun sollte, von daher ließ sie sich im Gras nieder und beschloss erstmal zu warten. Da musste sie ihm aber auch noch was sagen! Sie zog einen Grashalm aus der Erde.
-
Vanion schloss das Gebet ab. Das lange Stillsitzen hatte dafür gesorgt, dass ihm nun die Knochen wehtaten, und die Kälte der Nacht hatte sich in seine Knochen gegraben. Es hatte gut getan, seine Ängste, Sorgen und Nöte noch einmal Lavinia mitteilen zu können. Wieder und wieder gab die Göttin ihm halt, und sein Glaube war, nachdem er vor scheinbar einem halben Leben durch Marius so ins Wanken gekommen war, seine größte Stütze. Mit einem Seufzen stand er auf und klopfte sich ein paar tote Blätter von den Knien. Er machte Anstalten, sich wieder zu seiner Schlafstätte zu begeben.
-
Anders merkte das das Gebet wohl beendet war, als Vanion sich etwas steif aus dem Gras erhob. Sie hatte in der Zwischenzeit aus einigen Grashalmen einen kleinen Strang geflochten, ließ ihn aber nun achtlos fallen und sich ebenfalls erhob. Ihren Mantel hatte sie an ihrem Nachtlager zurück gelassen und trug nun nur ihre Gugel als Überwurf. Sie hatte die Kaputze aufgesetzt aber dennoch fielen an beiden Seiten die Haare heraus.
Vanion schien noch sehr in Gedanken zu sein, denn als sie vor ihn trat schien er einen Moment schon erschreckt bis überrascht.
Statt irgendetwas zu sagen schlang sie einfach plötzlich die Arme um ihn und drückte ihn ganz fest. Sie wollte nicht das er traurig war. Nicht jetzt, nicht wo er jetzt doch Lorainne gefunden hatte, nicht wo er doch jetzt Ritter werden konnte. Nicht wo er jetzt doch seinen Traum leben konnte.
"Aber du bist doch gar nicht allein.", sagte sie und umarmte ihn weiter.
-
Der Knappe erschrak über die Umarmung. Er hatte nicht damit gerechnet, dass jemand seinen Gebeten lauschte, und wusste nicht so recht, ob er das gut fand. Etwas peinlich berührt löste er Anders Arme, und stellte sie vor sich hin. Ihr aufgeweckter Blick beeindruckte ihn, aber dennoch - sie hatte etwas sehr Privates gehört. Und wer wusste schon, wieviel?
Ungläubig schüttelte er den Kopf und suchte nach Worten. "Schläfst du nie?!", war das erste, was aus seinem Mund kam.
-
Anders spürte wie Vanion sich aus ihrer Umarmung wand und sie einen Schritt zurück schon.
Sie schaut zu ihm hoch und legte den Kopf leicht schief.
"Doch natürlich. Aber ich schlafe nicht so fest im Wald. Und als eben irgendwas auf mich gefallen ist bin ich aufgewacht. Und dann hab ich was gehört. Und da bin ich neugierig geworden und hab nachgesehen. Und so hab ich dich gefunden.", sagte sie und blickte sich um.
"Es ist ja sonst so still hier."
Jetzt senkte sie auch die Stimme so als wollte sie die Stille nicht weiter durchbrechen.
-
"Weißt du - Beten ist eine sehr intime Sache." Innerlich zuckte Vanion mit den Schultern. Es war fast so, als würde er seine jüngsten Schwester etwas erklären. "Du hast gelauscht, nicht wahr?" Natürlich hatte sie. Gänzlich unangenehm war das nicht, aber trotzdem - die Zwiesprache mit den Göttern war das Privateste, was es für einen Mann gab. Das erklärte er auch Anders:
"In einem Gebet.. da spricht man über das Schönste, was man hat, und das Schlimmste, was man hat. Man vertraut seine Sorgen und Nöte den Göttern an, aber genauso dankt man für all das Gute, was man erleben darf. So etwas stört man nicht, und bei so etwas lauscht man nicht!"
Wieder seufzte Vanion. Er gab sich alle Mühe, streng zu wirken, aber er konnte nicht wirklich böse sein. Was erwartete er von einem Kender? Menschliches Verhalten? Taktgefühl und Rücksichtsnahme? Wohl kaum.
-
Anders wurde nachdenklich. Dann schien sie wirklich etwas bedrückt zu sein und schaut kurz zu Boden.
"Also das ich nicht stören sollte wusste ich. Aber lauschen wollte ich wirklich nicht. Wenn Yorik betet dann stört es ihn normalerweise nicht wenn man zuhört, von wusste ich nicht..."
Sie schaute wieder hoch.
"Sei nicht böse ja. Ich mache es nicht wieder."
-
"Wenn Yorik betet, ist das etwas anderes. Er.. betet oft laut, um anderen Mut zu spenden. Genau wie Rania, oder Leonie. Doch meist beten Menschen im Stillen. Du betest nicht, oder?"
-
Ander schüttelte den Kopf. "Hab nur einmal bisher gebetet.", sagte sie und verschränkte die Hände hinter dem Rücken. "An dem Abend nachdem wir Lorainne und Ranja zurück geholt hatten."
Der Wind strich über das Gras und sofort lauschte der Kender dem säuseln ob er etwas interessantes entdecken könnte.
Dann blickte sie wieder zu Vanion. "Ich kenne eure Götter ja kaum und ich bin kein Engonier. Ich glaub nicht das sie mich überhaupt bemerken."
-
Die Glut des Feuers war indes vollständig heruntergebrannt, so dass Lorainne einen Moment brauchte, um sich im Dunkeln zu orientieren.
Wie so oft konnte sie sich nicht mehr an den Traum erinnern, der sie weckte, aber ihr Mund schmeckte nach Eisen und Erde und kleine Panikwellen durchfuhren sie.
Stimmengemurmel hinter ihr, das Rauschen des Windes über ihr.
Keine Höhle. Das beruhigte sie erstmal. Ihr Schwert lag auch noch immer an ihrer Seite.
Sie schloss die Augen und lauschte dem Murmeln der Bäume.
Ja, sie war im Wald, um sie herum nur Männer, denen sie vertrauen konnte. Fulk, Vanion, die kleine Kenderin.
Lorainne stand rappelte sich auf und versuchte am Stand der Sterne und der Lichtverhältnisse die Zeit abzuschätzen.
Nicht mehr lang, bis zur Dämmerung, Zeit für die Wache.
Sie fand Vanions kleines Schlaflager leer vor, doch nicht weit war seine Stimmer zu hören, leise, bestimmt.
Als sie in die Richtung ging, vernahm sie auch eine weitere, die viel jünger klang.
Als sie Anders´worte vernahm, lief es ihr erneut eiskalt den Rücken runter, der Traum hing ihr wohl noch in den Knochen.
Als sie das Gespräch unterbrach, zitterte ihre Stimme ein wenig:"Entschuldigt die Störung. vanion- die Wache. Wir sind dran."
-
"Eure Götter? Nach dem, was geschehen ist, sind es auch die Deinen. Ohne den Segen Lavinias wärst du kaum heil und wohlbehalten aus der Hölle des Schalks zurückgekehrt, meinst du nicht? Ein Haufen Fremder aus aller Herren Länder kommt nach Engonien, und Lorainnes Leben wird gerettet. Da haben die Götter ihre Finger im Spiel, da bin ich mir sicher. Szivar spielt die zweite Runde nach dem Brüderkrieg, und er beginnt wohl im Kleinen. Wirf den Glauben nicht leichtfertig zur Seite, es - " Lorainnes Worte unterbrachen Vanion. Überrascht schaute er in den Himmel, und tatsächlich - die bleiche Scheibe des Mondes war schon weiter fortgewandert, als er gedacht hatte.
"Mademoiselle - nun, nach dir. Ich hoffe, du hast gut geschlafen?" Ein genauerer Blick in Lorainnes Gesicht verriet das Gegenteil, und Vanion schalt sich selbst für die unbedachte Frage.
"Wen lösen wir ab?"
-
Den Glauben leichtfertig wegwerfen? Anders war nicht um Glauben erzogen worden. Götter hatten in ihrem Leben bisher nie eine große Rolle gespielt. Aber Vanion hatte schon recht. Durch die Rettung Lorainnes war sie in Berührung mit etwas gekommen das wohl göttlich gewesen sein musste.
Sie wollte gerade sie etwas sagen da hörte sie Lorainne und drehte sich um. Im fahlen Licht des Mondes konnte sie die Ritterin ziemlich gut sehen und sie schien irgendwie... müde. Gut sie war auch gerade erst aufgestanden. Sie schaute auch hoch zum Mond den man durch das Laub hier gut sehen konnte da es nicht so dicht war.
"Was macht man eigentlich bei einer Wache?"
-
Andersß Frage überrumpelte sie.
"Äh, man hält Ausschau. Nach allem, was ungewöhnlich ist, insbesondere nach den Männern von Roquefort oder anderen, die eine Gefahr für uns darstellen können. Wir müssen zu jeder Zeit wissen, was hier vor sich geht.."
Langsam kehrte wieder etwas Farbe in Lorainnes Gesicht zurück, das Gespräch mit Anders schien sie abzulenken.
-
Anders legte den Kopf schief. "Haben mich deshalb die Männer vorhin so grob angefasst?" Sie rieb sich über die Oberarme und fragte sich kurz ob sie jetzt wohl blaue Flecke davon bekommen würde. Dann dachte sie nochmal nach.
"Ihr wisst wirklich was im ganzen Wald vor sich geht?", fragte sie erstaunt.
