Der Städtebund von Tangara > Ayd'Owl-Akademie
Beekes Zimmer (Herbst/Winter 267 n.J.)
Lilac:
Entnervt blickte Beeke zuerst auf ihre Schreibfeder und dann auf das Tintenfass. Schon wieder leer!
Dabei war sie gerade dabei das Script für die Vorlesung im kommenden Mond zusammen zu schreiben. Etwas, das sie mal wieder viel zu lange vor sich her geschoben hatte.
Seufzend setzte sie sich aufrecht hin und reckte sich, bis einige Wirbel knackten.
Von der Bewegung aufmerksam geworden, wuselten in den Käfigen und Terrarien die Bewohner umher. Eine junge, grau-weiße Ratte kletterte an den Gittern empor, um besser sehen zu können und Beeke schaute dem Tierchen lächelnd zu.
"Na, willst du raus?", sagte die Doktorandin, stand auf und trat zu der Wand mit all den Kreaturen in ihren Behausungen.
Sie öffnete ein Türchen und ließ den Nager auf ihre Hand klettern. Ein rascher Griff in eine Schale und schon hatte sie etwas getrocknetes Obst bei der Hand, mit dem sie das Tier füttern konnte.
Sie setzte sich die Ratte auf die Schulter und begab sich dann zu einer Truhe, in der sie ihr Schreibzeug aufbewahrte. Ihr Blick fiel auf die kleinen Flaschen und Fässchen mit unterschiedlichen Tinten. Sie runzelte unwirsch die Stirn.
"Ich befürchte, ich muss mal wieder einkaufen gehen!", sagte sie zu niemand bestimmten.
Die Ratte steckte ihr die Nase ins Ohr und Beeke musste kichern.
"Oh Nein, du bleibst hier!", meinte sie lachend.
Dann wurde sie wieder ernst. Sie ging zu ihrem Bett und zog eine kleinere Truhe darunter hervor, aus der sie einen samtenen Beutel holte. Ein paar wenige Münzen klimperten traurig darin herum.
Beeke seufzte. Sie würde wieder die ein oder andere Schreibarbeit für andere Leute anfertigen müssen, bevor sie sich größere Mengen guter Tinte leisten konnte. Vielleicht hatte sie Glück und es kam mal wieder ein Auftrag über eine Buchillustration rein...
Inzwischen war die Ratte in ihren Schal geklettert und hatte es sich in den Stofffalten gemütlich gemacht.
"Schön da?", fragte Beeke und kraulte das Tier mit einem Finger im Nacken. Die Ratte vibrierte. Unterdessen räumte die Doktorandin den Beutel wieder in die kleine Truhe, schloss diese und schob sie wieder unter das Bett. Dann entnahm sie der größeren Truhe ein Tintenfass und begab sich wieder an den Tisch.
Während die Ratte im Schal eingekuschelt saß und sich putzte, begann Beeke wieder zu schreiben.
Die nützlichen Eigenschaften von Einhornhaar ...
Rikhard Kraftweber:
Kaum hatte Beeke die ersten Worte geschrieben, klopfte es an die Türe ihrer Kammer.
Lilac:
Überrascht sah Beeke auf. Die junge Ratte in ihrem Schal streckte neugierig den Kopf aus den Stofffalten.
"Ja, bitte?", rief Beeke und blickte erwartungsvoll zur Türe.
Rikhard Kraftweber:
"Hier ist Rikhard. Ich habe eine Lücke in meinem Aufsatz entdeckt. Die Eigenschaften von Sibelius-Eiter sind mir nicht klar, und ich möchte vermeiden, dieses seltsame Zeug erneut anfassen zu müssen."
Rikhard glitt ein kalter Schauer über den Rücken, als er sich daran erinnerte, wie glibbrig-kalt sich dieser Eiter angefühlt hatte.
"Ich meine, selbstverständlich weiß ich um die Eigenschaften, die diese Substanz hat, aber die Feinheiten sind mir dann doch irgendwie entfallen, und ich brüte schon länger über diesem Papier. Seit dem Brand findet man auch schlicht nichts mehr wieder in diesen Hallen."
Schon durch die Tür war Rikhards pikierter, eiliger Tonfall zu erkennen, und Beeke konnte sich wahrscheinlich das Gesicht vorstellen, das Rikhard grade machte.
"Nun, kurzum, ich brauche deine Hilfe." Erneut klopfte er, dieses Mal lauter. "Du bist ja offensichtlich hier, hast also gewiss Zeit?"
Lilac:
Beeke musste grinsen. Nur Rikhard brachte es fertig, einen Vortrag vor verschlossener Tür zu halten.
Sie stand auf und machte ihm auf.
"Komm rein! Meinst du nicht, es macht mehr Sinn, MIR das Problem zu erläutern, als einem Stück Holz?", sie lächelte und wies auf einen zweiten Stuhl, den sie gerade an den Schreibtisch gestellt hatte. "Setz dich! Willst du einen Tee?"
Die ewige Doktorandin Griff erneut in die Schale mit dem Trockenobst und fütterte die junge Ratte in ihrem Schal. Danach wischte sie sich die Hände an einem Putztuch sauber und wartete dann ab, ob Rikhard sich für oder gegen Tee entschied.
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