Die Räume, die Jelena im Augenblick bewohnte, befanden sich unweit der Kommandatur. Sie lagen im Erdgeschoss und waren über halbrunde Durchgänge miteinander verbunden. Da die Heilerin in ihrer neuen Funktion häufiger Gäste empfing hatte sie den größten Raum mit Sorgfalt und dezenten Hinweisen auf ihre Herkunft ausgestattet.
Boden und Wände schmückten Teppiche und anstelle von Tischen und Stühlen fanden sich Kissen und Divane um einen flachen Tisch gruppiert. Im Raum waren Kohlebecken verteilt, von der Decke hingen Öllampen herunter.
In einer der Ecken stand ein kleines Pult, an dem man im Schneidersitz arbeiten konnte. Wenn Jelena hier Gäste in ihrer Funktion als Kämmerin empfing, dann saß dort ein Schreiber, der das Gespräch mitprotokollierte oder bei Bedarf Verträge und Absprachen aufsetzte.
Viele Andarraner fühlten sich hier bedeutlich wohler als in den Schreibstuben, denn ihre Zelte waren ähnlich ausgestattet und sie vergaßen schnell ihr Mißtrauen gegenüber der Frau, die jedes Gespräch auf die Weise eröffnete, auf die es sich gehörte: mit Getränken und dem Teilen von Brot und Salz.
Jelena blickte grübelnd in ihre Schale Tee, als ob sich auf ihrem Grund die Antworten auf ihre Fragen fänden. Das Gespräch, welches ihr bevorstand, würde schwierig werden, aber sie sah keine andere Möglichkeit, denn ich muß verhindern, das sich sein Einfluß weiter nach Osten ausdehnt! Bisher haben sich nur die Ragot unterworfen und die können mir sowieso gestohlen bleiben, aber die Zarsuk... man könnte sie aufstacheln, damit sie Darkov verstärken oder aber das sie sich den Nachschub von Trutzbergens Truppen holen... so oder so, sie dürfen sich nur nicht für die Gegenseite entscheiden...
Sie holte aus ihrem Ärmel das Schreiben hervor, welches ihr heute überbracht worden war und las es noch einmal.
Du verfluchter Idiot! Was nützt du uns, wenn du und deine Männer mit gebrochenen Knochen aus den Wäldern aufgelesen werden müssen? Verdammt noch mal, als ob es Tior um Zarbon schert... Wie kann man nur im falschen Augenblick so sentimental sein?
Immerhin hatte die ganze Sache ein Gutes: Zarbon band den Großteil von Trutzbergens Truppe, so wussten sie zumindest wo genau er war und mussten keine Angst haben, das er aus dem Süden marschierte. Die Stadt musste es über den Winter schaffen...