-
"Tut es noch sehr weh?" Seltsamerweise weckte Anders - wie auch Leah-ungeahnte Beschützerinstinkte in ihr.
"Aber ja, sie kannten Dich nicht. Tut mir leid. Das wird nie wieder vorkommen. Möchtest Du uns vielleicht auf die Wache begleiten? Aber wir müssen leide sein."
-
Anders winkte ab. "Ach, da hab ich schon schlimmeres gehabt. Nein tut nicht mehr sehr weh."
Dann lächelte sie und fügte hinzu. "Aber danke das du gefragt hast."
Sie überlegte kurz. Wirklich müde war sie nicht mehr und schlafen, nun da gab es interessanteres zu tun.
"Ja. Ich will mitkommen.", entschied sie von daher kurzerhand und sah die beiden an.
Wache. Das klang interessant. Würde sicher lustig.
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"Wir werden jetzt Valdemar und Emil auslösen. Kommt mit."
Lorainne ging voraus, durchquerte das Lager und verschwand in der Schwärze des Waldes. Es war kein Geräusch zu hören, Lorainne trug keine Rüstung, die Lärm machte.
"Kommt, hier lang." flüsterte sie aus der Dunkelheit und streckte ihre Hand aus.
-
Nur mit Mühe konnte Vanion Lorainne folgen. Er hatte zu lange in die Kerze gestarrt, seine Augen waren nicht an die Dunkelheit gewohnt. Als er über eine Wurzel stolperte, begrüßte ihn von vorne eine mürrische Stimme auf caldrisch. "Vouz etes la! Ihr seid spät." Missmutig nickte Vanion - und prompt fiel ihm auf, dass der Kerl vor ihm das wahrscheinlich nicht sehen konnte. Nichtsdestotrotz schälten sich zwei Gestalten aus dem Dunkel, mit Bögen in den Händen und Kapuzen auf dem Kopf. Respektvoll deuteten sie eine Verbeugung vor Lorainne an, dann verschwanden sie in Richtung Lager.
Müde setzte Vanion sich hin und zog sein Messer hervor. Im Schein des Mondes glänzte die Klinge schwach, und er begann, sie mit einem Tuch zu reinigen. Lorainne schien nicht sehr gesprächig, während Anders sich neugierig umschaute.
"Lorainne - wie lange war dein Vater eigentlich in diesem Wald? Und wie hat er es geschafft, seinen Tod vorzutäuschen?"
-
Die Erinnerung an ihren Vater, ihre letzte Begegnung stürzte unerwartet auf sie ein. Sie griff in ihren Gambeson, wo sie das Säcklin mit seiner Asche sicher verstaut hatte, nah an ihrem Herzen.
"Nicht er hat seinen Tod vorgetäuscht, es waren seine Leute aus La Follye. Offenbar hat sich irgendwer für ihn geopfert."
Lorainne hatte zwar schon eine Vorstellung, wer es gewesen sein könnte, aber bevor sie keinen Beweis hatte, wollte sie darüber nicht weiter nachdenken.
"Laut Fulk müssen es fast fünf Jahre gewesen sein...Ich weiss es nicht mehr. Jedenfalls zu lange."
Leise suchten sich die Tränen ihren Weg und Lorainne war dankbar für die Dunkelheit, die ihre Gefühle verbargen.
"Ich habe nie geglaubt, dass er Handel mit dem Lupus betreibt, es war eine Intrige. Aber laut der Königin waren alle vogelfrei, die den Feind unterstützten, egal auf welche Weise. Man folgte also nur ihren Befehlen. Die Götter haben meinen Vater mit seinen Getreuen gesegnet, nur so konnte er überleben und fliehen."
-
Anders folgte Loraine durch das Unterholz. Sie konnte sich relativ leicht zurecht finden, aber auch sie war es nicht gewohnt nachts unterwegs zu sein. Von daher nahm sie von Weil zu weil doch Lorainnes angebotene Hand.
Als die beiden Männer schließlich aus der Dunkelheit traten war sie sehr erstaunt. Sie hatte die beiden wirklich nicht gesehen.
//Sowas muss ich auch lernen.//
Während sich die Männer mit Lorainne und Vanion ablösten ging die Kenderin zu einem der größeren Bäume mit tiefen starken Ästen. Sie zog sich auf den untersten Ast und ließ die beine Baumeln.
Von dem Gespräch bekam sie nichts mit.
-
"Fünf Jahre.. das ist lang, ja." Vanion bemerkte Lorainnes Tränen nicht. "Der Brüderkrieg kam damals ins Rollen, nicht wahr? Ich.. bin erst nach Ahrnburg zum Pilgerzug gestoßen. Was in Caldrien vorgegangen ist, war mir fremd und unbekannt. Im Grunde ist es das noch heute. Was hat Roquefort dazu gebracht, dieses Komplott zu schmieden? Reine Gier, auf das Land der La Follyes?"
-
"Gier, Neid... ich weiss es nicht. Der Ursprung muss bei meinem Urgroßvater oder dessen Vater gewesen sein, ich kann mich aber nicht mehr erinnern, was es genau war, doch soll es angeblich Ansprüche Roqueforts auf La Follye geben. Ob berechtigt oder nicht, weiss ich nicht. Es gab immer wieder Streit zwischen Roquefort und La Follye. Von eher harmlosen Viehdiebstählen und Prügeleien bis hin zum Niederbrennen der Häuser und Felder. Ich erinnere mich noch, als Antoine und ich klein waren, brannte einmal unser Haus und alle schrien durcheinander. Mein Vater hat meine Geschwister und unsere Mutter gepackt und wollte, dass wir nach Bourvis gehen, doch meine Mutter versteckte uns im Wald, und liess sich von Fulk ein Schwert geben. Sie sagte noch, dass es ihr Mann und ihr zu Hause ist, das sie notfalls mit ihrem Leben verteidigen würde. Das war noch zu Zeiten des ALten Roqueforts. danach herrschte zwar ein angespannter Frieden, aber es ist nie wieder mehr geschehen als Viehdiebstahl, Prügeleien und Beleidigungen, die hier und da ein heimliches Duell nach sich zogen. Und dann starb meine Mutter und sogar der Late kam zu ihrer beerdigung. Ich glaube tatsächlich, dass er sie gemocht hat..."
Lorainne verstummte jäh, als sie in ihrer Nähe etas rascheln hörte. War da wer? Oder konnte das Anders sein?
Angestrengt schaute sie ins Dunkel und versuchte etwas zu erkennen.
-
Anders hatte sich auf die höheren Äste gezogen und saß nun etwa 4 Meter über dem Boden auf einem der Äste. Sie blickte nach unten, denn auch sie hatte etwas gehört, aber erkennen konnte sie nichts.
Dennoch lauschte sie interessiert, denn ihr war eben fast etwas langweilig geworden.
Kurz überlegte sie ob sie wieder hinab steigen sollte und entschied sich dafür.
Langsam um nicht vielleicht abzustürzen begab sie sich wieder auf den Abstieg.
"Lorainne? Vanion? Seit ihr noch da?"
-
Vanion sah kurz zu Anders hoch, dann wandte er sich wieder an Lorainne. "Das ist also mein Erbe, oui? Um ehrlich zu sein - das, was du vom alten Roquefort erzählst, klingt nicht einmal so verkehrt. Jules sagte zu mir, als er noch lebte, dass auch die La Follyes Dinge getan hätten, auf die man nicht stolz sei. Und wer diesen Streit angefangen habe, das wisse man gar nicht mehr." Missmutig zog Vanion die Kapuze seiner Gugel über seinen Kopf, denn es begann, ein wenig zu regnen. Eine Weile lauschte er den Tropfen auf den Blättern, während ein allgemeines Schweigen entstanden war. Nur Anders war zu hören, wie sie immer wieder irgendwo hochkletterte, sich Bäume und Sträucher näher an sah, und dergleichen mehr.
Irgendwann wurde es Vanion zu bunt, und er rief sie leise herbei.
"Anders - ich weiß, dass du ein Kender bist. Aber kannst du die Füße nicht mal still halten? Das tut man normalerweise, wenn man auf Wache ist."
-
Die Kenderin zog überrascht den Kopf zwischen die Schultern. Vanion schien schlechte Laune zu haben. Früher war das immer Yorik gewesen, aber seit er Novize war schien auch seine Laune nicht mehr so Dunkel wie ein herannahendes Gewitter. Yorik... er hatte sich stark verändert, was die Kenderin gleichermaßen befremdlich wie beunruhigend fand. Normalerweise änderten Menschen ihr Gemüt nicht so stark und so schnell. Und jetzt redete er so viel, bestimmt mehr als sie selbst.
Sie macht sich langsamer auf den Weg zurück zu Vanion und Lorainne, deren Silluetten in der Dunkelheit schemenhaft zu erkennen waren.
Jetzt schien das Gewitter bei Vanion angekommen zu sein. Ob er immer noch böse war wegen dem Gebet? Oder war dieses Gewitter vielleicht eine Krankheit, die mal diesen und mal jenen befiehl. Schnell übelegte sie ob sie auch davon befallen worden sein konnte. Aber wenn sie so in sich horchte dann konnte sie nichts davon spüren.
Sie stellte sich nun still neben die beiden und lauschte in den Wald, aber etwas interessantes gab es nicht zu hören. Nur den Wind und hier und da leises Knacken und Rascheln. Der Wald war nie ganz ruhig, und die Geräusche waren beruhigend.
//Man schaut ob jemand kommt und was passiert...//, dachte die Kenderin bei sich und blickte ins Dunkle.
