Hier und dort: In Engonien und außerhalb des Kaiserreiches > Gruppen auf Reisen im In- und Ausland
Wassilij und Jennas Geschwister auf dem Weg von Engonia nach Fanada (Sommer 264)
Lilac:
Jabucica und Dječak tauschten einen Blick, als der Krieger so urplötzlich aufwachte.
Dann wandte sich die junge Frau wieder dem Rotmilan zu, dem sie gerade mit einer Engels-Geduld teilweise vorgekautes Fleisch fütterte.
Dječak reichte Wassilij etwas geröstetes Brot mit angeschmolzenem Käse darauf.
Der Morgen war inzwischen grau und es nieselte - da passte ein herzhaftes Frühstück eindeutig besser, als ein süßes!
Wassilij:
Wässrig nickte dankbar. Das Frühstück tat jetzt wirklich gut. Er rang mit sich selbst. Sein Leben drehte sich stets um den Dienst an anderen. Sein Leben drehte sich stets um das Treffen schwerer Entscheidungen. Hatte er den beiden wirklich einen Gefallen getan? Wenn sie bei Jelena im Stall beiden würden auf jeden Fall. Aber wenn nicht wurde ein wenig Stockkampf kaum ausreichen. Vor allem ihre Köpfe waren auf nichts vorbereitet.
Hatte er das Recht, davon zu erzählen? Aber hatten sie es nicht auch verdient? Wenigstens seinen Teil könnte er erzählen. Schweigsam aß Wassilij zu ende.
Schließlich durch brach er mit kalter und ruhiger Stimme die Stille des Lagers.
"Viele unseres Volkes haben ihre Inkarnation durch tiefe Meditation gefunden. Bei mir hatte das nie geholfen. Aber eines Tages, als ich nachts im Gebirge unterwegs war und in große Not geriet, erschien er mir. Sin, übersetzt 'der Sohn. Meine Inkarnation. Die Schamanen und Weisen unserer Heimat streiten sich, ob er überhaupt einen Namen hat. Er steht für die schwersten Entscheidungen. Seine Geschichte beginnt vor langer zeit. Zwei Fürsten führten an einer Brücke über einer Schlucht Krieg. Dieser Krieg dauerte Jahre an und viele starben, ohne dass jemand siegte. Schließlich erschien die Göttin den beiden Fürsten in Gestalt einer weisen bardin und sang alte weisen, doch niemand hörte auf sie. Lovac der Herr der Steppen und Krieger ließ die Brücke mit einem Erdbeben einstürzen, doch verlegte man das Schlachtfeld. Scre, die für die Liebe steht, schuf einen Bund zwischen Tochter und Sohn der Fürsten, doch die Liebe halfnichts. Milosti selbst versuchte auf dem Schlachtfeld die vielen Verwundeten und sterbenden zu heilen, doch es half nichts. Ein letztes mal erschien die Bardin. Doch sie versagte erneut und dann weinte sie. Aus den Tränen in der Dunkelheit erschien Sin und sagte, er könne den Krieg beenden. Weinend nickte die Göttin und Sin verschwand in der Nacht. Am nächsten Morgen waren beide Fürsten tot und die liebe der Nachfahren beendete nun endlich den Krieg. Sin steht seitdem für das Fällen schwerer Entscheidungen und das durchführen eben dieser. Vor einigen Jahren geriet ich in Ereignisse um Szivar. Ich sah Dämonen mit eigenen Augen und kämpfte gegen sie. Schließlich erfuhren wir worum es ging. Szivar wollte durch in Diener ein Portal zwischen seiner und unserer Welt öffnen. Der einzige Weg es zu schließen war, den Schlüssel hindurch zu bringen. Diese Aufgabe fiel mir zu. Als der Schlüssel in meine Hände geriet, War der Kampf am offenen Portal in vollem Gange. Also rannte ich los und sprang. Das Portal schloss sich. Und erst nach über einem Jahr hier und unzähligen in der anderen Welt konnten meine Freunde mich retten. Aber ich War sehr verändert. Die Folter hat ihre Spuren hinterlassen. Aber sie haben mich nicht aufgegeben. Und jetzt bin ich beinahe wieder der Alte. Ihr begebt euch in eine gefährliche Welt. Seid euch sicher, dass ihr das wollt."
Als er geendet hatte, nahm Wasser sich noch etwas Tee u d sah beiden nach einander tief in die Augen.
Lilac:
Die Geschwister sahen Wassilij sprachlos an.
Jabucica schien den scharfen Schnabel des Milans, der versuchte, ihren Finger zu zerfetzen (offenbar hatte er sich nun doch entschlossen zu fressen), gar nicht zu spüren.
Dječak fasste sich schließlich als erster.
"Das sind also die dunklen Seiten des Heldentums, stimmt's?!"
Er senkte den Blick, schluckte und sah den Krieger dann wieder an.
"Aber du sprichst auch von Freundschaft, die Zeiten und sogar ... Dimensionen... überdauert. Ich weiß nicht, wie du es siehst, aber ich sehe darin einen wahren Schatz.
Vielleicht ist es Schicksal, dass dein Leben so ist, wie es ist. Ich kann nicht sagen, ob du es anders haben könntest, wenn du wolltest.
Bis vor kurzem glaubte ich, mein Leben wäre vorbestimmt. Doch nun bin ich hier. Du sagst, ich könnte sogar ein ehrenhafter Kämpfer, ja ein Ritter werden..."
"Ich will keine Heldin werden. Ich will einfach nur...", sagte Jabucica leise.
"mein Leben leben.", schlossen beide zusammen und sahen sich dann mit einem gequälten Lächeln an.
Wassilij:
Der Krieger schwieg eine kurze Zeit lang.
"In Euren Worten liegt eine Weisheit, wie ich sie selten von Gelehrten gehört habe. Aber einfach nur leben zu können ist das größte Gut, das ein Mensch haben kann. Frei zu sein, wissen nur wenige zu schätzen. Jetzt ist eure Zeit gekommen, genießt sie! Ausserdem steht ihr unter meinem Schutz. Das mag nicht viel bedeuten, aber eure Familie müsst ihr nie wieder fürchten. Und das ist nicht mein Schicksal, sondern meine Wahl, dieses Leben zu führen. Es hätte andere Möglichkeiten gegeben. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr."
Er lachte leise. "Die Zeiten der Krieger sind jetzt vorbei. Jetzt ist die Zeit des Friedens und damit eure Zeit. Genießt sie."
Lilac:
Das Lob tat Dječak und Jabucica gut.
Sie wussten nicht wohin das Leben sie führen würde, aber sie empfanden den derzeitigen Zustand vorerst schon mal als große Verbesserung in vielerlei Hinsicht.
Wie lange es jedoch noch dauern würde, bis sie dem Leben "auf der Reise" überdrüssig wurden und die Annehmlichkeiten eines festen Wohnortes vermissen würden, war kaum zu sagen.
Jabucica zog die Augenbrauen und Mundwinkel hoch: "Wenn die Zeit der Krieger vorbei ist und die des Friedens angefangen hat, können wir ja sicherlich heute das Waffentraining ausfallen lassen, oder?!"
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
[*] Vorherige Sete
Zur normalen Ansicht wechseln