Hier und dort: In Engonien und außerhalb des Kaiserreiches > Geschichten und Gespräche

Auf Reisen.

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Vanion:
"Ho, ganz ruhig!" Dampf kam in Stößen aus den Nüstern des Braunen, der Vanion tapfer getragen hatte. Die Flanken des Pferdes zitterten, es hatte Schaum vor dem Mund. Er hatte wie der Teufel reiten müssen, und allein die Schnelligkeit seines Pferdes hatte ihn aus diesem Wald getragen.

Blut rann seinen Arm herunter und tropfte zu Boden.

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Vor wenigen Stunden..

Es hatte Vanion nach Norodar gezogen. Sein Geburtsort. Das Dorf, in dem sein Vater und seine Mutter wenige glückliche Jahre miteinander verbracht hatten. Dort hatte er von Räubern erfahren, die den Wald unsicher machten, der sich halbmondförmig den großen Steinbruch, den es hier gab, entlang zog. Die Wachen trauten sich nicht recht in den Wald hinein, und so war Vanion allein aufgebrochen.

Eine dumme Idee.

Vanion:
Durch den Wald führte eine Straße vom Steinbruch weg, nach Norodar hinein und von dort weiter ins Landesinnere, auf Fanada zu. Diese Straße nahmen die Händler und Handwerker, die im Steinbruch zu tun hatten, und auch Tagelöhner und Bauern. Vanion hatte vorgehabt, sich selbst ein Bild zu machen - am hellichten Tag war er von Norodar aus in den Wald hinein geritten, um zum Steinbruch, dem "Großen Bruch", zu kommen.

Dort hatte er Leute befragen wollen, um herauszufinden, wo er helfen konnte. Der Weg selbst war gut ausgetreten. Anfangs war er noch gepflastert, tiefer im Wald jedoch wich das Kopfsteinpflaster festgetretenem Waldboden, breit genug, dass zwei Karren nebeneinander fahren konnten. Von diesem Weg war der Krieger irgendwann jedoch abgewichen. Er glaubte nicht daran, dass etwas geschehen würde, schließlich war er recht wehrhaft und der Weg zu dieser Stunde ganz gut befahren. Ihm waren schon zwei, drei Ochsengespanne begegnet.

Nun folgte er einem Pfad. Er war kein Spurenleser, aber einen Stiefelabdruck in einer matschigen Stelle konnte auch er erkennen. Warum sollte jemand hier den Weg verlassen, an einem Wildpfad, der sich augescheinlich im tiefen Unterholz verlor? Doch bereits nach wenigen hundert Metern fiel ihm auf, dass dieser Pfad nicht so klein war, wie er auf den ersten Blick wirkte. Er verbreiterte sich zunehmends, und am Rande sah er plötzlich eine aufgebrochene Holzkiste. Hier schien irgendein Diebesgut geplündert worden zu sein. War er etwa auf einen Pfad gestoßen, den die Wegelagerer nutzten?

Grade wollte er das Bein über den Sattel schwingen, um abzusitzen, als er einen stechenden Schmerz fühlte. Ein Pfeil ragte aus seinem Oberarm, irgendwo aus dem Unterholz geschossen. Er biss die Zähne zusammen und versuchte, sein Pferd zu wenden, um den Pfad zurückzureiten, und erschrak: dort standen drei, vier, abgerissen, entschlossen aussehende Gestalten mit Spießen in den Händen. Er schaute wieder ins Dickicht vor ihm, versuchte, den Schützen auszumachen - und tatsächlich ragte direkt vor ihm eine glänzende Pfeilspitze aus einem Busch. Ohne zu zögern trat Vanion seinem Pferd die Fersen in die Seite und preschte drauflos. Mit einem Satz sprang das Pferd über den Busch, der Pfeil flog mit einem Zischen von der Sehne - und ging fehl.