So stand sie eine Weile still, aber bald wurde ihr das langweilig. Um sich das warten auf das Interessante, denn sie warteten ja auf etwas ,zu verkürzen begann sie im Kopf einen alten Zahlenreim zu wiederholen den sie während ihrer Reise gelernt hatte.
-
Lorainne hörte Vanion nur mit einem Ohr zu, während sie versuchte, Anders Stimme über ihr zu orten.
"Oui, nous sommes ici." murmelte sie leise, während sie weiter ins Dunkel stierte.
Plötzlich raschelte es erneut und Anders landete auf dem Boden.
"Setz Dich zu uns und sei leise" manhte sie, bevor sie Vanion antwortete.
"Ich weiss, was die Leute erzählen, der Alte war ein Fuchs, eine Schwerenöter und machthungrig. Dennoch sagt man ihm einen gewissen Charme nach. Natürlich ist es stets ein Geben und Nehmen und immer wieder sinnt man auf Rache, sicher auch in La Follye. Aber es gab mal eine Zeit, wo die Fehde nicht mehr wirklich offen ausgetragen wurde, nachdem es die Brände gab. auch wenn es kein richtiger Frieden war, der Alte und mein Vater haben irgendwie ein Auskommen miteinander gehabt. das hat sich alles geändert, als er so krank geworden ist und Savaric die Geschicke zu lenken begann. Da flammte alter Hass neu auf. Er ist... ich weiss nicht, wie ich es beschreiben soll. Ich habe ihn einmal im Wald gesehen, wie er ein Kaninchen mit einer Schlinge gefangen hat. Es war nicht sofort tot, und er hat es gequält." Ein Blick auf Anders liess sie die grausamen Details verschweigen.
"Und jetzt haben die Leute Angst vor ihm. Selbst in Roquefort. Selbst seine Frau sagte, wie grausam er ist."
In Lorainne begann ein Plan zu keimen.
"Vielleicht können wir -durch Dich- auch die Leute aus Roquefort um uns sammeln..."
-
"Durch mich?!" Der Gedanke war dem Knappen nie gekommen. "Ich.. wer würde mir folgen?" Selbst in der Dunkelheit sah Vanion Anders vorwurfsvollen Blick. Tatsächlich waren ihm so einige Leute gefolgt, auf der Suche nach Lorainne, rief er sich in Erinnerung. "Also - wie stellst du dir das vor? Es ist schon schwer genug für dich, hier unter den Männern deines Vaters die Stellung deines Vaters zu übernehmen. Und nun soll ein Tangaraner die Vasallen Roqueforts begeistern?"
Vanion ließ die Frage verhallen. Der alte Roquefort war also ein Schwerenöter gewesen, schlau wie ein Fuchs und auch noch charmant - das klang wirklich nach jemandem, der sein Großvater gewesen war. Innerlich grinste Vanion breit. Einzig der Machthunger schien in die andere Richtung der Familie geflossen zu sein. Der Knappe hatte nicht das geringste Interesse daran, über andere zu herrschen.
"Du möchtest also, dass diese Menschen, die von den La Follyes vermutlich nicht das Beste halten, einem tangaranischen Knappen, der zufällig der Sohn des älteren Bruder von Savaric ist, und ganz nebenbei der Dame von La Follye dient, vertrauen und ..folgen?"
-
"Ich möchte, dass sie dem rechtmäßigen Erben folgen."
Die Antwort war einfach.
"Mir werden sie nicht folgen, aber Dir- vielleicht. Wir müssen sie nur überzeugen, dass Du der Erbe bist, am leichtetesten wäre das, wenn wir das irgendwie beweisen können."
Als grinste, als sie Vanions skeptischen Blick sah.
"Jaja, ich weiss. Aber denke daran, dass Du schon schwierigere Prüfungen bewältigt hast. Du hast Leute, die mich gar nicht kennen, überzeugt, Dir zu helfen und nach mir zu suchen. Einige wenige hast Du mit in diese Welt gebracht, aus der ihr mich schließlich gerettet habt. Da wirst du ja wohl DEINE Leute überzeugen können, zumal Savaric nicht besoinders gut gelitten ist. Er bezahlt dubiose Söldner und herrscht mit Angst. Die größte Herausforderung wird sein, Deine Abstammung zu beweisen."
Mittlerweile war es still im Wald, die dunkelste Stunde, bevor es dämmerte, begann- und ürde schon sehr bald vorüber sein.
ie auch Lorainnes dunkle Stunden. Sie schien vor Energie zu strotzen.
-
Vanion hoffte, dass Anders genau zuhörte. "Damit ich irgendetwas tun kann, müssen wir nachweisen, dass ich tatsächlich der Erbe des alten Roquefort bin. Nehmen wir an, dass uns das gelingt. Dann steht für den einfachen Bauern immer noch das Wort des Lehnsherren gegen das Wort eines Knappen. Ich müsste die Menschen überzeugen, und welcher Bauer würde einem Knappen folgen, der ihm vielleicht die Aussicht auf ein besseres Leben gibt - aber auch die Aussicht auf Kampf, auf Blutvergießen und Tod? Denn das ist es doch, wozu ich diese Menschen bringen würde, nennen wir es beim Namen." Der Knappe sponn den Gedanken weiter. "Kampferprobte Söldner würden ungeübte Männer sofort abschlachten. Und Savaric schreckt offensichtlich vor nichts zurück. Seine Herrschaft mag illegitim sein, und auf Furcht und Angst gebaut sein - nichtsdestotrotz ist das ein sehr effektiver Weg, zu herrschen. Glaubst du, ich könnte so viele Menschen begeistern? Das Lehen Roqueforts ist nie meine Heimat gewesen. Titel und Anspruch hin oder her, für diese Menschen bin ich ein Fremder, der ihnen Blut und Tod verspricht."
-
Anders hörte zu. Selbst ihr war aufgefallen, wie dunkel es nun war im Wald und wie still. Diese Stunde bemerkte sie sonst nie und es war ungewöhnlich und etwas neues, weshalb sie aufhorchte.
Lorainne und Vanion sprachen zwar leise, aber sie konnte jedes Wort verstehen. Sie ließ die Finger sinken und stellte sich gerader hin, jetzt aufmerksamer. Vielleicht würde ja jetzt das passieren auf das sie gewartet hatten.
So hörte sie auch auf einem Ohr zu was Vanion sagte.
Anscheinend mussten sie auch etwas finden. Nicht mehr nur einen Beweis für Roqueforts Schuld, sondern auch für Vanions Abstammung. Beides wohl sehr schwierig. Vor allem wenn man nicht wusste wo man suchen sollte. Nachdenklich legte sie den Kopf schief während Vanion weiter sprach.
"Das versteh ich nicht.", sagte sie schließlich leise. "In den Bürgerkrieg sind doch auch Bauern gezogen oder nicht? Und auch da ging es doch um ein besseres Leben oder nicht? Und auch da musste doch den meisten klar sein, dass sehr viel Tod und Blut dabei herauskommen würde, oder nicht? Also warum sollten sie dieses mal nicht losgehen wenn sie doch schonmal aus diesen gründen gekämpft haben?"
-
"Der Pilgerzug fand im Namen der Götter statt, nicht im Namen von Vanion de Roquefort. Konar hat die Menschen unterdrückt, und hat seine Macht dermaßen missbraucht, dass Widerstand entstehen musste! Und selbst dort hat es lange gedauert, bis die Bauern den Pflug zur Seite legten und die Mistgabel in die Hand nahmen. Das hier oben ist nur -" Vanion warf einen besorgten Blick auf Lorainne -"für uns wichtig. Für niemanden außerhalb Firngards." Doch Vanion verstand, worauf Anders hinauswollte. "Ich sage ja nicht, dass es unmöglich ist." Aber Lorainne verlangt, dass du die Leute gegen deinen eigenen Onkel aufhetzt! Doch dieser Gedanke war viel zu lasch. Es ging um Savarics Tod, und wieder und wieder rief Vanion sich ins Gedächtnis, dass Savaric kein Teil seiner Familie war! Und doch - durch Blutbande war er es.
"Ich habe gewisse Eide geschworen, als ich in den Knappenstand eingetreten bin. Und diese Eide werde ich erfüllen." Der Knappe ließ keinen Zweifel daran, dass seine Worte Ernst gemeint waren. Er mochte nur widerstrebend und zögernd gegen Savaric handeln wollen, ganz wohl fühlte er sich einfach nicht bei den Konsequenzen, die diesem Verbrecher drohten - aber er würde für Lorainne einstehen, für seinen Stand, für La Follye. Und in letzter Konsequenz auch für den guten Namen seiner Familie.
-
Anders schüttelte den Kopf. "Nein, nein, nein. Das ist überhaupt nichts anderes.", meinte sie und verschränkte die Arme vor der Brust, was man wahrscheinlich nicht sah im Dunklen, aber das war egal.
"Konrad missbraucht seine Macht, Seva, Sava... Ähm Savarice missbraucht seine macht. Lorainne hat selbst hägesagt, dass er sehr grausam war und dass er die Menschen , selbst seine Frau unterdrückt. Sowas macht man nicht!"
Sie kratzte sich nachdenklich hinterm Ohr.
"Und nur weil du jetzt keinen Pilgerzug ausrufst, heißt das noch lange nicht, dass die Situation anders ist. Sie ist nicht gleich, aber doch sehr ähnlich. Ich meine jetzt kämpft Distel und Hirsch gegen Hirsch und im Pilgerzug hat halt alles und Wolf gegen Wolf gekämpft."
