"Dieser Geschichte lässt es sich wohl leihter zuhören, n´est pas?" war Lorainnes Stimme aus der Dunkelheit zu vernehmen. Rasch erhob sich Didier und grinste Vanion zu, bevor er sich mit einer leichten Verbeugung zurückzog.
"Huren sind sicher interessanter, als alte Sagen, aber diese Sagen sind Teil Deiner Geschichte Vanion. Willst Du denn gar nicht darüber erfahren?"
"Ich kenne Roderics Geschichte." Vanion seufzte. "Mir ist einfach nicht nach Geschichten zumute. Außerdem muss einer nunmal nach den Pferden sehen, und ich wollte Anders nicht das Vergnügen rauben. Hast du gesehen, wie ihre Augen leuchten?"
Nochmal überprüfte Vanion die Gurte und Riemen.
"Du solltest Simon sagen, dass er ums Maul herum nicht immer so fest ziehen soll. Es ist nicht blutig, aber der Riemen sitzt zu eng."
Endlich schien alles zu seiner Zufriedenheit geregelt zu sein.
"Teil meiner Geschichte.. so Vieles ist Teil meiner Geschichte. Um ehrlich zu sein, hatte ich gehofft, dass du mir hinterher kommst. Didiers Geschichten sind gewiss lustig, aber es gibt noch etwas, was wir unter vier Augen besprechen müssen." Tief holte der Knappe Luft.
"Savaric. Egal, wie ich es drehe und wende. Wir kämpfen gegen meinen Onkel, mein Fleisch und mein Blut. Ich mache mir nicht erst seit Brega Gedanken darüber.
Savaric ist ein Mörder, ein Lügner, Betrüger und Verräter an der Königin. Er steht mit Mächten im Bunde, die nichts als Leid über Engonien gebracht haben. Es besteht kein Zweifel daran, dass er schuldig ist und für seine Verbrechen zahlen muss - mit dem Tod. Bei den Göttern, er hat sogar versucht,
mich, seinen Neffen, töten zu lassen! Nichts verbindet mich mit ihm, keine Liebe und keine Familienbande."
Unschlüssig sah Vanion Lorainne an, doch in ihrem Gesicht war in der Dunkelheit nichts zu lesen.
"Doch wenn ich ihn erschlage, dann bin ich ein Sippenmörder. Auch wenn du ihn erschlägst, fällt die Schuld auf mich. Wir schwingen uns zu Richtern auf, zu Richtern über das Leben meines Onkels. Richter und Henker. Ich habe nachgedacht, gebetet, Lavinia angefleht, mir einen Weg zu zeigen - doch fand ich Trost bei einem Diener Alamars, ein Bruder aus dem Kloster in Bourvis.
Ein weltliches Gericht - wenn ein weltliches Gericht Savaric richtet, dann klebt sein Blut nicht an meinen oder deinen Händen. Ich würde das Schwert führen, ich würde nicht zögern, ihn im Kampf zu erschlagen."
Glaube ich. "Doch möchte ich kein Mörder werden. Nicht Richter und Henker meines Onkels."