Noch gegen Abend erreichte die kleine Gruppe Middenheim. Die Straßen waren immer noch matschig und hier auf Grund der verschiedenen Spuren von Pferden, Wagenrädern und geschäftigem Treiben noch ausgetretener so dass ihre Stiefel regelmäßig bis zum Schaft im Schlamm versanken.
Während Stella ihr Pferd versorgte kümmerten sich Kadegar und Lyra mit Kydora im Schlepptau um ein Zimmer für die Nacht und etwas zu Trinken. Das Gasthaus war durchschnittlich besucht und man merkte, dass es langsam wieder Frühling wurde und die Straßen wieder mehr frequentiert wurden. Auch eine Kutsche für die Weiterreise am nächsten Morgen konnten sie vereinbaren, so dass sie doch relativ zügig vorankommen würden. Daher begaben sie sich dann auch bald zu Bett.
Man hatte Ihnen eine große Schlafkammer mit vielen Betten zur Verfügung gestellt die auch bis auf die vier Magier diese Nacht leer bleiben würde. Stella überließ Lyra gerne das Bett an dem kleinen Kamin, da sie wusste, dass die Steinfee doch gerne mal etwas fröstelte, also löste die Riemen von ihrem Gepäck und breitete die Felle auf dem Bett daneben aus - sie würde eh nicht so schnell frieren.
Anschließend rollten alle sich auf ihrer Schlafstatt zusammen und löschten das Licht. Kurz darauf war Stella auch schon eingeschlafen, doch ruhig sollte auch diese Nacht nicht für sie werden.
Die Träume, von denen sie gehofft hatte, sie verdrängt oder überwunden zu haben, und die sie vor ziemlich genau einem Jahr schon einmal gequält hatten, holten sie erneut ein und so wälzte sie sich die Nacht über wild hin und her.
Schwarze Gestalten zerrten sie durch die Gänge und sie stolperte hinterdrein. Doch sie wollte nicht wieder in diesen Raum. Sie sträubte sich, weiterzugehen. Man zerrte an ihr, einmal, zweimal. Als sie immer noch nicht nachgeben wollte wurde, packte eine der Gestalten sie ruppig am Arm und ein höllischer Schmerz zwang sie in die Knie, sie schrie auf und Tränen stiegen ihr in die Augen. Nach einigen schmerzvollen Sekunden in denen sie nicht aufhören konnte zu schreien, ließ die Gestalt sie wieder los. „Na, willst du jetzt wohl mitkommen?“ Dabei zerrte man sie wieder auf die Beine. Eine von ihnen stellte sich dicht vor sie und als sie wegschauen wollte, zog er ihr Gesicht zu sich heran. „Er wird viel Spaß mit dir haben…Gnihihihi…. Freust du dich schon? Gnihihihi! Oh ja, er wird sich köstlich amüsieren! Und du wirst scheitern! Gnihihihi!“ Die Gestalt verspottete sie, lachte sie aus – sie und ihre Angst. Die Angst zu versagen, Freunden nicht helfen zu können, nicht gut genug zu sein.
In der Tür wurde sie auch schon erwartet vom Schalk, diesem Wesen mit Narrenmaske und Zepter, das nur darauf wartete sie zu quälen und sich einen Spaß daraus zu machen. Er deutete auf die offene Tür. „Rein, rein, rein meine Liebe!“
Ihrem Schicksal ergeben ging sie voraus. Alle Kraft und Mut sich aufzulehnen, die sie damals gefühlt hatte, das Feuer in ihr um zu kämpfen, war erloschen.
Als sie den Raum betrat, sah sie Anders vor sich, mit einem Dolch bewaffnet. Dann stolperte sie drei Schritte auf Anders zu, weil der Schalk sie in den Raum geschubst hatte und Anders ging langsam mit erhobener Klinge auf sie zu. „Los, wehr dich! Wehr dich! Sie wird dich sonst töten!“ tönte der Schalk hinter ihrem Rücken. Doch sie reagierte nicht. Ich kann sie nicht einfach töten… dachte sie bei sich. Sie beobachtete lediglich Anders, wie sie vor ihr auf und ab tänzelte, den Schaft fest umfasst. Dann griff Anders sie an, Stella hob den Arm um zu parieren und bekam den ersten schmerzhaften Schnitt verpasst. Wieder begannen Tränen ihr Sichtfeld zu verschleiern und sie stolperte einen Schritt zurück nur um sofort wieder vom Schalk nach vorn geschubst zu werden. „Los, mach weiter! Wehr dich endlich! Töte sie bevor sie dich tötet!“
Wieder griff Anders sie an, diesmal erwischte sie Stella am Bauch und sie ging in die Knie – wieder schrie sie vor Schmerz auf, der durch ihren Körper tobte und ihr langsam den Verstand raubte. Als sie kurz aufblickte, stand der Kender über ihr, stieß sie nach hinten und rammte ihr die Klinge tief ins Herz und alles wurde schwarz um sie.
Dann schreckte sie schweißgebadet und schwer atmend hoch.