Fleur grinst ob des Scherzes und gönnt sich den Luxus, einen alten, aus Tuchbändern gewebten Läufer vor die Baronin und die Waschschüssel zu legen, damit sie nicht direkt auf dem harten Boden knien muss. Dann legt sie sich das Handtuch in Reichweite und kniet vor ihrer Herrin nieder, um ihr die Füße zu waschen und ihr auch eine kleine Fußmassage angedeihen zu lassen.
Beide Frauen, so unterschiedlich ihre Positionen - nicht nur im wörtlichen Sinne - in diesem Moment auch sind, genießen diese allabendliche, fast schon ritualisierte Gemeinsamkeit.
Denn auch, wenn sie aus zwei vollkommen anderen Welten entstammen, so sind wenige Bande so eng wie das von Herrschaft und Leibdienerschaft. Der eine weiß um des anderen innerste Geheimnisse und Gefühle, man kennt des anderen Launen, Wünsche, Vorlieben und Bedürfnisse, wie es kaum ein dritter je erfahren kann.
Und so ist Fleur immer wieder von einem Gefühl der Ehre durchdrungen, wenn sie all diese kleinen Leibdienste für 'ihre' Madame tätigen kann.
Die Baronin nimmt als gerechte Herrin einen festen Platz in Fleurs Herzen ein und sie ist glücklich darüber, dass sie ein derart gutes Leben bei ihr hat. Was hat sie nicht schon von anderen Mägden für Schauergeschichten über deren Herrschaften gehört! Und erst das Kind, das sie unter dem Herzen trägt - unter dem Banner des Hauses Goldbach wird es gut aufwachsen, all die Tugenden von Gesinde und Herrschaft mit der Muttermilch aufsaugen und kennenlernen.
Fleur denkt gerne an die Zukunft ihres Kindes. So viele Vorbilder würden es umgeben. Und die Madame als strahlende Leitfigur allen voran! Und so würden ihre Liebe, ihre Fürsorge, ihre Ergebenheit und ihre Loyalität gegenüber der Baronin einen jeden Tag inder Erziehung des Kindes bestimmen, auf dass es sich dem Hof an dem es aufwächst, der Familie der es entstammt, welche schon seit Jahren dem Hause Goldbach zu Diensten war, und dem inoffiziellen Vater, dessen Art und Weise zu dienen Fleur so sehr an ritterliche Minne gemahnte, dass sie manchmal an der Herkunft des Herrn Aaron zweifelte, würdig erweisen sollte.
Inzwischen sind die Füße der Baronin zwar sauber, aber dennoch nimmt sich Fleur noch die Zeit für eine ausgiebige Fußmassage.
Schließlich - bevor die Haut zu schrumpeln beginnt - wäscht sie die Füße ein letztes Mal mit einigen Händen Wasser ab und trocknet sie dann sorgsam in dem weichen Handtuch ab, bis sie auch wirklich überall trocken sind und eine angenehm-leichte Wärme haben.
Dann räumt Fleur die Schüssel und das Handtuch rasch beiseite und legt den alten Läufer dergestalt zwischen Sessel und Bett, dass die Baronin nicht mehr auf den schmutzigen Boden treten muss, wenn ihr nächster Gang sie ins Bett führt.