Das mit den Eiden geschworen überging sie. Sie verstand den Zusammenhang zwischen diesem Satz und dem letzten nicht, von daher sagte sie nichts dazu und blickte zum dunkeln Gesicht von Vanion auf. So falsch konnte sie das doch nicht verstanden haben oder?
"Was ich mich nur frage ist gegen wen wir alles kämpfen müssen. Ich meine im Wald wo wir Lorainne gefunden haben, waren es Söldner und Hexen, in Bour..Bourview oder so war es ich glaube der Täuscher selbst und Kultisten. Wenn jetzt auch noch Wachen dazukommen... Ich bin kein Krieger aber ich glaube dann brauchen wir viiiiiiiiiiele Heiler.", jetzt schien sie selbst sogar etwas verunsichert.
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"Er missbraucht also seine Macht? Er mag den Bauern zuviel Geld abnehmen, aber er wird nicht so dumm sein, seine Söldner auf Dörfer loszulassen. Er wird keine Menschen abschlachten, niemanden köpfen und die Leiche an die Burgmauern hängen." Vanion sah Lorainne ins Gesicht, die schweigend im Dunkeln saß. Einzig ihre Augen wurden vom Sternenlicht beschienen, so selten es auch durch die dunklen Wolken am Himmel brach. "Ist es nicht so?" Der Knappe wartete auf Lorainnes Antwort. Auch Anders weitere Fragen würde sie beantworten müssen - er wusste nicht einmal selbst, wen oder wie viele oder was Savaric alles aufbieten könnte.
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Bevor Lorainne antworten konnte, brach es aus Vanion heraus.
Bestätigend nickte sie Anders zu:"Sie hat recht. Es gibt viele Ähnlichkeiten mit dem Pilgerzug. Man muss nur die Leute mobilisieren können."
Nachdenklich schaute sie in die Ferne und war auf einmal weit weg mit ihren Gedanken. Dort am Feuer. Mit erhobenen Schwert.
Als sich ihr Blick wieder klärte, leuteten ihre Augen.
"Natürlich ist dies nur eine kleine Sache, verglichen mit dem Pilgerzug unbedeutend. Aber es bedeutet den Menschen etwas, wenn sie sich selbst von einem Tyrannen befreien können. Dazu braucht es manchmal nur eine Führungspersönlichkeit. Jemand, der überzeugen kann."
Ihr Blick fiel auf Vanion und sie lächelte.
"Zudem habe ich damal, nach dem Pilgerzug geschworen, niemals gegen einen meiner Pilgerbrüder das Schwert zu erheben. Savaric ist aber keiner von denen, und wahrscheinlich noch mit dem Täuscher im Bunde.Und ich habe damals geschworen, gegen diejenigen, die mit ihm im Bunde sind, zu kämpfen."
Ihr Blick wurde wieder ernst, das Leuchten war verschwunden, sie wirkte fast kalt.
"Wenn es soweit ist, werde ich ihn der Gerichtsbarkeit übergeben, ob der am Hof meines Herrn oder der der Götter, werden wir dann sehen. So oder so bezweifle ich, dass er es überleben wird. Es macht für mich also keinen Unterschied, ob zuvor in einem Prozess seine Schuld bewiesen werden wird. Und das wird sie, dafür bete ich jeden Tag zu Alamar."
Sie holte tief Luft, um den Hass nicht der Macht gewinnen zu lassen.
"Vanion, Familienbande bedeutet hier viel, die Familie geht über alles, aber manchmal ist man, trotz des gleichen Blutes, keine Familie. Vergiss nicht, was er SEINER Familie angetan hat. Seiner Frau, la petite. Man braucht keine Bauern an Burgmauern aufhängen, um grausam zu sein.
Nichtsdestotrotz, wir wissen noch nicht, mit welchen Mächten wir es hier aufnehmen müssen, wieviele Männer er bezahlen kann. Und sicher, wenn wir eine Chance haben wollen, brauchen wir Heiler. Heiler und Freunde, die mit uns kämpfen. Allerdings müssen wir genau nachdenken wen wir um Hilfe bitten können. Meister Gorix mag mächtig genug sein und uns sicher unterstützen, aber wie würde es aussehen, wenn er, aus Tangara, sich hier in diese Sache einmischen würde? Das wäre politisch unklug."
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"Das vergesse ich nicht."
Müde rieb Vanion sich die Augen. Die Wache war bald zu Ende, und die lange Nacht forderte ihren Tribut.
"Ihr müsst mich nicht überzeugen, mein Schwert gegen Savaric zu erheben. Wenn die Zeit dazu gekommen ist, werde ich gewiss eine großartige Rede halten und die Männer Roqueforts - meine Männer - dazu bringen, mir zu folgen. Doch bis dahin vergeht hoffentlich noch Zeit. Zeit, die wir zur Vorbereitung nutzen müssen! Du hast Recht, wenn du sagst, dass Autoritäten aus Tangara sich hier nicht einmischen sollten. Doch das führt dazu, dass wir fast völlig auf uns gestellt sind. Einige Wenige mögen uns folgen, und es werden viele kommen, wenn du sie rufst, Lorainne - aber werden es genug sein? Gehen wir offen vor? Wollen wir Savaric offen entgegentreten, in einer Schlacht? Oder im Stillen wirken, versuchen, ihn alleine zu erwischen, wenn er hilflos ist? Sammeln wir Beweise, für meine Abstammung, für seine Schuld? Wie planst du, vorzugehen?"
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"Ich würde ihm gerne in einer Schlacht gegenüber stehen. Allein die Männer fehlen mir."
Lorainne seufzte und angelte erneut nach dem Oscronner Kräuterschnaps.
Ein tiefer zug und die Wärme breitete sich im gesamten Körper aus.
"Machen wir uns nichts vor, wir haben keine Männer, keine Heiler und nur das zu Essen, was wir jagen. Nein, wenn wir ihm offen gegenübertreten, bekommen wir wohl auf´s Maul. Bestehen können wir nicht gegen ihn." Schöne Worte würden es nicht besser machen, jetzt würden nur pragmatische Lösungen helfen.
"Wir müssen im Verborgenen agieren, zumindest solange, bis wir genug kampferfahrene Männer haben. Sicher werden wir ein paar noch folgen, aber die Meisten sind nicht kampferfahren und haben Angst. In erster Linie müssen wir uns darum kümmern, dass wir Deine Abstammung beweisen können, denn dann kommen wir vielleicht ganz ohne Kampf aus der Sache raus und der Baron wird das erledigen."
Man konnte an ihrem Tonfall erkennen, dass ihr diese Möglichkeit nicht sonderlich behagte.
"Wir müssen Männer um uns sammeln, sie ausbilden, damit wir kampffähig sind. Solange bleibt uns nichts anderes übrig, als verborgen zu bleiben und nach Beweisen zu suchen. Und selbst WENN wir ausreichend Männer und Frauen hätten- Roquefort ist uns voraus, denn er paktiert mit dem Täuscher. Doch auch dafür braucht es mehr Beweise."
Lorainne Kopf wurde langsam schwer, ihre Gedanken drehten sich im Kreis, und doch war der der kleine Funke Hoffnung, der immer weiter glomm.
"Die Götter stehen auf unserer Seite. Wir werden es schon schaffen. Doch dafür sollten wir jetzt beten."
Damit kniete sie sich hin und betetet leise zu Alamar, dass er ihr bestehen und für Gerechtigkeit sorgen würde, zu Tior, damit sie der Mut im Kampf nicht verliess, zu Aine um die Weisheit, gute Entscheidungen treffen zu können, zu Naduria, dass der Wald ihnen weiter Schutz bieten würde und schliesslich auch zu Lavinia, damit sie ihr im rechten Moment die Gnade schenken würde, um die Familie Roquefort im Rachewahn nicht völlig auszulöschen.
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Anders schaute von einem zum anderen. Dabei gähnte sie sehr leise, aber lange. Langsam holte die Müdigkeit sie wieder ein. Anscheinend hatte sie das auf das sie gewartet hatten verpasst, schade eigentlich. Sie hielt sich kurz die Hand vor den Mund als Lorainne sich ihrem Gebet zuwante und Vanion sich ihr anschloss.
Schon wieder beten... Anders beobachtete die beiden stumm. Sie selbst betete nicht. Sie hatte bisher nur ein einziges Mal gebetet und sah auch noch nicht wirklich wie das weiter helfen sollte.
Die Kenderin war nie im Glauben erzogen worden. Ihr Clan hatte andere Prioritäten gehabt, und so waren ihr Götter bis zu ihrem 8. oder 9. Lebensjahr vollkommen fremd gewesen.
Auf ihren reisen später war sie dann immer wieder verschiedenen Göttern begegnet und vielen vielen Menschen die sie überzeugen wollten, dass ihr Gott der richtige war.
Die Götter waren der Kenderin ein wenig.... suspekt, wirklich kennen gelernt hatte sie noch keinen, auch wenn sie am meisten bis jetzt über Lavinia gehört hatte. Was wohl daran lag, dass die Lavinia gläubigen gerne über ihren Glauben sprachen.
Auch verstand sie nicht wirklich, ob man sich einen Gott aussuchte oder der das machte, und was wenn man sich einen Gott aussuchte und der einen nicht wollte? Merkte man das? Oder lebte man einfach weiter und merkte es erst wenn man Tod war.
Sie ließ sich am Fuße eines Baumes auf den weichen Waldboden sinken und lauschte dem Rascheln der Bäume. Warum hörte man auf eine Stimme die andere nicht hören konnte, wenn man doch gemeinsam dem Wind lauschen konnte?
Plötzlich kam ihr eine Idee.
