So, hier mal eine persönliche Rezension, des mir persönlich unbekannten "Ilvalean" aus dem Ning. Ich werde mir das Regelwerk bei Gelegenheit dann auch mal zulegen und auch mal eine Rezension verfassen.
Buch und Druck
Gegenüber der 2. Edition fällt vor allem auf, daß das Regelwerk sehr viel dünner geworden ist. Zuerst dachte ich, das Liber Magicae wäre wieder ausgelagert worden - aber nein, es ist enthalten. Dünneres Papier aber vor allem eine sehr viel kleinere Schrift sind für den geringeren Umfang (80 Seiten statt 350) verantwortlich. So war im DS2 noch pro Zauberspruch 1 Seite verwendet worden, in DS3 finden sich 4-6 Zauber auf einer Seite, und darüber hinaus wurden die "Zauberreihen" wie Kampfschutz 1-5 zusammengefasst. Ferner fehlen die doppelt- und dreifach Tabellen des Anhangs (Zaubersprüche sortiert nach allem möglichen) und das Regelwerk wurde wie angekündigt insgesamt entschlackt.
Der Druck und der Gesamteindruck sind hochwertiger als bei DS2, und trotz der kleinen Schrift gut lesbar. Die Illustrationen sind passend und lockern den Textfluß auf, ohne ihn zu stören. Insgesamt angenehm zu lesen.
Regeländerungen - Kurzfassung
Zum Inhalt, denn da hat sich einiges geändert. Während DS3 den Prinzipien des DragonSys treu bleibt, sind innerhalb des Systems zahlreiche Änderungen vorgenommen worden. Wie versprochen wurden dabei viele Regeln an die gelebte LARP-Praxis angepaßt. Insgesamt haben die Änderungen bei mir einen gemischten Eindruck hinterlassen. Viele sind gut und pragmatisch, manche fragwürdig, manche m.E. völlig unnötig. An manchen Stellen wurden leider Chancen verpaßt.
Charaktere
Die beiden wesentlichen Änderungen bei der Charaktererschaffung sind die Änderung der Spezialisierung und die Abschaffung der Rassenregeln. Bei den Spezialisierungen wurde der spezialisierte Abenteurer abgeschafft, es gibt also nur noch Universalcharaktere und spezialisierte Kämpfer oder Magier. Dafür wurden die Spezialisten abgeschwächt und bekommen jetzt 60 EP zur Erschaffung und 6 pro Contag, statt wie bisher 70/7. Dies bringt Universalcharaktere und Spezialisten dichter zusammen, ob das Nerfing die Akzeptanz erhöht, sei dahingestellt.
Bei den Rassen wurden schlicht alle Regeln abgeschafft. Regeltechnisch gibt es also keine Unterschiede zwischen Zwergen und Elben mehr. Angesichts der Rassenvielfalt im LARP und den Lücken im DS2 (Hobbits, Kender, etc.) ein verständlicher Schritt, da aber gleichzeitig das Vor- und Nachteile System abgeschafft wurde, entsteht hier eine Lücke, die wohl von vielen Spielern durch frei definierte Rasseneigenschaften gefüllt werden wird.
Adel
Vollkommen entfernt wurden alle Regeln zum Adel und Adelsspiel. Ob das in dieser Radikalität wirklich hilfreich ist, wage ich zu bezweifeln.
Fertigkeiten
Bei den Fertigkeiten wurde ein wenig entrümpelt und an die herrschende LARP-Praktik angepaßt. Heilkunde wurde zu drei Stufen erweitert, und die Einführung einer Fertigkeit "Fachwissen", in der sich (jeweils gesondert zu kaufende) Dinge wie Geschichten und Legen, Schätze, Spurenlesen, etc. wiederfinden, hat Potential für auf Wissen und Kenntnisse spezialisierte Charaktere. Auch bei den Fertigkeitsbeschreibungen wurden einige klärende Worte eingefügt.
Eine m.E. dumme Änderung ist, daß das Erlernen von Fertigkeiten nicht mehr ausgespielt werden muß, sondern die Regeln klar und mit eigener Überschrift darauf hinweisen, daß das reine Ausgeben von Punkten ausreicht. Hier wurde eine große Chance vertan, Punktesystem und DKWDDK einander anzunähern.
Alchemie, Fallen und Schlösser
Haben jeweils gesonderte Kapitel erhalten, statt in ihrer Fertigkeitenbeschreibung "mit abgehandelt" zu werden, und dieser Schritt tut den drei Themen richtig gut. Mit DS3 hat auch DragonSys jetzt endlich ein spielbares Alchemiesystem, und Fallen wie Schlösser wurden aufgeräumt und verständlicher beschrieben. Insgesamt viele Pluspunkte für diesen Teil des Regelwerks.
Kampfregeln
Waffen und Rüstungsregeln haben sich leicht verändert. Insbesondere wurde die unseelige Rüstungspunkte-Rechnerei durch übersichtlichere Tabellen ersetzt, und es werden nur noch drei Rüstungsarten (leicht, mittel, schwer) unterschieden. Insgesamt wurden die Rüstungspunkte leicht nach unten korrigiert und auf maximal 17 (egal wie oder was) beschränkt.