Engonien NSC:
Hinter Vanion ertönte ein wüstes Fluchen. Mit dem Manöver des jungen Mannes hatten die Banditen offensichtlich nicht gerechnet, und jetzt mussten sie sich erst einmal neu orientieren. Die Männer mit den Spießen waren dank seines waghalsigen Sprunges schon zu weit weg, zu Fuß konnte sie ihm nicht folgen, doch der Bogenschütze war verdammt geistesgegenwärtig. Vanion war schon auf der anderen Seite des Busches angekommen und gallopierte davon, da zischte ein zweiter Pfeil auf ihn zu. Zwar verfehlte er sein eigentliches Ziel - die Brust des Reiters - streifte jedoch die rechte Schulter. Ein zweiter Pfeil folgte - doch da war Vanion schon zu weit weg.
Äste und Ranken peitschten ihm ins Gesicht, während er davon raste. Er befand sich nun jenseits der Wege, als er aber sicher war, die Räuber angehängt zu haben, konnte er sich neu orientieren. Sein Arm und seine Schulter schmerzten, er sollte sich besser beeilen, also preschte er weiter, in die Richtung in der er den Steinbruch erwartete.

Es dauerte etwas, und Vanions Pferd keuchte wie verrückt, doch schließlich kamen die Ausläufer des steinigen Geländes in Sicht. Einige Männer in simpler Arbeitskleidung saßen vor ihren provisorischen Zelten, machten wohl grade Pause - da sahen sie den verletzten Reiter. Unruhe entstand, und der älteste von ihnen, ein Mann mit wettergegerbtem Gesicht und angegrautem Bart trat vor, um den Burschen anzusprechen, der sein Pferd nun zum Stehen brachte. "Ho mein Sohn, was ist dir denn passiert?" fragte er besorgt. "Komm, steig ab und lass mich mal deine Wunden sehen."

Ein paar Meter entfernt saß ein junger Mann mit grünem Schlapphut auf einer Kiste. Er wollte von der Kleidung her nicht wirklich in diese Umgebung passen, und er beobachtete den Neuankömmling aufmerksam.

Vanion:
"Banditen, im Wald!" Der Alte nickte nur; Vanion erzählte nichts neues. Der Gesichtsausdruck deutete auf irgendetwas zwischen "Gut, dass du da heil raus bist" und "Dumm von dir, überhaupt da rein zu gehen" hin.

"Schlimm genug ist es wohl." Wenigstens keine Widerhaken - keine Kriegswaffe. Schmerzen tat es trotzdem. Versuchsweise bewegte Vanion den Arm ein wenig. Es schien nichts allzu zerstört zu sein. "Ist hier irgendwo ein Heiler, ein Arzt? Ich kann's zur Not selbst verbinden, aber gereinigt werden muss das schon. Und der Pfeil muss hinaus."

Engonien NSC:
Der Alte überlegte für einen Moment. "Malka kümmert sich hier um die Verletzten...", meinte er, "aber grade ist sie im Dorf. Ich fürchte, bis morgen kommt sie nicht zurück..." Besorgt betrachtete er den Arm. Die Wunde sah nicht tragisch aus, aber doch zu ernst, um sie einen ganzen Tag lang unbehandelt zu lassen.

"Ich bin Heiler", erklang da eine recht hohe Männerstimme von der Seite. Der Fremde mit dem Schlapphut erhob sich von seiner Kiste und schlenderte auf Vanion zu. Bei ihm angekommen, besah er sich die Wunde und verzog das Gesicht. "Ayayay, das sieht aber nicht schön aus, mein Lieber... Na komm, steig mal vom Pferd und lass dir helfen." Er begab sich zurück zu der Kiste und bedeutete Vanion, sich hinzusetzen. "So, du hast zwei Möglichkeiten. Ich kann die Wunde auf die herkömmliche Art versorgen, was langwierig und schmerzhaft ist -", er senkte die Stimme, wobei er scheinbar besonders darauf achtete, dass die Arbeiter ihn nicht hörten, "oder ich mach's dir schneller. Wenn du nicht so magophob bist wie die Kerle da drüben."

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