Hier und dort: In Engonien und außerhalb des Kaiserreiches > Gruppen auf Reisen im In- und Ausland
265 n.J. - An der Küste Cambrias
Kydora:
Schweigend saßen sie am Tisch, bis endlich Runa erschien und die erdrückende Stille mit einem "Guten Morgen" durchbrach. Auf ihre Frage, ob sie gut geschlafen hatten, nickte Kydora nur bejahend.
Als Runa Rikhard fragte, ob es viele Magier in seiner Familie gab, lauschte sie ruhig seiner Antwort. Als er anfing zu erläutern, wieso er sich Kraftweber nannte, rollte Kydora mit den Augen.
Magietheoretisches Gerede. Sie seufzte. Und das schon so früh am Morgen. Offenbar eine Eigenart, die sie von den andern Magiern unterschied. Immer mussten sie alles bis ins kleinste Detail beschreiben und erklären.
"Es ist durchaus interessant zu hören, was du dir bei deinem Namen gedacht hast, Rikhard. Aber müssen wir wirklich so früh am Morgen schon über das Wirken von Magie reden?" fragte Kydora. "Ich meine. Es spielt doch am Ende gar keine Rolle, wie genau die Dinge jetzt wahrgenommen werden. Es kommt doch auf das Ergebnis an."
Sie trank einen Schluck aus ihrem Becher. Als sie ihn wieder absetzte blickte sie weiter in den Becher und runzelte leicht die Stirn. "Aber wenn wir eh bei dem Thema sind... Nimmst du die Magie immer als ähm 'gewobenen Stoff', oder wie du das beschreiben würdest, wahr? Oder ist da ein Unterschied zwischen 'du wirkst aktiv' und 'du schaust nur'?"
Das Thema war nun eh auf dem Tisch und irgendwie war ihre Neugierde geweckt. Dann konnte sie die Gelegenheit auch ausnutzen.
Rikhard Kraftweber:
Irgendwie war Rikhard Kydora sogar dankbar, dass sie einen so eleganten Themenwechsel ermöglichte. War das Absicht gewesen? Den Gedanken schüttelte er wieder ab. Hier kam ein Thema zur Sprache, das ihm gefiel.
"Wann immer ich in die Magie greife, ist es wie ein schnell fließender, lebendiger Fluss, mit Stromschnellen, gespeist von vielen kleinen Gebirgsbächen. Kein breiter Strom, eher ein quicklebendiger, schnell fließender und reißender Sog, in den ich greife. So nehme ich die Magie wahr. Doch in dem Moment, in dem ich meine Hand hineintauche, so ist es nicht, als würde ich Wasser schöpfen - vielmehr ist es, als ob die Zeit für einen Moment still steht. Kaskaden von Myriaden feiner, kleiner Tröpfchen steigen auf, ein feines, nebliges Geflecht, wie uralte, dicke Spinnweben, in die man in einem alten Keller läuft. Es ist, als wäre die Luft voller leuchtender Kristalle, einer prächtiger als der andere. Eine ganz eigene Schönheit! Das Licht bricht sich in diesen Tröpfchen, und dann - dann sammle ich, fokussiere diese Kaskaden, umgebe sie mit meiner Konzentration und meinem Willen, und beginne zu weben. Mein Zauber formt das Rohmaterial zu einem festen Strang. Je anspruchsvoller der Zauber ist, desto mehr Stränge muss ich formen. Und wenn ich den Zauber aufrechterhalten will, so muss ich stets dafür sorgen, dass der Fluss nicht ohne mich weiterläuft."
Mit Unbehaben dachte Rikhard an den Abend in Brega, als er die Magie viel zu früh und unkontrolliert wieder entlassen hatte. "Wenn ich den Zauber nicht ordentlich löse, sondern die Kontrolle verliere, dann fühlt es sich an wie ein gedehntes Band, das zerreisst und zurückschnellt. Je dicker das Band, desto größer die Gefahr für mich. Das ist es, wie ich die Magie wahrnehme, wenn ich sie wirke. Aber ich glaube, wenn ich beispielsweise Meister Feuerklinge oder Runa beim Wirken zusehen würde - auf einer arkanen Ebene natürlich, nicht mit den körperlichen Augen - dann würde ich gewiss die Magie anders wahrnehmen. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein doch recht ..feuriger Magier mit einer Wasseranalogie arbeitet."
Anders:
Runa:
Menschen die sich selbst neue Namen gaben, taten dies meist um irgendetwas hinter sich zu lassen. Welcher Natur die Dinge hatten die Rikhard so verkrampft versuchte zu vergessen wusste die junge Magierin nicht. Nur das einen alles mit der Zeit einholte. Als Kydora sich dann zuerst über die Magietheorie beschwerte und schlussendlich selber damit anfing warf sie ihr einen belustigten Blick zu. Eigentlich war es gar nicht in ihrer Absicht gewesen wieder über solche Dinge zu reden, aber wenn sie es nunmal wissen wollte.
Rikhards Beschreibung war ihr allerdings etwas zu blumig, zu... voluminös. "Die Arkane Macht in dieser Welt konzentriert sich in Linien die den Planeten durchfließen und durchziehen wie es bei uns die Adern tun. Hin und wieder treffen sie auf einander wodurch Knoten entstehen. Diese Knoten sind Orte großer Macht, was wiederum damit zusammen hängt wie viele Astrallinien dort aufeinander treffen. In ihnen bewegt sich die Astralenergie. Das kann man gut beobachten, von außen ohne selbst irgendwie Hand an dieses Geflecht zu legen. Diese Astralknoten werden oft für mächtige Zauber benutzt und sind sehr oft Plätze an denen Rituale stattfinden, da man dort leicht auf viel Kraft zugreifen kann. Wenn man selber aktiv wird, greift man auf die Astralenergie zurück und benutzt sie für seine Zauber. Mächtige Magier sind sogar in der Lage die Astralknoten innerhalb von Ritualkreisen zu verschieben um sie an anderen Orten zu platzieren. Wenn ein Ritual nach verschieden Knoten ausgerichtet ist und die auch noch an bestimmten Plätzen können sehr sehr mächtige Zauber gewirkt werden. Von daher kann man diesen Eingriff in das Astrale geflecht, sei es nun nur für einen Zauber oder das verschieben ganzer Knotenpunkte durchaus als weben bezeichnen."