//Vielleicht ergeht es anderen so wenn ich von den Stimmen der Dinge rede. Sie können sie nicht hören ,aber für mich sind sie ganz normal. Ich kenne es nicht anders. Wenn sie plötzlich weg wären... das wäre sehr sehr merkwürdig.//
Kurz dachte sie darüber nach und nagte an ihrer Unterlippe. //Ob man wohl göttisch sprechen muss um einen Gott zu verstehen oder ihn überhaupt zu hören, oder ihn wahrzunehmen?//
Das machte sie irgendwie traurig. Denn wenn dem so war, würde sie diese Sprache lernen können? Niemand sonst schien ja die Sprache der Dinge lernen zu können, was wenn also die Sprache der Götter auch so ... verschlossen war.
Anders schloss die Augen und legte den Kopf an den Stamm des Baumes. Sie war müde und der Wald war so still. Sehr sehr still.
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Der rest der wache verlief schweigend und ereignislos. Als endlich die Ablösung kam, zogen sich alle grummelig zum Schlafen zurück.
Der Morgen graute und das Licht, liess Lorainne traumlos und ruhig schlafen.
Doch schon bald wurde sie wach und machte sich auf in den Wald. Sie genoss die Ruhe und des Zeit des Alleinseins.
AN dem kleinen Bach nahe des Lagers machte sie sich frisch und lehnte sich an einen Baum, während sie die warmen Sonnenstrahlen in ihrem Gesicht genoss.
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Nach der langen Wache hatte Vanion lange geruht. Als er geweckt wurde, rieb er sich müde die Augen, raffte sich jedoch rasch auf und zog sich an. Noch vor dem Frühstück (das wohl eher ein Vormittagsstück werden sollte) begann er mit ein paar Übungen. Rasch wurden ein paar der Männer auf den Knappen aufmerksam, und kamen auf ihn zu. Vanions Kenntnis der caldrischen Sprache war zwar vorhanden, aber fern jedweder Perfektion, doch verstand er sehr deutlich, was man von ihm wollte, als ihm ein Stock von der Länge eines gesunden Anderthalbhänders entgegen gehalten wurde, nebst einem kleinen, handlichen Bogen und ein paar Pfeilen.
Zweifelnd sah er auf die Übungswaffen hinunter, dann zuckte er mit den Schultern und griff nach dem Bogen. Ein Handgelenkschoner aus gutem, festem Leder wurde ihm gereicht, diesen legte er an - dann gab er ein paar Schüsse auf eine etwas entfernt stehende, bemalte Zielscheibe aus Stroh ab. Ein paar der Männer grinsten, als sein erster Pfeil die Scheibe um einen guten Meter verfehlte, doch die anderen trafen alle das Ziel, mehr oder weniger nahe der Mitte.
Schulterzuckend wechselte Vanion ein paar Worte mit den Männern. Fachsimpeln über mögliche Schusstechniken war nicht grade seine Stärke, und das sagte er auch.
Als er den Fehler machte zu erwähnen, dass er mit Schwert und Bardike ungleich besser umgehen konnte als mit dem Bogen, erweckte er Fulks Aufmerksamkeit.
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Mit einem Auge achtete der Knappe weiterhin auf Fulk, während er halbherzig weiter fachsimpelte. Sein Anteil am Gespräch beschränkte sich meist auf "Hm", "Oui", oder "J'ai pas compris". Fulk unterhielt sich gestikulierend mit einem anderen, bärbeißig aussehendem Caldrier, und immer wieder zuckte seine Hand in seine, Vanions, Richtung. Schließlich gingen beide über den vom Regen der gestrigen Nacht noch matschigen Boden hinüber.
Respektvolles Schweigen erfüllte nun die Luft, nur unterbrochen von vereinzeltem Vogelzwischtern, bis Fulks Begleiter sprach:
"Reden, mein Freund, ist eine einfache Sache. Was hältst du davon, wenn wir den Vormittag nutzen, und ein wenig üben? Den Körper frisch zu halten ist nichts Falsches, im Gegenteil. Es wäre mir eine Ehre, herauszufinden, was der Knappe bereits gelernt hat." Freundlich nickte Vanion. Zwar genoss er die vom Kämpfen freie Zeit, doch hatte der Mann, der sich als Alain vorstellte, durchaus Recht. Man war schneller aus der Übung, als man es dachte! Zunächst jedoch war das Frühstück wichtiger.
Die Männer hatten sich nach und nach aus einem großen Topf einen Brei geschöpft, der sich als herzhaftes Gemisch aus gestampften Nüssen, getrockneten Äpfeln, und Hafer herausstellte, gesüßt mit Honig. Auch Vanion nahm sich eine Holzschüssel und aß. Dann machte er sich auf die Suche nach Lorainne.
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Sie saß immer noch mit geschlossenen Augen da, das Schwert griffbereit.
"Komm her Vanion, lunger da nicht hinter mir rum." sagte sie, ohne die Augen zu öffnen.
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Anders hatte sich nach der Wache schnell wieder auf ihrem Schlafplatz zusammengerollt. Ein großer Fan der Nachtwache würde sie aber wohl nie werden.
Anders schlief und während sie schlief träumte sie. Ein kleines Grasplatteau vor einem Waldrand. Das Gras wogte im Wind und ließ es wie in Zwillen auf die Klippe zuwogen. Vögel schossen darunter hindurch segelten durch die Luft.
Anders erwachte gegen Vormittag. Die Kenderin streckte sich und rieb sich den Sand aus den Augen. Dann krabbelte aus den Büschen hervor und schaute sich um. Im Lager herrschte reges Treiben und anscheinend bereiteten sie alles vor für ein Mittagessen. Ein wenig lustlos machte Anders sich auf den Weg ins Lager. Bald stieg ein süßer Geruch in ihre Nase und sie schloss die Augen.
"Hmmm. Lecker."
Schnell trugen ihre Füße sie in Richtung des Geruchs. Dort waren viele Menschen, vor allem Männer. Schnell erfassten die Augen der Kenderin die Situation und bald sprang sie ebenfalls herum und half beim verteilen oder Sachen wegräumen.
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"Guten Morgen!"
Ein wenig wunderte Vanion sich, dass Lorainne nach der langen Wache bereits wach war. Es schien, als habe sie seit ihrer Rückkehr weniger Schlaf nötig als je zuvor.
"Ich hoffe, du hast etwas gegessen?" Rasch berichtete Vanion von seinen Versuchen am Bogen, hinten im Lager. Auch die anstehende Übung verschwieg er nicht.
"Nun, meinst du, ich soll zeigen, was ich kann?"
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"Non, hab ich nicht."Lorainne öffnete widerwillig die Augen und versuchte Vanion aufmerksam zuzuhören.
Doch der meist unregelmäßige und wenige Schlaf, verhinderte, dass sie seinen Ausführungen en detail folgen konnte.
Erst als er eine frage an sie richtete, riss sie sich zusammen.
"Ja, solltest Du. Verdien dir respekt, und den Männern tut ein wenig Übung auch gut."
Sie rieb sich die Augen und erhob sich schwerfällig.
"Ich begleite Dich zurück. Danach müssen wir Pläne machen, ich habe vor, nach Brega zu reisen."
Sie brauchte dringend Menschen um sich herum, geschäftiges Treiben, und wollte der Einsamkeit des Waldes entfliehen. Zu war sie mit ihren Dämonen, die ihr nacht den Schlaf raubten, bechäftigt.
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Nachdem Dorrell den Schrein von Naduria etwas betrachtet hatte stellte er fest das Spuren von ihm tiefer in den Wald führten. Jemand hat die Opfergaben wohl für sich genutzt und ist damit in den Wald gegangen, anhand der Abdrücke im Boden wird es wohl mehr als einer sein und so wie das Gras bereits zertreten war wird hier jemand häufiger sein. Boris der Irische Wolfshund folgte ihm mit etwas Abstand. Dorrell hatte den Rest an ihrer Feuerstelle gelassen er hatte nur den Bogen und den Ghillie mitgenommen. Er wusste er wird nicht die ganze Zeit auf dem Pfad bleiben können und sich ins Unterholz schlagen müssen damit man ihn nicht bemerkt und auch Boris wird ihn dann nicht mehr begleiten können.
Nach einer Weile trennte sich der Pfad und Dorrell folgte dem rechten Pfad, die Spannung in seinem Körper stieg. Er hielt kurz inne, an dieser Stelle waren die Zweige links und rechts noch immer abgeknickt der eine Baum sah aus als wäre dort häufiger einer raufgeklettert. Hier scheint wohl einer Art Checkpoint oder Schleuse zu sein, aber es sah aus als ob man ihn eine Weile nicht benutzt hätte. Es dauerte noch eine Weile bis Dorrell eine grössere Freifläche erreichte, hier konnte er feststelle, dass sich hier eine kleine Gruppe aufgehalten hatte. Man sah noch die Schlafstellen wo die Zelte standen und Leute gelegen haben. Auch konnte man noch eine Stelle für Essensreste und Fäkalien ausmachen, dies war nicht schwer durch die Anzahl von Fliegen die sich dort noch aufhielt. So wie es hier aussah werden hier zwischen 10 – 15 Leute gewesen sein.
Dorrell wollte nun dem anderen Pfad folgen es ging nun leicht in die Dämmerung und er wollte das restliche Tageslicht noch nutzen. Vorsichtig folgte er dem Pfad bis er Stimmen vernahm. Sein Handzeichen verstand der alte Jagdhund sofort Boris machte kehrt und lief den Pfad in die entgegengesetzte Richtung zurück. Dorrell rollte zügig den Ghillie aus und warf in über die Schulter und versuchte sich leise ein paar Schritte abseits des Pfades zu bewegen. Er legte sich hin und verharrte dort, sein Atem dachte er, er war noch so laut hoffentlich hörte man ihn nicht. Langsam kam er zur Ruhe. Die Stimmen waren nicht laut gewesen aber er merkte wie sie sich entfernten.
