Vanion hatte im Stillen mitgebetet, wenn auch nicht auf caldrisch. "Ich habe leider kein Salz hier. Wobei, warte kurz..." Er kramte kurz in einem Rucksack, der in der Ecke des Raumes stand. "Hier, ein Salzstein!" Rasch kratzte Vanion mit seinem Jagdmesser einige grobe Körner ab. Dann verstreute er sie in den Ecken des Raumes. "Also... was soll man sagen? Dazu muss ich dir einen großen Teil meiner Geschichte erzählen. Aber was soll's, der Abend ist ja noch jung. Wo fange ich an.. Ich komme nicht aus Engonien. Ich bin in Argath'yl geboren, ein kleines Ländchen mit kaltem Klima. Meine Eltern besaßen ein recht großes Gehöft bei einem kleinen Dorf namens Norodar. Ich hab bei meinem Vater gelernt, den Hof zu führen, und sollte den als Erstgeborener weiterführen, wenn mein Vater stirbt, was Lavinia verhüten möge. Ich hatte jedoch keine große Lust darauf, und an einem lauen Sommerabend saß ich in der Taverne in Norodar und träumte davon, ein großer Held zu werden. Ich hatte zwei Jahre meines Lebens in der Stadtwache verbracht, jeder Junge musste das. Ich hab da bei einem Bier gesessen und dem Barden zugehört, der von großen Schlachten und fernen Ländern sang. Also bin ich aufgestanden und hab mich, später am Abend, zu ihm gesetzt und mir Geschichten erzählen lassen von der großen, weiten und ach so wunderschönen Welt. Er fragte mich, ob ich nicht mit ihm kommen wollte. Ich sagte ja! Mein Vater war wütend auf mich, er ist es heute noch. Ich sagte damals nur noch, dass ich als gemachter Mann wiederkommen würde und dass er schon bald von meinen großen Taten hören würde. Meine Mutter umarmte ich, sie weinte. Ich habe noch zwei jüngere Schwestern, müsst ihr wissen." Vanions Blick versank in der Flamme der Kerzen. "Ich würde nur zu gerne wissen, wie es ihnen geht. Ich bin jedenfalls mit diesem Barden, der aus Engonien stammte und ein Diener der Lavinia war, mit hierher genommen. Wir sangen uns von Taverne zu Taverne, ich stahl, prügelte und besoff mich. Ich arbeitete mal hier, mal da, aber ich zog immer mit Marius weiter. Nach und nach erklärte er mir, dass es im Leben mehr gibt als dieses Vagabundendasein. Er brachte mir Begriffe wie Liebe, Freundschaft und Moral näher. Er zeigte mir, wofür es sich zu leben lohnt, und wofür es sich zu kämpfen lohnt. Also schloss ich mich dem Pilgerzug an. Ich bekam dort einige Scharmützel mit und war stolz, meinen Teil zu leisten." Vanion beobachtete die wechselnden Gesichtsausdrücke Bernards. Sie schwankten zwischen Belustigung, Unglauben und etwas undefinierbarem, was ein Firngarder wohl zu verstehen wusste. " Wie auch immer. Marius verließ den Pilgerzug. Er verschwand von einem Abend auf den Anderen. Ich war verwirrt, und ich traf ihn wenig später wieder. Er sagte mir, dass all das, was er mir gesagt hatte, zwar nicht falsch sei - aber dass es zu weit hergeholt war, dass es nicht der Realität entspreche und nicht durchzusetzen war. Ein falscher Kaiser würde durch den nächsten ersetzt. Er sprach von den Feuern Fanadas, das, was er da gesehen hatte, war zuviel für ihn, sagte er. Ich glaubte ihm all das. Ein paar Stunden später, als sein Pegel sehr viel höher war, fluchte er jedoch auf Lavinia. Sie wolle ihm seine Freiheit nehmen, ihn zum Tempeldienst verdammen, sie wolle ihn in Ketten bei sich halten. Ich konnte nicht glauben, was ich hörte. Marius verstieß seine Verlobte Rania, mittlerweile eine Priesterin der Lavinia, und verschwand auf ein Schiff, die Freedom Alone. Seitdem genießt er seine 'Freiheit'. Ich habe ihn immer als Freund, ja, als Lektor geschätzt. Und er trat alles, was er in sich und in mir aufgebaut hatte, mit Füßen. Aber ich glaube weiterhin an all das, was er mir sagte. Ich vertraue auf Lavinia."