Hier und dort: In Engonien und außerhalb des Kaiserreiches > Gruppen auf Reisen im In- und Ausland
265 n.J. - An der Küste Cambrias
Rikhard Kraftweber:
Ein wunderschöner Morgen. Die Sonne strahlte über's Meer in die Hafenstadt hinein, in der sie sich befanden. Sie, das waren Rikhard, Kydora und Runa. Die anderen waren weiter gezogen ins Landesinnere. Das Schiff, mit dem sie hergekommen waren, würde in wenigen Tagen wieder nach Engonien zurückkehren, und bis dahin brachte man hier die Zeit herum.
Rikhards Gespür für gute Unterkünfte war es zu verdanken, dass sie nicht in einer heruntergekommen Spelunke hausten, sondern in einer etwas gehobeneren Herberge ein gutes Stück stadteinwärts. Das Gebäude lag auf einer Hügelkuppe, und von den oberen Zimmern hatte man einen ganz prächtigen Blick über das Meer. Rikhard war immer noch ein wenig baff, Hafenstädte kannte er nicht - und das ständige Kommen und Gehen, das hier herrschte, die verschiedenen Gerüche und Sprachen, die die Luft hier erfüllten, waren ein ganz eigenes Erlebnis.
Während er der Sonne beim Aufgehen zu sah, drang nach und nach ein leckerer Geruch an seine Nase: frisch gebackenes Brot, und - war das Speck? Rasch zog er sich vollständig an (bisher hatte nur eine Hose seine Blöße bedeckt, sonst hatte er nichts am Leib getragen), räumte sein Zimmer ein wenig auf, dann machte er sich auf den Weg nach unten. Runa war bereits wach und füllte sich grade eine Holzschüssel mit Frühstück - eine Frühaufsteherin, dachte Rikhard anerkennend, während Kydora wohl noch schlief. Zumindest sah er sie nicht im Speisesaal, doch halt - dort war sie. Sie saß in einer Ecke für sich und kaute auf ihrem Mahl herum.
Innerlich zuckte Rikhard mit den Schultern, dann füllte er sich ebenfalls einen Teller mit Essen, nahm noch einen Tee (die kannten sich hier aus mit Tee, hatte er festgestellt), dann setzte er sich zu Kydora und wünschte ihr einen guten Morgen.
Kydora:
Nachdenklich saß Kydora in einer gemütlichen Ecke des Speisesaals, wo es etwas ruhiger war. Runa holte sich gerade noch etwas zu Essen und würde sicherlich auch bald dazukommen. Bis dahin genoss die junge Silvanajerin noch die Ruhe. Die letzten Tage der Reise waren ruhiger verlaufen und sie hatte versucht, Rikhard höflich aus dem Weg zu gehen, ohne dass es abweisend wirkte. Wenn es zu Gesprächen kam, hatte sie versucht, die Themen allgemein zu halten. 'Höfliche Distanz' waren die Worte, die sie sich immer wieder mantraartig im Geiste sagte, um sich im Griff zu haben. Der kleine Ausraster auf dem Schiff hatte ihr gereicht.
Sie nahm erst nicht wahr, wie Rikhard sich zu ihr an den Tisch setzte. Erst als er ihr einen Guten Morgen wünschte, riss sie sich aus ihren Gedanken los. Sie schluckte den Bissen herunter, auf dem sie bis jetzt gedankenverloren rumgeaut hatte. Dann murmelte sie ihm auch ein "Morgen" entgegen und lächelte ihn freundlich an.
Innerlich hoffte sie, dass Rikhard bald wieder in seiner Akademie sein würde. Sie hatte keine Lust länger als nötig irgendwelche Nettigkeiten vorzuspielen, damit es nicht wieder eskalierte. Sie beide waren einfach nicht füreinander gemacht. So wie Feuer und Wasser. Manche Menschen passten eben einfach nicht zusammen.
Rikhard Kraftweber:
Bei den Göttern, nimm dir doch eine Serviette, dachte Rikhard, als er sich mit der seinigen den Mund abtupfte. Dass diese Frau aber auch für nichts ein Gefühl hatte. Nicht einmal beim Essen konnte sie sich benehmen! Schon am frühen Morgen empfand er Kydora als unangenehm. Sie hatte eine Seite an ihm gesehen, die er nie jemandem hatte zeigen wollen. Im Grunde hatte er nicht einmal gewusst, dass er eine solche Seite überhaupt hatte. Doch man reiste nunmal zusammen, und Rikhard, der stets korrekte und ernsthafte Magier, würde gewiss seine Professionalität nicht auf's Spiel setzen, nur um Kydora los zu werden. Um Sylvanaja loszuwerden.
Immerhin hatte sie ein gutes Händchen, was die Wahl des Sitzplatzes anging. Diese Ecke war nicht nur ruhig, sie war auch gemütlich. Und man konnte von hier nach Herzenslust den anderen Gästen beim Frühstücken zusehen. Dummerweise gab es bei diesen anderen Gästen nichts interessantes zu sehen, und so konzentrierte Rikhard sich wieder auf sein Mahl. Das Schweigen zwischen Kydora und Rikhard war fast zu spüren, so betont sahen sie sich nicht an.
Anders:
Runa:
Als Runa den Tisch mit ihrem Teller betrat hatte sie fast das Gefühl, an einem schlechten Morgen an ihren Familien Tisch zu treten. Du lieber Himmel... was war denn bei den beiden vor gefallen. Kurz blitzte das Bild einer nassen und verstörten Kydora in ihrem Kopf auf. Hatte Rikhard das zu verantworten gehabt? Prüfend musterte sie ihn von oben bis unten.
"Guten Morgen.", durchbrach sie dann das schweigen und setzte sich an den Tisch. "Gut geschlafen ihr beide?" Vorsichtig stellte sie ihren Teller und einen Krug mit Wasser vor sich ab. Sie würde sich nicht in ihre Angelegenheiten mischen, wenn man sie nicht damit konfrontierte. Dafür kannte sie die beiden noch bei weitem nicht gut genug.
"Rikhard was ich euch die ganze Zeit fragen wollte. Gibt es viele Magier in eurer Familie? Euer Nachname lässt darauf schließen.", versuchte sie ein Gespräch zu beginnen.
Rikhard Kraftweber:
Rikhard zuckte zusammen, als Runa diese Frage stellte. "Nein, ich glaube nicht." Meine kleine Schwester ist die einzige, die magisch ist. Aber das ist lediglich ihr Lächeln. Bitterkeit erfüllte ihn. Doch galt es nun, diese geschickt zu verbergen, und so zwang er sich zu einem Lächeln.
"Nein, Runa. Ich fürchte, ich bin der einzige - echte - Magier des Dorfes gewesen. Ehrlich gesagt, hab ich mir diesen Nachnamen selbst zugelegt. Er klingt vielleicht ein wenig pathetisch, aber besser als.. mein richtiger Name, nicht wahr? Ich habe das Magiewirken immer als das Spinnen, das Weben komplexer Stoffe wahrgenommen, und man bewegt nunmal eine gewisse Kraft."
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