//Zumindest besagt das die Theorie.//
Sie erinnerte sich nur zu gut an das Buch welches sie dazu gelesen hatte.
Kydora:
Zunächst hörte Kydora tatsächlich interessiert zu. Doch als Rikhard anfing immer ausschweifender und detaillierter zu erzählen, empfand sie es als immer anstrengender. Man konnte es mit Beschreiben auch übertreiben. Sie seufzte innerlich.
Bei seinen letzten Worten wurde sie nachdenklich. Dass ein 'feuriger Magier', wie Rikahrd es nannte, mit einer Wasseranalogie arbeitete konnte sie sich auch nicht vorstellen. Klar, möglich war im Grunde alles, aber sie wusste, was Rikhard sagen wollte. Dennoch, überlegte sie, nahm doch jeder die Magie auf seine Art und Weise wahr.
In Ruhe hörte sie Runas Ausführungen zu. Sie brachte strukturiert auf den Punkt, was sie sagen wollte. Und Kydora nahm wärenddessen noch einen Bissen von ihrem Essen. Als Runa fertig war überlegt Kydora kurz, wie sie am besten anfing.
"Ich glaube, dass alles irgendwie nur Bilder sind, um etwas sehr Komplexes zu beschreiben. Wobei die Linien da meiner Meinung nach schön allgemein gehalten sind. Man kann die Linien als Fäden wahrnehmen, oder auch als Ströme, wie ein Fluss eben." Sie deutete dabei zu Rikhard. "Es gibt verschiedene Arten der Wahrnehmung und das führt dann dazu, dass unteschiedliche Aspekte wahrgenommen werden."
Sie überlegte kurz und wandte sich dann an Rikhard.
"Deswegen glaube ich auch nicht, dass du die Magie anders wahrnehmen würdest als sonst, wenn du wem anders beim Wirken zusehen würdest. Du scheinst ja deine Wasseranalogie zu haben. Und mit genau der würdest du vermutlich auch einen, wie hast du es genannt... 'feurigen' Magier wahrnehmen. Auch wenn der eben nicht mit deiner Analogie arbeitet." Sie nahm den Becher in die Hand und fuhr fort: "Während die einen weben, gibt es vermutlich auch genauso gut welche, die formen, als sei es Lehm mit dem sie arbeiten."
Kydora trank einen Schluck und nahm sich dann wieder etwas von ihrem Essen. Abwartend schaute sie in die Runde.
Rikhard Kraftweber:
"Mir war nicht klar, dass es um das magietheoretische Modell geht. Ich dachte, es geht um die subjektive Wahrnehmung des Vorgangs." Leicht pikiert über Runas Antwort rümpfte Rikhard die Nase. "Runa beschreibt die Theorie sehr gut. Doch das ist eine von vielen, Analysten von allüberall her haben ihre Theorien aufgestellt. Ich persönlich präferiere die Vierdimensionalität einer Matrizendarstellung. Dort spielt nicht nur die Räumlichkeit, die Qualität der Kraft und die Quantität eine Rolle, sondern auch die Zeit. Das magietheoretische Matrizenmodell nach Magister Eodan von Blankenberge geht davon aus, dass die arkane Kraft nicht in geordneten Bahnen verläuft, sondern vielmehr ein ganz eigenes, lebendiges Wesen inne hat. Nicht vergleichbar mit menschlichem - oder sagen wir, humanoidem Leben, sondern eher vergleichbar mit der Art von Leben, die uns alle umgibt. Ein Baum lebt auf seine Weise, und manche gehen so weit, Flüssen und Seen Leben anzusprechen. Die Magie soll ganz ähnlich gestrickt sein, so gibt es nicht nur die Linien, die in der Matrizentheorie als 'Straßen' bezeichnet werden, sondern auch sogenannte 'Reservoirs'. Ein solches Reservoir, vermutlich die Knotenpunkte, von denen Runa spricht, erhält seine Qualität durch das Altern. Ein frisches Reservoir ruht nicht, sondern es bewegt sich. Es findet noch seinen Platz, denn die ungestüme, unbändige Kraft, die entsteht, wenn zwei schnelle Straßen sich kreuzen, braucht Zeit, um die komplexen arkanen Vorgänge, die dort geschehen und die jenseits jeder Analystenfähigkeit liegen, geschehen zu lassen.
Doch wenn das Reservoir erst ruht, ist es eine gar machtvolle Quelle für einen jeden, der es schafft, dieses Reservoir anzuzapfen und die Kraft, so sie erst freigesetzt, in ganz eigene Bahnen zu lenken. Das Prinzip der Linientheorie - von Blankenberge nennt es ganz respektvoll 'die Venen der Welten' - halte ich für korrekt, aber für zu kurz gedacht. Denn, wie schon erklärt - die Zeit ist ein Faktor, der nur allzu oft außer Acht gelassen wird!"
Etwas außer Atem nahm Rikhard noch einen Schluck Tee. "Ich empfehle die Lektüre der 'Matrizentheorie' von Magister von Blankenberge. Ein gutes Werk, das anderen Theorien Platz zum Atmen lässt, aber durchaus sehr interessante Ansätze und Theorien birgt."
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