Dorrell wollte noch wissen wie weit er kam, es würde jetzt länger dauern die Stimmen verfolgen zu können. Auf den Pfad könnte er erstmal nicht zurückkehren und das Unterholz war recht dicht es wir einige Zeit in Anspruch nehmen sich dort langsam und recht lautlos durchzuschlagen. Dorrell bewegte sich langsam auf allen Vieren voran immer wieder musste er anhalten um einen Horchhalt einzulegen es kam ihn schon vor wie Stunden und es wurde von Mal zu Mal dunkler und es war schwer die Richtung des Pfades zu erkennen.
Nun hörte er wieder Stimmen, aber es klang wie Flüstern und die Stimmen bewegten sich auch nicht. Dorrell versuchte sich zu konzentrieren und sich auf seine Umgebung einzustellen bis er ein paar Worte aufschnappen konnte. „Grüner Ritter!“ Mehr brauchte Dorrell nicht er musste das verbleibende Licht ausnutzen sonst würde er die Nacht im Unterholz verbringen müssen. Der Vorteil an dem Ghillie war aber auch das er ihn recht warm hielt so entschied sich Dorrell das Licht noch auszunutzen und sich dann für die Nacht einzurichten.
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Unter unbeschwerten und unwichtigen Gesprächen kehrten die beiden ins Lager zurück. Freundlich winkte Vanion Anders zu, als er sie, die Hände voll mit schmutzigem Geschirr, zwischen den Männern hin- und herwuseln sah. Man schien sie gutmütig zu belächeln, und das freute den Knappen: die leichte und freundliche Art des Kenders schien ihr in diesem Haufen verschlossener, bärbeißiger Gestalten zugute zu kommen. Abgesehen davon war sie eine Frau, und die Waldläufer schienen sich gradezu darin zu überschlagen, ihr für ein Lächeln oder ein Grinsen zur Hand zu gehen. Natürlich fiel auch manche Zote, aber unter Lorainnes strengem Blick verstummten die Stimmen.
Rasch suchte Vanion Fulk auf, der bereits dabei war, einige Aufwärmübungen mit drei, vier anderen durchzuführen. Der Knappe stellte sich dazu, dehnte ein wenig die Arme und Beine, versuchte, sich zu lockern. Dann packte er einen der langen, schwertähnlichen Stöcke von einem Ständer, warf einen zweiten Alain zu, und stellte sich in Position.
Eine wohlbekannte Ruhe ließ sich in Vanion nieder. Kampf! Das konnte er. Dieses ständige Gerede, seine Herkunft, Savaric, all das verblasste nun. Schon als Kind hatte er mit Stöcken gekämpft, und in seiner Vorstellung wurde nun auch die geschälte, dünne Eiche in seiner Hand zu einem glänzenden, scharfen Schwert. Die gepolsterte Kleidung, die er trug, wurde zu einer stählernen Rüstung, und sein Gegenüber, der in einer Mischung aus dickem Stoff und Lederkleidung gewandet war und ihn wachsam beäugte, wurde zu einem blau-schwarz tragenden Soldaten des Lupus. Pure Kraft ging von Vanion aus, als er in einer schnellen Vorwärtsbewegung aus seiner Haltung ausbrach und mit einem beidhändigen Hieb nach Alains Gesicht schlug. Die Stöcke krachten aneinander, Vanions Hieb glitt nutzlos an der Verteidigung seines Gegners ab. Schlag auf Schlag tauschten die beiden nun aus, wilde Kraft, rasche, treibende Finesse, und flinke Beinarbeit führte die Kontrahenten immer wieder zusammen und auseinander. Links, rechts, rechts, links, krachend prallte immer wieder Holz auf Holz, Holz auf Haut, Haut auf Haut, bis Alain schließlich wankte und einen Treffer gegen die Hüfte hinnehmen musste.
Keuchend warf Vanion den Stock zur Seite und stützte die Hände auf die Knie. Alain, der sich die Hüfte hielt, kam auf ihn zu und musterte ihn widerwillig. "Für einen Tangaraner - pas mal!", murmelte er. Unmut zuckte über Vanions Gesicht, und härter, als er es unter anderen Umständen vielleicht gesagt hätte, fuhr er den Caldrier an: "Tangaraner, na und?! Je suis un ecuyer, ma naissance n'est pas important! Ein Tangaraner ist nicht schlechter oder besser als ein Caldrier." Kurz schwieg er, dann giftete er: "Dieser Tangaraner ist jedenfalls besser als du!"
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In einem anderen Teil des Waldes zwitscherten die Vögel, als wäre es der schönste Tag der Welt. Das Blattwerk rauschte, und die Vormittagssonne schien auf das grüne Blätterdach des Forêt d'Artroux nieder. Warmes Licht fiel auf ein paar Rehe, brach sich in einem wild sprudelnden, über Steine hinabspringenden Bach, und fiel auch auf ein Gebüsch, in dem sich Dorell versteckt hatte und die Nacht verbracht hatte. Ein kleiner Marienkäfer krabbelte den Arm des Valkensteiners hinauf bis zur Schulter, wo er die Flügel spreizte und davonflog. Nur wenige Steinwürfe von Dorells unbequemen Nachtlager flackerte ein kleines Feuer. Knuspriger Speck brutzelte dort über den Flammen, und drei abgerissen aussehende Männer unterhielten sich. Dorell hatte scharfe Ohren, und so konnte er fast jedes Wort verstehen:
"Meinst du, wir werden heute fertig?" Ein halblautes Gespräch entspann sich.
In dessen Verlauf konnte Dorell erkennen, dass es sich bei diesen Männern wohl um Fallensteller handelte. Einige Fallen waren am Vortag schon geleert worden, doch waren einige ausgeraubt worden. Darum ging es nun:
"Man munkelt, dass dieser Wald verwunschen ist. Kennst du nicht die Sage vom Grünen Ritter? Er soll sich hier umtreiben, mit seinen Männern aus Schatten, die sogar eins mit den Bäumen werden können! Bei Naduria, ich bin mir sicher - das ist eine Warnung! Wir sollten hier gar nicht sein!" Doch die anderen beiden lachten nur über ihren ängstlichen, allzu abergläubischen Freund. "Jules, wirklich. Der Grüne Ritter ist eine Geschichte für Kinder, nicht mehr! Aber eins macht mir wirklich Sorgen: wenn unsere Fallen aufgebrochen wurden, dann gibt's hier Räuber, Wilderer, vielleicht üblere Halunken. Weißt du nicht mehr, vor einigen Monaten?! Als dieser Alamar-Bruder aus dem Wald kam und diese wilden Geschichten erzählt hat? Ganz geheuer ist's hier wirklich nicht, sonst hätte Roquefort nicht diese Männer angeheuert, die hier nach dem Rechten sehen sollten. Und was ist aus denen geworden, hm? Da hört man auch nichts von!"
Langsam wurde Dorell klar, was er hier vor sich hatte: einfache Männer, die mit (mehr oder weniger legaler) Jagd und Fallenstellen ihr täglich Brot verdienten. Was immer der Waldläufer suchte, hier würde er es nicht finden.
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Anders lachte viel während sie durch die Gruppe von Männer lief. Es gab viel worüber sie lachen konnte, mal sah einer einfach lustig aus, oder sie sprachen in ihrer komischen Sprache die sie nicht verstand. Aber alles im allem merkte sie, dass man doch versuchte nett zu ihr zu sein und das obwohl man sie noch letzte Nacht an beiden Armen durchs Lager geschleift hatte. Außerdem schienen sie doch ein lustigerer Haufen zu sein, als sie es sich vielleicht eingestehen wollten.
Und die Sonne schien.
Mehr brauchte man doch nicht zum glücklich sein. Der Abwasch war schnell getan und so konnte auch sie sich eine Schale mit dem köstlichen Brei abfüllen und trug ihn zu dem kleinen Wiesenstück wo sie eben noch Vanion und Lorainne erblickt hatte. Dort hockte sie sich an den Rand und machte sich hungrig über den leckeren Haferbrei her. Nebenbei beobachtete sie höchst interessiert den Stockkampf auf dem Rasen.
Vanion schien immer älter zu sein wenn er kämpfte, dann wirkte er immer so als würde es nichts anderes auf der Welt geben. Außerdem konnte man das ganze auch als Tanz ohne Musik betrachten, obwohl ganz ohne Geräusche ging das ja auch nicht von statten. Das stampfen der Stiefel, das klacken der Stöcke, hin und wieder ein Grunzen. Kurz schweiften ihre Gedanken zu Ysander ab, der ihr auf der Grenzwacht ebenfalls ein paar Sachen gezeigt hatte und die sie sich behalten wollte. Da wäre so ein Stock doch ganz praktisch.
Wieder kam ihr Yorik in den Sinn wie er kurz vor seiner Novizenweihe mit zwei Stöcken aus dem Wald kam um sich mit Rugier zu prügeln, oder zu üben wie er es gesagt hatte. Seufzend schüttelte sie den Kopf. Yorik... Sie verstand ihn nicht mehr. Gar nicht mehr. Er hatte sich so verändert... und was wenn er gar nicht mehr so war wie sie ihn kennen gelernt hatte. Und er war so ein Sturrkopf. Jetzt wo er "Eine Aufgabe hatte" blickte er nur starr gerade aus, alles links oder rechts von ihm schien ihm vollkommen egal. Vor allem im Wald war ihr das aufgefallen. Leicht traurig beschloss sie, dass das jetzt aber wohl Ranjas Aufgabe sein würde.