Bei den Waffen machen große Zweihandwaffen jetzt 2 Punkte Schaden. Wichtigste Änderung ist wohl, daß auch in DragonSys Pfeile und Bolzen jetzt Rüstung durchschlagen und damit erheblich aufgewertet wurden.
Auf Rüstungsseite neu ist dafür, daß magische und normale Rüstungen sich jetzt addieren, allerdings nur bis zu einer Obergrenze von 10 Punkten. Damit bleiben sie deutlich hinter dem "Plattenschwein" zurück, was für die Spielbalance sicher hilfreich ist.
Heilung
Die Wundheilung wurde erheblich beschleunigt, insbesondere wenn die Wunden durch einen Heiler versorgt wurden. Das wird hoffentlich dazu führen, daß Heiler auch ohne magische Heilung wieder einen Platz im Spiel jenseits der ersten Hilfe haben.
Magie
In den Grundzügen hat sich am Magiesystem wenig geändert. Allerdings wurden zahlreiche Zaubersprüche angepaßt, ohne daß ihre Namen geändert wurden. Hier wird sicher einiges an Verwirrung entstehen, insbesondere auf NSC-Seite.
Insgesamt wurden leider einige Chancen vertan, Zauber mit aufzunehmen, die sich inzwischen weit verbreitet haben, wie etwa Schmerz oder die Flächenzauber Sturmwind, Erdbeben, etc.. Selbst wenn man aus Angst vor den bösen Powergamern ihre Verwendung unter SL-Vorbehalt gestellt hätte, wäre zumindest Einheitlichkeit geschaffen worden.
Einige Anpassungen sind auch schlicht unpassend und der herrschenden Praxis zuwiederlaufend, wie z.B. die Klarstellung, daß ein Magier niemand anderen in ein Energiefeld mit aufnehmen kann.
Abseits der Zaubersprüche wurden die Akademieregeln und die dazu gehörenden Ausbildungswege entfernt, soweit ich weiß wurden die ohnehin kaum noch bespielt.
Aus meiner Sicht sehr unschön die Änderung aus der Meister- und Großmeisterprüfung jeweils eine Fertigkeit zu machen. Konkret heißt dies, daß zumindest regeltechnisch keine Prüfung mehr erforderlich ist und daß Großmeisterschaft auch Universalcharakteren, nicht nur spezialisierten Magiern, offen steht. Vor allem der Wegfall der Prüfung ist weder nachvollziehbar noch wird es dem Ruf von DragonSys nützen.
Auch die Regeln für Rituale wurden verändert und deutlicher ausformuliert. Wesentliche Änderung hier ist, daß auch Rituale nun Magiepunkte verbrauchen, allerdings in für mich völlig unverständlich enormer Höhe, nämlich dem zehnfachen des entsprechenden Zaubers. Mir ist nicht bekannt, daß Rituale so massiv missbraucht wurden, daß ein derart gewaltiges Nerfing (von Null auf hunderte von MP für die meisten Zauber) geboten war.
Fazit
Insgesamt ein großer Schritt nach vorn für DragonSys, allerdings mit Wehrmutstropfen und Akzeptanzproblemen. Mit den Rasseneigenschaften und dem Adelssystem wurden Teile des Regelwerkes entfernt, die bei zahllosen Charakteren auf dem Charakterblatt stehen, ohne daß dafür irgendein Ersatz geboten wird. Eine Generalisierung z.B. in ein allgemeines Vor- und Nachteile System oder eine generische Titelsystematik (z.B. für Adel aber auch für Magierakademieränge, Gildenränge, etc.) wäre hier dringend geboten gewesen, um die Lücke zu schließen.
Über einige Änderungen bei den Kampfregeln oder Zaubern werden die Meinungen sehr auseinandergehen. Nicht alle davon waren notwendig, und einige sind schlecht durchdacht und inkonsistent. Beispiel: Energiebolzen, 10 MP wie vorher, macht jetzt 2 statt 1 Treffer Schaden. Feuerball, jetzt 50 statt 30 MP, macht jetzt 4 statt 3 Treffer.
An vielen Stellen wurde die Chance vertan, Punktspiel und DKWDDK enger zusammenzubringen. Ich persönlich hätte mir das gewünscht, insbesondere das IT-Erlernen von Fertigkeiten und Zaubern sowie die Beibehaltung der Prüfungserfordernisse für Meister und Großmeister, die man eher auch auf Alchemisten und andere Fertigkeiten hätte erweitern sollen.
Viele Regeländerungen erhöhen den Spielfluß, wie etwa die beschleunigte Heilung oder die Tatsache, daß Rüstungen nach einem Kampf nicht mehr repariert werden müssen.
Die Chancen für DS3, sich durchzusetzen, sind sicherlich wesentlich höher als die für DNZ. Allerdings wird auch DS3 wieder zahlreich modifiziert werden und für bestehende DS2 oder DNZ Charaktere gibt es zu wenig Anreize und zu viele Nachteile, zu konvertieren. Nicht nur im Punktesinne, sondern auch durch den ersatzlosen Wegfall von zahlreichen Regelelementen.
Ich habe es nicht bereuht, das neue Regelwerk zu kaufen und werde mir gespannt ansehen, wann die ersten DS3 Cons ausgeschrieben werden, und wie die Spielpraxis dann dort aussehen wird.