Die Priesterin schien einen guten Blick für Menschen zu haben, sie würde schon dafür Sorgen, das Yorik sich nicht verrennen würde, da er vor Lauter Ziel im Auge nichts mehr sah.
In dem Moment wankte einer der Männer und der Kopf der Kenderin schoss nach oben. Was war passiert? War es schon vorbei? Und sie hatte alles verpasst....
Ach es würde sicher auch andere Kämpfe geben.
Sie wannte sich wieder ihrem Haferbrei zu, als Vanion plötzlich laut wurde.
Auch wenn sie nicht alles verstand so war der letzte Satz dennoch mehr als deutlich und entlockte der Kenderin ein helles Lachen. Worauf hin sie der Blick des Caldrier traf, was sie aber nicht weiter störte. Im Gegenteil. Sie strahlte einfach nur freudig zurück um sich dann wieder ihrem Haferbrei zu zu wenden.
Krieger... auch wenn sie nicht ganz verstand worum es da eben gegangen war, sie waren doch immer wieder für Scherze gut. Gerade dafür mochte sie die, die zwar auch gefährlich waren, aber dennoch immer wieder so komisch.
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Langsam entfernte sich Dorrell von den 3 Jägern. Das Lager lag wohl doch sehr tief im Verborgenen und was so lange schon nicht entdeckt wurde, dass sollte man auch besser im Verborgenen lassen. Nur schade dachte er sich er hätte gerne einmal Vanion wiedergesehen, wenn er auch in dem Lager wäre.
Es dauert noch eine Weile bis Dorrell wieder aus dem Wald heraus war und seine Sachen verstaut hatte.
Es war Zeit nach Brega aufzubrechen.
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"Vanion!" Lorainnes Stimme schnitt durch die Luft.
Unangenehmes Schweigen breitete sich aus, dass nur durch Leahs "Maman?" durchbrochen wurde.
Doch sie beachtete das Kind gar nicht, während sie zu den beiden Streithähne schritt.
"Du hast sie erschreckt." Fulk nahm das Mädchen auf den Arm:"Komm mit. wir haben sicher noch einen Löffel Honig für Dich."
Lorainne fixierte Vanion, ihre Augeln funkelten unheilvoll. Dann streifte ihr Blick Alain, der ein wenig kleiner wurde.
"Alain, ich erinnere mich, dass Dein Vater einst aus Pfauengrund zu uns kam, n´est pas? Und doch bezeichnest Du sich als Firngarder. Vanion hingegen, "Lorainne seufze.
Es war offensichtlich an der Zeit, dass ihre Leute die Wahrheit erfahren würden.
Doch würden sie noch hinter ihr stehen und ihr vertrauen, wenn sie erführen, dass sie einen Roquefort als Knappen hatte?
Während Dorell seine Sachen verstaute, stieß eine Alte Frau auf ihn, die ihn ägstlich und zugleich feindselig musterte.
"Wer seid ihr? Ich habe Euch hier noch nie gesehen."
Der Hund begann zu bellen und die Alte wich ein paar Schritte zurück.
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Stolz erwiderte Vanion Lorainnes Blick. Gespannt wartete er darauf, dass sie fortfuhr, zu sprechen. Ja, er war ein Roquefort - doch lag es kaum an ihm, sein Geheimnis zu enthüllen, jedenfalls nicht vor Lorainnes Männern. Doch welchen Sinn hatte dieses Versteckspielen? Früher oder später würde grade dieser kleine Kreis von eingeschworenen Männern alles erfahren. Und dann - doch lieber früher. Auffordernd nickte Vanion Lorainne zu, mit einem undefinierbaren Blick in den Augen.
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Lorainne erwiderte seinen Blick, grimmige Entschlossenheit spiegelte sich darin.
"Vanion hingegen IST Firngarder. Sein Vater war einer, sein Großvater vor ihm und dessen Vater."
Sie liess ihren Blick über ihre Männer schweifen.
"Er mag in Tangar aufgewachsen sein. Doch nur, weil sich sein Vater seiner Familie entziehen wollte und der Fehde, die sie schon seit langer Zeit führen."
Ein Keuchen ging durch die Menge.
"Est- il un Roquefort?" Alain sah Vanion vernichtend an. "Den Tangarianer habe ich Dir nie übel genommen, es war nur ein Scherz. Aber..." Lorainne schnitt ihm das Wort ab.
"Er mag ein Roquefort sein, aber vergesst nicht, er ist auf unserer Seite und genießt mein Vertrauen. Wem das nicht passt, der kann seine Sachen packen und gehen, ich halte niemanden auf. Wer aber wirklich das Ende dieser Fehde will, wird ihn hier im Lager dulden müssen."
Alain hielt ihrem Blick stand und nickte langsam. "Dann soll es so sein."
Er drehte sich um und packte seine Sachen. Bevor er das Lager verließ, spuckte er Vanion vor die Füße.
Silas versuchte noch auf Alain einzureden, wurde jedoch von diesem weggestoßen.
Mürrisch schaute sich Lorainne unter ihren Männern um:"Möchte noch wer gehen?"
Kopfschütteln war der allgemeine Tenor, begleitet von Rufen wie "Natürlich bleiben wir."
Bis auf Silas, der nur schweigend hinter seinem Bruder hersah.
"Bon, dann geht alle wieder auf Eure Posten. Der Rest packt zusammen. Wir wechseln unseren Stadort."
Damit kehrte sie dem Lager den Rücken und fogte Alain in die Stille des Waldes.
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Unentschlossen sah Vanion Lorainne nach. Kurz begegnete er Anders Blick, und er zuckte die Schultern - sollte er Lorainne folgen? Oder doch lieber seine wenigen Habseligkeiten zusamenpacken? Lorainne würde schon wissen, was sie tat. Rasch ging er auf Silas zu, Alains Bruder. So recht wollten dem Knappen keine Worte einfallen, und so schloss er den Mann in den Arm und versuchte, Mitgefühl und Dank in die Umarmung zu legen.
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Nach einem kurzen Moment befreite sich Silas aus der Umarmung.
Es war ihm unangenehm, ausgerechnet von diesem Mann, der in seinen Augen die Schuld daran trug, dass sein Bruder das Lager verlassen hatte.
Und doch mochte er Vanion, und es war Alains freie Entscheidung gewesen.
Er versuchte zu Lächeln.
"Vielleicht kann sie ihn ja bewegen, zurückzukommen." doch aus seiner Stimme sprach wenig Hoffnung.
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"Wie lange seid ihr denn schon bei Jules gewesen? Ihr müsst Roquefort bitterlich hassen, nicht wahr? Und doch - Alains Reaktion ist nur zu verständlich. Hier in Caldrien ist man nunmal derjenige, als der man geboren wird. Aber der Name bedeutet nicht, dass jeder so ist wie Savaric. Glaub mir, bei den Göttern - ich werde nicht zögern, wenn mein Onkel mir gegenüber steht. Die Götter verfluchen den Sippenmörder, und ich bete, nicht derjenige sein zu müssen, der das Schwert letztendlich führt. Aber wenn es an mir ist, wird Savaric sterben."
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"Versprich nicht, was Du nicht halten kannst." warnte Silas vorsichtig.
Dann begann er, beim Zusammenpacken zu helfen.
Als er irgendann aufblickte, sah er Lorainne zurückkommen. Sie war seltsam blass und Wasser tropfte aus ihren Haaren. Sie wich seinem Blick aus und und wechselte ein paar Worte mit Fulk, der daraufhin auch in den Wald verschwand.
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Rasch begab sich Vanion zu ihr. "Was ist geschehen?"
-
Anders hatte den Wortwechsel mit Interesse verfolgt und war als Alric auffuhr ebenfalls auf die Beine gesprungen. Wenn Situationen brenzlig wurden war es immer besser agil zu bleiben. Aber es schien als würde Lorainne wissen was sie tat denn kurz darauf drehte sich der große Mann um und verließ das Lager mit seinen Habseligkeiten. Mit leicht schräg gelegtem Kopf sah die Kenderin ihm nach. Natürlich war Saveric ein böser Mann, aber Vanion hatte so viel mit ihm zu tun wie... Hm Weizen und Roggen. Möchte ja beides Getreide sein, aber es gab ein ganz andres Brot wenn man es daraus bug. Und Vanion war immer noch der selbe wie vorher. Es hatte ihn ja selbst heftig erschüttert als er im Reich Zeus Schalks seine Familienzugehörigkeit aufdeckte. Aber...
Sie würde unterbrochen als ein anderer sie ansprach ob sie beim packen helfen wollte. Sie warf kurz einen Blick zu Vanion der unschlüssig schien was er tun sollte und schenkte ihm eine breites und warmes Lächeln ehe sie sich umdrehte um zu helfen.
Es gab unglaublich viel zu tun in so einem Lager und es grenzte fast an ein Wunder wie alles so verstaut würde, dass man es schnell und leicht transportieren konnte.
Schnell Begriff Anders jedoch das dies vor allem nur deshalb möglich war, weil jeder wusste was in sein Päckchen gehörte und wenn dies gepackt war wo er noch Hand anlegen musste.
Das ganze war ein eingespielter Ablauf und verlief beinahe reibungslos.
Während sie also half decken und Geschirr zu verstauen, nachdem sie ihr eigenes kleines Bündel gepackt hatte, bemerkte sie wie Lorainne aus dem Wald kam, mit nassen Haaren und bleich. Erstaunt hielt sie kurz inne um zu sehen wie sie mit Fulk redete und dieser dann in den Award ging.
Was er dort wohl tat?
Schnell sah sie sich um. Um sie herum herrschte geschäftiges Treiben. Ein kurzes Hadern,dann siegte die Neugier und sie brachte schnell was sie gerade trug zu dem Ort wo es hinsollte. Dann mischte sie sich wieder unter die Männer, schlug einend er kleinen Seitenwege des Lagers ein, steckte sich unterwegs noch einen Apfel unter die Gugel und prüfte mit einem kurzen geübten Blick rund um ob man auf sie achtete ehe sie schnell in den Büschen verschwand. Sie schlug einen kleinen Bogen und kam kurz darauf auf dem Weg heraus den auch Fulk genommen hatte.
Schnell warf sie nochmal einen Blick über die Schulter und lief dann leichtfüßig über den kleinen Trampelfad dem älteren zwang hinterher, neugierig was er wohl tun würde. Dabei achtete sie darauf nicht wie ein Schlachtross durch die Büsche zu brechen, sondern heilt sich so unauffällig wie möglich um nicht wieder weg geschickt zu werden.
//Bald ist dich auch wieder etwas in Brega. Wenn ich zurück bin muss ich Lorainne fragen ob sie hingeht.//, dachte sie noch kurz bei sich, ehe sie sich auf den Weg vor sich konzentrierte.
//Mal sehen was Lorainne so gemacht hat, das sie jetzt Fulk hier her schickt um aufzuräumen.//
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Lorainne winkte Vanion ab.
"Nichts worüber Du dir meinen Kopf zerbrechen müsstest.
Sie war gefasst, doch ihre Augen hatten immer noch rote Ränder.
Mit zitternden Fingern packte sie weiter zusammen.
"Du solltest ebenfalls Deine Sachen packen. Wir reiten nach Brega."
Vorsichtig suchte Fulk seinen Weg, bis er die Stelle fand, die Lorainne im beschrieben hatte.
Als er Alain fand, murmelte er ein leises Gebet und begann zu graben.
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Anders war vor kurzem vom Weg abgewichen und bewegte sich jetzt durch die Büsche. Im Stillen lobte sie sich dafür, dass sie ihre Habseligkeiten im zäher gelassen hatte, ebenso den langen Mantel. Wäre alles nur hinterließ gewesen. Langsam und bedächtig machte sie auf den Weg durchs Unterholz, als sie plötzlich den Mann vor sich wahrnahm und sich schnell ganz klein machte. Er schien zu graben?
//Ob er hier einen Schatz sucht? // dachte sie bei sich und blickte sich um. Hier war viel niedriges Buschwerk und die meisten Bäume hatten tiefe Äste. Besonders einer. Dieser stand allerdings noch ein Stück von ihr entfernt. Ihr Blick glitt an seinem Stamm nach oben. Von dort würde sie auf die Szene vor sich herab gucken können, oder sie konnte versuchen näher über den Boden an Fulk heran zu kommen um zu sehen was er dort ausgrub.
Aber der Boden war voller Laub und da sie nicht ewig Zeit hatte würde das zu viele Geräusche geben. Langsam stülpte sie sich die Kaputze über den Kopf, damit das Helle Haar nicht auffiel hier im Wald und machte sich geduckt auf den Weg.
//vielleicht vergräbt er ja auch einen Schatz. Was dann wohl der Schatz ist//, dachte sie voll Neugier und Vorfreude bei sich. Im Takt des Grabens machte sie sich nun auf den Weg zum Baum, in der Hoffnung, dass wenn sie doch einen kleinen Zweig übersehen sollte das Geräusch im scharben der Schaufel erstickt würde. Es dauerte trotzdem sicher an die zehn Minuten bis sie den Baum erreicht. Schnell warf sie noch einen kurzen Blick durch das dichte Buschwerk durch das sie Fulk gerade noch so erkennen konnte und begann dann geschickte auf den Baum zu klettern um zu sehen was Fulk denn da trieb.
Ihre Hände und Unterarme schmerzten leicht, da es auch hier überall Dornen gegeben hatte aber unbeirrt hob sie sich in die Äste des Baumes. Das ging leiser vonstatten als das Schleichen im Laub, war aber auch anstrengend.
Als sie die paar Höhenmeter gemacht hatte kam sie an einen großen Ast und schob sich nun den vorsichtig entlang. Von hier oben hatte sie tatsächlich eine bessere Sicht auf das was da unter ihr lag, da sie keine Büsche mehr überblicken musste.
Der Wald war wirklich überall furchtbar dicht.
Fulk schien ein recht großes Loch zu graben. Anders unterdrückte ein Kichern. Vielleicht konnte er sich ja nicht mehr erinnern wo er was vergraben hatte und machte das Loch deshalb so groß. War auf jedenfall eine mühselige Arbeit denn immer wieder versperrten Wurzeln das Rasche Vorwärtskommen. Leicht schüttelte die Kenderin den Kopf. Wenn sie hier etwas vergraben wollen würde hätte sie sich eine Lichtung gesucht aber doch nicht den Ort hier wo der Boden nur so von Wurzeln durchzogen war. Oder sie hätte es in einem Hohlen Baum versteckt oder in einem leeren Kaninchenbau. Sie ließ ihre Augen weiter scheifen.
Als sie Alric entdeckte entfuhr ihr ein leiser Schreckenslaut den sie hastig unterdrückte in dem sie sich den Mund zu hielt. Dann drückte sie sich dicht an den Ast und verharrte Regungslos. Sie lauschte auf Fulks Reaktion, hielt sich weiter den Mund zu und atmete flach.
Das war keine Schatzsuche. Fulk grub ein Grab! Es musste so sein, denn Alric sah wirklich sehr Tod aus.
Lorainne hatte, nein musste ihn getötet haben.
//Warum hat sie das gemacht? War er einer von Saverics Leuten? Aber dann hätte er doch nicht so auf Vanion reagiert. Aber wenn er nicht zu den Bösen gehörte wieso ist er jetzt Tod? Musste er sterben weil er das Lager verlassen wollte, weil er es verlassen hat? Muss jetzt denn jeder sterben der das Lager verlassen will?//
Langsam hob sie nochmal den Kopf um einen Blick auf den Toten Alric zu werfen.
// Warum hat sie dich getötet? Warum bloß? Du warst doch keine von den Bösen oder? Gut auch nicht von den Netten , aber auch nicht von den Bösen? Ich verstehe das nicht!//
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Bestädndig grub er, immer tiefer, bis er etwas im Wald hörte.
Er hörte auf, lauschte aufmerksam.
Doch nichts als ein leise Zwitschern der Vögel und das Rauschen des Windes in den Bäumen.
Es klang wie ien unheimliches Flüstern, als sprächen die Geister und Ahnen zum ihm.
Fulk hatte sich niemals im Wald gefürchtet, er war im Gegensatz zu den meisten Firngardern nicht sehr abergläubig, doch jetzt fuhr ihm ein kalter Schauer über den Rücken.
Es prickelte an seinem Hinterkopf. Fulk drehte sich langsam um und suchte das Buschwerk ab, die Bäume. doch er konnte nichts auffälliges entdecken.
Wieder diese Kälte, die seinen Körper liebkoste.
Unbehaglich grub er weiter.
Ihm war bewusst, dass sie es tun musste. Zu groß war die Gefahr, die von Alain ausgegangen war und doch...
Es war, als wäre das Lager jetzt dunkler als zu Zeiten Jules´.
Leise betete er zu Lavinia. Dass sie Alain in ihre Arme schliessen würde.
Und dass sie Lorainne wieder ins Licht führe, damit sich ihre Dunkelheit nicht über sie alle ausbreiten würde.
Mein kleines Mädchen, was ist nur mit Dir geschehen? Er wusste, dass er diese Frage niemlas stellen dürfte. Mehr als ihr zur Seite stehen konnte er nicht.
Endlich war das Loch tief genug. Behutsam liess er den toten Körper in das Grab gleiten und begann es langsam wieder zu zu schütten.
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Anders die immer noch regungslos im Baum hockte schaute auf die Szene hinunter.
//Ich sollte gehen. Im Lager suchen sie bestimmt schon nach mir.//
Leise schob sie sich auf dem Ast zurück zum Baumstamm. Sie war immer noch verwirrt und verunsichert, wusste nicht wie sie mit der Situation und dieser heimlichen Bestattung umgehen sollte.
//Sein Bruder schien ihn gemocht zu haben. Jetzt wird er nie wissen das er Tod ist.//
Und was war nun mit Lorainne? Wieso hatte sie das gemacht? Sie war doch eine von den Guten. Warum sonst hätten sie sie aus dem Reich des Schalks hohlen sollen. Nein. Diese Situation passte gar nicht zu allem was Anders bisher von ihr erlebt hatte.
Sie war streng und sturr und manchmal konnte sie sicher auch gemein sein, aber sie war nicht hinterhältig.
Leise lies sich die Kenderin vom Baum hinab gleiten. Ast, Ast, Ast, Boden. Vorsichtig setzte sie erst den einen, dann den Anderen Fuß ins Laub. Wieder ein rascher Blick über die Schulter und dann huschte sie geduckt in den Wald davon. Hier und da mochte man ein leises Rascheln hören, wie von einem Vogel der das Laub aufwühlte oder einer Maus.
Sie nahm einen kleinen Umweg in Kauf und kam von der anderen Seite wieder ins Lager.